Make Love not War
Wenn mir Platons Höhlengleichnis früher schon düster und morbid vorgekommen war – es war gar nichts gegen das, was wir hier durchmachten. Zusammengepfercht saßen wir dicht an dicht in der Finsternis, die Blicke starr auf das Spiel von Licht und Schatten gerichtet, das uns eine Welt vorgaukelte.
Wir wussten, dass es so nicht sein konnte, doch wir hielten still. Schwiegen.
Sie hingegen saugten hungrig jede neue Illusion förmlich auf … ein Frauenfilm halt.
Endlich ging das Licht an.
»Und? Wie fandst dus?«, fragte sie.
»Och jooh …« begann ich.
»Komm, so schlimm wars ja nun auch nicht.«
»Ein paar Szenen haben mir schon gefallen.«
»Die, die mir auch gefallen haben?«
»Du meinst die, wo du erst mein Knie gedrückt hast und dann …?«
Sie lächelte und sah mich mit diesem unachahmlichen Blick an »Genau die. Wo du deinen Arm um mich gelegt hast, und deine Hand …«
*
»Kommandant Torg, wiederholen Sie noch einmal die Missionsparameter!« bellte der General.
»Peilsender setzen und aktivieren. Unentdeckt bleiben. Keine Zeugen. Kampfhandlungen ausschließlich zur Selbstverteidigung. Rückkehr.«
»Korrekt. Sie und ihre drei Kameraden werden die Mission erfolgreich abschließen und schon bald wird eine weitere Welt unserem Imperium hinzugefügt werden!«
»Jawohl, General!«
»Der Teleporter ist bereit. Auf die Plattform mit Ihnen und Standardformation einnehmen!«
»Jawohl, General!«
Die vier schwer bewaffneten Krieger eilten auf die Plattform und nahmen die Standardformation ein. Torg und zwei seiner Kameraden stellten sich mit den Waffen im Anschlag um den vierten, der den schweren Peilsender trug, der ihrer Flotte den Weg zu einem weiteren Sieg weisen würde. »Widerstandsdreieck« hatte ein Techniker diese Formation einmal genannt, als er während einer Übung die Ausrüstung gecheckt hatte.
Von einem Moment auf den anderen waren sie von Dunkelheit umgeben. Sie blinzelten.
»Sichtgeräte an!« rief Torg.
Sie befanden sich in einem dichten Gestrüpp aus hohen, biegsamen Halmen.
»Keine Annäherungen, keine Lebenszeichen, Kommandant.«
»Hier auch nicht. Dann scannen wir mal nach einem guten Platz für den Sender.«
Schnell zeigten die Geräte eine Ebene mit festem Untergrund, der das Signal gut verstärken würde. Sie machten sich auf den Weg.
*
Eilig verließen wir das Kino und standen bald vor ihrer neuen Wohnung. Sie durchsuchte ihre Taschen nach dem Schlüssel. Jacke – nichts, Hosentaschen – sie sah auf.
»Was grinst du so?«
»Och. Eigentlich nichts, ich dachte nur gerade – jetzt durfte ich bei dir in den letzten Tagen schon tapezieren, den Teppich verlegen, Lampen anschließen …« ich zog mit beiden Daumen meinen Hosenbund auf, und spähte hinein »… und es ist alles noch da. Wenn ich bei Mario Barth irgendwas gelernt habe, dann heißt das, du willst mich heiraten.«
»Sprich diesen Namen nie wieder aus« schnaubte sie.
Sie hatte den Schlüssel gefunden und öffnete die Tür.
»Aber wo wir gerade beim Thema sind – warum trägst du mich nicht über die Schwelle?«
Sie drückte sich an mich und nach der Abendkühle der Straße jagte mir ihre Wärme, die Berührung ihrer Brüste wie ein Stromstoß durch den Körper und fand zielsicher den Weg zwischen meine Beine.
»Es sei denn mein Held der Arbeit hat Angst, sich einen Bruch zu heben …« flüsterte sie zwischen zwei erregten Atemzügen.
Bei einer anderen hätte in meinem Kopf jetzt ein grelles Warnschild aufgeleuchtet:
Minenfeld! Sie spricht über ihr Gewicht! – doch nicht bei ihr. Ich nahm sie auf die Arme und deklamierte: »Allein die Herzenswärme meiner Liebe zu dir ist mehr als genug, um deinen zarten, federgleichen Leib mit ihrem Auftrieb bis hinauf zu den Sternen und weit darüber hinaus …«
»Mein Schwachköpfchen« unterbrach sie mich lachend, schlang ihre Arme um meinen Hals und küsste mich. »Wenn du mir den Türrahmen an den Kopf haust, bist du tot«, fügte sie noch hinzu.
Ohne Licht zu machen trug ich sie ins Wohnzimmer, wo ich vorgab, über die Teppichkante zu straucheln. Wir landeten sicher auf dem dicken, weichen Teppich und wie durch ein Wunder hatte meine Hand den Weg unter ihren Pullover gefunden, streichelte die warme Haut ihrer Hüfte, tastete weiter …
*
Hatte der Boden gebebt? Torg war sich nicht sicher. Das Gestrüpp war so dicht, dass es schwer war zu sagen, ob nur einer der Halme nachgegeben, oder tatsächlich der Boden gebebt hatte. Da war es wieder! Diesmal war er sich ganz sicher. »Ausschwärmen!« befahl er »Funkkontakt nur verschlüsselt und wenn unbedingt nötig!«
Sie trennten sich. Kurz darauf meldete sich Bort: »Kommandant! Irgendwas
Großes kommt auf mich zu! Ich kann unmöglich …«
»Bort?«
Keine Antwort.
