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Geschichtenspiel Teil 32

****59 Frau
3.102 Beiträge
Der Cowboy
Der Cowboy


„Du bist dran!“

Greg schob seinen Hut zurück, zog an seiner Zigarre und warf die Karten auf den Tisch.
Im Saloon war es ruhig geworden. Alle kannten die raue Stimme Gregs und sein Unterton verhieß nichts Gutes.
Nicht dass sie Greg nicht mochten, aber er war unberechenbar, wenn er sich ärgerte.
Und das war jetzt!
„ Greg, Junge, komm, ich geb dir einen guten Johnny aus, damit kannst du deine Wut runterspülen!“
Sam's Blick streifte kurz die Tafel auf welcher mit Kreide stand: Zwei doppelte Johnnys zum Preis von Einem.
Sam, Taylor und Bridge sahen Greg von der Seite an und warteten gespannt auf seine Reaktion.
Jeden Abend kamen die Vier hier zusammen und versuchten ihr Glück beim Poker.
Wenn einer von ihnen verlor, war es für sie kein Weltuntergang und sie feierten, bis der Morgen kam.
Greg aber konnte einfach nicht verlieren.

Er schrie und tobte bis die Whiskygläser anfingen zu vibrieren, und nicht selten schoss er mit seiner Winchester wie besessen im Saloon umher, sodass Jada , die es sich gerne auf seinem Schoss bequem machte, ihre Röcke raffte und sich schnellstens hinter der Theke verbarrikadierte.
Jada war ganz offensichtlich verliebt in Greg, doch für ihn war es nur eine willkommene Abwechslung in seinem tristen Cowboyleben, und das Flirten mit ihr nichts weiter als ein banales Wortspiel.

Heute aber war alles anders.

Greg stieß seinen Stuhl zurück, tippte mit dem Zeigefinger flüchtig an den Hut und verließ lächelnd den Saloon.
„Was ist denn mit dem los?“ staunte Taylor, während er sich den zweiten Johnny runter stürzte.
„Keine Ahnung, aber wir müssen der Sache auf den Grund gehen!“ Während Sam sich erhob, kamen auch die anderen Gäste und folgten Sam nach draußen.
Sie trauten ihren Augen nicht.
Wie üblich hatte Greg sein Pferd an den Baum vor dem Saloon gebunden.
Das Pferd stand zwar noch dort, doch statt der Pferdeäpfel lagen überall Goldbarren herum.
Greg stemmte zwei Barren in die Höhe und rief:
„Von wegen Poker! Von wegen obdachlos! Ich habe jetzt ein Pferd das Goldbarren scheißt! Ich werde mir die schönste Ranch bauen, die ihr euch nur vorstellen könnt!“
Sprach´s, schwang sich in den Sattel und ärgerte sich nie wieder.

© Devi59 13.12.2013
Jippieyeah!
Ich will auch so einen Gaul!

*top*laf
****59 Frau
3.102 Beiträge
Ich will auch so einen Gaul!

*top*laf


*lol*
Heilig Abend.
Der Kaffeetisch im Wohnzimmer war festlich gedeckt – der Dresdner Christstollen war schon lange gebacken und nun holte ihn die junge Hausfrau aus der Verpackung. Er duftete verführerisch als sie ihn anschnitt. Ob die Schwiegereltern diesmal mit ihr wohl zufrieden waren? Bisher waren sie ihr gegenüber immer sehr reserviert gewesen. Hatten ihr nicht einmal das „DU“ angeboten. Selbst bei der Hochzeitsfeier nicht. Aber sie war damals so verliebt und jung, dass sie das nicht störte.

Wie viele Jahre das schon her ist, sie gehörte eben nicht zu ihnen.

Jetzt setzte sie sich erst einmal auf das Sofa, sie hatte noch Zeit sich alles durch den Kopf gehen zu lassen, denn ihr Mann war gerade erst losgefahren seine Eltern zu holen.

Ihr Blick ging zum geschmückten Baum. Immer wussten es seine Eltern besser, hatten immer das letzte Wort. Spielte es überhaupt noch eine Rolle was sie selber gut und schön fand?

Entschlossen stand sie auf, nahm von den vier Gedecken eines weg und brachte es in die Küche. Von dem Christstollen legte sie auf jeden der Kuchenteller ein Stück, nahm den Rest, wickelte ihn in Weihnachtspapier ein,
zog sich den Mantel an, und verließ die Wohnung.

Ein Gedanke beherschte sie: der Christstollen wird den Obdachlosen bei der Tafel besser schmecken.

Als sie dort ankam sah sie schon die Obdachlosen anstehen. Noch war die Tür geschlossen. In der Kälte hatten einige nichts weiter an als nur eine Jacke. Es machte sie rasend als sie das sah und daran dachte, wie feudal ihre Schwiegereltern lebten und keinen Pfennig für dieses „Lumpenpack“ wie sie es nannten übrig hatten. In deren Augen waren das alles Kinder-Spione aus dem Ausland, die unsere teuer bezahlten Sachen stehlen wollten.

Einen Moment blieb sie stehen, dann ging sie kurzentschlossen zu dem Leiter der Tafel und brachte ihr Anliegen vor. Er hörte erstaunt zu und nickte ein paar Mal. Man sah, dass er es spannend fand was sie ihm vortrug. Die Menschen draußen standen reglos da und warteten.
Dann ging die Tür auf und die, die kein zuhause und kein Bett hatten traten in die Halle um sich ihre Portion Essen zu holen. Doch heute war alles anders. Es gab zusätzlich Rotwein und jeder bekam einen Gutschein für drei Übernachtungen in einem Hotel.

