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Geschichtenspiel Teil 32

eyes002
******ace Mann
15.955 Beiträge
Gruppen-Mod 
Der Butterfly-Effekt
Der Butterfly- Effekt
© 2014 by TRB

Es begann, wie es immer beginnt. Klein und bescheiden. Kaum wahrnehmbar. Und niemals für alle sichtbar. Bestenfalls für Einzelne. Und dann stellt sich immer noch die Frage, ob die, die es sehen können, auch verstehen, worum es geht.
Bei mir war das ein unglückliches Zusammentreffen. Und zwar von Beruf, Gelegenheit und Einstellung. Ich muss dazu ausholen.

Mein Name ist Richard Stark. Ich bin Privat- Detektiv. Eine Art nichtamtlicher Ermittler. Mein Kundenkreis besteht aus Ehefrauen, Ehemännern und Firmen-Inhabern. Die wollen immer das gleiche. Wer fickt mit wem? Und vor allem: Warum? Betrügt jemand die Firma, und zwar für wie viel?

Mein tägliches Brot für viele Jahre. Dann kam ein Wandel. Die Schwerindustrie interessierte sich für private Ermittler. Und irgendwann klopfte ein Münchner Verein bei mir an die Tür. Und wenn man erst einmal intern für Krauss-Maffei ermittelt hat und auch noch erfolgreich war, standen einem Tür und Tor offen. Der Name wird „gehandelt“. Das war gut. Und schlecht zugleich. Gut, weil man sich Luxuskarossen leisten kann, die vorher Traumautos waren, schlecht, weil man von den Gegnern auch gern einmal verfolgt wird. Und die, über die wir hier reden, werfen nicht mit Erbsen.

Und genau deshalb lebte ich seit ein paar Monaten in einem Kuh-Kaff in Nordwest- Deutschland zwischen Meppen und Papenburg. Am Arsch der Welt. Warum? Ganz einfach. Ich enttarnte mehrere verdeckte Mitarbeiter für ein russisches Konsortium in einem deutschen Bankunternehmen. Mehrere Leute im selben Verein in Schlüsselpositionen. Mit perfekter Vita.
Und wie schlau sie das eingefädelt hatten. Auf mehreren Ebenen. Ein Analyst, ein paar Broker, ein paar Verwalter von Hedge-Fonds. Im Geiste konnte ich sehen, wie alle Mitglieder der Verschwörung bei ihren Treffen die Bonjour-Tröpfchen in der Hose hatten.

Für die, die nicht wissen, was Hedge-Fonds sind. Mein Opa hat das immer mit Truthähnen verglichen. So ein Truthahn kommt zur Welt. Er ist glücklich und zufrieden wie Bolle. Er hat genug Auslauf, jede Menge Spielkameraden um sich, seine Eltern immer in der Nähe und bekommt von den Menschen immer genug und pünktlich zu fressen.
Fragte man einen jungen Truthahn, er würde immer sagen, dass sein Leben ein Traum wäre. Und sein zukunftsorientiertes Weltbild zu den Menschen wird jeden Tag aufs Neue gestützt, genährt und positiv bestätigt. Nähme der Truthahn den Ist-Zustand als Maßstab, müsste seine Zukunft golden und strahlend wirken. Nur… eines Tages ist Thanksgiving. Und der Präsident rettet immer nur einen Truthahn vorm Grill, aber nicht alle.

So ist das auch mit Hedge-Fonds. Dort „oben“ kursieren Billionen von Dollars und Euros, die nie gedruckt worden sind. Sie werden aber gefüttert und beworben wie Truthähne; sie wachsen und gedeihen. Im Gegensatz zu den Truthähnen gibt es dieses Geld nicht wirklich. Es ist quasi in „high rotation“. Aber, und das ist das Wunder, durch Leveraging und Leerkäufe, also Beschiss, kann man das Geld abschöpfen und auf Sonderkonten umleiten. Besonders beliebt sind Stiftungen, deren Finanzsitz auf den Cayman Islands liegt. Dort geschieht das Wunder. Theoretisches Geld wird durch Beschiss in harte Währung umgewandelt und kann sogar in Koffern abgeholt werden. Letztendlich bedeutet das, dass die Banken und deren Schergen nichts weiter darstellen als das, was man früher rückständigerweise „Buchmacher“ bei den Pferdewetten nannte.
Nur dass man beim Derivate-Handel mittlerweile nicht mehr weiß, welches Pferd gerade Läuft. Oder wo. Oder ob. Man weiß auch nicht, ob es einen Jockey gibt. Man weiß auch nicht, an welchem Tag zu welcher Stunde das Rennen läuft. Alles, was man beim Derivate-Handel weiß ist, dass der Gewinn 10 % betragen KANN. Den meisten reicht das schon. Da kann einem schon das Lachen im Gesicht gefrieren, denn dieses Gesindel hauste noch vor Jahren auf dem Jahrmarkt in einem Zelt mit einer Glaskugel auf dem Tisch.

Mir gefror auch das Lächeln, als ich in meinem neuen Dorf beobachtete, wie der Typ, bei dem ich erst vor wenigen Wochen ein Konto eröffnete, Mittwochmittag strammen Schrittes, das Handy am Kopf, in die Kirche rannte.
Das allein wäre kein Problem gewesen, wäre der örtliche Gottesvertreter, ebenfalls das Handy zwischen Kopf und Pfaffenhütchen, nicht direkt hinter dem Banker im Kirchenschiff verschwunden. Und ich bin ein neugieriger Mensch.
Man hört immer von knarrenden Kirchenportalen, aber das stimmt nicht. Es kommt vor, das ist etwas ganz anderes. Hier war es nicht so. Zwar öffnete ich vorsichtig das nur angelehnte, schwere Portal, aber es bewegte sich lautlos. Niemand war zu sehen. Ich fragte mich, was mein Bankmann und der Priester zu telefonieren hätten?

