Und nun gehts weiter...
...viel weiter als man mag (oder so). Teil 11 des Spiels beginnt mit:
Die Babsi kocht so gut
Der Kommissar
Er drückte den Knopf der Freisprechanlage am Lenkrad dann die Schnellwahltaste. Es tutete einmal, zweimal, dann wurde der Anruf angenommen. Die Stimme eines Mannes, der ein wenig abgelenkt zu sein schien, meldete sich: „Ja?“ Dann, aus ein wenig Distanz (anscheinend sah er auf das Display): „Ach du bist das.“ Die Stimme klang freudig, aber die Freude wurde gedämpft durch eine hörbare Besorgnis, außerdem sprach der Mann im Gehen, deutlich knirschten seine Schritte, und um ihn herum waren Stimmen zu hören, die angespannte, knappe Sätze austauschten.
„Ich sehe schon die Absperrung und die Scheinwerfer, bin gleich da. Habt ihr Kaffee? Ich bin noch nicht zum Frühstücken gekommen.“
„Kaffee läuft, ist gleich fertig. Bis gleich, Günther.“
„Bis gleich.“ Er legte auf.
Kurz darauf stieg er aus dem Wagen, schlug den Kragen seiner Jacke hoch und zog den Reißverschluss zu. Es war Dezember, der dritte Advent, gegen halb sieben morgens und eisig kalt hier draußen vor der Stadt. Das Gras neben der Landstraße war reifbedeckt.
Eine hochgewachsene Gestalt in einem weißen Overall mit zwei dampfenden Bechern in den Händen kam auf ihn zu.
„Morgen, Mehmet“, grüßte er und nahm einen der Becher an.
„Morgen. Willst du’s dir zuerst ansehen oder erstmal durchlesen was wir schon haben?“
„Sieht es schlimm aus?“
Der Leiter der Spurensicherung machte mit der freien Hand eine vage Geste. „Geht so, aber es ist eine echt kranke Sache, wenn du mich fragst.“
Er nahm einen Schluck Kaffee. „Dann sehe ich es mir erst mal an bevor ich was esse.“
Der Helmut
Helmut lehnte sich zurück und strich sich über den prallen Bauch. Himmel, wie schaffte sie das nur? Sie kochte einfach genial, simple Gerichte eigentlich, solide deutsche Hausmannskost, aber keine Spur so langweilig, wie er immer gedacht hatte. Und sie hatte Spaß dabei, das sah er, wenn sie zwischen Kühlschrank, Herd und Anrichte hin- und her flog. Und jetzt kurz vor Weihnachten drehte sie richtig auf. Erst diese genialen Rippchen am Montag nach dem ersten Advent, dann diese unglaubliche, saftige Haxe nach dem zweiten und heute... In diesen Momenten wusste er wieder, warum er mit ihr zusammen war. Aber jetzt musste er die Hand unauffällig vom Bauch zum Hosenbund gleiten lassen um den Knopf zu öffnen. Sie würde das nämlich überhaupt nicht gut finden. „Unanständig“ würde sie das wahrscheinlich nennen. „Das macht man nicht“ würde sie sicher sagen, mit diesem missbilligenden Ton, der keinen Widerspruch duldete.
So, der Knopf war offen. Der Pfälzer Saumagen war mächtig gewesen, sehr mächtig sogar, aber das hatte er gar nicht gemerkt, so lecker war das Fleisch zubereitet.
Sie redeten noch ein wenig über Belanglosigkeiten, dann verabschiedete sie sich. Erstaunt fragte er was sie denn heute wieder vorhatte.
„Heute ist Montag, Dummerle, da habe ich Volkshochschule, das weißt du doch...“
Ja, wusste er. Aber dann auch wieder nicht. Sie besuchte so viele dieser Kurse, dass er es aufgegeben hatte, den Überblick zu behalten. Zwei Sportkurse, einer davon nicht an der VHS, ein Kochkurs, Internet oder irgendwas mit Computern... Er wußte es nicht mehr. Außerdem war es ihm schon seit einiger Zeit eigentlich egal was sie machte. Er konnte sich nur nicht dazu durchringen diese Beziehung zu beenden. Aber dann war sie wieder so lieb, so herzensgut und anschmiegsam...
Aber auch das ging ihm so langsam aber sicher auf die Nerven. Kein bischen Geheimnis, keine Abgründe, nichts verruchtes hatte sie an sich. Sie war einfach genau so, wie sie auch aussah: rosig und proper, blond und ein wenig kräftig. Nicht dick, aber mit ein wenig zu runden Fesseln, ein wenig zu prallen Schenkeln... Außerdem war sie ziemlich groß, ein „Wonneproppen“, hätte seine Mama gesagt. Und wenn sie dann auch noch ihren rosa Angora-Pulli trug, stand er jedesmal kurz davor, ihr das Teil vom Leib zu reißen und es ihr mal so richtig zu zeigen.
Schon lange sehnte er sich nach Frauen wie er sie im Internet sah: langbeinig, gertenschlank, mit diesem leicht unanständigen Augenaufschlag, bei denen man nicht wusste was sie als nächstes tun würden und die sich ebenso danach verzehrten nicht zu wissen was er als nächstes tun würde... Eben das genaue Gegenteil von Barbara. Schon der Name, so... normal. Und es gefiel ihr auch noch „Babsi“ genannt zu werden. Es war kaum auszuhalten. Aber dann kochte sie wieder so verdammt gut...
Die Babsi
Heute ist Mittwoch, dachte sie, während sie heißes Wasser in die Wanne ließ. Selbst jetzt noch spürte sie jeden Knochen, jeden Muskel und das seit Montag. Ein Glück, dass Helmut heute nicht bei ihr war, aber bis morgen hatte sie das sicher im Griff. Ein schönes heißes Bad, früh ins Bett, dann bin ich morgen wieder vorzeigbar, dachte sie.