© ev
Sehr schön!
Sachma, ist das die Enkelin von Michel aus Lönneberga?

einewurstisteinewurst *top*laf
*nixweiss*

*g* Ev
**********Engel Frau
25.346 Beiträge
Gruppen-Mod 
So, Ihr Lieben, es ist wieder soweit. *g*

Ich habe die Ehre, in Vertretung für Devi59, die heute leider arbeiten muss, ihre mir von ihr genannten neuen acht Wörter einzustellen:

  • Krümelmonster
  • verlässlich
  • aufregend
  • inkompetent
  • Jerusalem
  • gefangen
  • Startzeit
  • müde


Ich wünsche viel Spaß und gutes Gelingen! *gg*
Four-letter-words
Die "Beinahe-Geschichte"
Als ich mir in der vergangenen Woche die 8 Wörter überlegte, entwickelte sich während der Zusammenstellung vor meinem geistigen Auge bereits das Gerüst einer Geschichte.
Ich schrieb den Entwurf, den ich dann fast komplett wieder verwarf.

Er sollte von einem Jugendlichen handeln, der Gefallen an Wortspielen und vor allem an Anglizismen mit vier Buchstaben gefunden hat.
Auf seiner Suche nach der Fülle dieser zunächst überwiegend zotigen Wörter wie "fuck, dick, cock, cunt, lick, suck" eröffnen sich ihm allerdings eine Reihe von Four-letter-Words.
Diese begegnen ihm in Popsongs mit Liedzeilen wie "hope is a four letter word" und er versucht den Sinn dahinter zu verstehen.
Er kommt dabei zu der Erkenntnis, dass diese Begriffe eben nicht nur ein Wort mit vier Buchstaben darstellen, sondern dass hinter "hope, love, soul, pain" so viel mehr steckt.
Als er sich dann in eine Mitschülerin verliebt und mit ihr über dieses Thema philosophiert, lacht sie ihn nicht aus, sondern findet ebenfalls Freude daran und amüsiert sich köstlich darüber, dass es einige Namen von Politikern gibt, die auch aus vier Buchstaben bestehen: Bush, Gore, Kohl...

Der Junge trifft seine Freundin nach der Schule an der Tafel wieder, weil ihre Eltern nicht genug Geld haben, um Essen zu kaufen. Er geht dorthin, weil seine Mutter im Rahmen ihres Berufes als Sozialarbeitern bei dieser Institution tätig ist.
Da die Geschichte – wie treffend – um die Weihnachtszeit spielen sollte, geht es dabei um Fragen nach einem passenden Baum, dem Rahmen in dem in diesem Jahr das Fest feiern und dabei insbesondere darum, ob nicht seine Freundin und deren Eltern sowie ein weiterer Schulkamerad, der als Obdachloser in der Stadt umher streunt, an diesem Fest als Gäste eingeladen werden.

Leider fand ich dann nicht die Zeit, den Entwurf themengemäß weiter zu entwickeln und auszuformulieren, daher wurde daraus diese „Beinahe-Geschichte“.
Und das Ganze auch noch auf den allerletzten Drücker, bevor die nächsten Wörter präsentiert werden.
Ich korrigiere: sogar erst nach dem Erscheinen der nächsten 8 Wörter *schaem*
**********Engel Frau
25.346 Beiträge
Gruppen-Mod 
Nü, knapp daneben, gilt aber trotzdem noch. *gg*
RRRRRRRRRRRRrrrrrrrrrrrrrr
Gerade will ich in Ruhe mein Abendbrot essen - - wer ruft an? Anita - - Ich könnte die Wände hoch gehen.
Habe ich doch gedacht, jetzt gibt sie Ruhe – will nichts mehr von mir wissen - nein – ihr ist anscheinend nicht zu helfen.

Hallo Anita was gibt es?

Ev, du weißt doch immer so viel, kannst du mir eine Frage beantworten?

Nein, ich weiß überhaupt nicht viel, ich bin auch sehr vergesslich, früher war das etwas anderes, aber jetzt ------
----------------------

Nein, das glaube ich nicht, du musst doch den Text für dein Theater lernen, da vergisst du ihn doch auch nicht. Und du hast immer gesagt, du willst kein neues Stück mehr machen, und nun jetzt machst du sogar eines mit ganz dicken Wörtern oder dicken Text wie das heißt.

Du meinst schwierigem Text?

Ja genau – von dieser Frau aus dem Süden.

Meinst du Italien, Sizilien oder Griechenland oder von wo aus dem Süden?

Ich komm jetzt nicht auf das Land – Je – Je – Je – jedenfalls was mit Juden hast du gesagt – nein – Jerusalem, nein ist kein Land – hilf mir doch mal --

Du meinst Elfriede Jellinek – die jüdisch-tschechischer Abstammung ist?

Ja, hast du doch gesagt, du willst nichts mehr machen und nun so etwas Schweres.

Anita ich bin müde, was willst du nun wirklich?

