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Kater Heinrich 4

*******an_m Mann
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Themenersteller 
Kater Heinrich 4
Kater Heinrich 4.1

Es war ein ruhiger Abend und Heinrich war froh, endlich wieder einmal auf Simones Schoß entspannen zu können.
Die vergangenen Tage waren ein wenig turbulent gewesen. Unter anderem hatte er Missy

Elliott erklären müssen, warum er mit seinem Problem nicht gleich zu ihr gekommen war. Simone war seitdem irgendwie nachdenklich, er erklärte sich das aber mit der Enttäuschung, die sie empfunden haben musste, als sie verstand, dass sie nie wirklich die einzige in seinem Leben sein würde. Was sollte er tun? Er war ein Kater. Irgendwann würde sie das verstehen. Und dann würde sie Andreas, diesen Menschen, fallen lassen, um nur noch mit ihm zusammen sein. Er malte sich bereits aus, wie sie ihm, mit nichts als ihrem transparenten Hello-Kitty-Negligée bekleidet, seinen Thunfisch servierte, wie sie sich bückte, um den Napf an seinen Lieblingsplatz auf der Heizdecke am Fenster abzustellen. Sie würde sich neben ihm niederlassen, ihm beim Speisen zusehen und ihm dabei den Trinknapf mit Perrier auffüllen…
Das Wetter war eher ungemütlich, Nieselregen verfinsterte den Himmel, deshalb hatten sie es sich vor dem Fernseher bequem gemacht.
Es lief irgendeine hanebüchene Geschichte, in der ein Weibchen und ein Männchen sich aus haarsträubenden Gründen nicht paaren konnten. Simone fieberte wie so oft mit der Hauptdarstellerin und war mehrmals den Tränen nahe. Ab und zu versuchte sie Heinrich zum Zusehen zu überreden. Vergeblich.
»Typisch Mann«, murmelte sie ein wenig enttäuscht, kraulte ihren genüßlich schnurrenden Kater aber weiter.
Werbepause.
Simone stand auf, ging kurz zur Toilette. Zurück auf dem Sofa goss sie Tee in ihre Tasse.
Durch die viele Bewegung fiel Heinrichs Blick wieder auf den Fernseher. Ein Werbespot war zu sehen, in dem eine attraktive Frau einer ebenso attraktiven Siamkatze Dosenfutter zubereitete. Die grazile Siamkatze leckte sich gerade das Maul und ihre Besitzerin hob sie in die Höhe. Die Siamesin leckte der Frau über die Nase und tapste ihr mit den Pfoten auf Hals und Wange.
»Jaah, du Luder, leck’ ihr die Nase« murmelte Heinrich und schnurrte noch etwas heftiger unter Simones Hand.
»Sowas siehst du gerne, nicht wahr, mein süßer kleiner Schnucki-Putzi-Mieze-Kater.«
»Oh ja, du ahnst nicht wie, meine Große.«
Simone verstand natürlich kein Wort, sie hörte nur »Rrrrrrrrraauuuurrrrrrww«.
»Aber du hattest heute schon Fresschen, mein Kleiner.«
»Typisch Mensch. Wie kann man bei so einem scharfen Anblick nur ans Essen denken.«
Katze und Frau auf dem Bildschirm sahen in die Kamera. Die Frau sagte etwas über das das Dosenfutter, als ob sie sich damit jeden Morgen ein Müsli mischen würde, während sie die Katze an sich drückte.
»Leck' ihr die Nase, leg' deine Pfoten auf ihre…« schnurrte Heinrich, da sah er erstaunt auf – die Katze sprach! Nicht dass das etwas besonderes wäre, alle Katzen in Werbespots sprachen, meist sagten sie etwas wie ›Schmeckt nach Hund, kann ich nicht wirklich empfehlen‹, oder ›Echt nicht übel, schmeckt tatsächlich nach Ratte. Ihr müsst euren Menschen dazu bringen, das zu kaufen‹.
