Interview mit meinem Vampir
((ich hoffe ich hab auch die richtigen 8 Worte gefunden...)
Überstunden ich war viel zu spät, packte gerade mein
Notebook in die Tasche, als ich den Sturm bemerkte, der Wind, wie er gegen die
Fenster drückte, der kalte Regen…
„Ihr seid nicht zur
rechten Zeit da gewesen.“
Hörte ich und sah in gelbe Katzenaugen, als ich mich umdrehte.
Die blasse, fast weiße Haut
„Nein.“
Oh mein Gott etwas Besseres ist dir nicht eingefallen? Ist
doch deine Welt. Aber nein, ich war verloren in diesen Augen. Und dann war da
die Hand an einer Kehle. Atmen war möglich, wenn auch schwer. Er wusste es.
„Warum?“
So dröhnte das tiefe Timbre in meinen Ohren und ich blickte
hinab zu dem fahlen Arm, der mich am Hals hoch hielt. Ja er hielt mich in der
Luft. Ich verstand erst nicht, dann donnerte mein Schädel gegen die Küchenwand,
der Thymian fiel vom Gewürzregal und die Dröhnleinsynphonie pochte hinter
meiner Stirn.
„WARUM??!!??“
Ich bin nicht sicher, wie ich da hin kam – alles ging viel zu
schnell - aber dann lag ich lag auf dem
Boden. Niemand war zu sehen. Und ich fragte mich, weshalb Kain mich plötzlich
so zu hassen schien.
„Also das letzte Mal, als wir uns begegneten warst du eindeutig
freundlicher…“
Sagte ich mit einem Seufzen zur Luft, nachdem ich mich in
der Küche umgesehen hatte, ob auch wirklich keiner mehr da war. Dann wurde mein
Seufzer etwas leiser erwidert und mit einer unglaublichen Müdigkeit in der
Stimme sprach er aus einem der anderen Räume.
„Ich suchte Euch aus
einem bestimmten Grund auf damals.“
Da stand er in der Balkontür und blickte hinaus in das graue
Berlin, in die von den Laternen gestörte Dunkelheit und wirkte trotz seiner
Größe und Kraft, trotz dieses Körpers, der schier „Raubtier“ zu schreien schien
doch etwas verloren. Der kalte Wind spielte mit seinem langen weißen Haar und
sorgte bei mir für eine Gänsehaut. Und ich denke, wäre das jetzt ein Film würde
ich zu ihm gehen, ihm die Hand auf die Schulter legen und ihm verzeihen, was er
da grad mit mir gemacht hatte, um der Bestie eine Chance zu geben, gezähmt zu
werden. Doch es war kein Film und die Hämatome, einen dunklen Kranz um den Hals
meines Spiegelbildes bildeten hielten mich davon ab mich ihm weiter zu nähern,
als bis auf zwei Meter.
„Weil die Ewigkeit in Einsamkeit unerträglich sein muss?“
Es war eine Frage, aber eigentlich wusste ich die Antwort.
Langsam drehte er sich zu mir um. Es war unmöglich zu sagen, ob ihm meine
erneute Nähe unangenehm war oder nicht, die Miene war steinern. Eine erlernte
Fassade, so nahm ich an.
„Man kann einsamer in
Gesellschaft sein, als wenn man allein ist.“
Lioba, was sonst. Das war das warum, hätte ich mir
eigentlich denken können.
„Vielleicht musst du noch zu lieben lernen. Ich denke du versuchst sie
zu besitzen, nicht sie zu lieben.“
Der sich verfinsternde Blick sagte mir, ich sollte besser
lernen meine Klappe zu halten, ich nahm nicht an, dass es daran lag, dass ich
ihn geduzt habe, mein Schädel rang ohnehin noch viel zu sehr, um mir über
Höflichkeitsformen irgendwelche Gedanken zu machen. Als Kain wieder sprach war
er sehr ruhig, zu ruhig vielleicht.
„Ich will sie nicht
besitzen, sie kann tun und lassen, was sie will.“
„Du meinst, solang sie bei dir bleibt und was sie will ist, was du
willst?“
Wer kennt sie nicht, diese Momente wenn man genau weiß, man
bereut was man gleich tut und kann doch nicht anders? So als sitzt man im Auto
und sieht die Mauer vor sich, gibt aber erst recht Gas. Dies war so ein Moment.
„Ich meine ernsthaft, würdest du sie nicht besitzen wollen, wären nicht
alle deine Wachen um ihr Leben gekommen, oder?“
Die Welt wurde plötzlich rot, als würde ich sie durch
Buntglas betrachten. Mein Verstand brauchte einen Augenblick, um zu verstehen,
was gerade geschehen war. Ich war unsicher, ob ich diese verzerrte, wütende
Fratze schon vorher gesehen hatte oder ob ich mir das einbildete, weil sie mich
immer noch voller Abscheu anstarrte. Aber die Hand hatte ich nicht kommen
sehen, hatte die Ohrfeige nicht gespürt im ersten Moment und auch nicht die
scharfen Fingernägel, beinahe schon Klauen, die dann über mein Gesicht fuhren.