In der Badewanne konnte sie auch in aller Ruhe nochmal ihre Mitschriften und die Kopien aus dem Kurs durchsehen. Sie holte die Mappe und legte sie auf den Hocker neben der Wanne.
So schwer konnte es doch wirklich nicht sein, dieses blöde Script auf Helmuts Laptop zu schmuggeln, das unbemerkt einen VNC-Client installieren und einen Port permanent offen halten würde. Natürlich ohne dass das Virenschutzprogramm und die Firewall etwas davon mitbekamen. Ihr Lehrer war beeindruckt gewesen. „Babsi,“ hatte er gesagt, „Babsi, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, Sie wären ein waschechter Hacker.“ Sie war stolz gewesen und sogar ein wenig rot geworden.
Wenn das Fernwartungsprogramm erst mal installiert und richtig konfiguriert war, konnte sie jederzeit von zu Hause aus auf Helmuts Laptop zugreifen. Dann musste sie ihn nicht mehr so oft besuchen und er hätte etwas mehr Freiheit, die er sich so sehr wünschte. Freiheit. Was für ihn Freiheit war, bedeutete für sie, ihn nicht zu sehen, ihn zu vermissen. Qual. Doch sie war bereit diesen Preis zu bezahlen um ihn nicht zu verlieren. Das Programm würde auch dafür sorgen, dass sie trotz der Entfernung zusammen sein konnten. In gewisser Weise. Er würde natürlich nichts davon merken, er durfte nichts davon merken, aber ihr würde es über die Stunden und Tage ohne ihn hinweghelfen. Und sie könnte schneller reagieren, wenn er wieder einmal mit einem dieser dürren Dinger aus dem Internet anbandelte. Natürlich hatte sie das bemerkt, Männer waren ja so einfach.
Sie lächelte, als sie den Faden weiter spann. Er hätte „seine Freiheit“, damit wäre er entspannter aber gleichzeitig auch gespannter, sie nach zwei (das war schon schlimm genug) oder auch (sie schauderte bei dem Gedanken) drei Tagen wiederzusehen. Andererseits hätte sie dadurch mehr Zeit für ihren Lieblingskurs, das Kochen. Wenn sie noch besser kochte, würde er sich bei ihr noch wohler fühlen, und dann könnte er sie noch besser verstehen wenn sie ihm zu Weihnachten erklärte, was sie getan hatte und vor Allem warum sie es getan hatte. Dann würde er sie wieder lieben können. Sie könnten zusammenziehen und endlich, endlich glücklich sein!
Sie zog sich aus, betrachtete die blauen Flecken. Sensei hatte wieder seinen „Heimwerkertag“ gehabt - so nannte sie das, wegen der „Werkzeuge“, besser gesagt, der Waffen. Tonfa war es diesmal gewesen. Sie hätte lieber noch ein paar Stunden Daken Tai Jutsu trainiert. Denn Waffen hinterließen eindeutige Spuren.
So, jetzt aber ab in die Wanne und entspannen!
Im heißen Wasser kam sie zur Ruhe, ihre Muskeln lockerten sich. Morgen würde sie ihn endlich wieder sehen und dann musste das mit dem Script einfach klappen, es waren ja nur noch zwei Wochen bis Weihnachten. Noch zwei mal kochen...
Nochmal der Kommissar
Wieder eine junge Frau mitte zwanzig. Schlank, ziemlich hübsch und ziemlich tot. Sie lag wie die beiden letzten Fälle in der Nähe eines Parkplatzes, auf dem sich bei besserem Wetter Pärchen trafen. Das Gesicht war entspannt, es war sehr schnell vorbei gewesen, möglicherweise hatte sie nicht einmal etwas bemerkt. Wie die anderen. Sie lag auf dem Rücken, die Arme angewinkelt zur Seite ausgestreckt. Man hatte ihr die Jacke geöffnet und die Bluse aufgeknöpft. Da war jemand sehr sicher gewesen und hatte viel Zeit gehabt. Der blanke Bauch war von Raureif bedeckt. Das Blut in der Wunde, die sich vom Nabel bis zum Rippenbogen zog, war schon gefroren. Die Wunde war nicht einmal besonders groß und in seiner Zeit als Streifenpolizist hatte er auch schon mehr Blut gesehen. Wenn er allerdings an die Opfer der letzten beiden Wochen dachte wurde ihm ganz anders.
Er schluckte. „Was...“
„Der Magen fehlt. Und vorher wieder mit einem gezielten Schlag ausgeknockt.“
„Scheiße. Für mich ist die Sache damit klar, es ist tatsächlich ein Serienmörder.“
„Sehe ich auch so“ sagte Mehmet, „Wollen ‚die da oben‘ das immer noch nicht wahrhaben?“
„Nein. Weiß auch nicht was die noch brauchen. Vielleicht warten die auf ein Autogramm oder sowas.“
„Ich habs dir ja schon bei der zweiten gesagt: in etwa der gleiche Typ Frau, ähnliches Alter, jedesmal fehlt was... da kommt noch was auf uns zu.“
„Stimmt. Siehst du irgendein Muster? Außer dass es abartig ist, meine ich. Erst zwei Rippen, dann ein Oberschenkel, jetzt der Magen...“
„Nein, aber wir haben inzwischen rausgefunden, dass die beiden anderen bei irgendwelchen Partnersuchbörsen angemeldet waren. Das könnte was sein. Treffen auf einem Pärchen-Parkplatz passt jedenfalls dazu. Die Jungs von der IT untersuchen das gerade. Jede Wette, dass die hier auch nach Mr. Right gesucht hat.“