Besiege Deine Wut!
Sie lachte tatsächlich immer noch! Diese Schlampe konnte nicht aufhören damit, während er nicht wusste, welchem Schmerz er sich zuerst widmen sollte. So schnell konnte es gehen, gerade war alles so herrlich, beide versunken in der Extase und nur ein winziger Moment machte das alles zu Nichte. Und das Schlimmste daran war, dass weder er noch sie etwas dafür konnten und er somit nicht wusste, wohin er seine immer heißer aufsteigende Wut kanalisieren sollte. Und dazu noch diese Schmerzen!! „Jetzt hör doch mal endlich auf zu lachen, Herrgott noch mal! Findest Du das witzig? Das sollte ich mich mal trauen, wenn Du Dir so weh tust, dann gäbe es hier aber richtig Palaver!“
„Komm mal wieder runter Jonny, ich kann da nichts für. Aber es sah so unglaublich komisch aus. Du tust mir ja leid, wirklich, aber das war wie in einer Folge von Upps-Die Pannenshow!“
Ja, das wäre ihr noch recht, so was zu filmen und einzuschicken, damit sich wieder jeder über ihn lustig machen konnte. Und er hieß Johann! Sie wusste, wie er es hasste, Jonny genannt zu werden!
Er hatte sich kurz vor dem Orgasmus mit dem Oberkörper nach oben gedrückt, um tiefer in sie hineinstoßen zu können. Er liebte diesen Anblick von Lustschmerz in ihrem Gesicht, wenn er ganz tief in ihr anstieß. Und das brachte ihm geniale Höhepunkte! Aber diesmal war es leider anders. Sein Rücken hatte diese Bewegung mit einem stechenden Schmerz genau im Kreuz quittiert, der ihm sogar die Luft nahm. Er war sofort nach vorne zurückgefallen, hatte dabei aber leider übersehen, dass sie schräg im Bett lagen und somit der Bettpfosten mit der großen Metallkugel genau in der Bahn seines nach vorne schnellenden Kopfes darauf wartete, eine Schmerzverlagerung in Angriff zu nehmen. Für einen Moment hatte er nur noch Sterne gesehen und der Schmerz hatte gnadenlos zugeschlagen. Und als sei das noch nicht genug, hatte seine Hand nun auch noch neben den Bettrahmen ins Leere gegriffen und er war seitlich über Jenny hinüber auf den Bodengefallen. Das gab dann seinem Handgelenk und seiner Schulter den Rest.
Was war denn daran bitte so komisch, dass sie ihn immer noch hochrot und sich mühsam beherrschend ansah? Er konnte das nicht ab! Er hatte seinen Höhepunkt verloren, hatte sich unglaublich wehgetan und sie lachte!! Aber das war so üblich: Hauptsache, sie hatte Spaß, sie konnte das machen, was sie wollte und sie konnte ihn für das nutzen, was ihr Leben bereicherte. Er hasste dieses Weib! Jedenfalls, so lange er sie nicht gerade liebte.
Er ging ins Bad, besah sich im Spiegel und versuchte, dieses Gefühl, etwas zerschlagen zu wollen in den Griff zu bekommen. Das wurde immer schlimmer, mit jedem Idioten, der ihn in der Stadt blöd anmachte (Ey, hasse ma fuffzich cent, ich hab Hunga und will`n Brötchen kaufn), mit jedem Trupp Weiber, die tuschelten und kicherten, wenn er die Straße entlang lief (Ja, das machten sie nur wegen ihm, da war er sich sicher!) und mit jedem Mal, wenn Jenny entweder was zu meckern hatte, penetrant mit ihm reden wollte, wenn er gerade etwas tat, wobei ER NICHT reden wollte und mit jedem Mal Kuscheln und Schmusen, wenn er gerade eher Lust auf Garagen einreißen hatte. Dieses Gefühl, gleich zu platzen und einfach alles rauszulassen, was da in ihm war, das machte ihn fertig und spannte den Ring um seine Brust immer weiter.
„Schatz, ich geh eine Runde laufen! Ich brauch dringend etwas Auslastung!“ rief er ihr zu. „Och nee, kommst Du nicht noch ein bisschen kuscheln? Die Unterbrechung war viel zu plötzlich, ich bin total unbefriedigt!“
Da war es wieder!
„Nein, ich muss mich abreagieren! Bin ja gleich wieder da!“ (Und halt endlich Dein blödes Maul!)
