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Familienidylle

****ra Frau
2.916 Beiträge
Themenersteller 
Familienidylle
Er hatte nur wenige Sekunden, um den Gedanken zu formulieren, dann traf ihn bereits der nächste Hieb. Er konnte sich die Frage, was er nun schon wieder falsch gemacht haben könnte, nicht selbst beantworten. Phillip stöhnte leise. Er spürte seine aufgeplatzten Lippen, schmeckte das Blut, das ihm über die Zunge in den Rachen lief.

„Du Stück Dreck! Zu nichts bist du zu gebrauchen“ brüllte Bruno und spie dabei Speichel auf Phillips Gesicht. Phillip blinzelte aus seinem noch nicht zugeschwollenen rechten Auge nach oben und sah erneut die Faust kommen. Es krachte in seinem Schädel, ihm wurde schwindelig.

‚War das jetzt das Nasenbein, oder das Jochbein?‘. Diese unsinnige Frage kreiste in seinem Kopf, als sich ein berstender Schmerz einstellte.
‚Ich hätte wohl damals in Bio besser aufpassen sollen‘ dachte er noch und schon prasselten weitere Schläge auf ihn ein.
Bruno saß auf seinem Bauch, die Knie pressten Phillips Ellbeugen fest auf den Boden. Seine Hände spürte er bereits nicht mehr. Er vermutete, sie waren nicht mehr nur eingeschlafen, sondern bereits abgestorben.

„Was ist mit Mama?“ röchelte er und erschrak über das fiese Grinsen in Brunos Gesicht.

„Was soll denn mit der sein? Hä? Brauchste jetzt diese Schlampe, um dich vor mir zu schützen? Vergiss es, sonst ist sie als nächste dran“ gröhlte Bruno.

Er blickte über seine Schulter und entdeckte Lucille weinend im Türrahmen kauern.

„Haste gehört? Du sollst ihn beschützen, den Waschlappen!“

Lucille wimmerte flehend: „Bruno, hör auf….“

Doch genau diese Worte stachelten Bruno noch mehr an. Ein kräftiger Faustschlag trieb die Luft aus Phillips Lungen, so dass dieser husten musste und sich fast übergeben hätte.

„Jetzt sieh dir dieses Weichei an, er kotzt hier fast auf den Teppich“ brüllte Bruno verächtlich zu Lucille.

Er beugte sich weiter über Phillip und bohrte seine Knie noch tiefer in die bereits gedehnten Gelenke. Phillip schrie auf, versuchte seine Tränen unter Kontrolle zu halten, indem er sich feste auf die Zähne biss, doch es wollte nicht wirklich funktionieren. Eine einzelne Träne stahl sich aus seinem geschwollenen Augenwinkel und rollte über das Ohr hinab in seine schweißnassen Haare.

„Es heult! Unser Baby heult. Was für eine Memme!“ Bruno geriet außer sich vor Wut.
Er trommelte mit beiden Fäusten auf Phillips Bauch und brüllte: „Merk dir das ein für alle Mal, du Flasche! DU bist nicht mein richtiger Vater!“



© Lys 10/13
Hm
Lysira, ich fände es gut, wenn du selbst einen kleinen Kommentar zu der "Szene mit Knalleffekt" schreiben würdest.
*schock* Ev
****ra Frau
2.916 Beiträge
Themenersteller 
@*******jan - in welche Richtung sollte der Kommentar sein?
wie die faust aufs auge
Krass
die ganze Story ist ein Knalleffekt. Sehr brutal beschrieben, mitreißend zu lesen, und am Ende?
Fragt man sich, ob es wohl häufig vorkommt, dass der Sohn den Stiefvater verprügelt und was "deine Botschaft" ist, wenn du das Thema, an das wir alle bis zum letzten Wort der Geschichte glauben, einfach so umdrehst.
Vielleicht meint Christjan das?
Brutalität in der Familie kann viele Formen annehmen, und vielleicht ist der Junge einfach endlich groß genug, um zurück zu schlagen und Philip nicht unschuldig...
Lässt einen jedenfalls nicht kalt
Danke
Gruß
Dea
****ra Frau
2.916 Beiträge
Themenersteller 
danke Dea *g*

ja, es ist für mich so, dass das typische Klischee nicht einfach übernommen werden sollte und natürlich war/bin ich gespannt, wie Ihr Leser diese Geschichte aufnehmt. Ich habe es daher offen gelassen, jedem frei, dies zu interpretieren.