Was auch immer, hier waren sie nicht mehr. Neugierig schritt ich, auf Geräusche oder Stimmen achtend, durch den Mittelgang. Ich hatte zwar keinen Auftrag, aber Neugier ist mir in die Wiege gelegt worden. Fast vor dem prachtvollen Altar aus schneeweißem Marmor und goldenen Ornamenten angekommen, hörte ich leises Gemurmel. Aus dem Seitenschiff. Dort stand der Beichtstuhl.
Ein letzter Blick in die Runde. Jesus am Kreuz hing wie ein Fanal der Prunksucht über dem Altar. Drei Meter groß, fast drei Meter breit. Ein leidendes Gesicht, blutende Hände, eine blutende Stirn. Die Dornen seiner Krone blitzten wie Diamanten auf seinem Haupt.

Ich wollte mich gerade abwenden, aber meine Instinkte schlugen an. Eine Statue drei mal drei Meter mochte so um die 300 Kilogramm wiegen. Denn sie wäre sicherlich nicht aus Vollmetall. Selbst aus Holz, das man auch mit Blattgold belegen konnte, wäre sie nicht schwerer als 400 Kilo. Dafür musste man höchstens zwei Drahtseile zu halten nehmen, die nicht dicker als einen Zentimeter waren.

Ich sah hinauf zur in Gold und Blau- Tönen gehaltenen Decke. Gut übermalt war dort in die Metallstruktur ein Rechteck aus Stahlträgern eingefügt worden. An jeder Ecke war ein vier cm dickes Stahlseil befestigt worden, das die Jesus- Figur über dem Altar schweben ließ. Reichlich übertrieben. Katholiken…
Ich näherte mich dem Beichtstuhl. Die Stimme wurde deutlicher.
„Nein, ich kann das nicht mehr.“
„Blödsinn. Du machst das jetzt seit Jahren. Was ist passiert?“
„Nichts. Aber es ist nicht Richtig, was wir tun!“
Gedankenschwere Pause. Ich kannte beide nicht wirklich, aber der Haltung bei der Ankunft nach zu urteilen, hatte der Banker eine Sorge und der Priester wollte beschwichtigen. So weit, so gut. Aber die Frage blieb: Was machte einem Banker Sorgen, das ein Priester nicht ernst nahm? Wollte ich das wirklich wissen? Ich blieb.

„Hören sie, sagen sie bitte dem Boss, dass ich aufhöre. Er hat gesagt, ich kann das, wann immer ich will.“
„Das stimmt, Peter, aber findest du nicht, dass du es dir zu einfach machst? Jahrelang kassieren, ein Haus bauen, ein zweites, immer das neueste Auto, Geld im Ausland, Frau und Kinder wohlgenährt und sicher. Du bist abgesichert für den Rest deines Lebens. Jetzt die Löffel hin zu werfen, finde ich nicht richtig.“
Peter schwieg. Der Priester hatte den Punkt getroffen, wie es schien. Anscheinend kannten sie sich schon länger. Und der Punkt, der mir aufstieß war, dass der Geistliche bessere Kontakte zu haben schien, als mir klar war. Bestimmt war alles nur harmlos. Ich mit meinem Verschwörungs- Gehabe vermutete wieder irgendein verschwobeltes Geheimnis. Deshalb ging ich. Nicht, ohne einen weiteren, erstaunten Blick auf die dicken Drahtseile zu werfen, die das Kreuz hielten.

Auf dem Nachhauseweg ging mir das Gespräch nicht aus dem Kopf. Ein Priester, der sich aufführte wie ein Mittelsmann und ein Sünder, der aussteigen wollte. Seltsame Konstellation. Meine Phantasie häufte Wolken von Gründen auf, was sich dort abgespielt haben könnte. Das Leben war kein Zuckerschlecken und es gäbe von hart bis zart viele Möglichkeiten, dort erfolgreich zu ermitteln, aber ich hatte den Mut und die Vernunft, meine Gedanken zu unterdrücken. Jedenfalls solange, bis mich jemand dafür bezahlen würde, mir Gedanken zu machen.


Der nächste Morgen war zunächst sehr entspannt. 5:45 Uhr aufstehen, Katze füttern, Kaffee machen. Der morgendliche Gang, duschen und bei Musik von Pink Floyd Garderobe aussuchen. Andere Menschen würden lachen, aber „aussuchen“ ist nicht das richtige Wort. Tauschen würde es eher treffen. Ich hatte 16 Sätze Klamotten. Alle dieselben. Schwarze Einsatzhose aus wasserabweisendem Stoff, ein schwarzes Hemd, ein schwarzes Jackett. Schwarz war meine Farbe. Und sie war und ist universell. In Schwarz kann man ins Kino gehen und auf ein Bankett. Man kann damit in Clubs und Discos, aber auch ins Theater. Man sah nicht aus, wie ein Penner und nicht aus, wie ein Mode-Freak. Unauffällig war das Wort. Unauffällig und zweckmäßig. Für alle Fälle hatte ich im Kofferraum noch eine Splitterschutzweste, eine Einsatzweste und eine Krawatte. Und für Notfälle noch ein paar Knallbonbons. Also zog ich, wen wunderts, einen neuen Satz schwarze Sachen an. Dann kurz vor die Tür. Die Sterne waren längst verschwunden und die Sonne lachte vom Himmel. Eine seltene Konfiguration war entstanden, denn der Mond war noch da. Blass schwebte er über dem Horizont und sein Bild schwand im Lichte der Sonne zusehends. Ich nahm die Zeitung aus dem Korb und schlurfte zurück ins Haus.

