Perfekte Verführung
Samstag, 30. Februar 2013, 15.67 Uhr>Meine geliebte Elsbeth.
Ich muss Dir einfach schreiben. Unser gestriges Rendezvous im Caféhaus war umwerfend. Als ich Dich durch die Tür treten sah, ging die Sonne für mich auf. Dein wiegender Gang, der Deine Figur so wundervoll betonte. Dein Duft, der mich sofort einhüllte. Du sahst noch besser aus als auf dem Foto, dass Du mir damals im Chat geschickt hattest.
Dein Kleid passte sich perfekt den anmutigen Bewegungen Deines Körpers an. Der transparente Stoff schmiegte sich an Deine Haut, die ich in diesem Moment so gerne berührt hätte. Dein perlendes Lachen, das mir einen Blick auf Deine strahlenden Zähne gewährte, zog mich vollkommen in Deinen Bann. In Deinen Augen, die wie tiefe, geheimnisvolle Seen schimmerten, versank ich endgültig.
Unser Gespräch während des Kaffeetrinkens war etwas Besonderes. Ebenso Deine Ermutigung an mich, doch mal einen Café Latte mit Haselnussaroma zu probieren.
Ich habe eben eine edle Flasche Bordeaux geöffnet, genieße den gehaltvollen Abgang des blutroten Getränks und denke intensiv dabei an Dich. Bestimmt werden wir bald gemeinsam einen solch sinnlichen Abend erleben können. Ich sinniere darüber, wie ich Dir eine Überraschung machen kann.
Vor allem, nachdem Du mir dieses elegante Lederarmband überreicht und umgelegt hattest. Als Erinnerung an unser allererstes Treffen, hattest Du mir dabei ins Ohr geflüstert. Dein Atem strich über meine Wange und Gänsehaut überzog meinen Körper.
In diesem Moment hätte ich gern mehr von Dir gespürt, doch wir wollen uns das noch ein wenig aufheben. Es wird einen passenden Zeitpunkt geben, an dem ich Dir zeigen kann, wie sehr ich Dich begehre. Ich kann Dein Zögern verstehen, eine ehrenwerte Frau lässt sich Zeit, lässt sich erobern.
Ich beende nun meinen Brief an Dich, damit Du ihn schnell erhältst.
Die Email werde ich gleich im Anschluss absenden.
Mit heißen, sehnsüchtigen Gedanken an unser nächstes Zusammenkommen.
Dein Kalle<
*
Sa. 30.02.2013, 19.93 Uhr
>Hi Elsbeth,
nachdem ich fast zwei Flaschen Wein getrunken habe, wollt ich doch noch was zu meiner ersten Email schreiben.
Ja, es war klasse gestern. Als Du Dich da durch die engen Gänge gedrängt hast, zwischen den quengelnden Kids am Nebentisch, Deine Hüften dabei geschwenkt hattest. Auch Deine bewundernswerte Geduld, als eines der gröhlenden Gören seine klebrigen Finger an Deinem Kleid in Höhe Deines netten Hinterteiles abgewischt hatte, zeigte mir, Du kannst mit Kindern umgehen. Wie Du es im Chat geschrieben hattest. Ehrlich bist Du also.
Einiges was Du mir erzählt hattest, während ich den viel zu süßen Café Latte getrunken hatte, hab ich nicht ganz verstanden. Vom Unterschied zwischen Acryl oder Gel bei künstlichen Nägeln hab ich nicht allzu viel Ahnung. Dennoch kam es annehmbar rüber. So hatte ich Zeit genug Deinen enormen Körper abzuscannen.
Das Lederarmband trag ich noch immer. Ein wenig kratzt es an den Rändern, wo das billige Leder ausfranst und die Farbe scheint sich zu lösen, jedenfalls ist meine Haut darunter etwas schwarz geworden und geschwollen, aber es ging ja um die Geste, mir eine Freude zu machen. Revanchieren werde ich mich bestimmt. Gaaanz sicher.
Und wenn Du das nächste Mal wieder so nah an meinem Ohr flüsterst, versuch es ein wenig lauter, ich hab nämlich einen dicken fetten Schmalzpfropfen da drin, der mich ein wenig schwerhörig macht. Beim letzten Mal musste der HNO zugeben, dass selbst seine Puhlerei nicht viel bringt, ich müsste eben mit leichter Schwerhörigkeit leben.
So, nun war ich doch auch ziemlich ehrlich, stimmt’ s? Naja, wenn Du es zu mir bist, werde ich es auch sein. So bin ich eben.
Jetzt aber ab mit der mail, ich freu mich auf Dich.
Kalle, der sich jetzt eine neue Flasche Wein aus dem Keller holt.<
*
Jetzt, irgendwas nach 26 Uhr
>Ey, Alte, weißte was?
Mein Wein is all. Der ganze Six-pack vom Pennerglück, den ich schon seit 20 Jahrn im warmen Heizungskeller gehabt hab, einfach leer. Kannste mir net was vorbeibringen? Bin noch wach.