Zum Glück ist dies keine eigene Erfahrung, die ich hier schrieb, doch sind einige Emotionen von mir darin verpackt.

*blume*

Lys
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
sehr mitreißend geschrieben. Endlich einmal wieder eine Kurzgeschichte, die auch diese Bezeichnung verdient - mitten in der Szene, ohne Einleitung und mit einem überraschenden Ende.

Für mich braucht die Geschichte nicht mehr und auch keine Erklärung. Ich finde, dass man nicht alles erklären muss oder soll - jede Geschichte wirkt auf jeden anders.

Man weiß nichts über die Protagonisten, sieht nur diese kurze Szene - drei Leute in einem Raum.

*top*

Herta
Aus mehreren Gründen
Es ist keine Geschichte, sondern ein Momentaufnahme. Sie erzählt nicht, sondern der Knalleffekt liefert nur das "Brennholz" für die Phantasie der Leser.
Das könnte den Schluß nahelegen, dass es dir genau darum ging. Das hat mich interessiert - zum einen.
Zum anderen ist, wie Dornroeschen schon angesprochen hat, Gewalt in der Familie ein ziemlich heftiges, um nicht zu sagen "Bild"-Thema. Mich hat beim Lesen der Szene eigentlich mehr interessiert, warum du sie geschrieben hast.
Warum? Könnte ja sein, dass die Geschichte irgendjemanden, der hier liest, zwischen die Augen trifft, oder ins Herz - ist Ansichtssache. Stell dir vor irgendjemand würde ein ganzes Leben lang genau diese Phantasie mit sich herum tragen, oder besser gesagt sich immer noch Vorwürfe machen, das er es nicht getan hat.

Was mir an deiner Szene fehlt, ist die Realität. Viele mögen sich das vorstellen können. Aber welche Konflikte, wieviel Haß und / oder Verwahrlosung notwendig ist, damit eine Sohn vor den Augen seiner Mutter seinen Stiefvater krankenhausreif schlägt - das ist in meinen Augen der Stoff für die Geschichte - nicht der Moment, in dem es passiert. Wollte er wirklich den Stiefvater verprügeln oder seine Mutter bestrafen? Da ist alles schon vorbei.
Aber wie immer, ist nur meine Ansicht...
Mal wieder sehr fesselnd geschrieben *top*

Für mich wehrt sich der Sohn das erste Mal gegen seinen brutalen Vater, nachdem Papa kurz zuvor Mama verprügelt hat.

Klasse
****ra Frau
2.916 Beiträge
Themenersteller 
*******jan:
Knalleffekt liefert nur das "Brennholz" für die Phantasie der Leser.
Das könnte den Schluß nahelegen, dass es dir genau darum ging. Das hat mich interessiert -

ja, so ist es, diese Momentaufnahme lässt dem Leser viel Raum für seine Phantasie und hat es auch bei Dir getan *g*

warum ich genau dieses Thema aufgegriffen habe? Hmm, genau aus dem Grund, aus dem ich manchmal auch andere Themen aufgreife.

Das Thema/die Geschichte wächst in mir, manchmal spontan, manchmal über einen längeren Zeitraum hinweg.

Es ist ein heftiges Thema - ja, aber ich scheue mich nicht, solche auszuformulieren.

Notfalls kann sie auf FSK18 gesetzt werden, wenn sie Grenzen überschreiten sollte.