Diese Siamesin aber sagte: »Kater Heinrich, sobald Ihr Mensch schläft, erwarten wir Sie vor diesem Televisionsempfänger.«
Er sprang von Simones Schoß, sah hinter dem Fernseher nach, spähte durch die Dunkelheit in den Garten, doch da war nichts.
»Nicht zu fassen,« sagte Simone in völliger Fehlinterpretation von Heinrichs Aufregung, »ihr Viecher habt echt nichts anderes im Kopf als Fressen und schlafen.«
Er kam wieder auf Simones Schoß, ließ aber den Fernseher für den Rest des Abends nicht mehr aus den Augen. Die mysteriöse Nachricht wiederholte sich in den folgenden Werbeblöcken nicht mehr und er fragte sich, ob er das wirklich gesehen hatte.
Schließlich ging Simone ins Bett und er blieb allein im Wohnzimmer zurück, zusamengekauert vor dem dunklen Fernseher.
Bald darauf ließ ihn ein heftiges Niesen hochfahren. Er war eingenickt, dabei war sein Kopf nach vorne gesunken bis seine Nase den Teppich berührte.
Da schaltete sich der Fernseher ein. Er sah sich um, ob da nicht Simone mit der Fernbedienung wäre, doch er war immer noch allein.
Die Siamkatze aus dem Werbespot erschien überlebensgroß auf dem Bildschirm, die hellblauen Augen in dem schmalen schwarzen Gesicht schienen ihn anzusehen.
»Bitte legen Sie eine Pfote auf eine der Sensortasten des Televisionsempfängers, um sich zu identifizieren«, sagte sie.
Verwundert berührte er eine der Tasten. Ein leichtes Kribbeln durchfuhr ihn.
»Danke, Kater Heinrich, Sie wurden durch Ihre Hautspannung und ihre individuellen elektrostatischen Werte identifiziert.«
»Und was soll…«
»Das Gerät besitzt keinerlei Möglichkeit zur direkten Kommunikation, wir können nur elektrische Spannung abfangen und einige Werte messen. Wir wenden uns an Sie, weil wir Ihre Hilfe bei einem sehr spezellen Problem benötigen. Wenn sie uns helfen möchten, legen Sie noch einmal eine Pfote auf die Sensortaste.«
Er war immer noch völlig verblüfft und dachte kurz nach.
»Süße, wenn ich dir damit einen Gefallen tun kann…«, sagte er schließlich und legte die Pfote auf den Sensorknopf.
»Vielen Dank. Ein A.R.C.R. wird Sie in Kürze abholen. Bitte begeben Sie sich in die Grünanlagen hinter Ihrer Behausung.«
Der Bildschirm wurde schwarz.
Er lief zur Terrassentür, doch Simone hatte sie wegen des Nieselregens so weit zugezogen, dass nur ein wenige Zentimeter breiter Spalt für Frischluft offen war. Sogar für eine Katze zu schmal. Und daran, die schwere Schiebetür aus Aluminium zu bewegen, brauchte er nicht einmal zu denken.
Lautlos eilte er in den ersten Stock. Wenn das Badezimmerfenster offen war, konnte er von dort aus…
Aber das war nur gekippt wegen dem Regen.
Vielleicht würden sie sich wieder melden wenn er nicht im Garten auftauchte, dachte er und ging frustriert die Treppe hinunter ins Wohnzimmer. Er würde wahnsinnig vor Neugier, wenn er nicht erfuhr wer »sie« eigentlich waren und was sie von ihm wollten.
Von der Treppe aus fiel sein Blick auf die Terrassentür. Im Nu sträubte sich sein Fell und Wut packte ihn. Da saß ein fremder Kater vor der Glasscheibe! Was fiel diesem hergelaufenen Streuner ein hier, mitten in seinem Revier aufzutauchen!
»Au warte, Freundchen!«
Er spang die Stufen hinunter – dem würde er eine Lektion erteilen…
Der Fremde rührte sich nicht.
Unverschämtheit!
Moment mal – der bewegte sich überhaupt nicht. Nicht einmal ein Blinzeln…
Und der Kerl kam ihm bekannt vor!
