Vor etwa zwei Stunden hatte sie ihren Schreibtisch im Wohnzimmer an die Glaswand geschoben um sich vom aufblühenden Grün ihres Gartens inspirieren zu lassen. Gedankenverloren saß sie da und schaute über die Terrasse hinaus.
Sie beobachtete, wie er regungslos auf der Wiese stand, sein schlanker, sehniger Körper ein Bild gespannter Aufmerksamkeit. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt, die Augen halb geschlossen, und die Oberlippe hochgezogen, so das sie seine Zähne sehen konnte. Er bewegte den Kopf in leichten Bewegungen, die wie ein Nicken aussahen, in verschiedene Richtungen.
›Göttin, sieht das bescheuert aus‹, dachte sie ›wie jemand, dessen obere Gesichtshälfte scharf nachdenkt, während die untere voll angeekelt ist.‹ Das Wort für dafür fiel ihr ein – ›flehmen‹ nannte man das, wenn Katzen ihr zusätzliches Riechorgan im Oberkiefer benutzten. Sie wandte den Blick von ihrem Kater im Garten wieder dem leeren Blatt zu, das vor ihr lag. Sie nahm die Feder aus dem Gläschen mit Kupfertinte, als sie glaubte, den Atemhauch einer Muse im Nacken zu spüren. Oder nein, lieber eines Muserichs, dezent muskulös, mit breiten Schultern, der ihr liebevolle Worte ins Ohr flüstern würde. Nicht wie Andreas, der nur mit Widerstreben dazu zu bewegen war, mit ihr einen schönen Film anzusehen, egal ob im Kino oder auf dem Sofa. Auch für das zarte Pflänzchen der Poesie, das seit einigen Wochen in ihr spross, hatte er kein Interesse gezeigt.
Pfff – sollte er doch zu seinem Zweitligaspiel fahren, dann hatte sie wenigstens Zeit für ihren Muserich. Sie raffte ihren pastellgelben Morgenmantel fester um sich, warf ihre lockige karottenrote Mähne zurück und streifte die pinkfarbenen Hello-Kitty-Schlappen von den Füßen. Ihr Blick verklärte sich und schließlich schrieb sie dichterlich: »Oh Muserich, wie sehr, wie sehr ersehn ich dich …«
• * *
Mit einem leise zischenden Laut atmete er aus – Jetzt hatte er sie! Der Geruch kam eindeutig von dort drüben, bei dem Streifen aus Kieselsteinen um die Terrasse, unter einem der größeren Dekosteine aus Plastik mit Beleuchtung mussten sie sich verschanzen …
Die Silberfische hatten trotz der Lufthoheit der Fruchtfliegen die Schlacht um Simones Biomüll in der Küche gewonnen und nun wurden sie langsam unverschämt. Als er heute morgen ein Stück Trockenfutter auf hundert silbrigen Füßen durch die Terrassentür hatte verschwinden sehen, war es ihm zu bunt geworden.
»Ihr wollt Krieg? Ihr kriegt Krieg!« knurrte er und ging bedrohlich langsam auf die Steine zu …
Sie beobachtete, wie er regungslos auf der Wiese stand, sein schlanker, sehniger Körper ein Bild gespannter Aufmerksamkeit. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt, die Augen halb geschlossen, und die Oberlippe hochgezogen, so das sie seine Zähne sehen konnte. Er bewegte den Kopf in leichten Bewegungen, die wie ein Nicken aussahen, in verschiedene Richtungen.
›Göttin, sieht das bescheuert aus‹, dachte sie ›wie jemand, dessen obere Gesichtshälfte scharf nachdenkt, während die untere voll angeekelt ist.‹ Das Wort für dafür fiel ihr ein – ›flehmen‹ nannte man das, wenn Katzen ihr zusätzliches Riechorgan im Oberkiefer benutzten. Sie wandte den Blick von ihrem Kater im Garten wieder dem leeren Blatt zu, das vor ihr lag. Sie nahm die Feder aus dem Gläschen mit Kupfertinte, als sie glaubte, den Atemhauch einer Muse im Nacken zu spüren. Oder nein, lieber eines Muserichs, dezent muskulös, mit breiten Schultern, der ihr liebevolle Worte ins Ohr flüstern würde. Nicht wie Andreas, der nur mit Widerstreben dazu zu bewegen war, mit ihr einen schönen Film anzusehen, egal ob im Kino oder auf dem Sofa. Auch für das zarte Pflänzchen der Poesie, das seit einigen Wochen in ihr spross, hatte er kein Interesse gezeigt.
Pfff – sollte er doch zu seinem Zweitligaspiel fahren, dann hatte sie wenigstens Zeit für ihren Muserich. Sie raffte ihren pastellgelben Morgenmantel fester um sich, warf ihre lockige karottenrote Mähne zurück und streifte die pinkfarbenen Hello-Kitty-Schlappen von den Füßen. Ihr Blick verklärte sich und schließlich schrieb sie dichterlich: »Oh Muserich, wie sehr, wie sehr ersehn ich dich …«
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Mit einem leise zischenden Laut atmete er aus – Jetzt hatte er sie! Der Geruch kam eindeutig von dort drüben, bei dem Streifen aus Kieselsteinen um die Terrasse, unter einem der größeren Dekosteine aus Plastik mit Beleuchtung mussten sie sich verschanzen …
Die Silberfische hatten trotz der Lufthoheit der Fruchtfliegen die Schlacht um Simones Biomüll in der Küche gewonnen und nun wurden sie langsam unverschämt. Als er heute morgen ein Stück Trockenfutter auf hundert silbrigen Füßen durch die Terrassentür hatte verschwinden sehen, war es ihm zu bunt geworden.
»Ihr wollt Krieg? Ihr kriegt Krieg!« knurrte er und ging bedrohlich langsam auf die Steine zu …