Ach Ev, ich habe eine Frage. Ich habe zur Zeit wieder mein Enkelkind bei mir. Das ist das reinste Krümelmonster. Du glaubst nicht wie meine Wohnung aussieht. Dieser Junge ist so aufregend und meine Schwiegertochter so unzuverlässlich. Erst heißt es, sie holt den Jungen um sechs Uhr ab – dann wieder erst um acht Uhr – weil sich die Startzeit vom Flieger verschoben hat. Kommt sie dann angehetzt, behauptet sie, ich wäre inkompetent und würde den Jungen verziehen. Bei mir dürfe er alles machen und sie hätte es schon so schwer genug. Dabei mache ich gar nichts mit dem Jungen, der macht alles ganz alleine. Gestern hat er mich an einem Stuhl festgebunden und ich war im Zimmer gefangen, konnte nicht einmal dem Postboten die Tür öffnen. Zum Glück kam gerade die Nachbarin, die, die auch einen Schlüssel zu meiner Wohnung hat, und die hat mich dann befreit.- - Ev, was sagst du dazu?

Ev - - bist du noch da???????

Ev - huuuhuuuu –

Eeeeeeeeeeev


Entschuldige Anita, ja ich bin noch da, musste nur schnell zur Toilette.

Dann hast du gar nicht mitbekommen was ich dir erzählt habe?

Doch Anita – ich hatte auf LAUT gestellt – jedes Wort habe ich verstanden, aber jetzt lass uns Schluss machen, ich bin müde und morgen ist wieder Probe.

Ok Ev, dann schlaf gut

Tschüß Anita.

© ev
Immer wieder schön. Welche Prüfung, eine Anita zu haben!
*******l_67 Frau
117 Beiträge
Reise nach Jerusalem
Das Leben kommt mir manchmal vor wie das Spiel „Reise nach Jerusalem“. Zur Starzeit haben alle die gleichen Chancen. Es ist aufregend zu beobachten wie einzelne Mitspieler sich auf die Stühle werfen. Jeder Stuhl kann einen Lebensabschnitt darstellen. In jeder Runde muß ein Teilnehmer das Spiel verlassen. Er hat keinen Stuhl ergattert. Sei es weil er bereits müde ist von dem Kampf um einen begehrten Stuhl. Sei es weil er inkompetent war und sich von einem Mitstreiter hat verdrängen lassen.
Die Mitwirkenden sind in dem Spiel gefangen. Jeder möchte eine Runde weiter im Spiel sein. Aufgeben gilt nicht, durchhalten um jeden Preis.
Nur eines ist verlässlich: Am Ende werden es immer weniger Mitspieler, bis der Gewinner einsam auf seinem Stuhl sitzt.
Und was hat nun das Krümelmonster mit dieser Geschichte zu tun? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist der Zusammenhang so:
Als ich früher mit anderen Kindern zusammen dieses Spiel spielte, da schauten wir noch regelmäßig die Sesamstrasse. Die wurde auf einem der 3 TV-Kanäle gezeigt. Tagsüber wurden keine Sendungen ausgestrahlt. Da hatten wir Zeit zu Spielen und machten uns keine Gedanken darüber dass aus dem Spiel einmal Ernst werden könnte.
Der alte Sack
Da sitze ich Krümelmonster nun vor meinem Leben wie vor der Klagemauer in Jerusalem. Wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange oder noch besser: Ein vergessener Katoffelsack im Keller. Ob Winter, Frühling, Sommer oder Herbst, Alles ist gleich und meine Triebe verfaulen zusehends. Manchmal, wenn die Kellertüre aufgeht, etwas Licht in meinen verlässlich tristen Alltag fällt, erwacht mein Geist, schöpft Hoffnung und findet es sogar schon aufregend, die Staubfäden in den Ecken des Kerkers, in dem ich gefangen bin, mit den mir noch verbliebenen Augen zu sezieren. Dann fühle ich mich wie ein Sprinter und warte auf den Startschuss. Doch der Typ mit der Pistole ist scheinbar völlig inkompetent und findet den Abzug nicht. So vergeht die Startzeit und schon kurz nachdem die nackte Birne erlischt, die Kellertüre zugeht, wird mein Geist müde. Dunkelheit umfängt mich wieder. Kurz wehre ich mich noch, beschwöre alte Zeiten herauf. Werde von schrundigen Händen in frisch aufgehäufte duftende Erde gedrückt, spüre die stetig steigende Wärme von oben und strecke hoffnungsvoll meine Triebe in ihre Richtung. Oder ich erlebe als Leinsaat, wie der Schnitter mich nah am Boden kappt, werde zu Fäden versponnen, zu Sackleinen gewoben und zu dem ausgebeulten Behältnis vernäht, in dem jetzt meine Triebe darben.
Irgendetwas sollte geschehen.
Denn mein ursprünglicher Traum, einmal als köstliche Kartoffelsuppe oder knusprige Bratkartoffel den Gaumen hungriger und fröhlich zusammensitzender Menschen zu kitzeln, darf ich angesichts meines jämmerlichen Zustandes wohl aufgeben.
Doch was tun? Was für Chancen hat solch ein alter Sack, der sich selbst und seine Träume schon lange aufgegeben hat?
Richtig. Er muss die Kartoffelsuppe vergessen und mit dem restlichen Leben in seinen Trieben neue, gänzlich andere Träume spinnen. Spinnen und Weben sind ihm ja zumindest schon hinlänglich bekannt.
Das Kaninchen vor der Schlange? Nein. Das Leben hätte zwar Biss, doch genauso zu seinen Ungunsten. Also muss es etwas sein, das ihm auch im Innersten entspricht und trotz Alledem in eine völlig neue, bislang unbekannte Welt führt.

