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Einmal im Jahr

*********ynter Frau
9.578 Beiträge
Themenersteller 
Einmal im Jahr
Es ist Mitternacht und ich liege neben dir. Spüre deine Wärme, höre deine gleichmäßigen ruhigen Atemzüge, sehe in dein engelsgleiches Gesicht. Tief und fest schläfst du nun und ich habe dich ganz für mich alleine. Ein tiefer Frieden erfüllt mich so an deine Seite gekuschelt, warum nur kann ich dieses Gefühl nicht immer haben, sondern nur einmal im Jahr?

Ich denke zurück an unsere Zeit, die schon im Kindergartensandkasten begann...damals hast du meine Sandspielsachen gegen einen Buben verteidigt, der doppelt so breit und groß war wie du, es kostete dich einen Milchzahn.
Seit damals habe ich dich geliebt - und du mich. Du mochtest es aber nicht, wenn andere mit mir spielen wollten, du wurdest immer böse und ignoriertes mich tagelang, das tat mir unendlich weh, so hörte ich auf, mit anderen zu spielen.

Später in der Schule saßen wir nebeneinander in einer Bank, du halfst mir in Mathe und Physik, ich hörte dich Vokabeln ab.
Unsere Eltern waren begeistert, dass wir so gut harmonierten und so unzertrennlich waren. Den anderen Jungs ging ich lieber aus dem Weg, seit du dich mit dem einen, der es gewagt hatte, mich zu fragen, ob wir ins Kino gehen könnten, auf dem Schulhof geprügelt hattest. Er musste mit 5 Stichen an der Schläfe genäht werden und du wurdest für drei Tage suspendiert.

In diesen drei Tagen lebte ich auf, lachte und unterhielt mich mit den anderen in meiner Klasse. Das war schön zu erleben, dass auch andere mich mochten. Es war vorbei, als du wieder kamst.
Natürlich machten wir den Tanzkurs und den Abschlussball zusammen, niemand aus unserer Umgebung traute sich auch nur in meine Nähe. Nach dem Abitur studierten wir in derselben Stadt an derselben Universität nur in verschiedenen Fächern und zogen zusammen in eine winzige 2 Zimmerwohnung, großzügig von unseren Eltern finanziert.

Du hast mich gut und liebevoll behandelt, solange ich ganz dir gehörte. Du plantest bereits unsere Hochzeit nach dem Studium.
Alles war gut bis Henrik in mein Leben trat.

Er kam im meinem letzten Semester als Gastprofessor. Er kam, sah und eroberte mich im Sturm. Die Stunden in seinem Büro, das er immer sorgfältig hinter uns abschloss, waren erfüllt von ungekannter Leidenschaft und Freiheit.
Er erweiterte mein Wissen nicht nur in Philosophie sondern auch in Dingen der Biologie. Ich musste reichlich Ausreden erfinden, warum ich schon wieder länger bleiben musste.
Das Leben war ein Traum, ich wollte nie mehr aufwachen.

Und doch kam dieser Moment an einem Tag im November. Es war schon dunkel und neblig als du in Henriks Büro hereinstürmtest mit der gezogenen Waffe in der Hand. "Ich wusste es!" schriest du, als du ihn und mich in eindeutiger Position erblicktest.
Warum nur, Henrik, hattest du dieses Mal nicht die Tür verriegelt?
Es endete mit Henrik und mir.
Dein Prozess vor dem Landesgericht dauerte nicht lange und du wurdest aufgrund deiner zwanghaften Störungen oder so ähnlich in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen.

"Wach auf mein Liebster, ich bin es- deine geliebte Alicia, ich bin bei dir und werde es für immer sein, wach auf und sieh` mich an", locke ich dich.
Du öffnest deine Augen, siehst mich an und erstarrst. Dann bewegen sich deine Pupillen, rasen wie Kometen in deinen Augäpfeln umher. Dein Blick ist aufgepeitscht und wild. Dein Gesicht verzerrt sich zu einer hässlichen Fratze.
Deine Hand schlägt nach mir und ein unmenschlicher Schrei entweicht deinen Lippen.

Dein Schlag geht durch meinen Leib hindurch und trifft die Matratze, nun ist es an mir, dich kalt anzulächeln:" Mein Geliebter, warum schlägst du nach mir, freust du dich nicht, mich zu wieder zusehen nach so langer Zeit? Mein Liebe, mein Leben, mein Gebieter und mein Tod! Schau in mein Gesicht und bekenne, was du getan hast!"