Die Haut, die von meiner Stirn bis zum Kinn aufgerissen wurde… Blut lief mir in
die Augen, darum war die Welt in Rot getaucht. Für mich wie in Zeitlupe fiel
ich, von der Wucht des Schlages zur Seite geworfen auf meinen kleinen
Glastisch, der wir durch ein Wunder nicht in tausend Scherben zerbrach. Nur
seine Beine gaben nach. Und dann kam der Schmerz, siedend heiß und eiskalt
zugleich. Ich wollte schreien aber manchmal sind wir noch instinkgesteuert und
mein Unterbewusstsein wollte leben, ließ mich die Arme vor dem zerkratzten
Gesicht verschränken und mich rufen:
„Wenn ich sterbe, verlierst du sie auch!“
Und dann war nicht ich es, die schrie. Ich dachte noch: Ok,
wer füttert die Tiere, wenn ich nicht mehr da bin, als ich durch einen Spalt zwischen meinen Armen sah,
wie Kains rechte Hand zur Faust geballt ausholte und in meine Richtung schoss.
Hatte ich den Herd ausgemacht? Ich war nicht sicher. Seltsam, welche Gedanken
man so hat, wenn man den Tod kommen sieht. Mitten im Geschehen sozusagen, im Mittelpunkt aller Wut. Und warum zur Hölle hat man so
kleine Arme? Damit kann man nur Teile des Gesichts verbergen. Ok, ich konnte es nicht stoppen, konnte aber in Frieden gehen. Also schloss ich die
Augen und wartete auf das weiße Licht. Das Licht sah ich nicht, aber Putz rieselte
auf mich, als Kain nicht mich, sondern
die Wand einen Millimeter über meinem Gesicht traf.
„Was wollt Ihr? Die
Unsterblichkeit? Ihr Menschen seid so lächerlich, aber ihr könnt das einfach
nicht begreifen.“
Als ich die Augen wieder öffnete war sein Gesicht nur einen
Finger breit von meinem entfernt und seine Faust immer noch in meiner Wand. Die
gelben Jägeraugen waren voller Zorn, voll Trauer, voll Leere.
„Hör zu, ich will nichts von dir. Lioba muss so sein, wie sie ist. Du
würdest dich niemals für jemanden interessieren, der vor dir kuscht. Liebe und
Hass, dass müsst ihr selbst ausmachen. Eines kann so schnell in das andere
umschlagen, das weißt du.“
Wie ich wollte nichts? Wo war mein Instinkt, wenn ich ihn
brauchte? Ich sah meine Worte durchdringen, etwas Ungläubigkeit in seinem Blick
und dann, wie er meine Verletzungen analysierte, als der Vampir such auf seine
Knie erhob.
„Ihr braucht einen
Heiler.“
Meiinte er scheinbar völlig gefasst und die Tatsache, dass
ich meinen linken Arm nicht bewegen konnte sagte mir mehr als alles andere,
dass er Recht hatte.
„Kannst du den Notarzt anrufen? Im Zimmer mit den Vögeln ist ein
Telefon.“
„Ein Telefon?“
Er zog eine Augenbraue hoch. Klar…
„Ein kleines, längliches Ding mit vielen kleinen Tasten auf denen
Zahlen stehen.“
Er verlor keine Zeit und ging ins Wohnzimmer, die Sittiche,
die vorher gesungen hatten verstummten und ich versuchte mich aufzurichten.
Dann kam Kain zurück - mit einer Fernbedienung. Ich konnte mir das Lachen nicht
verkneifen, trotz all des Schmerzes und meine Lungen wollten explodieren.
Rippen? Wie sollte ich das meinem Chef erklären? Oh, ein Urvampir, der mir mal
im Traum erschien und in meine Welt gekommen ist, hat mich verprügelt, weil er
mit sich selbst nicht klar kommt, darum fehl ich jetzt erstmal ein paar Wochen.
Woohoo. Der Blick, den ich erntete sagte ganz klar: Ok, sie ist verrückt.
„Wie hole ich damit einen Heiler?“
Fragte er schließlich und besah sich das Ding recht genau.
„Das ist kein Telefon. Vielleicht ziehst du mich einfach in den Flur,
klingelst bei den Nachbarn und verschwindest.“
Meinte ich dann, ich wurde müde und wollte nicht mehr
erklären, was ein Telefon ist, oder wie man es benutzt. Kain musterte mich noch
einmal und hob mich schließlich auf. Starke Arme, die mir zuvor so weh getan
hatten hielten mich nun sanft.
„Ich bringe dich zu
dem Heiler, sag mir, wo er ist.“
Ich dachte: Keine gute Idee, bis dahin bin ich vielleicht
verblutet, doch dann sprang er durch die Balkontür auf das Dach des nächsten
Hauses. Die Magie der Vampire hatte ich vergessen.
„Wohin?“
Wollte er wissen. Nicht meinetwegen, das wusste ich.
„Ein Haus weiter siehst du ein großes blaues U du wirst mehrere solcher
Us sehen, wenn du rechts weiter gehst. Wenn wir an einem Platz sind, an dem ein
großer Tum mit einer Kugel steht musst
du den Schienen folgen die nach Süden laufen bis zu einem Glasgebäude vor dem
eine Staue steht aus Metall, die ein Pferd darstellt, dann musst du einen Turm
suchen, an dem grüne Dinge hängen, oben steht Charité. Da sind viele Heiler.“
Ich bekam noch mit, wie Kain die U5 erreichte und ihr
folgte, nicht für lang allerdings. Keine meiner Fragen wurde gestellt in diesem
„Interview“, oder doch?