Da ich mittlerweile begriffen habe, dass ich nicht nur der Sack und die runzeligen Kartoffen bin, sondern auch der Keller, das Licht, die Türe, ja sogar das ganze Haus und der Mensch, der meinen Wert samt meiner wertvollen Triebe vergisst, werde ich das nächste Mal mit ihm nach oben steigen.
Sicher finde ich weiter oben, wo Fenster und Türen mehr Licht in mein Leben lassen, einen lohnenderen Lebenssinn. Und wenn es mir dort auch noch zu eng ist, kann ich sogar in einem günstigen Moment mit nach Draussen schlüpfen.
Ich muss nur aufpassen, dass ich mich auf dem Markt der Möglichkeiten nicht wieder vor Angst oder Ungeduld in einem Kartoffelsack verstecke!
@****ne
schade, dass du die Idee nicht ausformuliert hast, klingt interessant. Oder war dies ein Kunstgriff, experimentell, sozusagen?

@Ev
Anita mit Kindern allein lassen? wer kommt denn auf so eine Idee! Schöne Idee mit dem Lautsprecher...

@*****oll
ich erinnere mich gut an das Schwarz-Weiß-Fernsehen mit drei Kanälen... Das Spiel aber kam mir immer sehr lustig vor. Das Ausscheiden vom Leben dagegen ist bedrückender...

@***ve
öfter mal was Neues träumen - guter Vorsatz!
Erinnert an "ich arbeite an meiner zweiten Million... die erste hab ich nicht geschafft..."

Danke
gruß
dea
Ferrari
Das hübsche kleine Mädchen mit den blonden Locken verließ das Schulgelände wie an jedem Schultag kurz nach 13 Uhr.
Sie war acht Jahre alt und besuchte die zweite Klasse der Grundschule in Königstein
„Tschüs, Sally,“ rief die Hausaufgabenbetreuerin hinter ihr her; aber das Kind war schon eilig und übermütig die 5 Stufen vor dem Eingang hinunter gehüpft.
Sie hatten zum Schluss der Betreuungsstunde noch „Reise nach Jerusalem“ gespielt. Sally mochte das Spiel überhaupt nicht. Die blöde Musik; Mareike hatte immer nur so Kinderlieder, nix Fetziges! Das doofe Gedränge um die Stühle und die Jungs schubsten sie wegen ihrer zaghaften Art immer gleich beiseite.
Deshalb war sie auch gleich am Anfang ausgeschieden und konnte sich schon auf den Schulschluss vorbereiten.
Heute machte sich allein auf den Heimweg. Das war für sie schon ein wenig aufregend, da entweder ihre Mutter sie abholte oder meist ihr bester Freund Jonas sie sonst begleitete. Der war seit einigen Tagen krank; Windpocken.
Und das mitten im Sommer.
Auch Mama konnte sie heute nicht abholen, da sie wegen eines dringenden Projektes bis 14 Uhr durcharbeiten musste.
Aber da war wieder dieser nette Mann, der öfter schon mit seinem total schicken Auto an der Ecke beim Aldi Markt gestanden hatte.
Der sah so hübsch aus, fast wie ihr Papa. Ein wenig auch wie Herr Herborn, der Sportlehrer der älteren Kinder, sportlich mit kurzem, dunklen, leicht gewellten Haar. Er war immer voll modern angezogen, so wie der Fußballspieler. Der mit dem Spice Girl, Victoria, von den beiden hatte sie oft in der Zeitung gelesen.
Und er zeigte ihr immer Puppen aus der Sesamstraße. Obwohl sie dafür doch schon ein bisschen groß war.
Gesprochen hatte er noch nichts.
Mama hatte ihr eingeschärft, sie soll mit Fremden nicht reden, deshalb ging sie auch immer schnell weiter.
Vor allem wenn Jonas dabei war. Aber der merkte ja gar nicht, dass der Mann dort stand. Er hatte nur das Auto ein paar Mal bewundernd angeschaut und sagte immer: „Da steht ja wieder der Ferrari.“.
Sie sah ihn schon von Weitem. Zuerst das tolle Auto, ganz flach, knallrot. Dann den Mann mit dem lieben Lächeln.
Heute hatte er ihre Lieblingspuppe dabei. Sie konnte es schon von Weitem erkennen, obwohl er das blaue pelzige Ding ein wenig versteckt hielt; das Krümelmonster. Neugierig näherte sie sich, schlug alle Warnungen in den Wind.
„Kommst Du mit mir? Ich habe alle Puppen bei mir zu Hause. Du hast sie doch schon alle gesehen!“ Durch den Singsang und die Weichheit seiner Stimme konnte er die Kleine vollends für sich einnehmen.
„Ja, Ernie und Bert, Kermit der Frosch, Miss Piggy, Bibo...“
„Ich habe noch viel mehr. Du kannst mit ihnen spielen. Und dann zeige ich dir noch schöne Fotos“
Der Mann blickte das Mädchen liebevoll an, in seinem Blick lag ein Ausdruck von Sanftheit. Vertrauensvoll stieg das Kind zu dem Mann ins Fahrzeug.

