@show don't tell
zu deinem "show don´t tell - das versuche ich, zu meiner Regel zu machen, aber wie bitte, soll ich zum Beispiel die Beschreibung "mit verkniffenem Gesicht" ersetzen? Doch auch nur wieder mit "der Gedanke bereitete ihr Unbehagen" oder ähnliches, das wieder nur erklärt, warum sie schlecht drauf ist.
ist eine körperliche Reaktion wie eine verzogene Mine nicht eher "show" statt "tell"?
vielleicht versteh ich es nicht gut genug..
@********chen
Die Ich-Perspektive ist genial, hat aber Einschränkungen. ALLES kann "ich" nicht sehen. Ein "verkniffenes Auge" kann "ich" nur sehen, wenn "ich" in den Spiegel sehe
Wenn ich das „ohne Spiegel“ lese......dann ist das eine WERTUNG vom Erzähler.....es wird immer wieder gemacht..........aber es ist vollkommen "tell"....dem Leser wird es erzählt, er muss es schlucken.....es ist eine Außenwahrnehmung......
ZUDEM......das Wort ist für den Leser überhaupt nicht attraktiv
UND.....normalerweise verschmilzt in der ICH-Perspektive der Erzähler mit der Figur (da ist dann immer noch der Autor dazwischen!! doch idealerweise bemerkt man ihn nicht!)...und bei diesen tell-Elementen.....da "sehe" ich den Erzähler/die Erzählerin.....dies schafft Distanz zu der Figur.
Welche Möglichkeiten gäbe es:
Einfach direkt erzählen.....dann ist es "show"
Mein Kopf pochte, die Sonnenstrahlen blendeten mich, ich musste die Augen schließen, blinzeln. Ich wand das Laken um mich, um aufzustehen und mir einen Kaffee in der Küche zu machen.
oder
...die Sonnenstrahlen blendeten mich, ich konnte die Augen nicht offen halten, es tat weh, ich wand das Laken um mich
Hier könnte das Licht.....die Erkenntnis sogar noch mehr weh tun....tränen.....und man ist genervt davon....denn das Motiv des gleißenden Lichts hast du ja gleich am Anfang!
oder
Mein Kopf pochte, die Sonnenstrahlen so grell, ich musste die Augen zusammenpressen, mein ganzes Gesicht spannte, ich wand das Laken um mich, und stand auf ....
Gibt hier zig-Varianten….bei jeder „sehe“ ich jetzt als Leser…..dass sie die Augen schließen muss…..und trotzdem „denke“ ich nicht, dass sie sie „zusammenkneift“, ich denke nicht, dass sie „verkniffen“ ist….(Attraktivität für den Leser bleibt erhalten!), obwohl du auch direkt schreiben könntest:
ich musste die Augen zusammenkneifen, das wäre auch „show“
Gleich davor hast du noch ein „Tell-Element“!
"Warum fühlte ich mich dennoch so… allein gelassen? Verlassen. Einsam. "
Das ist auch so ein Beispiel von "tell", sogar ein noch größerer Brocken.....hier hat schon viel Reflektion stattgefunden.... deine Figur erzählt uns (tell), dass sie „einsam und verlassen ist“, der Leser „sieht“ es aber nicht...versuch es mal im Präsens! Was fühlt sie JETZT, in dem Moment, in dem sie wach wird, und merkt „er“ ist weg!!
Ich glaube....DU, als Autor, hast dich da einfach strikt an die Vorgabe gehalten "ohne" auf die Motivation, die Bedürfnisse deiner Figur einzugehen!
Wie fühlt sich "Einsamkeit" 'Verlassen sein" an? Und WARUM fühlt sie sich so??
(das Motiv muss ja schon in deiner Protagonistin angelegt sein!)
Die "Schuld" des Mannes.....Bar-Aufriss......kann das ja nicht sein. Es könnte ja auch im gleißenden Licht des Morgens unglaublich peinlich sein...stockend.....komisch......zwei Fremde die sich nichts zu sagen haben....
