Familienidylle
Er hatte nur wenige Sekunden, um den Gedanken zu formulieren, dann traf ihn bereits der nächste Hieb. Er konnte sich die Frage, was er nun schon wieder falsch gemacht haben könnte, nicht selbst beantworten. Phillip stöhnte leise. Er spürte seine aufgeplatzten Lippen, schmeckte das Blut, das ihm über die Zunge in den Rachen lief.„Du Stück Dreck! Zu nichts bist du zu gebrauchen“ brüllte Bruno und spie dabei Speichel auf Phillips Gesicht. Phillip blinzelte aus seinem noch nicht zugeschwollenen rechten Auge nach oben und sah erneut die Faust kommen. Es krachte in seinem Schädel, ihm wurde schwindelig.
‚War das jetzt das Nasenbein, oder das Jochbein?‘. Diese unsinnige Frage kreiste in seinem Kopf, als sich ein berstender Schmerz einstellte.
‚Ich hätte wohl damals in Bio besser aufpassen sollen‘ dachte er noch und schon prasselten weitere Schläge auf ihn ein.
Bruno saß auf seinem Bauch, die Knie pressten Phillips Ellbeugen fest auf den Boden. Seine Hände spürte er bereits nicht mehr. Er vermutete, sie waren nicht mehr nur eingeschlafen, sondern bereits abgestorben.
„Was ist mit Mama?“ röchelte er und erschrak über das fiese Grinsen in Brunos Gesicht.
„Was soll denn mit der sein? Hä? Brauchste jetzt diese Schlampe, um dich vor mir zu schützen? Vergiss es, sonst ist sie als nächste dran“ gröhlte Bruno.
Er blickte über seine Schulter und entdeckte Lucille weinend im Türrahmen kauern.
„Haste gehört? Du sollst ihn beschützen, den Waschlappen!“
Lucille wimmerte flehend: „Bruno, hör auf….“
Doch genau diese Worte stachelten Bruno noch mehr an. Ein kräftiger Faustschlag trieb die Luft aus Phillips Lungen, so dass dieser husten musste und sich fast übergeben hätte.
„Jetzt sieh dir dieses Weichei an, er kotzt hier fast auf den Teppich“ brüllte Bruno verächtlich zu Lucille.
Er beugte sich weiter über Phillip und bohrte seine Knie noch tiefer in die bereits gedehnten Gelenke. Phillip schrie auf, versuchte seine Tränen unter Kontrolle zu halten, indem er sich feste auf die Zähne biss, doch es wollte nicht wirklich funktionieren. Eine einzelne Träne stahl sich aus seinem geschwollenen Augenwinkel und rollte über das Ohr hinab in seine schweißnassen Haare.
„Es heult! Unser Baby heult. Was für eine Memme!“ Bruno geriet außer sich vor Wut.
Er trommelte mit beiden Fäusten auf Phillips Bauch und brüllte: „Merk dir das ein für alle Mal, du Flasche! DU bist nicht mein richtiger Vater!“
© Lys 10/13