Es ging alles rasend schnell, ihr Abteilungsleiter hatte sie ruck-zuck zur Chefin der Sonderkommission Ferrari gekürt.
Liebgard Löffler klatschte in die Hände als sie in den Besprechungsraum stürmte.
„Also los, Leute, Startzeit für die Personenfahndung war 14.35 Uhr.
Die achtjährige Sally Erlhof ist seit heute Mittag gegen 14.30 Uhr vermisst.
Als ihre Mutter, Ilona Erlhof, nach Hause kam, war das Mädchen nicht dort.
Die Mutter hat sofort über Notruf die Kollegen von der Schutzpolizei in Kenntnis gesetzt, die haben das zum Glück sofort sehr ernst genommen.
Die Fahndungsmaßnahmen sind in vollem Gange.
Die Kleine ist sonst äußerst verlässlich, und geht mittags von der Grundschule in der Jahnstraße direkt nach Hause. Sie wohnt mit ihrer Mutter in einer Dreizimmerwohnung im Wohngebiet westlich der Limburger Straße in einem Mehrfamilienhaus. Ihr Freund Jonas Friedlinger, mit dem sie sonst den Heimweg antritt, wohnt gleich dort um die Ecke, war jedoch heute wegen Krankheit nicht bei ihr.
Wir haben Jonas kurz befragt, ob ihm in letzter Zeit auf dem Schulweg etwas aufgefallen ist.
Er sprach nur von einem tollen Auto, das da öfter gestanden haben soll, einem roten Ferrari. Von einer Person weiß er nichts.
Zuletzt wurde Sally beim Aldi-Parkplatz in der Klosterstraße von der Mutter eines Mitschülers gesehen, als sie mit einem Mann sprach.
Der Inhaber der Pizzeria Da Marco in der Adelheidstraße war zufällig vor Ort, als die Kollegen von der Fahndung in der Umgebung vom Aldi Leute befragten. Er hat den roten Ferrari auch schon öfter gesehen, kennt den Fahrer jedoch nicht.
Es dürfte allerdings nicht schwer sein, ihn ausfindig zu machen, da es sich um ein sehr markantes Fahrzeug handelt und zumindest Teile des Kennzeichens abgelesen wurden.
Es ist jetzt 15.05 Uhr. Wenn wir uns beeilen, können wir vielleicht noch Schlimmeres verhindern.“
Ihre Stirn krauste sich in tiefen Sorgenfalten. Durch diesen inkompetenten Idioten bei der Einsatzzentrale hatten sie wertvolle Minuten verloren.
Er hätte längst die Anfrage mit Fahrzeugtyp sowie den bekannten Kennzeichen-Fragmenten beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg durch die Datenbank rauschen lassen können.
Trotz verdeutlichter Dringlichkeit konnte das jetzt noch Stunden dauern.
Das Handy vibrierte in ihrer Handtasche und bis sie es herausgekramt hatte, ertönte vollvolumig ihr neuer Klingelton „La la la“... I'm covering my ears like a kid...sehr passend!
Sie erkannte die Nummer ihres Assistenten Sascha Herbrandt.
„Ja, was gibt’s, Sascha!“ schrie sie nahezu hysterisch in den Apparat.
„Libby, wir haben einen Treffer! Der Ferrari ist zugelassen auf Eike Schirmler in Bad Soden. 41 Jahre, geschieden, wohnt dort offenbar allein und hat auch seine Büroräume als Vermögensberater in dem Haus.
Ein Fahrzeug mit Zivilfahndern steht schon vor dem Anwesen.
Das SEK befindet sich bereits im Tiefflug auf dem Weg dorthin.
Vierfamilienhaus in einer ruhigen Nebenstraße. Der rote Ferrari steht vor einer der Garagen.“
„Ok, Sascha, fahr los, ich bin auch in wenigen Minuten dort!“

Als das SEK die Wohnung stürmte, fanden sie das hübsche kleine Mädchen friedlich auf dem Sofa sitzend vor, das blaue plüschige Krümelmonster an sich gedrückt.
Auf dem Couchtisch lag eine ganze Sammlung von Handpuppen mit Figuren der Sesamstraße.
Außerdem stand dort eine Porzellantasse mit einem Abbild des Krümelmonsters. Diese enthielt offenbar noch einen Rest von Kakao.

Sie blickte ein wenig erschreckt auf die wild aussehenden SEK-Leute und fing an zu weinen, als die Männer ihren Freund am Kragen packten und unsanft zu Boden brachten.

Einer der Beamten zischte hasserfüllt: „Du verdammter Kinderficker!“
Eike Schirmler begann zu schluchzen. Mit tränenerstickter Stimme stammelte er:
„Nein, bitte! Nein, ich halte sich doch nicht gefangen, wollte ihr nichts tun. Ich hätte sie auch bald nach Hause gebracht.“

„Halts Maul,“ schrie ihn der Leiter der Einsatzgruppe an, drückte ihn auf das Parkett und drehte ihm den Arm auf den Rücken, bis er schmerzerfüllt wimmerte.
Die einzige Frau der Gruppe nahm das Kind mit in einen Nebenraum.
Als Kriminalhaupkommissarin Liebgard Löffler in der Wohnung eintraf, saß der Mann zusammengesunken auf einem Sessel.
Sie belehrte ihn ordnungsgemäß: „Sie wissen, dass sie als Beschuldigter keine Aussage machen müssen und einen Anwalt hinzuziehen können. Sie werden jetzt erst einmal festgenommen wegen Entführung, Freiheitsberaubung und Verdachts des versuchten sexuellen Missbrauchs eines Kindes!"