Ich liebte den Duft von Kaffee, der einem morgens um die Nase fächelte. Er versprach jedes Mal, dass dieser Tag der beste des Lebens sein würde. Wenn man ihn ließ…
Ich schlug die Zeitung auf. Ein Berg von Neuigkeiten. Putin als „Desputin“ und als „Kriminator“ bezeichnet. Die Medien waren wie die Geier. Aber die Wahrheit traute sich niemand zu schreiben. Wegen des Gases vielleicht, das unser Ex-Vollidiot Schröder uns aus Russland beschert und ihn gleichzeitig reich gemacht hat. Die Wahrheit.

Ich dachte darüber nach, was wohl wäre, wenn in Bayern alle Österreicher danach rufen würden, dass sie als österreichische Bürger darauf bestehen würden, dass Bayern ins österreichische Staatsgefüge eingegliedert werden soll. Sie rufen quasi um Hilfe, weil sie zu faul und zu dämlich sind, nach Österreich ziehen zu wollen. Der österreichische Staat nun schickt massenweise bewaffnete Soldaten. Soldaten ohne Hoheitsabzeichen, und postiert sie an strategischen Stellen. Polizei, Kasernen, Flughäfen, Ämter, Verkehrsleitzentralen, Bahnhöfe, Bushaltestellen und so weiter. Nach und nach kommen immer mehr. Gleichzeitig sickern Agenten ins Land. Menschen, die nur die Aufgabe haben, Stimmung gegen Deutschland und Bayern zu machen. Sie sind so gut, dass sie die Stimmung im Lande richtig aufheizen. Sie gehen demonstrieren, singen die österreichische Hymne, hissen überall vor den fassungslosen Bayern die österreichische Flagge und nehmen das Land quasi gewaltlos ein. Dann wollen sie wählen. Und siehe da, alles ist schon vorbereitet, von der Wahlurne bis zum Stimmzettel und der Einteilung der Lokale. Ein Wunder? Nein. Ich nenne das einen Überfall. Die neue Art Terrorismus. Ein Wunder wäre, wenn die dicken Stahlseile in der Kirche Lattenjupp fallen ließen. Das Ding auf der Krim ist ein von langer Hand vorbereiteter, terroristischer Akt.

Ich blätterte um. Unter Lokales stand: Peter H. Steber, Chef der örtlichen Polizei, hatte sich in seiner Küche aufgehängt. Ein bewegender Abschiedsbrief war gefunden worden, in dem der hochdekorierte und allseits beliebte Chef der Polizei persönliche Probleme anführte.
Persönliche Probleme? Dieser Typ, der mich da aus der Zeitung anlächelte, stand gestern noch zu Tode betrübt vorm örtlichen Priester und wollte aus irgendetwas aussteigen. Meine Stirn zog sich in Falten. Was war das denn? Sollte nicht der Polizeichef mächtiger sein, als der Bibeljodler? Macht. Ein seltsames Wort. Unzweifelhaft übte der Pfaffe Macht aus. Machtausübung funktioniert nur, wenn der, auf den Macht ausgeübt wird, das als eigene Fähigkeit oder Vermögen anerkennt und vertritt. Und daraus wollte der Oberbulle wohl aussteigen. Und jetzt ist er tot. Von eigener Hand? Niemals. Ich fürchte, ich würde allein aus Neugier weiter ermitteln müssen. Ein tiefer, dunkler Abgrund hatte sich vor mir aufgetan. Und ich starrte neugierig hinein.
Mir gefror auch das Lächeln, als ich in meinem neuen Dorf beobachtete, wie der Typ, bei dem ich erst vor wenigen Wochen ein Konto eröffnete, Mittwochmittag strammen Schrittes, das Handy am Kopf, in die Kirche rannte.

Einige Absätze weiter:

Ich blätterte um. Unter Lokales stand: Peter H. Steber, Chef der örtlichen Polizei, hatte sich in seiner Küche aufgehängt. Ein bewegender Abschiedsbrief war gefunden worden, in dem der hochdekorierte und allseits beliebte Chef der Polizei persönliche Probleme anführte.


*gruebel*
wie kann das sein? Beim Boss der Polizei sein Konto eröffnet? tststs ...

*nene* wat det nich all jibt
eyes002
******ace Mann
15.955 Beiträge
Gruppen-Mod 
Aua!
Schwerer Formfehler *lol*
Vielen lieben Dank für deine Aufmerksamkeit. Wird sofort korrigiert *g*

Tom
eyes002
******ace Mann
15.955 Beiträge
Gruppen-Mod 
Sooooo
die Auflösung kommt im nächsten Teil *g*
Du bist SO klug, liebste Ev... danke dafür.

Tom
Quatsch Tom .......
ich bin überhaupt nicht klug - *nono*
mir fällt nur manchmal etwas auf, wenn ich es lese, was nicht in meinen Kopf hinein gehen will.

Dir einen schönen Sonntag - -
übrigens ist die Geschichte gut - für mein Empfinden.

LG Ev
Also ich habe jetzt bestimmt viermal deine Geschichte gelesen.
Du hast die acht Worte wirklich besonders gut versteckt...
eyes002
******ace Mann
15.955 Beiträge
Gruppen-Mod 
Wie
aufmerksam *lol*
Der Hammer ist, in diesem Teil habe ich die 8 Worte der letzten Woche. So ein Mist, jetzt schreibe ich gerade an den aktuellen und hoffentlich bekomme ich die noch hin, bevor es 2000 ist.....