Er wartete gar nicht erst auf ihre Reaktion, sondern zog sich seine Sporthose, sein Shirt und seine Laufschuhe an, hastete in den Flur und zur Tür hinaus.
Die Luft war angenehm kühl, was seinem Kopf gerade sehr gut tat, der pochte sofort ein ganzes Stück weniger und damit auch seine Wut. Der Park lag direkt vor seiner Haustür, er konnte einfach mitten in den Wald rennen.
Zwanzig Minuten später war er gut aufgewärmt, begann allmählich zu schwitzen und kam an den unterschiedlich hohen Stangen an, die dort für einen Trimm-Dich-Pfad aufgestellt worden waren.
Und wie immer saßen in dem kleinen Häuschen daneben zwei Fußball-Idioten, soffen Bier und glotzen dämlich. Was machten die nur immer um diese Uhrzeit hier? Er lief absichtlich schon erst so spät, damit er möglichst wenig Menschen sah und da besaßen diese Kerle die Frechheit, seine Ruhe um 23 Uhr abends zu stören! Selbst wenn sie gar nichts sagten, alleine diese Anwesenheit von Dummheit und Gestank beleidigte ihn. Und machte ihn wütend.
Er nahm sich wie immer die höchste Stange, sprang mit beiden Händen zu ihr hinauf und begann Klimmzüge. Und wie immer atmete er lautstark passend zu seinen Bewegungen, diesmal sogar ein wenig vor Schmerzen, denn seine Hand und die Schulter meldeten sich sofort vehement!
„Hör Dir ma den an, Alter! Der kricht wohl zu Haus keinen Sex, da muss er hier so rumstöhnen! Ey, lässt Dich Deine Alte nich ran oder krichste keine ab? Aber so sportlich wie de bist, biste bestimmt schwul, wa? Hähähä!!!“ Die beiden klopften sich gegenseitig auf die Schultern und prosteten sich zu. Einer ekelhafter als der andere, der Fettgürtel hing bei beiden tief über den Schoß.
Er wollte es zuerst einfach überhören, so wie er es immer tat. Bisher hatte er seine Wut auch im Griff gehabt, sie war nie über diese imaginäre Linie gekrochen. Aber heute war es etwas anderes, die Vorarbeit war ja bereits zu Hause erledigt worden.
Und dann kam es:
„Ey, hömma Alter, Du hast ja dickere Titten als meine Olle zu Hause! Wenne schwul bist, hat Dein Arschficker-Freund ja richtig Glück mit Dir!“ Dabei zog er sich seine Brust unter dem versifften Shirt nach oben und streckte ihr seine Zunge entgegen. Sein widerlicher Freund konnte sich kaum halten vor Lachen.
Das war zu viel für Johann. Er ließ sich auf den Boden fallen und ging langsam auf die beiden zu. Innerlich tobten seine Stimmen, er solle es lassen, nein, er solle es tun und seine Wut wartete begierig darauf, welche Stimme die Oberhand gewinnen würde.
Der lachende Kerl wurde ruhiger und sah ihn etwas merkwürdig an. Sein Begleiter stand auf und streckte ihm seinen fetten Bauch entgegen.
„Was willste, Du schwule Sau, hä? Musste mal von richtigen Männern den Arsch voll kriegen, hä?“
„Könntest Du auch normal mit mir sprechen? Ich bekomme allmählich echte Aggressionen von Eurem asozialen Gequatsche! Habt Ihr keine Tiere, die Ihr quälen könnt? Oder ist Euer Club so schlecht, dass es sich für Euch nicht mal mehr lohnt, zu Hause vor dem Fernseher Euer Bier zu saufen, um auf diese Weise wenigstens dem Rest der Welt Euren Anblick zu ersparen? Ihr widert mich an!“
„Ey, hasse das gehört? Der Arschficker will richtich Ärger. Na, den kannse haben, wa?“
Mit diesen Worten kamen die beiden auf ihn zu, ihre Bäuche wie zur Abschreckung vorgewölbt.