„Beschuldigter! Sexueller Missbrauch? Nein! Ich hatte doch nichts Böses im Sinn. Ich kann es Ihnen doch sagen, auch ohne Anwalt.
Ich weiß, ich hätte sie nicht mitnehmen sollen. Aber seit ich sie das erste Mal zufällig auf meiner Fahrt durch Kronberg sah, war ich wie besessen!
So müsste unsere kleine Tochter Gwendolyne jetzt aussehen. Dieses süße Gesicht. Diese wunderschönen blonden Locken und die zierliche Figur.
Ich holte Gwendolyne aus dem Kindergarten ab, das ist jetzt fast drei Jahre her. Sie war gerade 6 Jahre alt und sollte zwei Monate später eingeschult werden. Ich hatte den Ferrari auf der gegenüberliegenden Straßenseite geparkt. Sie wollte direkt dorthin laufen und riss sich von meiner Hand los, rannte auf die Straße, genau in ein fahrendes Auto hinein. Sie starb noch am Unfallort.
Meine Frau hat es mir nie verziehen und sich gleich nach der Beerdigung von mir getrennt.
Die Puppen habe ich behalten. Sie liebte das Krümelmonster auch ganz besonders.“
Seine Stimme war zum Schluss nur noch ein leises Hauchen.
Die Hauptkommissarin ging in den Nebenraum, wo die Beamtin des SEK neben dem Kind auf einem Stuhl saß.
Sally blinzelte Libby an, gähnte und fragte: „Bringt ihr mich jetzt endlich heim zu Mami. Die macht sich bestimmt schon große Sorgen und wird mit mir schimpfen. Ich bin so schrecklich müde.“

© roxane 12/2013
****59 Frau
3.102 Beiträge
Was ihr alles aus diesen 8 Worten zaubert ist einfach sagenhaft ! *spitze*

EV

Zuerst habe ich gedacht, du hättest 2 Worte vergessen, aber du hast sie so geschickt in eurem Telefonat verpackt, dass es gar nicht auffiel.
Gratuliere für das nette Geplänkel mit Anita *g*

lustvoll

Denkwürdige Sichtweise des Spiels "Die Reise nach Jerusalem". Genauso verhält sich das Leben.
Kurz und bündig die 8 Worte untergebracht.
Schön, danke *g*

Olove
Ja, was soll ich zu dir sagen? Du bist einfach spitze!
Deine Gedanken und Phantasien kannst du so genial niederschreiben, dass ich sie nach wie vor mit Vergnügen, und ohne den Anflug von Gelangweiltsein lesen mag.
Toll gemacht!

Roxane

Du hast mit den 8 Worten solch eine beeindruckende Geschichte geschrieben...
Sie regt zum Nachdenken an und man erwischt sich selbst dabei, auf der Seite der Polizei zu stehen. Wie aber wäre es ausgegangen, wäre die Polizei nicht gekommen?
Tolles Kopfkino!

Für euch alle einen ganz heftigen *bravo*


Devi
****59 Frau
3.102 Beiträge
Von Krümeln und anderen Begebenheiten
„Passagier Frau Debby Rose wird gebeten zu Gate 8 zu kommen!
Dies ist der letzte Aufruf! Die Maschine startet in 10 Minuten!
Passenger Miss Debby Rose please come to gate 8!
Boarding time is ending soon!“
Oh Mann, ich muss rennen, dass ich noch den Flieger erwische!

Hätten wir nicht im Stau gestanden, und hätte die Stewardess nicht so ein Aufhebens wegen 2 kg Übergewicht bei der Gepäckaufgabe gemacht, hätte ich relaxt noch einen Kaffee trinken und ein bisschen bummeln können.
So schnappe ich mein Handgepäck und renne so schnell ich kann den langen, hell erleuchteten Gang zu Gate 8, ohne mich zu fragen, WARUM ich Übergepäck hatte, obwohl der Koffer zuhause exakt 19,8 kg auf die Waage brachte.
„ Sie sind sehr spät dran, Frau Rose. Gerade noch Glück gehabt! Ihren Boarding-Pass bitte.“
Ich reiche dem Steward den Schein.
„Nein, Ihren Boarding – Pass! Nicht das ticket!“
Ich frage mich, ob der Steward inkompetent ist, aber nein, er hat recht. Es ist tatsächlich das ticket.
Ich wühle in meinen Unterlagen und finde ihn endlich.
Okay- das wäre geschafft.

Endlich an Board! Endlich ein Sitz! Und hoffentlich auch bald etwas zu essen! Ich habe einen Bärenhunger, und da es im Flieger manchmal über eine Stunde dauert, bis man etwas zwischen die Kiemen bekommt, habe ich gut vorgesorgt. Dieses Mal lass' ich mir meine Laune wegen Kohldampf nicht vermiesen und habe mir ordentlich Kekse eingepackt. Eine Riesendose Kekse! HA! Jawoll!
Die Turbinen machen einen ohrenbetäubenden Lärm und dann nimmt das Flugzeug ordentlich Fahrt auf bis es abhebt.Ich liebe dieses Gefühl, wenn die Räder den Boden verlassen! Zumindest, wenn man sich auf das Ziel freut. Und das tue ich; denn ich möchte meine ehemalige Studienkollegin Ava in Tel Aviv besuchen und mir auch das geschichtsträchtige Jerusalem ansehen!

Wir sind über den Wolken, ich kann mich abschnallen, und endlich geht es an die Kekse!
Mein Sitznachbar, ein sehr ängstlich drein blickender Mittzwanziger macht mir Platz, damit ich oben aus dem Fach mein Handgepäck holen kann. Vielleicht hat er ja Flugangst und er findet das Ganze sehr aufregend??
(Nein, du wirst ihm keine Kekse aus Mitleid anbieten, die sind alle für dich“)
Ich hole also meine Tasche nachdem ich das mit meinem Gewissen geregelt habe, öffne den Verschluss, und was finde ich?

Nichts!
Keine Kekse!
Nicht mal ein Einziger!
Wo zum Teufel sind die Kekse geblieben?