Wie gut, das jemand aufpasst *g*

Tom
Puh - und ich dachte schon mich hätte ein Anfall von geistiger Umnachtung gepackt...
*lol*
eyes002
******ace Mann
15.955 Beiträge
Gruppen-Mod 
Der Butterfly- Effekt, Teil 2
Ich hatte das Gefühl, als würde da eine Lawine auf mich zu kommen. Aber ich konnte schlecht aufhören, jetzt, wo ich den Faden gefunden und das Ende aufgenommen hatte. Und das hatte nichts mit meinem Ego zu tun, es war meine Natur. Neugier. Gnadenlose, entsetzliche Neugier.
Ich musste einen Plan machen. Am besten konnte ich das auf der Terrasse. Dort stand ein uralter Ledersitz, der schon ausgeblichen und an zahlreichen Stellen geflickt worden war. Ich hockte mich also darauf, zog den kleinen Tisch zu mir und begann in meinen Notizzettel zu kritzeln. Ich musste zunächst das Umfeld des Polizeichefs abklopfen. Dann musste ich den Prediger unter die Lupe nehmen. Ganz tief im Inneren hörte ich Gott lachen über meine Pläne. Aber das hörte ich jedes Mal. Es war nunmehr zu einer Irritation verkommen.
Wenn ich an das Gespräch in der Kirche zurück dachte, kam ich unweigerlich auf mafiöse Strukturen. Also musste ich vorsorgen. Und wachsam sein. Allem entgegen stand mein Pazifismus. Ich hasste Waffen. Sie waren nur zu einem einzigen Zweck geschaffen worden. Zum töten. Und der Waffe war es egal, ob es einen guten Grund gab, oder nicht. Der Waffe war es egal, ob ein rechtschaffener Mann oder ein Strolch abdrückte. Der Waffenindustrie übrigens auch. Und selbst wenn es keine Waffen gäbe, die Menschen würden mit Knüppeln, Äxten und Hanfseilen aufeinander losgehen.
Mein Plan sah eher eine Art Psychospiel vor. Information, Infiltration. Dann gezielte Desinformation und sich zurück lehnen. Ich würde das Schloss nicht über die Brücke betreten. Ich würde durch den Burggraben schwimmen müssen. Ich ahnte, dass ich einen harten Ritt vor mir hatte. Und ich hatte weder Sattel noch Reitstiefel. Und dennoch musste ich das tun. Warum? Woher zum Teufel sollte ich das wissen?
Durch die Seitentür öffnete ich die Garage. Und entschied mich für den Golf IV Kombi. Die 100 PS sollten ausreichen, das matte Blau war unauffällig. Die hinteren Scheiben waren mit dunkler Folie getönt, so dass man nicht sofort gesehen wurde, wenn man irgendwo observierte. Das Garagentor schloss sich automatisch, sobald ich herausgefahren war. Eilig hatte ich es nicht, da ich zunächst ein paar Dinge besorgen musste. Zunächst einmal nach Meppen in einen Internat-Cafe. Peter H. Steber sollte durchleuchtet werden. Zu viele offene Fragen; die dringendste war: Hatte ich beim Polizeichef ein Konto eröffnet oder was?
Peter H. Steber. Geboren am 1.4.1964, genau wie sein Zwillingsbruder Heinrich P. Steber. Peter ist keine 50 geworden. Einmal geschieden, 1 Kind aus erster Ehe, zwei aus zweiter Ehe. Die Witwe hieß Elena Steber-Paladikis. Wohl griechischen Ursprunges. Das Bild bei Google unterstützte den Verdacht. Eine rassige Frau mit eindeutig mediterranen Zügen. Heinrichs Frau war Erbin des ortsansässigen Fleischbetriebes, er war Filialleiter der Bank. Elena fickt ihren Mann, Elenas Bruder war Inhaber einer Spedition. Ich musste lachen. Ein uralter Gag von Eddie Murphys allererstem Bühnenprogramm.
Wenn die Frau eines reichen Mannes gefragt wird: „Was ist dein Beruf?“, wäre die Wahrheit: „Ich ficke meinen Mann“.
Meistens kommen Dinge wie: Ich engagiere mich sozial. Oder: Ich bin Hausfrau.
Nein, bist du nicht! Die Frau eines reichen Mannes kocht nicht, sie hat eine Köchin. Die Frau eines reichen Mannes putzt keine Toiletten, sie hat eine Putzfrau. Die Frau eines reichen Mannes fährt nicht in die Stadt, sein hat einen Chauffeur. Was also hat die Frau eines reichen Mannes für Aufgaben? Richtig. Ihren Mann zu ficken.

