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Kellertrolle

****ra Frau
2.916 Beiträge
Themenersteller 
Kellertrolle
Wilhelmine hatte das Kinn in ihre kleinen Handflächen gelegt, die Ellbogen fest auf der Fensterbank und starrte hinaus in den Wald. Das kleine Häuschen ihrer Großmutter lag direkt am Rande des dichten Tannenwäldchens. So sehr sie sich auch anstrengte, Wilhelmine konnte nicht allzu tief in den Hain blicken. Schnell färbte sich das satte Grün der hängenden Tannenzweige in ein unheimliches Schwarz. Es wirkte nicht wie ein normales Schwarz, falls es dies überhaupt geben sollte. Wilhelmine beschrieb es für sich als ‚dunkelschwarz‘.
Vor allem schauderte es sie immer wieder, wie totenstill es wurde, sobald sie nur ein paar Schritte zwischen die knorrigen und rauen Baumstämme gesetzt hatte.

Ihr warmer Atem überzog das Fenster mit einem weißen Schleier. Jetzt wirkte es, als würden Nebelschwaden durch die Äste ziehen. Wilhelmine erschrak und drehte sich schnell um. Ihre Großmutter saß ihn ihrem gemütlichen Ohrensessel und schlief. Ihre wunderschönen Augen waren geschlossen. Wilhelmine dachte an das unbeschreibliche Grün der Augen. So grün, wie das Dunkel der rauschenden Tannen vor der Tür. Ein warmes Gefühl durchflutete Wilhelmine. Dankbarkeit. Ihre Eltern kannte sie nicht. Sie hatte keinerlei Erinnerung an sie, ebenso wenig an Geschwister. Daher war ihre Großmutter die einzige Verwandte. Sie hatte sich gut um Wilhelmine gekümmert. Selbst hier, in der Abgeschiedenheit. Der lange Weg zur Schule war zwar mühselig, doch sie ging ihn gerne. Fing es doch grade erst an, dort interessant zu werden. Ein wenig konnte sie schon lesen. Ein paar Buchstaben, Wörter, bald konnte sie bestimmt selbst die geheimnisvollen Märchenbücher ihrer Großmutter lesen. Dann brauchte sie nicht mehr vorgelesen bekommen. Obwohl es ihr gefiel, mit der leisen, sanften Stimme ihrer Großmutter im Ohr, einzuschlafen.

Wilhelmine seufzte und sprang von dem kleinen Hocker, auf dem sie gekniet hatte und lief durch das kleine, niedrige Zimmer. Das schönste der Märchenbücher lag etwas schräg auf dem dunklen Holz des Bücherregales. Der Lederband war abgegriffen. An den Stellen, an denen Großmutter die Ecken anhob war das Leder schon abgewetzt. Das Papier vergilbt und es roch immer ein wenig staubig. Der Troll, der auf dem Einband abgebildet war, blickte hämisch grinsend auf den Betrachter. Wilhelmine überzog eine Gänsehaut. Ihr Finger wollte grade den Troll berühren, als ihr eine Idee kam. Verstohlen blickte sie über ihre Schulter. Ihre Großmutter saß noch immer schlafend im Sessel. So ruhig wie vorher.

Auf Zehenspitzen tippelte Wilhelmine aus dem Wohnzimmer, huschte den kurzen Flur entlang, bis sie die alte und krumme Kellertür erreichte. Sie erinnerte sich an die Geschichten aus dem Buch. Die Trolle, im hohen Norden, die hübsche Babys aus den Wiegen der Menschen stahlen, um ihre eigenen, hässlichen Babys dafür auszutauschen. Diese wurden dann Wechselbalg genannt. Das faszinierte Wilhelmine am meisten. Die Vorstellung, was die Trolle wohl mit den Menschenbabys anfingen? Darauf hatte sie noch keine Antwort bekommen. Sie vermutete, dies würde in den nächsten Geschichten erzählt werden, die noch zu lesen waren.
Vorsichtig zog Wilhelmine an dem gebogenen Türgriff. Es knarzte leise, Staub rieselte von der dicken Holztür und tanzte durch die Luft. Wilhelmine pustete kurz dagegen und sah den tanzenden Wirbel, den der Staub nun hinterließ. Kurz atmete sie tief ein um sich Mut zu machen, dann trat sie durch die Tür.

Hier war es fast ebenso dunkel, wie im Tannenwald. Licht gab es keines. Ihre Großmutter, falls sie denn in den Keller musste, benutzte eine Kerze, die sie auf einem kleinen Teller mit Wachs befestigt hatte. Wilhelmine konnte sich nicht erinnern, was ihre Großmutter eigentlich im Keller tat. Schulterzuckend tastete sie sich vor und erreichte die erste Stufe. Langsam glitt ihre Hand an der trockenen Wand nach unten, ihre Füße folgten schlafwandlerisch. Obwohl die Tür offenstand, drang das wenige Licht nicht bis zum Absatz der Treppe. Wilhelmine erblickte von unten nur noch ein kleines Rechteck der Tür. Furcht wollte sie ergreifen, doch sie straffte sich und machte sich klar, dass sie jetzt so weit gekommen war und nun nicht aufgeben wollte.