Auf den wenigen Metern von der Treppe bis zur Terrassentür hatte sich Heinrichs Temperament merklich abgekühlt. Losgesprungen mit gesträubtem Fell, in wilder Entschlossenheit, sein Revier, seinen Fressnapf und nicht zuletzt Simone bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen, stand er nun staunend an der Glasscheibe.
Sein Gegenüber hatte sich immer noch nicht bewegt. Er war exakt genau so groß wie Heinrich, ebenso gestreift, seine Augen hatten das selbe Grün…
Natürlich hatte er Geschwister, welche Katze hatte die nicht, aber an einen eineiigen Zwilling konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern. Und immer noch keine Regung, nicht das geringste Zucken.
Was war das? Eine Statue? Das Spielzeug eines Menschenkindes?
»Äh, Hallo? Wer bist du?« fragte er durch den Spalt.
hallo
ich_bin_dein_a.r.c.r.
»A.R.C.R.? Und warum redest du so komisch?«
autonomous_robotic_cat_replacement
ich_habe_noch_nicht_genug_daten_um_deine_sprechweise_nachzubilden
»Du bist ein Roboter?«
updating_FunnyResponseDataBase
processing

nein_ich_bin_ein_toaster_du_kannst_gerne_mal_deine_pfote_in_meinen…
»Schon gut, schon gut. Dauert das immer so lange, bis du einen Spruch am Start hast?«
nur_wenn_ich_versuche_dich_nicht_wie_einen_deppen_dastehen_zu_lassen
»… Themenwechsel – Du solltest mich abholen?«
ja
du_solltest_mich_in_den_zu_deiner_behausung_gehoerenden_gruenanlagen_erwarten
»Ich kann nicht raus, Simone hat die Terrassentür wegen dem Regen so weit zugezogen, dass ich nicht durch kann und auch kein Fenster offengelassen.«
Der Roboter sah sich kurz die Tür an. Dann hob er eine Pfote und schob sie auf.
+folge_mir+, sagte er und wandte sich zum Garten.
Heinrich schluckte als er daran dachte dass er eben noch einen Kampf beginnen wollte. Selbst Simone hatte manchmal Probleme mit dieser schweren Schiebetür.
Er ging hinter seiner Kopie durch das nasse Gras.
»Moment mal!« rief er, »Was wollt ihr von mir? Und wo ist die scharfe Siamesin?«
du_hast_wichtige_informationen
agentin_ka-tse_befindet_sich_in_ihrem_buero
sie_ist_zur_zeit_nicht_rollig
»Ka-Tse? Im Ernst?« er grinste.
ja
Im hinteren Teil von Simones Garten, an einer Stelle zwischen ein paar Büschen, unter einem Apfelbaum, die vom Haus aus nicht einsehbar war, blieb der Roboter stehen.
»Wir sind da. Hier ist der Transferpunkt.«
»Hey! Du hörst dich an wie ich! Wieso redest du jetzt auf einmal normal?«
»Die Analyse deiner sprachlichen Eigenheiten ist komplett, man wird keinen Unterschied erkennen.«
Heinrich zuckte zusammen und blieb stehen. Ihm kam ein grauenvoller Gedanke…
Autonomous Robotic Cat Replacement! Und er hatte nicht geschaltet! Wegrennen? Wenn der Roboter ebenso schnell wie stark war, war das sein Ende. Andererseits hatte er zusammen mit Simone und Andreas genug Action-Filme gesehen, um zu wissen, dass er eine Chance hatte.
Er musste nur schnell einen Sprengsatz zusammenbauen.
»Hör' mal, du… du bringst mich doch nicht um oder sowas?«
»Nein.«
Heinrich atmete tief durch. Uff!
»Ich brauche noch ein paar Proben, damit ich dich vertreten kann.«
Ehe er sich's versah, leckte seine Kopie ihm über Nase und Stirn. Die Zunge fühlte sich beinahe echt an – und sehr sinnlich.
»Mmmh, Du bist richtig gut…« sagte er mit geschlossenen Augen. Im nächsten Moment schnappte er nach Luft und riss die Augen auf, als die synthetische Zunge zwischen seinen Hinterbeinen entlangfuhr.