Und als ich bei Google Pictures das Anwesen des guten Verschiedenen betrachtete, kamen mir leise Zweifel, das Gehalt eines Polizeichefs betreffend. Als Chief lag er bei B10 und das bedeutete zwar knapp 10000 Euro im Monat, aber die bescheidene Hütte im Netz hatte sicherlich Millionen gekostet. Dazu der Fuhrpark. Ein Hummer, ein Jaguar und ein M5 wollten unterhalten werden. Dann sah ich ein Bild, wo Peter auf einem Boot einen dicken Fisch stolz präsentierte. Es musste sein Boot sein, denn die 14 Meter Yacht hieß „Elena“. Alles in allem ein strammer Lebenswandel.
Nach knapp zwei Stunden hatte ich das Loch gefunden. Peter war von 1982 bis 1990 beim Militär. Stabsfeldwebel. 1990 brachen die Aufzeichnungen ab und setzten erst 1994 wieder ein. Ein Loch, eine Lücke von vier Jahren. 1994 ging es nahtlos weiter mit seinem Eintritt in die Polizei. Man konnte seinen Lebenslauf nahtlos verfolgen, bis auf diese vier Jahre. Mein geübtes Auge knüpfte auch sofort die roten Fäden zum Rest. Hochzeit 95, im gleichen Jahr eröffnete der Bruder seiner Frau die Spedition. Womit? Niemand weiß es. 96 wurde der Bruder Filialleiter der Bank, obschon er eigentlich Großhandelskaufmann war. Seltsamerweise heiratete er 96 seine Frau, die Erbin der Fleischfabrik. So etwas nennt man wohl Klüngel. Oder Vetternwirtschaft. Aber was steckt dahinter? Woraus wollte Peter sich befreien?
Ich sammelte die Ausdrucke und fuhr nach Bippen in einen Army-Shop. Was die Dienstgrade der Bundeswehr anging schloss der Besitzer meine Erinnerungslücken schnell. Der Ladeninhaber, Bernd nannte er sich, verkaufte mir eine Offiziersuniform des Nachschub- Bataillones 1 aus Hannover, unterstellt der 11. Panzerdivision. Schmuck, das blaue Wappen mit dem weißen Pferd. Als Dienstrang wählte ich Oberst und Bernd meinte, man müsse die Uniform „wichtiger“ machen, indem man Affekten anbringe. Also verpasste er mir eine Versorgerplakette, ein Leistungsabzeichen, eine goldene Schützenschnur. Tand in meinen Augen.
Als ich bezahlte, beugte er sich zu mir und nuschelte:
„Wenn es noch knallen und spucken soll, hätte ich da auch etwas“
„Nein danke, Bernd. Ich hasse Schusswaffen“.
„Du weißt ja, mit Knarren ist es wie mit Kondomen. Besser eins haben und nicht bauchen, als eins brauchen und keins haben“.
Ich lachte. „Danke mein Freund, ich komme auch so zurecht“.
Achselzuckend wandte er sich ab und ließ mich in Ruhe. Nun fuhr ich, aufgetakelt wie eine Fregatte zum Anwesen der Stebers. Wollte doch einmal herausfinden, wie die Bande reagierte, wenn man ein wenig ins Wespennest sticht.
Ich danke dir lieber Tom ...
für meine acht Wörter - die wunderbar ins Geschehen passten -
und für die jetzige Geschichte mit den acht Wörtern vom letzten Sonntag.

Da bin ich jetzt auf die Fortsetzung mit den acht Wörtern von heute gespannt.

*smile* Ev
eyes002
******ace Mann
15.955 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ja
ich bin auch schon ganz hibbelig....

Tom
Na - sind doch nur noch 86 läppische Minuten...
ja aber,
die es in sich haben ........
denn nicht immer kommen die acht Wörter pünktlich .......


*tuete* *undwech*
**********Engel Frau
25.346 Beiträge
Gruppen-Mod 
Lach... erst heute nachmittag habe ich jemandem erklärt, wie sehr manche hier immer ganz hibbelig darauf warten, dass die Wörter pünktlich um 20 Uhr erscheinen.
*haumichwech*

Unsere Ev wieder... *g*

*knuddel*
Ich würde mich da ja glatt mal aus dem Fenster lehnen und behaupten

HEUTE SCHON

*floet*
**********Engel Frau
25.346 Beiträge
Gruppen-Mod 
*ggg*
Sonntag 20:00 - new stuff
Hier nun die acht Wörter - wusste gar nicht, dass diese kleinen Dinger sooo heiß begehrt sind...

Erdbeerfeld

Badeschaum

Schleier

Kelle

Kerzenwachs

Ladekabel

Buddha

Sattel

Ich freue mich auf eure Kreationen...
16 ........
Gestern war ich in der Sauna. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, aber diesmal hat es mich aus den Latschen gehauen. Was war passiert - -
Im Internet schreibe ich mich mit einigen Menschen – das ist auch nichts Ungewöhnliches, machen ja viele.

Und dort gab es ein Angebot:
Wer als erstes mit einem Hanfseil über den Burggraben vor der Sauna springen kann, der bekommt nicht nur den freien Eintritt, nein, er wird auch entsprechend bewirtet, darf im angrenzenden Hotel übernachten und wird am Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück mit einer Limousine nach Hause gefahren.
Ende des Angebotes: 22. März 2014 - 24:00 Uhr

Davon erfuhr ich aber erst, als ich schon bei der Sauna ankam. Hätte ich es vorher gewusst, dann wäre ich nicht gefahren. Aber nun war ich da und sah eine große Menschenmenge auf dem Parkplatz der total überfüllt war. Es war kein Parkplatz zu bekommen noch konnte man nicht fahren. Ich war total in der Menschenmenge eingekeilt.