Spinnweben streiften ihr Haar. Sie musste husten, da die trockene Luft ihre Atemwege reizte. Fest presste sie ihre Hand vor den Mund, damit es nicht allzu laut klang. Wie weit ging dieser Keller eigentlich? Langsam ergriff doch ein mulmiges Gefühl Besitz von Wilhelmine. Ihr Magen zog sich zusammen und ihr Atem ging schneller. Was war das eben? Das hörte sich doch an wie Schritte. Dort hinten knisterte doch etwas? Wilhelmine tat einen Schritt nach vorn. Sie wollte wissen, woher das Geräusch kam. Ein Lufthauch wehte über ihr Gesicht. Sie bebte inzwischen vor Anspannung am ganzen Körper. Ihre Beine schienen auf einmal wie gelähmt.
Weit hinten im Gang, dort wo das Dunkel schwärzer war als alles, was Wilhelmine bisher gesehen hatte, leuchtete etwas auf. Nur ganz kurz. Dann erneut. Oder doch nicht? Wilhelmine erstarrte und konnte nur noch auf diese eine Stelle blicken. Die gelben Punkte, kamen sie nicht näher? Doch, sie wurden größer. Wieder war ein Schaben und Schlurfen zu hören. Ein leises Flüstern und Kichern mischte sich dazu. Panik kroch Wilhelmine den Rücken hinauf, doch noch immer konnte sie sich nicht bewegen.
Die gelben Punkte kamen nun rasch näher, auch das Schlurfen war nun eindeutig als Schritte zu erkennen. Kleine, kurze Schritte zwar, doch sie kamen näher. Ein zweites Augenpaar folgte. Dort ein drittes. Wilhelmine war sich sicher, dass dies nur Augen sein konnten. Sie wollte weg. Sie wollte hier raus, so schnell wie möglich. Eine grauselige Furcht hatte sie gepackt. Der kalte Wind, der urplötzlich durch den Gang zog, rüttelte sie wach. So schnell es ihr möglich war, drehte sie sich um ihre eigene Achse und rannte die Stufen hinauf. Jedenfalls dachte sie, sie würde rennen. Tatsächlich schien sie in Zeitlupe jede einzelne Stufe zu erklimmen. Das Rufen und Flüstern hinter ihrem Rücken wurde lauter und fordernder. Lockend riefen die krächzenden Stimmchen ihren Namen. Ein nasaler Singsang bohrte sich in ihre Gehörwindungen und machte sie schwummerig. Nur noch ein paar Stufen, nur noch ein paar. Das kreiste endlos durch Wilhelmines Kopf. Den Blick stets auf das Rechteck am oberen Ende der Treppe geheftet. Es kam näher, so unendlich langsam.
Plötzlich erschien ein Schatten im rettenden Licht. Wilhelmine stolperte, stieß sich das Knie auf, das hart auf eine Stufenkante geprallt war. Tränen schossen ihr in die Augen. Wilhelmine konnte nicht entscheiden, ob nun vor Schmerz oder vor Angst. Durch den Tränenschleier erkannte sie jedoch ihre Großmutter. Mit besorgtem Blick streckte die alte Frau ihre Hand in Richtung Wilhelmine. Sofort ergriff das Kind diesen rettenden Anker. Schluchzend warf sich Wilhelmine in die Arme ihrer Großmutter. Stammelte und stotterte, dass im Keller Trolle seien, sie wollten sie holen, so wie die Trolle in den Büchern.

Sanft strich ihre Großmutter über das goldene Haar des Kindes. Wilhelmine wischte sich die Tränen aus den Augen und blickte ihre Großmutter an. „Solange du an sie glaubst, existieren sie, mein Kind“ murmelte die Großmutter. Wilhelmine wollte etwas erwidern, spürte jedoch, wie ihre Stimme versagte, als sie in die Augen ihrer Großmutter blickte. Kurz, nur ganz kurz schimmerten die Pupillen goldgelb auf. Ein Blinzeln und es war verschwunden. Das dunkle Grün blickte wieder ruhig auf Wilhelmine herab, die sich entsetzt fragte, ob dies nur eine Täuschung gewesen war.

© Lys 04/2014
Mir persönlich gefällt die Perspektive und natürlich der offene Schluss.
Hm
mag heute nicht nach Fehlern suchen, zumal ich beim ersten Lesen gar keine Zeit hatte, darauf zu achten.
Weil - angenehm und flüssig zu lesen. Schöne Gutenachtgeschichte.
*********ynter Frau
9.577 Beiträge
Gefällt mir sehr gut!

Es liest sich wie ein Märchen, nur ist am Ende wirklich alles wieder gut?
Die "Trolle" sind unter uns und tarnen sich gut.

Was bleibt ist Grusel und Gänsehaut, denn "sicher" sind wir nie.
**********_stgt Frau
1.355 Beiträge
Ich liebe ...
... solche Geschichten!

Danke!
Schöööön gruselig!
Dabei hätte sie nur sagen müssen: Trollt euch!

*anbet*laf
****ra Frau
2.916 Beiträge
Themenersteller 
***ve:
Trollt euch!

*lach*

der Anti-Zauberspruch *top*
**********Engel Frau
25.343 Beiträge
Gruppen-Mod 
Eine sehr schöne Geschichte!

Und ich weiß nun wieder, warum ich als Kind niemals alleine in den Keller gehen wollte. *ggg*
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