Lys
Nein Luna
das kann nicht sein,
denn seine ersten Gedanken waren ja:
was habe ich jetzt schon wieder falsch gemacht ..
@cc
Von wegen nicht Realität!
Das ist noch harmlos. In meinem Freundeskreis und bei der Arbeit habe ich schon mehrfach und glaubwürdig solche Szenen geschildert bekommen.
Zum Thema Geschichte:
Warum sollte das keine Geschichte sein? Ist eine Makroaufnahme kein Photo?
Erstens finde ich die Szene sehr kraftvoll und authentisch geschrieben und zweitens hatte ich mit einem prügelnden Vater gerechnet.
Der Schock verändert die Beurteilung und Bewertung der Lage schlagartig.
Das finde ich ein echt gelungenes Stilmittel.
Eva, genau das fragt er sich, weil er nichts falsch gemacht hat. Der Veter sucht fadenscheinige Gründe, um seine Frau schlagen zu können.

Und wenn es nur die vermeindlich falsche Erziehung seines Sohnes ist *zwinker*
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Zur Qualität der Geschichten hier schreibe ich ja mittlerweile in den Threads nichts mehr, liebe Lysira. Doch Du kannst Dir vermutlich denken, wie ich sie finde und wie ich darüber denke.

Aber ich will doch zumindest erwähnt haben, dass Du etwas beschreibst, das ich mit 16 Jahren nahezu genau so erlebt habe: Mein Stiefvater ging mal wieder auf meine Mutter los. Ich ging dazwischen. Er prügelte nun natürlich auf mich ein - und zum ersten Mal schlug ich zurück, und zwar so voll, wie ich damals nur konnte. Und das war offenbar heftig.

Er lag damals im Eck (so wie vorher ich so oft gelegen bin, wenn er mich mal wieder brutal verprügelt hatte, meine Arme verzweifelt vors Gesicht haltend und alles voller Blut, das oft genug aus Mund, Nase und manchmal sogar aus den Ohren lief).

Und wie er da so im Eck lag, noch bevor er sich aufgerappelt hatte, schrie er, ich solle auf der Stelle seine Wohnung verlassen - was ich dann auch ohne ein weiteres Wort getan habe (und für meine Familie daraufhin für mehrere Monate verschollen war).

Ich darf Dir versichern: Aus meinem Blickwinkel ist das voll aus dem Leben gegriffen.

(Der Antaghar)
******ier Frau
36.534 Beiträge
Also ich
finde diese "Geschichte", diese Momentaufnahme, diese Szene
erschreckend, schockierend, furchtbar schlimm, brutal und beängstigend.
Es hat mir richtig weh getan, beim Lesen!

Und ja, ich dachte die ganze Zeit: Hier geht ein Mann auf zwei Kinder los!
Was ist hier los?
Schon die ersten beiden Absätze bilden in meinem Kopf ganz klar dieses Bild:
Mann schlägt Kind!
Die Formulierungen in den geschriebenen Sätzen lassen für mich kein anderes Bild zu.