Kapitel 2

„PSCHSCHT!! Sei doch nicht so laut, du weckst sie noch auf!“ Bendito hebt den kleinen krummen Zeigefinger vor seinen Mund. Zu zweit versuchen sie die Dose in den großen Koffer zu hieven. Bendito steht auf dem Boden, Krümelino hat sich auf seine Schulter gestellt und versucht vergeblich, den Deckel des Ungetüms zu öffnen.
Klapp, klapp, klapp-jedes Mal schlägt der Deckel wieder zu, sobald er ihn auch nur geringfügig angehoben hat.
„So hat das keinen Zweck! Steig ab!“ Bendito schüttelt seinen Kopf, dass die Haare nur so fliegen und geht in die Knie, sodass sein Bruder besser absteigen kann.
„Wir nehmen diesen Kerzenständer. Jetzt steigen wir gemeinsam rauf, ich gebe die Startzeit an, und dann drücken wir gemeinsam den Deckel nach oben.“
Gesagt, getan - mit vereinten Kräften drücken sie gegen den Deckel bis dieser endlich nach hinten klappt und wippend liegen bleibt.
Sie holen zu zweit die Dose, schmeißen sie in den Koffer und steigen dann selbst hinein.
„Und jetzt mit vereinten Kräften - EINS, ZWEI, DREI!“ Der Deckel schläg zu und Bendito und Krümelino machen sich auf die Reise...

3. Kapitel

Ich werde immer äußerst übellaunig, wenn ich hungrig bin! Und der Mittzwanziger geht mir auch am Arsch vorbei! Selbst schuld, wenn er sich in den Flieger setzt! Soll er doch eine Flugtherapie machen - so etwas gibt es sicher auch. Nicht mein Problem!
Außerdem kann er mal seinen Arm von der Lehne nehmen - ich fühle mich ja komplett eingesperrt zwischen Fenster und ihm!
So starre ich denn abwechselnd auf Wolkenfelder und Gebirgszüge, kleine winzige Häuser und Straßen, und kann mich aber nicht so wirklich erfreuen, erst recht nicht, als sich mein Nachbar die Tüte schnappt und sich würgend seines restlichen Mageninhaltes entledigt.
Na hoffentlich ist Ava wenigstens pünktlich am Flughafen um mich abzuholen, aber eigentlich ist sie ja ganz verlässlich.
Nach einer gefühlten Ewigkeit wird dann endlich das Menue serviert und ich kann mich wieder etwas entspannen und vielleicht auch schlafen; denn inzwischen bin ich ziemlich müde. Mein Nachbar hat sich freundlicherweise für Kamillentee entschieden und verzichtet auf das Essen.
Halleluja!

4.Kapitel

„Ava, ich bin so froh, dich wieder einmal zu sehen. Jetzt ist es schon fast zwanzig Jahre her. Ist das nicht verrückt, wie die Zeit vergeht?“ Ava hat sich kaum verändert. Sie hat immer noch ihre zierliche Figur aus der Studienzeit, und außer ein paar Fältchen sieht sie noch genauso aus wie damals.
„Ich habe natürlich auch ein Geschenk für dich dabei. Ich muss es nur gerade aus dem Koffer holen.“
Zuhause habe ich ein Album mit Fotos aus dieser Zeit zusammen gestellt und öffne den Koffer, um es heraus zu holen.
Doch was ist das?
Überall im Koffer liegen Krümel und mitten darin zwei schlafende, schnarchende, fellige Wesen, die sich ihren voll gefutterten Bauch halten. Hier also sind die Kekse! Die Krümelmonster haben sie aus meinem Handgepäck geklaut, um sie sich in Ruhe einverleiben zu können!

Was soll ich sagen?
Mein Aufenthalt in Israel war sehr schön und lehrreich, und bevor ich wieder abflog, kaufte ich noch eine Dose Kekse und verstaute sie im Koffer....


© Devi 17/12/13
Wie süß,
Krümelmonster in Koffern und Kapiteln.
Kann man die sich mal ausleihen?


*topaf
@****ne
spannend - macht Lust auf mehr. interessante wendung, aber doch verdächtig..

@**vi
ich hätte gern mehr über die kleinen Wesen erfahren - haben sie sich auch die zweite Dose einverleibt? Witzige Idee

gruß
dea
*********ynter Frau
9.578 Beiträge
Entscheidungshilfe der anderen Art
Voller Selbstzweifel stehe ich vor dem Reisebüro. Wohin soll ich nur in diesem Sommer verreisen? Ach, immer diese Urlaubsplackerei äh -planerei. Jerusalem oder Kroatien? Städtetrip gegen Strandleben? Kultur contra Faulheit? Sicher wäre es aufregend, Jerusalem zu bereisen. Die Stadt dreier Weltreligionen. Die Möglichkeit den Hauch der Geschichte zu atmen, ehrfurchtsvoll die Stätten umwälzender Ereignisse zu besichtigen und auf ausgetretenen Pfaden zu wandeln, die schon König Davids Sandalen berührten.

Ein schweißtreibender kultureller Hochgenuss in sommerlicher Hitze, dafür mit weniger Touristen als zu Ostern und Weihnachten. Mir fällt spontan eine Geschichte des vielgeschätzten Ephraim Kishon ein, in der er sich einst im Wirrwarr der Straßen Jerusalems verlief, irrtümlich in die arabische Zone geriet und dann gefangen genommen wurde. Wie hieß die doch gleich? Fällt mir gerade nicht ein! Wo war ich? Ach so, bei meiner gedanklichen Pro und Contra-Liste.