Auf einer Plattform erhöht konnte ich eine schwarze Limousine entdecken, deren weiße Ledersitze in der Sonne glänzten. Mein altes Ego flüsterte mir zu – das ist ein Psychospiel – einfach nicht beachten.
Ich wollte ja nur in die Sauna und mit dieser Menschenmenge keinen Streit, stiefelte also los und so kam es, was ich nicht wollte, zu einer Irritation mit den Männern, die über den Burggraben fliegen wollten. Sie dachten, ich würde behaupten, über den Graben geflogen zu sein. Das Ende vom Lied – oder besser vom Saunagang: ich wachte mit einem Brummschädel und einer Erinnerungslücke im Krankenzimmer auf.
Und alles, was ich hier aufgeschrieben habe, das hat mir ein freundlicher Mann später erzählt.
~~~~~~

So liege ich jetzt zu Hause in meiner Badewanne im Badeschaum mit der Farbe von Erdbeerfeldfrüchten und lasse alles von gestern noch einmal Revue passieren.

Ich kann mich nur noch schwach erinnern, dass ein Mann ein Ladekabel über meinen Kopf geschwungen hat. Andererseits weiß ich aber, dass ich im Raum mit der Buddhastatue lag, und überall war bei den brennenden Kerzen das Kerzenwachs herunter getropft. An der einen Wand hing ein Sattel und ein Mann schöpfte mit einer Kelle Wasser und goss es auf heiße Steine. Ich selber lag, nur mit einem Schleier bedeckt auf einer Liege und um mich herum hörte ich den Klang verschiedener Töne, die meinen ganzen Körper durchströmten.

Eine schöne wohltuende Erinnerung

© ev
eyes002
******ace Mann
15.955 Beiträge
Gruppen-Mod 
Wie
machst du das nur so schnell, verdammte Axt. Ich feile und fummele hier rum...


Tom
Ach Tom
der erste Teil war gestern erst fertig geworden der dauerte eine ganze Woche, und
ich kam nicht mehr dazu ihn einzustellen. Dann kamen die acht Wörter, tja *grins* und
da ich am Samstag in einer Sauna war - dort u a auch in einem Meditationsraum mit der Buddhastatue, war der zweite Teil einfach meine reale Erinnerung.

In diesem Fall sage ich:

*danke* für die acht Wörter http://www.joyclub.de/my/1806294.soulsista69.html


Ev
Und ich danke dir für die entzückende kleine Episode...
*bravo*

Ich selbst habe mir auch noch gar nichts überlegt - nur die Worte kamen mir so in den Sinn...

Euch allen einen schönen Montag!
*********ynter Frau
9.578 Beiträge
Sie lag in einer diesen altmodisch bezaubernden Badewannen, die auf vier bronzenen Löwenpranken ruhte. Ein schlanker Unterschenkel mit zugehörigem Fuß ragte über den Rand und Badeschaum tropfte an ihm auf das Holzparkett, eine Lache bildend, herab. Ihr langes dunkles Haar lag wie ein Schleier auf ihrem Gesicht. Sonnenstrahlen fielen auf ihren Körper, bildeten regenbogenartige Reflexe im Wasser-Badeöl-Gemisch, eine sanfte Brise blähte den Vorhang des geöffneten Fensters und gab den Blick auf das blühende Erdbeerfeld hinter dem Haus frei.

Was für ein wunderschönes Bild, dachte Sie, doch etwas daran war falsch – völlig falsch! Sie schwebte etwa einen halben Meter über ihrem Körper. Voller Schrecken und Überraschung wurde ihr klar, dass dieser leblose Körper im Wasser der ihre war. Dieser war über und über mit Kerzenwachs an ihren Brüsten, ihrem Bauch und ihrer Scham bedeckt. An manchen Stellen war ihre Haut mit roten Striemen gezeichnet. Ihr Blick wanderte weiter und blieb an dem Kabel hängen, welches um ihren zarten Hals geschlungen war.

Sie sah auf einmal die ganze verhängnisvolle Szenerie wieder wie einen Film vor ihrem inneren Auge ablaufen. Die Session, die Fesseln, das Auspeitschen und die Kelle, mit der Er das Wachs auf ihren Körper geschöpft hatte. Hitze, Kribbeln, grenzenlose Erregung. Sie erinnerte sich daran, wie sehr es sie angetörnt hatte als er seine Hand auf ihre Kehle gelegt hatte und sie immer mehr und noch mehr wollte. Bis er das nächstbeste griff - das Ladekabel - und es um ihren Hals legte.

Wo war Er? Warum war er nicht bei ihr, um ihr zu helfen? Würde sie jetzt sterben oder war sie am Ende schon tot?
Nein kein Frieden, sondern Panik ergriff sie. Sie wollte leben.
Vor ihren Augen und ihrem verwirrten Wesen manifestierte sich Buddha mit sanftem Lächeln. Durchscheinend war seine Gestalt und sie hörte seine Worte ohne dass er seine Lippen bewegte.
„Nun Tochter, hast du also meine Warnung nicht beherzigt? Ich habe dir dein Leben und dein Ende doch vor deiner Geburt gezeigt. Erinnerst du dich daran? Dein körperloses Wesen versprach damals, dass es zu diesem Ende nicht kommen würde, du wolltest Vorsichtsmaßnahmen treffen…"

Schreiend erwachte sie und klammerte sich an den Sattel, den sie gerade eingefettet hatte. Zunächst orientierungslos fragte sie sich, wo sie war und warum sie nicht tot in dieser Wanne lag. Der Schrecken wich nur langsam aus ihren Gliedern bis sie begriff, dass sie zu vorgerückter Stunde wohl hier in der Sattelkammer eingenickt und diesen verstörenden Traum gehabt hatte.

Er rief nach ihr, genau in dem Tonfall auf den immer eine Session folgte. Sie erhob sich, lief gehorsam zu ihm, folgte ihm in das „Spielzimmer“ und ließ das Ladekabel von der Konsole unauffällig in ihrer Handtasche verschwinden.
eyes002
******ace Mann
15.955 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ach
das Ladekabel ist schuld *haumichwech*
In der Kürze liegt die Würze. Aber das hätte durchaus Potenzail, länger sein zu dürfen. Wie (fast) immer bei Kurzgeschichten ist der Spannungsbogen aufsteigend und wir brutal aufgelöst. Das ist unmenschlich...