Und nein, die Wendung am Ende: Kind schlägt Mann!
ist für mich NICHT mal ansatzweise nachvollziehbar!
Irgendwie ist das nicht stimmig, also für mich und meine Vorstellung.
*******OfMe Frau
2.582 Beiträge
Ich mag den Knalleffekt am Schluss, er macht aus der Geschichte für mich etwas Besonderes, regt mich zum Weiterdenken und Nachdenken an. Jedoch hätte auch ich mir die Geschichte etwas länger gewünscht, mit mehr "Fleisch" auf dem Gerüst, mehr Charakter für die Personen...
Ohne Zorn
aber vielleicht zum Nachdenken. Ich habe in meinem Beitrag vorsichtig angedeutet, Antaghar hat es deutlich ausgesprochen, ich wasche nochmal nach.
1. Die statistische Wahrscheinlichkeit häuslicher Gewalt liegt in Deutschland noch immer über 20%. Das bedeutet, jeder 5. der hier Lesenden ist wahrscheinlich damit nicht nur konfrontiert worden, sondern hat es selbst erlebt. Dementsprechend steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass hier jemand liest, dem diese Geschichte "in die Fresse" springt.
2. Das ist noch o.k., aber wenn er dann in den Kommentaren lesen muß, das andere es zwar nicht erlebt haben, aber darüber gelesen und es interessant ist, dieses Gedankenspiel weiter zu treiben - sorry, geht's noch?
3. In eine Geschichte - sei sie noch so kurz - kann man sich einlesen und ahnt, worauf es hinausläuft - in diesem Fall hätte man dann nicht bis zu Ende lesen müssen. Hier dreht der letzte Satz die ganze Szene. Ich sage bewusst "Szene" und nicht Geschichte gesagt. Keiner hat die Chance, sich dagegen zu wehren.
4. Ich habe mal einen Thread "Verantwortung des Autors" gestartet - wir sind jetzt genau an dem Punkt, den ich damit gemeint habe. Darum wäre es wirklich gut gewesen, vor diese Szene einen Kommentar zu schreiben.

Wenn ich soetwas als "Realität" schreibe, ist das etwas vollkommen anderes als eine Fiktion. Nicht jedes Thema sollte man "ausschlachten". Deswegen vorhin in meinem ersten Beitrag auch die Anspielung auf die "Bild". Und die Kommentare dazu - sorry, da steigt bei mir das Bild auf von einem Massencrash auf der Autobahn - und auf der anderen Seite staut sich alles, weil alle Leute gaffen müssen...

Sorry, wenn ich hier so hart schreibe - es ist trotzdem ohne Zorn. Nur mit vielleicht ein klein bisschen Verwunderung...
******ier Frau
36.534 Beiträge
Ich habe mal einen Thread "Verantwortung des Autors" gestartet - wir sind jetzt genau an dem Punkt, den ich damit gemeint habe. Darum wäre es wirklich gut gewesen, vor diese Szene einen Kommentar zu schreiben.
Das sehe ich auch so!

Wenn ich soetwas als "Realität" schreibe, ist das etwas vollkommen anderes als eine Fiktion. Nicht jedes Thema sollte man "ausschlachten". Deswegen vorhin in meinem ersten Beitrag auch die Anspielung auf die "Bild". Und die Kommentare dazu - sorry, da steigt bei mir das Bild auf von einem Massencrash auf der Autobahn - und auf der anderen Seite staut sich alles, weil alle Leute gaffen müssen...
Vollkommen richtig!

Sorry, wenn ich hier so hart schreibe - es ist trotzdem ohne Zorn. Nur mit vielleicht ein klein bisschen Verwunderung...
Nein, du schreibst nicht hart, sondern klar, deutlich und wunderbar nachvollziehbar!
Gewalt umgekehrt- wirklich?
Es war nicht das erste Mal- sonst hätte der Stiefvater sich nicht gefragt, was er wieder falsch gemacht habe.

Gewalt von Jugendlichen gegenüber ihren Eltern halte ich nicht für soooo ungewöhnlich- nur werden die meisten Eltern sich schämen, es zuzugeben.
Was ist Gewalt?
Für die also, die hier gerne ganz wertfrei über dieses Thema diskutieren möchten, biete ich dann mal ein etwas anderes Szenario, nur so, zum Nachdenken. Natürlich ist das nur eine erfundene Geschichte. In "Roadhouse" hat Patrick Swayze zu seiner Ärztin gesagt: "Schmerzen tun nicht weh." Er wusste wahrscheinlich nicht, wie recht er hatte.


