Peter und ich und 2 Flaschen Prosecco

Peter und ich sitzen bei Prosecco und einer aufgezeichneten Staffel “Girlfriendsex”. Frauen und Männer im Powerplay.
“Ich hasse dieses Beziehungsgerumpel, mit welchen von den beiden will sie jetzt eigentlich - ich habs noch immer nicht verstanden...” grunze ich vor mich hin und schlürfe nen großen Schluck.
“HarHar - da spricht die richtige! Mit welchem von DEINEN beiden Jungs möchtest du denn eigentlich??”, Peters Stimme tropft sarkastisch aus der anderen Seite seiner Sitzlandschaft raus.
“Das gilt nicht! Die sind beide verheiratet. Ich werde den Teufel tun, mich da festzulegen. Darum sind es ja zwei.”
“Ach? Lüg nicht! Nach deiner letzten Pleite hast du einfach Panik, dich auf was Normales einzulassen. Lieber einen fürs Bett und einen für den Kopf. So schaut es aus, meine Liebe...”

Ich krauche aus der luxuriösen Kissenburg raus und schenke uns beiden großzügig nach.
“Ich hab letzte Woche einen Artikel, über das Evolutionsdesaster der 40- bis 50-jährigen Männer gelesen. Sie brauchen schlicht keine langfristige Beziehung mehr. Der Samen wurde jahrelang verstreut. Irgendwo gibt es sicher ein paar Nachkommen und die sind auch meist erwachsen. Die eigene Genetik ist gesichert. Das ist für Kerle seit Urzeiten der einzige Grund für ne Beziehung. Fällt der weg, ist Sologang angesagt. Wie bei den Löwen. Es ist ganz einfach! Mit 68 plus suchen sie sich dann was junges um die 30. Das klappt bei Professoren großartig. die Anderen loosen.

“Ehrlich gesagt: Das Problem kennen wir Homos nicht. Da wo wir Samen hinpacken, ist nix mit Nachkommen. Und ich bin auch über 40 und würde mich freuen, wenn ich den Mann, neben dem ich morgens aufwache, mit Namen anreden könnte - ich bin die ONS echt leid. Und meine Zukunft scheint trostlos. Ich bin noch immer ohne Professur” Peter stellt den TV mit der Fernbedienung auf STUMM, greift sein Glas und nimmt erneut einen kräftigen Schluck.

Ich erinnere mich süfisant lächelnd an den jungen Kerl, der mir heute morgen in der Küche begegnet ist und mir geholfen hat, die überdimensionierte Kaffeemaschine anzuschmeißen. “Er hieß Igor und war viel zu jung für dich. Außerdem war er Russe und seine Deutschkenntnisse waren rudimentär. Aber nen echter Schnucki... Wo schnappst du diese bildhübschen Typen nur immer auf?”
“Alhambra nachts um kurz vor 4.00 - da kriegst du die hübschesten Stricher kostenlos...” Peter grinst.
“Ich hab ihm die Dusche gezeigt und ne Unterhose von dir geschenkt. Der arme Kerl hatte nix dabei.”
“Das geht in Ordnung. Danke, dass du dich um ihn gekümmert hast.”
“In deinem Alter sind auch Schwule meist in festen Händen. Ich sag nur eingetragene Lebensgemeinschaft. Solltest du mal drüber nachdenken...” Langsam steigt mir der Prosecco zu Kopf.
“Pah! Das sagst ausgerechnet du? Ich kenne kaum eine Single-Plattform auf der du kein Profil hast. Die heiratswilligen Mittvierziger rennen dir doch die Bude ein. Ich hab deinen Terminkalender gesehen. Der ist randvoll mit Dates, obwohl du schon die beiden Schnuffis hast. Ich wünschte, ich hätte so nen Andrang” Peters Stimme wirkt zwar empört, aber er grinst noch immer und schenkt nach. Die Flasche ist alle.

“Die Dates sind reiner Zeitvertreib. Richard hat nur Mittwoch Zeit für mich und Rainer treffe ich nur, wenn er in München ist. Der Typ vorgestern konnte nur über Versicherungen reden - es war ein drei-stündiges Verkaufsgespräch! Ich weiß jetzt alles über Berufsunfähigkeit und Hausrat. Zum Abschied hat er mir angriffartig seine Zunge in den Hals geschoben und versucht mir an die Oberweite zu grapschen. Bähhh!!!!”

“Du liebst es einfach, dich zu verweigern! Ewig lockt das Weib... und lässt nicht zu, dass man sie haben kann, weil sie dann erkannt würde - in ein paar Jahren sitzt du alt und faltig in deiner Bude und wünscht dir den Versicherungsagenten an deine Seite - ihr würdet gemeinsam die Wiederholung von ”Girlfriendsex” schauen und Erbsen pulen. Und du wärst glücklich!”

“Gaaacker!!!! Du spinnst!!!”

Peter steht auf und macht die zweite Flasche auf. Er füllt unsere Gläser schwungvoll und erhebt sein Glas: “Stimmt - nächste Woche schaut dich wieder irgendein Gauner gaaanz treu an, du wirst butterweich, vergisst die Sache mit dem Verweigern und glaubst an Ewigkeit. Darum liebe ich dich so!”

Ich greif mein Glas und stoß mit ihm an. “Stimmt. Und ich dich auch - und jetzt stell wieder auf laut und spul etwas zurück...”