Hm, will ich mich dieser Gefahr aussetzen? Bin ich doch des Hebräischen nicht mächtig, um nicht zu sagen völlig inkompetent. Dann doch lieber Kroatien? Dort kommt man zumindest mit Englisch ganz gut durch. Verlässlicher Sonnenschein und Wärme, gut mit dem Auto zu erreichen und damit kein Ärgern über verlegte Startzeiten des Fliegers oder die obligatorisch streikenden Fluglotsen zur Hauptreisezeit.

Blöderweise stehe ich jedes Jahr mindestens vier Stunden an der slowenisch-kroatischen Grenze im Stau, da Schengen in Kroatien noch nicht angekommen ist. Ein dicker Minuspunkt, diese mangelnde Freizügigkeit in unserem sonst so freien Europa. Kultur gäbe es auch in Kroatien, zum Beispiel in Zadar, der „Schönen“. Die Gefahr sich zu verlaufen ist eher gering und zur Not kann man zur Abkühlung drei Schritte neben der Stadtmauer ins erfrischende Nass springen. Verlockend, aber wie kann ich an Baden denken, wenn in den Randgebieten der Stadt noch immer die zerschossenen Häuserfronten des Balkankrieges wie düstere Mahnmale stehen.

Müde des Nachdenkens bin ich und allmählich auch mürbe vor Frust, weil ich mich nicht entscheiden kann. Ein Alternative wäre gut.
„Kekse!?“ brüllt es plötzlich neben mir während irgendwo ein Mülltonnendeckel laut scheppert. Ich schrecke aus meinen Gedanken. Nein, es ist nicht das Krümelmonster, aber auch etwas kleines Blaues in Gestalt einer Pfadfinderin, die mir in ihrer blauen Uniform ihre selbstgebackenen Kekse verkaufen möchte.

Ich schaue sie an, sehe das Blau und in diesem Moment spüre ich einen torfigen Musenkuss gepaart mit einer süßen Vanillenote und einem Hauch Banane. Meine Lippen formen ein unhörbares „O“. Meine Pupillen richten sich starr auf einen Punkt in weiter Ferne und ich sehe es deutlich vor mir wie die kleine Pfadfinderin, deren Gesichtsausdruck von erwartungsfroh auf frustriert umschlägt...mein Reiseziel.

Eine weiche Veilchennote mit Spuren von mildem Pfeffer, abgerundet von einer leichten Rauchigkeit tanzt virtuell über meine Geschmacksknospen. Ein salziger Meereshauch weht gedanklich durch meine Nase und meine Ohren vernehmen das unhörbare Gebrüll einer sturmgepeitschten See.
Ja, das ist es! Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen? Schottland, zur Isle of Sky und der Sonderedition meines geliebten Talisker im blauen Keramik Dekanter und blauer Lederbox.
Klasse Geschichten!
@****ne
Sehr schön! Aussergewöhnliche (Ent)wurftechniken können auch ins Schwarze treffen.
Oder wie dein zweiter gelungener Wurf ins Grauenhafte. *top2*
@ Ev
Anitanzt dir ganz schön auf der Nase rum! *victory*
@*****oll
Aus Spiel wird Ernst. Und der schubst uns nur allzugerne vom Stuhl. *troest*
@**vi
Das nennt man dann wohl erfolgreiches Verkrümeln! *top*
@*****uoi
Aus gegebenem Anlass dürfen wir ihnen die Reiseküche Ghostom ( bekannt aus Joy und Fernsehen ) empfehlen!
Der dort einge(alko)holte Rat könnte für ihr Ansinnen das Zünglein am Fass werden. *wein*
*********ynter Frau
9.578 Beiträge
@olove
Aber gerne, darauf einen *wein* Talisker!
*smile*
*******l_67 Frau
117 Beiträge
Die Wörter zum 4. Advent
Ich möchte Eure Fantasie mit stimmungsvollen Wörtern anregen:

golden

Tannenduft

sternenklar

engelsgleich

Heimat

Silberstaub

Glockenklang

Ruhe


Viel Spaß und Euch allen ein schönes Weihnachtsfest!

lustvoll_67
Unseelige Wiederho(h)lungen
Wo heimatlicher Tannenduft unter sternenklarer Nacht einst engelsgleiche Ruhe versprach, Glockenklang des Nachts zur Andacht rief, wo frischer Schnee sich in eiseskalter Luft wie Silberstaub über Schmutz und Kümmernisse legte, leuchteten Kinderaugen golden im flackernden Kerzenschein. (< bis hierhin Sagittalänge)
Heute jagt der Glockenklang aus Lautsprechern uns ab Ende September durch überquellende Regalfronten. Tannenduft aus der Retorte lotst uns von goldenen Supersonderzugreifangeboten zu plastikengelgleich angepriesenen Nullprozentfallen. Sternenklar ist nur, dass der Reibach den Herren im Zwirn zu einigen Tagen nachweihnachtlcher Ruhe verhilft.
Wir Stars unter den Profitieren merken das natürlich ( Vorsicht Natur! ) erst, wenn uns wie ihnen, ob vor oder hinter den Regalen der zweite SchscH(m)erzinfarkt ereilt und so schon fast zur letzten Ruhe gemahnt.
Heimatsack nochmal! Manchmal höre ich im Wald schon das elende Weihnachtgedudel, wenn mir der Tannenduft in die Nase steigt. Dann ist mir sowas von zum Kotzen und ich bin froh, dass ich nicht das erbarmungswürdige Jesuskind bin. Wir betreiben teuflische Pädophilie und merken es nicht einmal. Ist doch wahr, ey!
prüfend
*********tMut Frau
2.105 Beiträge
Daumen hoch olove!
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