Er war ein Idiot. Wäre er doch bloß pünktlich nach Hause gekommen. Kein böses Wort hatte sein Vater gesagt, ihn nur kruz angeblickt und dann den nächsten Schnaps getrunken.
Heinz ging still ins Bett, hoffend, dass es nicht wieder geschah. Falsche Hoffnung. Der Schlag war nicht laut - trotzdem hörte Heinz ihn, durch beide geschlossenen Türen. Er zitterte im Bett vor Hilflosigkeit. Rasender Zorn wollte ihn die Türen aufreißen lassen, schreien, irgendetwas Schlimmes tun. Zuschlagen, mit der Faust und die Demütigungen beenden. Aber da war die Angst. Angst um sie - um seine Mutter. Er konnte sie nicht schützen - nicht vierundzwanzig Stunden am Tag.
Konnte er ihn totschlagen? So verprügeln, dass er sich niemals mehr an der kleinen Frau vergriff? Wäre er dazu in der Lage? Wenn ja, was dann? Er wäre mit Freuden ins Gefängnis gegangen. Aber dann war sie alleine, mit IHM...

Er hörte den Schrei. Er stand auf, nahm seine Decke und stopfte ihn in die Ritze unter der Tür. Lärmdämmung. Für seine Gedanken, für seine Ängste fand er keine Decke.
Am nächsten Morgen saßen sie am Frühstückstisch, wie immer. Mutter hatte ein Lächeln im Gesicht wie jeden Morgen. Vater einen schweren Kopf, nicht schwer genug, um seinem Stiefsohn nicht liebevoll übers Haar zu streichen.
Heinz aß ruhig in der freundlichen Runde. Dann ging er zum Gymnasium. Nur die Mutter bemerkte, dass seine zitternden Hände erst im zweiten Anlauf den Schlüssel in das Schloß steckten. Sie wusste, er würde spät kommen. Er lernte immer noch nach der Schule, brachte nur Bestnoten nach Hause. Manchmal fragte sie sich, warum er seit zwei Jahren so verbissen lernte. So war er frühe nie gewesen...
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Nur mal zum Anmerken ... es steht nirgends geschrieben, wie alt die Protagonisten sind - und eines weiß ich sicher, Gewalt gegen alte Leute ist gar nicht so selten, wie man annehmen soll (auch wenn es meistens etwas subtiler ist)

@ CChristjan:

ich finde es gerade etwas unfair, hier eine Diskussion zum Thema Gewalt zu starten, dazu würde ich dir vorschlagen, einen eigenen Thread zu eröffnen, der sich allgemein mit dem Thema auseinandersetzt, denn Gewalt umfasst mehr als nur Prügel.

Die Verantwortung des Autors hört bei der Verantwortung des Lesers auf - man kann den Leuten nicht alles abnehmen. Mich hätte eine Erklärung zur Geschichte massiv gestört - und womöglich vom Lesen abgehalten.
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Darum wäre es wirklich gut gewesen, vor diese Szene einen Kommentar zu schreiben.

Was hätte denn in dem Kommentar stehen sollen? Vorsicht Gewaltdarstellung? Vorsicht, erfundene Geschichte? Das sind eines der möglichen Themen und eine der Grundvoraussetzungen dieser Gruppe, warum sie also jedesmal davorsetzen?

Neenee, der Rest der Menschheit und soweit ich weiß, die gesamte schreibende Zunft sind sich seit der Antike einig, dass keine Autorin (und auch kein Autor) absehen kann, was eine Geschichte auslöst. Das sieht man doch schon wieder an den Kommentaren in diesem Thread – auch einer, der vergleichbares erleben musste findet sie gut und scheint keinen Schaden genommen zu haben.
Den Schaden richtet immer die Realität an, das Lesen erinnert nur und löst im Besten Fall eine Beschäftigung damit aus. Verdrängen und Verstecken macht krank.



Mein Kommentar zur Geschichte:

Wie Herta schon sagte: Eine Kurzgeschichte im Sinne der literarischen Gattung. Krass und direkt geschrieben, so dass sie unter die Haut geht – für mich ist das ein Qualitätsmerkmal.