Deine Schreie hallen durch die Stille der Flure, sofort eilen Pfleger herbei, die dich, wild um dich schlagend und wie ein gehetztes Tier brüllend, gekonnt an das Bettgestell fesseln und dir eine Spritze geben. Du wirst zwar äußerlich ruhiger, aber in dir brennt es - wie jedes Jahr.

"Jedes Jahr, einmal, das Gleiche mit ihm", seufzt der eine Pfleger "jedes Jahr zu Halloween flippt er völlig aus, warum weiß keiner...stammelt etwas von dem Geist seiner Freundin, der er aus Eifersucht ins Gesicht geschossen hat, der ihn heimsucht. So ein Unsinn, der ist wirklich völlig verrückt, so geht das schon seit Jahren!"

Es ist kurz vor ein Uhr am Morgen, meine Zeit neigt sich dem Ende, ich schaue noch einmal zurück auf die brennenden Kürbislaternen an den Türen, dann kehre ich zurück in mein dunkles kaltes Reich bis zum nächsten Jahr - zur Nacht der Geister.


copyright Pourquoi_pasXX 10/2013
Mein lieber Scholli .........
*******OfMe Frau
2.584 Beiträge
Sehr, sehr gut geschrieben! Eine so tiefgängige, gefühlvolle Geschichte, mit einer Menge Zwischentöne - ganz großes Kompliment dafür!
Total genial *top*
und da beten Leute für die Auferstehung der Toten - bitte nicht!

Echt gruselig und gekonnt den Leser an der Nase herum geführt.
Das "engelsgleich" zu Beginn hat mich aber gestört, als ich zu Ende gelesen hatte - kann das sein? meinst du einfach friedlich schlafend? so schön kann er nicht sein, das sagt man über schlafende Kinder...

Dann bewegen sich deine Pupillen, rasen wie Kometen in deinen Augäpfeln umher -
Der einzige Stolperstein - "der Augapfel rast in den Augenhöhlen umher" könnt ich mir vorstellen, die Pupillen lose von den Augäpfeln nicht..

(Spoiler Alert)
Es endete mit Henrik und mir - ist genial formuliert, weil nicht zu viel preisgebend, da denkt man noch in eine andere Richtung, erst zm Schluss ist klar, dass er sie erschossen hat.

ansonsten: keine Fehler entdeckt und wirklich gut geschrieben. Zeiten gut benutzt, spannend aufgebaut, wie besitzergreifend er immer schon war..

Gefällt mir gut
werd ich mir merken, falls mich Ende Oktober Leute bitten, doch eine Gruselgeschichte zu erzählen..

Super
Gruß
dea
*********ynter Frau
9.578 Beiträge
Themenersteller 
@ Dea
Ich stimme dir bei den Pupillen und den Augäpfeln zu, ich wollte zum Ausdruck bringen, dass sie sich hektisch bei ihrem Anblick bewegen.

Das "engelsgleich" möchte ich beibehalten, um den Leser etwas hinters Licht zu führen. Zum einen, was den Charakter des Protagonisten angeht und zum anderen
frei nach dem Spruch "wer schläft, sündigt nicht."


Ansonsten bedanke ich mich für die konstruktive Kritik.
spricht mich
total an - gefällt mir!
*top*
Gruß Alf
Vergebung
Da freue ich mich, sollte ich denn bald die Geschichte von der Geburt eines engelsgleichen, zarten und ganz lichtvoll-warmen Babies vernehmen.

Derweil - jahreszeitlich erfreute Grüße, schaurig neblig schön... die Dunkelheit und den Rückzug langsam begrüßend.

F_*top*
**********Engel Frau
25.346 Beiträge
Gruppen-Mod 
Klasse!!
Als letzte Geschichte vor dem Zubettgehen gelesen und ich bin begeistert!

Hoffentlich träume ich jetzt nicht davon... grusel.
******ier Frau
36.568 Beiträge
@Pourquoi
Bezaubernd, faszinierend, unheimlich, erschreckend...

Klasse Schreibstil!

Einen Fehler habe ich gefunden:

Mein Geliebter, warum schlägst du nach mir, freust du dich nicht, mich zu wieder zusehen nach so langer Zeit?

Da ist ein "zu" zuviel.

*hi5*
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Und man schreibt in diesem Fall "zu sehen" nicht zusammen, denn es geht ja nicht ums Zusehen ...

*zwinker*

(Der Antaghar)
*********ynter Frau
9.578 Beiträge
Themenersteller 
Ein Dankeschön...
...an alle, die kommentiert, ein "Gefällt mir" gegeben, mir in PM`s geschrieben und, die meine Geschichte auch "nur" gelesen haben.

Danke für euer Feedback.
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