Tom
Sermonische Wandlung / 24 Worte
Ob Sermon.Sülzkopp jemals begreifen wird, warum alle bestätigend nicken, wenn er sich vorstellt, wage ich zu bezweifeln. Der Leser ahnt wie jeder , der das Vergnügen hat, unverhofft in sein Blickfeld zu geraten, dass nicht erst die Worte, sondern schon die reine Präsenz dieses Individuums genügt, um einen spontanen, unerklärlichen Fluchtreflex auszulösen. Unglücklicherweise gehört Sermon zu den Menschen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie grundsätzlich immer im Weg stehen und es ist bislang niemand geglückt, ihm aus dem Weg zu gehen. So fügt sich der Angesprochene vorerst seinem Schicksal und hofft, dass das ungute Gefühl einem Vorurteil entspringt und sich das Gegenüber im Laufe der Zeit als angenehmer Zeitgenosse entpuppen wird.
Vergebens. Denn kaum hat unser Freund den Mund geöffnet, folgen nach den üblichen Höflichkeitsfloskeln solch Massen von Worten, dass es verwundert, warum noch niemand einen spontanen Hörsturz erlitten oder gar jämmerlich mit blutenden Ohren verstorben ist.
Uns, die wir mit ihm aufgewachsen, sind im Laufe der Zeit Klappen in den Ohren gewachsen. Die Fluten von Anekdoten, Witzen, Argumenten, Assoziationen und Schimpftiraden aus seinem nie ruhenden Mundwerk umspülen uns, doch können uns nie so überfluten, wie sie es bei den unglücklichen Wesen tun, die ihm zum ersten Mal begegnen.
Sieht man in ihr Gesicht, erblickt man im Laufe der Zeit dort die volle Bandbreite menschlicher Regungen. Es beginnt mit dem Ausdruck plötzlichen Erstaunens und wechselt zu verzweifeltem Umherwandern der Augäpfel, die unter der hypnotischen Wirkung des sermonischen Blicks verzweifelt nach einem Fluchtweg Ausschau halten. Da dies nicht gelingt und Sermon in Boxermanier immer in die Richtung tänzelt, die das mittlerweile panisch blickende Opfer aiszuweichen versucht, fügen sich die Meisten ihrem Schicksal. Ergebenheit und Resignation lassen sie sichtbar schrumpfen.
Die nächste Phase ist der Ausdruck von Entschlossenheit und dem Mut der Verzweiflung, der in die Gesichter einzieht, wenn Sermon am Ende eines Satzes die Tonhöhe hebt und damit vermeintlich zu einer Frage ansetzt. Doch da dies seltenst wirklich der Fall ist und danach der Redefluss nur noch schneller wird, ja sogar von wild gestikulierenden Armen und Händen unterstrichen wird, sacken die Bedauernswerten allsbald wieder zusammen und versuchen sich dem Ansturm durch Verschliessen aller Öffnungen zu erwehren. Die Augen verengen sich zu Schlitzen und der strichförmige Rest einst voller Lippen presst sich aufs Unerbittlichste zusammen, dass, gäbe es die blasse Nase nicht, der Erbarmungswürdige in kürzester Zeit ersticken müsste. Da Kollege Sülzkopp dies wiederum als untrügliches Zeichen wertet, dass sein Gegenüber die Ernsthaftigkeit seiner Ausführungen teilt, verdoppelt er seine Anstrengungen und setzt zu entschlossenen politischen Forderungen und Vorschlägen von drakonischen Sanktionen an, sollten diese nicht erfüllt werden.
" Kommt der Prophet nicht zum Berg, muss der Berg halt zum Propheten kommen!!" ist sein Lieblingsbonmot, das die Zuhörer ob seiner Absurdität unwillkürlich zu einem gequälten Lächeln zwingt. Auch das bestätigt Sermon in seinen Ansichten. Er wechselt, des alten Themas überdrüssig, übergangslos zu einem neuen. Diese Prozeder kann ohne Übertreibung drei bis vier Stunden dauern. Wird das Opfer wegen eines dringenden Bedürfnisses "für kleine Jungs" unseres Helden kurzfristig von seinen Qualen erlöst, schafft es dieses oft nicht, sich in der knapp bemessenen Zeit aus seiner Starre zu lösen, um zu flüchten und sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.
Wir, die wir die ganze Szene auch nach Jahrzehnten immer noch fassungslos beobachteten, fragten uns Zweierlei.
Wann kommt der Moment, wo irgendeines der Opfer den Mut aufbringt, ihn zur Seite zu schieben und wegzulaufen oder durchdreht und ihm dermaßen Eins auf die Fresse haut, dass Sermon Mond und Sterne sieht und sich danach zweimal überlegt, ob er nocheinmal sein Gebiss schlucken will, wenn er zum Maschinengewehr Gottes mutiert.
Wird es je einem Gegenüber gelingen, ihn sprachlos zu machen?
Wetten darüber sind früher viele abgeschlossen worden. Aufgrund des eindeutigen Ausganges und der damit verbundenen sinkenden Risikobereitschaft hat sich der Wetteinsatz jedoch gehörig veringert. Stand vorher die Ausrichtung einer Party mit Kaviar und Schampus auf dem Spiel, war es bald gerade noch das nächste Pils.
Jeder von uns hat schon einmal das Unmögliche versucht.
Sylvie, ihres Zeichens Fremdenführerin entführt tagtäglich Duzende von Touristen in das bewegte Leben unserer Stadt. Sie zwingt mit ihrer hypnotischer Stimme jeden Zuhörer in spannendste Szenen. Reitstiefel knarren. Pulverdampf zieht in geblähte Nüstern und selbst dem fünfzigjährigen Sportwagenfahrer wird sein Ledersitz nach der Führung wie der Sattel eines jungen römischen Soldaten vorkommen, wenn er durch die Erdbeerfelder vor der Stadt fährt. Doch Sylvie versagte kläglich. Kaum hatte sie das Wort an ihn gerichtet, zerriss der Schleier, der sich kurzzeitig über seine Augen gelegt hatte und seine Aufmerksamkeit für ihre Stimme platzte wie Badeschaumbläschen in der Badewanne. Er füllte den ihm dargebotenen Burggraben, über den einst ein Prinz mit seinem Pferd todesmutig gesprungen war, um seine Jungfrau zu retten, mit den Opfern beider Weltkriege, dem letzten Börsencrash und dem Verfall der Moral in den letzten fünfundsiebzig Jahren. Sylvie streckte ihm erbost die Zunge heraus und besoff sich hernach das erste Mal in ihrer Kneipenkarriere so, dass wir sie nach Hause fahren und zu Dritt in ihr Bett tragen mussten.
