Im Laufrad
Wie hatte es nur soweit kommen können? Wieso hatte sich alles verändert? Er hatte Lina doch einmal geliebt.Andy sitzt am Tresen einer schmuddeligen Bar im Rotlichtmilieu. Er sieht auf das halbvolle Bierglas vor sich, zieht mit dem Zeigefinger der rechten Hand den oberen Glasrand nach und denkt an früher, als die Welt noch in Ordnung war.
Lina und er hatten sich vor gut 23 Jahren kennen gelernt. Ein Blick in ihre Augen hatte gereicht, um sein Herz zum Rasen zu bringen. Sie klebten aneinander wie die Kletten, verbrachten jede freie Minute miteinander.
Zwei Jahre später hatten sie sich das Jawort gegeben und nach weiteren zwei Jahre schien das Glück perfekt, als ihr gemeinsamer Sohn geboren wurde. Andy hatte nie den Moment vergessen, als er Dominik das erste Mal im Arm halten durfte. Es war ein ergreifender Augenblick.
Die Jahre gingen ins Land. Lina kümmerte sich um Haushalt und Kind und Andy fand eine gut bezahlte Anstellung als Vorarbeiter in einer mittelgroßen Firma. Doch mit der Zeit schlich sich der Alltagstrott ein, wie ein unerwünschter Gast, den man einfach nicht wieder loswurde.
Wenn Andy abends heim kam, wollte er eigentlich nur noch die Füße hochlegen und etwas entspannen. Aber stattdessen mussten Reparaturen am Haus vorgenommen werden und Dominik wollte auch etwas Zeit mit seinem Vater verbringen. Er fühlte sich inzwischen wie ein Hamster im Laufrad, der stundenlang unermüdlich vor sich hinstrampelte und nicht von der Stelle kam.
Lina wurde auch immer unzufriedener. Die Hausfrauen – und Mutterrolle hatte sie nur anfänglich ausgefüllt. Mit den Jahren vermiste sie das hektische Treiben, welches ihre ehemalige Arbeit mit sich gebracht hatte.
Ja, und der Sex? Ein abwertendes Grinsen huscht über Andys Gesicht. Jedes Mal, wenn er in den letzten Jahren einen Versuch gestartet hatte, drehte sich Lina zur Seite, sagte sie sei müde oder hatte Kopfschmerzen. Wie lange war das letzte Mal jetzt schon her? Er kann sich nicht mehr erinnern.
Dann trat Elli in sein Leben. Sie war so erfrischend anders. Spritzig, weiblich und immer gut gelaunt. Vor einem halben Jahr hatte er eine Affäre mit ihr begonnen. Andy spürte wieder, dass er am Leben war. Sie tat ihm erfrischend gut. Sooft es seine Zeit und seine Ausreden zuließen, fuhr er zu ihr und sie verbrachten romantische Stunden. Ja, sie tat ihm gut.
Aber konnte er so weiter machen, seine Lina weiter betrügen und hintergehen?
Andy nimmt einen kräftigen Schluck aus seinem Glas, stellt es mit einem lauten Knall zurück auf den Tresen. „Nein, ich muss es beenden!“ denkt er sich, denn in diesem Moment ist ihm eines klar geworden:
Er will nur eine Frau und das ist Lina!
Luna