Zum Inhalt: Ich habe schon von beiden Konstellationen gelesen, sowohl vom prügelnden (Stief)Vater als auch vom prügelnden Kind.

Ich habe auch erst an einen Sohn gedacht, der sich (endlich) gegen einen prügelnden Vater wehrt und war schon auf dessen Seite, dann die überraschende (schockierende) Wendung. Auch das ist eine mögliche und real vorkommende Situation und die Autorin hat meinen Wunsch nach ausgleichender Gerechtigkeit zunichte gemacht. Dadurch kam mir der Gedanke, dass selbst die verständliche Wut eines bislang geprügelten Kindes letztendlich nur Gewalt ist, die die Spirale weitertreibt. Etwas, das man z.B. bei Actionfilmen, in denen die Bösen mal so richtig was aufs Maul bekommen, nur zu schnell vergisst.

Also: Schmerzhaft mitreißend geschrieben und dazu noch – mich zumindest – an eine gute, weil wahre Botschaft erinnert.
****ra:
Gewalt gegen alte Leute ist gar nicht so selten

stimmt - -

z.B. in unserem Stück BZL (BIS ZUM LETZTEN)
geht es um pflegende Angehörige.
Da kommt Gewalt gegen die Mutter oder den Vater vor.
Aber aus Überforderung - die Nerven liegen blank - und der zu pflegende will dieses und jenes nicht. Da eskaliert es dann - aus liebevoller Pflege wird Hass und es gibt Schläge.

Wir spielen dieses Stück schon seit 2008 und es wird immer noch von verschiedenen Institutionen anderer Städte angefordert - weil es so aktuell ist.
ein schönes Beispiel für "was und wie viel soll man dem Leser vorsetzen und was seiner Fantasie überlassen"

ChristianMs Interpretation bringt auf den Punkt, was Lysira wollte, denke ich - mit dem überraschenden Schluss unsere bereits beim Lesen gefertigte Meinung umwerfen und zeigen, dass die Gewaltspirale nicht endet.

Christjan dagegen möchte mehr - Hintergründe, Erklärungen. Wenn die Story die Vorgeschichte gehabt hätte, die du beschreibst, wäre klar, warum der Sohn zurückschlägt, und keine eigene Interpretation mehr möglich - und alles verziehen. Manchmal ist es aber nicht so einfach.

Darum ist es in diesem Fall eine starke Story und hinterlässt mehr Spuren als eine, die zwar ebenfalls eine Momentaufnahme aus dem Leben ist, aber einen nur mit dem Gefühl zurücklässt, mit genug Erklärung und Einfühlungsvermögen die brutalsten Dinge gut reden zu können.

Weiter sollten wir darüber im Thread "Verantwortung" reden. Lysira jedenfalls ein großes Kompliment, denn wenn man schon ein solches Thema besprechbar machen will, sollte man es nicht "vorkauen", sondern zur Diskussion stellen.
Gruß
Dea
**********ire21 Frau
2.155 Beiträge
Diese überraschende Wendung ist ein wunderbares Mittel, um feste Vorstellungen und Schubladen für sich deutlich zu machen. Ich finde, das hat bei der Geschichte sehr gut funktioniert, ist gelungen. Zunächst kommt beim lesen der Eindruck, es muss sich bei dem am Boden liegenden um ein unschuldiges Opfer, ein Kind handeln. Am Ende fängt man an, neu nachzudenken. Ich musste die Geschichte dann nochmal lesen, um mir ein neues Bild zu machen.

Ich hatte "Kurzgeschichte" bisher so verstanden, dass sie nicht alles bis ins Detail erklärt, sie springt mitten rein ins Geschehen und das Ende darf auch gerne offen sein. Aber das Thema hatten wir hier schon öfter, ob Erklärungen nötig sind. Ich meine nicht.

Die Gewalt ist schockierend, aber ich finde auch nicht schockierender als so manch andere Geschichte, die es hier bereits gab.
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