Isch muss das jetz ma loswern. Als de da durch die Tür getrampelt bist, da im Kaffee, dacht ich echt, ein Elefant wär ausm Zoo ausgebrochen und hätt Bock aufn starkn Exsbresso.
Hee, musst doch selbst zugebn, das Kleid, das ja fast n Zelt war, war so eng, dass de wie eine aufgeplatzte Wurst ausgesehn hast, besonders da oben, am Dekotlett. Ich glaub, n Walross würd so was nich anziehn. Egal, is jetz nich wichtig.
Der Fleck auf deinem fetten Arsch, der von dem Rotzgör mein ich, ist fast nich aufgefallen, weil der Stoff in den Fettwulst in deiner nich vorhandenen Talliä geflüchtet is.
Dein blödes Grinsen dabei hat mich auch total abgetörnt. Ich hätt dem Bengel paar geflatscht und Ruh wär gewesen. Das Genöhle der Baggasch nebenan hat ebenso genervt wie dein Gelaber von irgendwelchen Nägeln. Können Weiber eigentlich bessern nageln, wennse so lange Nägel ham? Grööööööhl…. Des war doch ma n Schenkelklopper, oder?
Ausserdem hättste ma duschen können. Nur n Deo auf antiaromatische Haut zu schmiern reicht echt net. Als de dich auf den Stuhl plumpsen gelassen hast, hätt ich fast kotzen müssn, als ich dich gerochen hab.
Als de dann noch gelacht hast, stieg mir die Soße erst recht im Hals hoch. Zähneputzen reicht da net mehr, Schnegge. Grundsanierung mit nem Baseballschläger wär da eher angesagt.
Und dann die bappsüße Brühe. Cafe Latte. Tüdelütüü und eiteitei…
Lieber ne Latte im Café, ha ha ha….
Nie im Leben würd ich so was freiwillig trinken. Ich weiß bis jetz immer noch net, warum ich mir den Mist in den Hals geschüttet hab. Bestimmt um mich abzulenken von der dicken fetten Warze auf deinem grell geschminkten Augenlid. Ich hab immer drauf gewartet, dass die anfängt zu quaken, die sah eh aus wie ne hässliche Kröte.
Aaahhh, ich werd gleich wahnsinnig…….
So, jetzt isses endlich weg. Das bekloppte Armband hab ich mir jetz abgeschnitten, hab mich fast dämlich gekratzt. Das haste doch bestimmt ausm Kaugummiautomat geklaut, oder? So n billiger China-Schrott. Mein Handgelenk ist fast doppelt so dick wie vorher und sieht aus, als wärs abgestorben, durch das abgefärbte Leder. Blöde Kuh, du….. willste mich umbringen?
Äähh, igitt, da fällt mir ja ein, wie du neben mir gestanden hattest und mir ins Ohr gesülzt hast. Ich sag es dir nur noch einmal: lass dir die Kauleiste renovieren. Mir wurds echt schwindlig als du deine wulstigen Lippen aufgemacht hast und mich schwachsinnig säuselnd angehaut hast ‚nur für dich, damit du immer an mich denkst’ laberrabarber… (also, den Schmalzklumpen in meinem Ohr lass ich drin, hab ich spontan beschlossen) und der Geruch erst……… warste schon mal in nem öffentlichen Männerklo in dem ne vergammelte Ratte lag und die Zeit totschlug? Nur so ne Frage nebenbei.
Ich seh noch deine prallen Stummelfinger, wie sie an meinem Arm rumfummeln. Brrrr… ich hab da ganz schnell die auftauchenden Gedanken an meinen elften Finger verdrängt. Deine Griffel an meinen Familiendiamanten. Wüärgss.
Boah ey, und weißte noch was? Entweder das nächste Mal lässte mich ran oder du kannst deinen Unluxusbody gleich wieder davon wuchten. Im Chat einen erst so richtig anmachen, ein Bild schicken, das bestimmt schon zehn Jahre alt is und noch einigermaßen was zeigte. Typisch Weiber.
So’n Weichspülmist, von wegen, ich revanchier mich... Ich glaub ich war besoffen, als ich das geschrieben hab.
Den romantischen Schiss kannste dir sonst wohin schieben.
Du wolltest doch eh nur das Eine, von so nem heißen Typen wie mir, und dann so ein albernes Rumgezicke. ‚Nein, nicht gleich beim ersten Mal. So eine bin ich nicht.’
Ach nee? Was biste denn dann für eine? Als könnste dir die Kerle aussuchen. Kannst froh sein, dass ich mich grad noch so getraut hätte, dich zu besteigen. Mit ner Klammer auf meiner Nase, nem Sack über deinem Gesicht und ohne Licht hätte ich dir schon gezeigt, wo mein Hammer hängt. Das machter jetzt übrigens auch grad. Wenn ich an dich denk, rührt sich da gar nix mehr. Haste mich jetzt auch noch impotent gemacht?
Na wart nur, wenn ich dir noch ma gegenübersteh.
K! Obermacker!!<
© Lys 02/2010