»Bort, hörst du mich, Soldat?« Kein Signal mehr. Torg biss die Zähne zusammen. »Habt ihr das mitbekommen, Kameraden?«
»Ja«, kam die Bestätigung, »Laut und deutlich.«
Torg schluckte »Also vorsichtig jetzt. Torg Ende.«
*
»Au!«
»Was?«
»Da hat mich was gestochen!«
»Wo?«
Sie rutschte zur Seite, setzte sich auf und tastete durch die Teppichfasern, »Hier irgendwo …«
»Bestimmt son Nylonding, mit dem sie die Preisschilder festmachen.«
»Nein, das war härter.«
»Ich fürchte, dann muss ich dich untersuchen«, sagte ich und begann sie aus dem Pullover zu schälen. Sie hob die Arme. Dann saß sie in BH und Jeans vor mir und ich hätte sie stundenlang nur ansehen können. Über diesen Augenschmaus vergaß ich, was ich vorgehabt hatte und erst als sie den Kopf zur Seite neigte, fiel es mir wieder ein.
»Am Rücken sagst du? Dann bitte einmal umdrehen.«
Sie drehte sich auf den Bauch. Ich strich ihre langen, schwarzen Haare zur Seite betrachtete ihren Rücken, streichelte vom Nacken abwärts bis zum BH.
»So kann ich nicht arbeiten«, sagte ich und meine Stimme klang schon etwas trocken, »das muss weg«. Ich hakte den BH auf.
»Mmmh« brummte sie »vom Helden zum Krankenpfleger …«
Ich biss sanft in ihren Nacken, »Also hier ist nichts zu erkennen«, zwickte mit den Zähnen weiter abwärts. Sie seufzte und räkelte sich.
»So schön das ist, aber das war wirklich ziemlich hart …«, sagte sie und setzte sich auf. Dabei blieb der BH auf dem Teppich. Sie ging wieder mit den Fingern durch die Teppichfasern. Als sie kurz aufsah, begegneten sich unsere Blicke und sie hielt inne. Ihre Augen blitzten »Aber das hat Zeit bis morgen«. Sie zog mich am Gürtel zu sich und zerrte mein Hemd aus der Hose, kurz darauf plumpste ein Schuh auf den Boden, noch einer …
*
»Kommandant, was ist das? Ein Luftangriff?«
»Ich weiß es nicht, sehen wir zu, dass wir den Sender loswerden und …«
Er hörte ein tiefes Rumpeln und gleich darauf ein Knacken aus dem Funkgerät.
»Renk?«
»Es hat ihn erwischt, Kommandant. Ich habe was großes runterkommen sehen, da wo er war.«
»Verdammt! Bei dir alles klar, Soldat?«
»Alles in Ordnung, der Sender ist unversehrt, aber …«
»Was aber?«
»Hier … hier passiert irgendwas …«
»Was? Zum Teufel, was, Ranf? Antworte!«
»Es ist, als wären Berge in Bewegung, Kommandant!«
»Sieh zu dass du da wegkommst! Mission abgebrochen! Zur Ebene und Notsignal absetzen!«
Stille.
»Ranf?«
Keine Antwort.
»Ranf?«
»Alles in Ordnung. Die Bewegungen sind weit weg. Ich gehe zum Treffpunkt. Aber … was …«
»Ranf?«
»Irgendwas kommt hier runter … Tropfen … AAAAAAAAHHRR!«
Torg stand der Schweiß auf der Stirn, sein Herz raste. Blindlings rannte er los …
*
Die Hüllen waren gefallen, die Wechselwirkungen zwischen zwei erregten Körpern traten ein – zwei mal die gleiche Körpertemperatur, Haut auf Haut ergaben mehr als nur doppelte Wärme, eine mehr als zwei mal so große, sensible Fläche …
Ich hatte ihre Brüste, die sich so wundersam passend in meine Hände schmiegten mit den Fingern und meiner Zunge dazu gebracht, die Spitzen aufzurichten und mich dann über ihren Bauchnabel und das kleine Gestrüpp darunter hinweg zu ihren sensiblen Stellen vorgeküsst.
Wenn sie nicht gerade ihren Rücken bog, oder mir mit angespannten Oberschenkeln ihr Becken entgegendrückte, bewegte sie ihre Hand zwischen meinen Beinen und ich musste tief durchatmen, wenn ich nicht wollte, dass es vorzeitig zu Ende wäre. Aber wie so viele gute Vorsätze war auch dieser nicht lange durchzuhalten – ich warf den Kopf in den Nacken, ihr Schoß hob sich, um meiner Zunge zu folgen – da platschte es auch schon auf ihren Bauch, an ihre Seite und auf den Teppich …
Momente später schlug sie atemlos vor: »Gehen wir ins Bett?«
»Ja, ich hab da noch was zu Ende zu bringen« antwortete ich ebenso atemlos und wir gingen Hand in Hand auf unsicheren Beinen ins Schlafzimmer.
*
Torg hatte Ranfs sterbliche Überreste erreicht. Er war über und über von einer zähen, weißlichen Gallerte bedeckt, anscheinend ein räuberischer Schleimpilz, vielleicht aber auch das Gift eines großen Raubtieres, das irgendwo den Tod seiner Beute abwartete, um sie dann zu verspeisen. Es war also sicherer sich zu beeilen. Zum Glück hatte Ranf den Sender von sich geworfen, bevor dieses Zeug ihn erwischt hatte, so dass er sich keine Sorgen darum machen musste, ob es toxisch war. Er packte den Sender und lief so schnell er konnte …