Das einzige wirklich gute Argument: sie hatte den besten Orgasmus ihres Lebens! Verfickt nochmal! Und den will sie nochmal haben! Rein intuitiv denke ich: die heckt eine Strategie aus, sich ihn nochmal zu krallen
Du schilderst eine pragmatische, patente Frauenfigur.....würde die sich wirklich "einsam" fühlen? Sie würde sich vielleicht "verletzt" fühlen oder "zurückgewiesen" oder „verärgert“......(dies nur mal als Idee, wenn ich ganz bei deiner geschilderten Figur bleibe)
Wenn sie sich einsam fühlt.....dann hat das mit ihren Unsicherheiten...ihrer Vorgeschichte zu tun......DANN....wollte sie nicht nur SEX.....sondern vielleicht sogar DIE Beziehung......und was du sehr gut schilderst....wie sie die Laken abziehen will, alle Spuren von ihm beseitigen.....so ein "HausNestBau-Motiv" würde ich da noch mit einbauen......vielleicht....dass der Leser sich sagt: der Typ hat vollkommen recht! DA wär ich auch weggelaufen
Zum Beispiel:
Endlich ist er mir ins Netz gegangen. Seit einem halben Jahr geh ich schon in diese Bar, er ist der Vater meiner Kinder!
Ich habe ihm doch gestern schon die Hausschuhe hergerichtet, eine Zahnbürste, die er nicht mal benützt hat, ein Gästehandtuch, und die Unterhose und das T-Shirt von meinem Bruder.....den Frühstückstisch schon gedeckt...ihn gefragt ob er lieber Aprikosen oder Erdbeerkonfitüre will, die Stullen schon mal vorgeschmiert
(so a la Steven Kings Krankenschwester)....(lach!....ohje.....ich bin eine Schlimme......)
DANN glaube ich auch so einen Brief!
Um nochmal auf deine Figur zurückzukommen…..ich glaube…..nach einer Nacht…..sich einsam und verlassen zu fühlen, das ist echt schwierig, aber nicht unmöglich…..es muss der Orgasmus gewesen sein….der könnte es sein…..der ist das stärkste Motiv…..und das würde ich KÖRPERLICH zeigen, genauso wie das gerade Devi59 macht!…ihr yang hat sie verlassen….sie ist SCHWACH….ihr ist SCHLECHT…..sie muss kotzen…sie kann nichts behalten….das Essen bleibt ihr im Hals stecken….die Kaffeetasse fällt ihr runter….sie wacht auf STARK, liest, und wird schwach….wenn es dir gelingt, hier ihre körperliche Reaktion zu zeigen….dann fühl ich mit als Leser….und dann fühl ich mich einsam ….und den Inhalt des Briefes den würde ich auch überlegen
Denn was Olove zum Klischee Männer&Frauen hier einwendet.....das unterschreib ich.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Mann der stiften geht am nächsten Morgen...hier so einen.....schrecklichen Brief a la "war ganz nett/du bringst es nicht" schreiben würde.
WENN das einer unter zig100000enden macht, dann hat er ein MOTIV (Rache, oder wendet Dynamit an um sie ganz sicher loszuwerden, wahrscheinlich weil er selber verliebt ist, oder weil sie Anzeichen von Steven Kings Krankenschwester hat und verrückt ist)...oder....er ist Hauptdarsteller in einer Soap
Eher traue ich Frauen so einen Brief zu (auch aus Rachemotiven und niederen Beweggründen), auch weil Frauen eher schreiben, und sie neigen mehr zu Drama.....
Auch Männer die stiften gehen, wollen ja deshalb noch gemocht werden.....also die schreiben eher "schön war's, danke" oder "Ich muss meinen Chef heute überraschend vertreten und arbeiten"....wenn sie überhaupt schreiben!