Nicht schon wieder!

Mimmi sitzt in ihrer behaglichen Wohnstube und schaut sich um. Alles ist perfekt geworden. Obwohl sie dieses Jahr schon vier Mal umziehen mussten, ist es ihr und Hektor wieder einmal sehr schnell gelungen, für sich und die Kinder, ein gemütliches Heim zu schaffen.

Ach Hektor! Er ist ein so liebevollen Mann und Vater. Sie kennen sich noch nicht lange, haben es aber schon auf neun Kinder gebracht. Die Geburt war nicht leicht gewesen, bei Neunlingen kein Wunder, aber er hatte sie wundervoll unterstützt.

Mimmi sieht aus dem kleinen Fenster an der Decke. „So, wie die Sonne steht, wird Mutter bald hier sein!“, denkt sie. Alles ist vorbereitet. Der Kessel mit dem Wurzeltee köchelt auf dem Herd langsam vor sich hin, und kleine Häppchen aus Käse, Trauben und Nüssen standen bereit. „Mutter wird sich freuen über diese Köstlichkeiten.“

In ihre Gedanken versunken sitzt sie da und träumt vor sich hin, als sie plötzlich ein leichtes Beben verspürt. Ein entferntes Grummeln ist auch wahrzunehmen. Genauso plötzlich wie es begann, hört es wieder auf. „Ich habe schon Halluzinationen!“, denkt sie sich. „Kein Wunder nach den letzten Wochen.“

Mimmi erhebt sich und geht in den Nebenraum, um nach den Kleinen zu sehen. Sie liegen friedlich schlafend in ihren Bettchen. Ein tiefes Gefühl von endloser Liebe überkommt sie.

Sie geht zurück in die Stube, als erneut ein lautes Dröhnen erklingt und die Erde zum beben bringt. Mimmi kann sich gerade noch am Türrahmen fest halten, sonst wäre sie gestürzt. „Oh nein, nicht schon wieder!“, ruft sie erschrocken. Das Dröhnen ist mal lauter und mal etwas leiser zu vernehmen. Auch das Beben der Erde verstärkt sich und verebbt in einem bestimmten Rhythmus.

„Es ist wieder so weit! Wir haben doch gerade erst alles neu aufgebaut. Bekommen wir denn nie Ruhe?“ Mimmi läuft zurück in den Nebenraum. Kleine Erdekrümel bröckeln leicht von den Wänden nieder. „Kinder, wacht auf! Wir müssen hier raus!“, ruft sie laut. „Na los, nun macht schon!“

Aus müden Äuglein schauen die Neun ihre Mama an. Sie können nicht realisieren, was hier los ist. „Nun los! Schnell, schnell, Kinder! Gleich bricht hier alles zusammen!“ Das Geräusch wird wieder etwas leiser, aber nur um kurz darauf fast Mimmies Trommelfell zu sprengen.

In Windeseile rafft sie ein paar Habseeligkeiten zusammen. Sie schnappt sich den Kessel mit dem Wurzeltee. „Den kriegst du nicht!“ Sie schaut böse zum Fenster. „Um diese Wurzeln zu sammeln habe ich heute Morgen viele Stunden gebraucht!“ Die Kleinen haben sich inzwischen aus ihren Wattebettchen gepellt und stehen nun abwartend um ihre Mutter herum.

„Los Kinder, schnell durch den Gang. Immer an der Wand entlang!“ Die Kleinen folgen ihr ängstlich. Aus den Wänden lösen sich immer größere Lehmbrocken. Sie müssen sehr acht geben, dass sie nicht getroffen werden. „Schnell zum Ausgang! Nun macht schon, Kinder!“

Das Beben der Erde wird etwas weniger. Genau der richtige Moment, um aus dem fast schon zusammen gestürzten Eingang zu entwischen. Sie laufen um ihr Leben!

Völlig außer Atem erreichen sie den Garten. „Nicht stehen bleiben Kinder! Lauft um euer Leben!“ Und sie laufen, laufen, laufen!

Endlich haben sie eine sichere Baumreihe erreicht. Mimmi lehnt sich erschöpft an den mächtigen Stamm und sieht hinüber zu dem Ungeheuer, welches ihr jetzt schon das fünfte Mal ihr Heim zustört hat. Sie sieht zu dem verhassten Menschen, der seinem Rasenmäher langsam über den Rasen schiebt.

„Das wirst du mir büßen!“, ruft Mimmi laut und beginnt dann ihre Kinder zu zählen. Erleichtert atmet sie auf. Alle neun Mäusekinder haben es geschafft!

Luna