Bevor der erste ihn erreicht hatte, machte Johann einen langsamen Schritt nach vorne und dann einen schnellen zur linken Seite weg. Wie erwartet hatte der fette Kerl noch nicht mal wirklich Reaktionsvermögen, denn er hob nicht mal die Arme, als er von Johanns Daumenwurzel mit voller Wucht am Kehlkopf getroffen wurde. Und wie erwartet fiel er, vom Gewicht seines Bauches gezogen, nach vorne. Er rollte sich auf den Rücken und seine Augen quollen fast heraus, als er versuchte zu atmen. Johann wusste, dass er sich auf den Typ nicht mehr konzentrieren musste, der hatte es gleich hinter sich. Die Wut in ihm hatte längst die Führung übernommen, er wollte jetzt nur noch mit größtmöglichem Schaden agieren. Und er wollte sein Glück gar nicht richtig glauben, als der zweite fette Kerl nicht wegrannte oder seinem Kollegen helfen wollte, sondern doch tatsächlich ein Messer zog! Nicht, dass ihm diese hässliche Qualle entkommen wäre oder Johann ihm die Zeit gelassen hätte, seinem Freund zu helfen! Aber so blitzte es in Johanns Augen auf, diese Wut zuzulassen war das Beste, was er hatte machen können! Es fühlte sich so gut an! Die Qualle blökte einen etwas merkwürdigen Ton und lief in grotesken Bewegungen auf ihn zu. Vielleicht dachte er ja wirklich, dass er eine Chance hatte? Die Möglichkeit erledigte sich allerdings zwei Sekunden später, als ihm sein eigenes Messer aus der Hand gedreht wurde und plötzlich unter seiner Fettschürze in seinem Bauch steckte. Dafür musste Johann sich nicht mal anstrengen oder besonders schnell sein. Bisher war es ihm nie bewusst gewesen, wie schnell und effektiv er sein konnte. Das hätte er schon früher brauchen können… Aber das war jetzt egal, dieses röchelnde Ekelpaket, was vor ihm in einer sich stetig vergrößernden Blutlache kniete, war viel zu schnell erledigt gewesen. Das reichte ihm nicht. Er setzte einen Fuß auf die rechte Schulter des Stinkers und trat ihn um. Ein Fiepen war das einzige, was dieser Wurm zustande brachte, als er auf dem Rücken landete.
„So, die schwule Sau muss Dir jetzt wohl mal zeigen, wie man richtig Ärger macht? Hast Du schon mal gesehen, was mit ekelhaften Kerlen wie Dir passiert, wenn sie meinen, Menschen wie mir den Abend versauen zu wollen? Dann pass mal auf!“
Das mondförmige Gesicht mit dem Doppelkinn verzog sich und seine Augen wurden größer, als Johann ihm erst Moos, Dreck und Blätter von dem Weg in den Mund stopfte und anschließend das Messer herauszog um es mit der Schneide zur Brust gerichtet über seinen Bauch zu halten. Johann genoss noch kurz diesen Ausdruck von echter Panik in den Augen seines Opfers, kniete sich auf dessen Arme und stach zu. Vom dunklen Jaulen des Kerls ließ er sich nicht beeindrucken. Er zog das Messer langsam von unten nach oben durch diesen schwammigen Körper und genoss jeden Zentimeter davon. Das Blut quoll dunkel auf den Waldweg, beleuchtet von einer einzelnen flackernden Straßenlampe, die mal irgendwann hier aufgebaut worden war. Außer diesem Jaulen war nichts zu hören, es schien fast, als schwiegen selbst die Blätter, um dem Sterben zu lauschen.
Als Johann fertig war, bewegte sich die Qualle unter ihm nicht mehr. Sein Bauch lag offen, aber an seinem Brustbein hatte Johann doch etwas harte Arbeit leisten müssen und so war es ab dort kein gerader Schnitt mehr. Ein wenig störte ihn das, aber als er sich nach dem anderen Störenfried umdrehte und das blaue Gesicht mit der fetten Zunge sah, die noch wie nach Luft sabbernd aus seinem Mund hing, da interessierte ihn dieser kleine Schönheitsfehler nicht mehr. Ein Mensch, der erstickt war, sah wirklich interessant aus, keine Frage!
Es ging Johann gut, sogar sehr gut! Er fühlte sich beflügelt, seine Wut war wie weggeblasen und er war so voller Energie, dass er gar nicht wusste, wohin damit. Seine Schmerzen waren auch weg!
Er atmete noch mal diese kühle Waldluft ein, wusch seine Hände in dem Bach, der begradigt an dieser Stelle vorbeiführte, besah sich ein letztes Mal sein Werk und joggte gemütlich nach Hause.