Tom, unser verwegener Haudegen, dessen strenge Augen schon als Stopschild dienen, wenn uns einer der Mitgäste auf den Senkel geht, versuchte es auf die brutale Art. Er brachte seine Luger mit und steckte sie in einem günstigen Moment blitzschnell zwischen Herrn Sülzkopps Kauleisten. " Schnauze, Fury!"
Und was tat Sermon? Er glotze kurz blöd, fing an zu grinsen, biss zu und riss Tomm mit einem Ruck des Kopfes die Waffe aus der Hand. Dann nahm er sie seelenruhig und zerschoss zwei Whiskeyflaschen knapp neben dem Kopf des Barkeeperss. Zum Glück waren an diesem Abend noch keine fremden Gäste da. Nachdem Tom beide Flaschen bezahlt und versprochen hatte, nie mehr eine seiner Waffen mitzubringen, beruhigte sich der Wirt langsam wieder und Freund Sermon erzählte einem Neuangekommenen, wie er einmal mit fünf Euro eine Schiessbude auf dem.Jahrmarkt leergeräumt hatte.
Tom bezahlte am Ende dieses Abends übrigens noch eine dritte Flasche. Da er es nicht weit hat und er mit Abstand der Trinkfesteste unserer Clique ist, mussten wir zumindest ihn nicht nach Hause bringen.
Heinz, unser Oberspiri, männlicher Teil der Spiritusbande, war an diesem einen Abend alleine ohne seine Tuss da. Da sie sonst diejenige war, die an seinem Ohr knabberte, ergriff Sermon die Chance und wollte wortreich die Lücke füllen. Heinz, gestählt durch tausende Stunden aktiver und passiver Psychospielchen, nahm die Herausforderung an. Nach jedem Satz fragte er ihn: " Was genau willst Du mir damit sagen? Was ist der tiefere Sinn desses, was Du mir gerade erzählst?" So kamen sie in etwa zwanzig Minuten von Buddas Ego über ajurvedische Kochrezepte und die Frage, ob das Hanfseil am Galgen im Mittelalter eher rechts- oder linksgedreht war zu Sermons fixer Idee, dass er demnächst sein erstes Buch schreiben würde. Titel: Das Ladekabel der Götter. Der tägliche Kurzschluss als Weg.
Mittlerweile waren Heinzens Ohren schon blutrot angelaufen und seine Augenlider zuckten unkontrolliert. Zu seinem Glück klackten gerade eine Horde Highheels aus dem benachbarten Fotostudio herein und Sermon wand sich mit seinen Lappalien zierlicheren Ohrläppchen zu.
Auch Heinz wechselte an diesem Abend von seiner Holunderbrause zu Lochweissnichtwas, dem Patentrezept von Tom gegen penetrante Ohrwürmer und andere innere Plagegeister.
Ev, unser Tingeltangel, die es mit Mitte Siebzig immer noch spielend schafft, ihre erotische Ausstrahlung auf sämtlichen Bühnen der Republik zu versprühen, ohne aus der Rolle zu fallen, hat versucht, während einer Erinnerungslücke in Sermons Geist vorzudringen und dort für so viel Wolken und Nebel zu sorgen, dass seine Zunge stolpert und der Strom von Lauten aus seinem Maul versiegt.
Was sie mit ihren eingeflochtenen Rezitationen erreichte, war nicht die beabsichtigte Irritation, sondern das Gegenteil. Die Wolken türmten sich in Windeseile auf und auf ein Blitzgewitter folgte ein stürmischer Platzregen aus Assoziationen und schlauen Sprüchen, der jeden argumentativen Regenschirm umgestülpt und weggeweht hätte. Nicht einmal mehr Ev's theatralischer Abgang mittels täuschend echtem Herzinfarkt konnte den Redesturm Sermons besänftigen. Er klopfte ihr kurz auf die Wangen und kaum jatte sie die Augen wieder geöffnet, war das unaufhörliche Plätschern zum Nachbartisch weitergezogen.

Hatten wir anfangs noch Wetten abgeschlossen, wer Sermon als erstes zum Schweigen brächte, wetteten wir jetzt, wie lange es dauert, bis das mächste Opfer erfolgreich die Flucht ergreift.

Dann kam Tilli Trippeldee. Tilli kam, sah und siegte. Besser gesagt, Kam, lachte und küsste. Wahrscheinlich kam sie diese Nacht noch mehrmals. Doch das ist nur unsere Vermutung. Bleiben wir bei den Tatsachen.
In Sermons Augen Tittsachen. Denn kaum hatte er begonnen, auf sie einzureden, begann sie herzhaft zu lachen.
Sie lachte so herzerfrischend, dass ihre Brüste vor Sermon anfingen zu hüpfen, als wollten sie nicht nur über seinen Burggraben, sondern gleich über die Mauer auf den höchsten Turm springen. Sermon begann zu stottern, lief puterrot an und bevor er sichs versah, hatte Tilli mit ihrem Erdbeermund seine Lippen verschlossen. Keine viertel Stunde später waren sie verschwunden. Ob in ihrer Mansarde oder seiner Kellerwohnung, wissen wir bis heute nicht. Denn seither nutz er seine Zungenfertigkeit im Nonverbalenbereich. Wenn wir ihn einmal zu Sehen bekommen, ist er sowas von wortkarg, dass es ein hartes Stück Arbeit ist, mehr als eine knappe Erwiderung aus ihm heraus zu bekommen. Nicht dass er dabei unglücklich wirkt. Eher im Gegenteil. Das leise lächelnde Schweigen steht ihm ausgezeichnet.
Schlimm für uns ist nur, dass wir Anderen nun selbst für Gesprächsstoff sorgen müssen. An manchen Abenden fällt uns einfach nichts ein und wir gehen vor Langeweile schon nach ein oder zwei Pils nach Hause. Hätte uns das vorher jemand prophezeit und darauf gewettet, wäre er heute ein reicher Mann.
*haumichwech*

*rotfl*

*haumichwech*


*rotfl*

*haumichwech*


*rotfl*




*spitze* Ev *bussi*
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