»Woah! Mach das nochmal!«
»Das ist nicht notwendig. Die Proben sind vollständig.«
»Darüber müssen wir uns unbedingt nochmal unterhalten wenn ich zurück bin!«
»Die Geruchsproben werden analysiert und können in 2,9 Minuten verwendet werden.«
»Du meinst, dann riechst du sogar wie ich?«
»Ja.«
Er betrachtete seinen Doppelgänger. »Wenn du jetzt noch cool wärst, könnte man fast drauf 'reinfallen« bemerkte Heinrich.
»Der Durchgang wird sich in wenigen Sekunden öffnen.«
»Wo?«
»Hier.«
Heinrich sah sich um, konnte aber nichts entdecken. Dann merkte er, dass die Luft sich veränderte. Es roch wie vor einem Gewitter und sein Fell knisterte leise.
»Das ist der Durchgang. Agentin Ka-Tse wird dich auf der anderen Seite empfangen.«
In einem Bereich, vielleicht so groß wie ein Sessel schien die Luft sich zu verdichten und ein milchiges Licht erstrahlte, als würde man in einen langen Korridor voller Nebel blicken, an dessen Ende eine Tür zu einem erleuchteten Raum geöffnet war. Heinrich ging um das Phänomen herum. Er schnupperte daran, seine Schnurrhaare wurden elektrisch davon angezogen.
»Hast du Anweisungen oder Ratschläge für mich, die ich befolgen sollte, um nicht aufzufallen?« fragte das A.R.C.R.
Heinrich dachte kurz nach.
»Pass auf die Kaninchen hier in der Gegend auf, und auf Chantal, die Füchsin.«
»Anweisung gespeichert.«
»Kümmer' dich ein bischen um Angela.«
»Spezifiziere ›ein bischen kümmern‹.«
»Kümmern halt. Sei nett zu ihr.«
»Anweisung gespeichert.«
»Ach ja – geh Missy Elliott und Simone aus dem Weg, die merken sofort dass mit dir was nicht stimmt. Simone macht sich aber erst Sorgen wenn du länger als zwei Tage weg bleibst.« Er grinste. »Soweit habe ich sie immerhin schon erzogen.«
»Anweisung gespeichert. Frage: Sonst noch was?«
»Benimm dich einigermaßen normal.«
»Spezifiziere ›normal‹.«
»Halt so, dass du nicht auffällst – wie eine normale Katze eben. Keine schweren Türen aufschieben, zum Beispiel.«
»Anweisung gespeichert.«
»Und mach' mir keine Schande.«
»Spezifiziere ›keine Schande machen‹.«
»Mann! Von welchem Planeten kommst du eigentlich? Muss man dir alles erklären?«
»Erde. Nur was in meinen Datenbanken nicht gespeichert ist. Nur was durch Extrapolation aus Fakten nicht zu erklären ist.«
»Das heißt, du sollst nicht zulassen, dass ich mit etwas Schlechtem in Verbindung gebracht werde.«
»Anweisung gespeichert. Gehe auf das Licht zu.«
Heinrich hielt inne, er hatte schon eine Pfote erhoben um vorsichtig in die wabernde Luft zu treten. Nun sah er das A.R.C.R. misstrauisch an.
»…auf das Licht zu…?Du bist sicher, dass du mich nicht umbringen sollst?«
»Ja. Der Übergang kann nur noch 34 Sekunden gehalten werden. Agentin Ka-Tse erwartet dich.«
Da war ein Schatten im diffusen Leuchten zu erkennen, der eben noch nicht da gewesen war.
Heinrich wog ab. Ein fremder Ort, an dem Roboter in Katzengestalt herumliefen, die stark genug waren schwere metallene Schiebetüren mit einer Pfote zu öffnen, eine unheimliche, neblige Passage, die sein Fell elektrisch knistern ließ…
Alles konnte ihn dort erwarten, alles. Schäferhunde, schlechtes Dosenfutter, mordlüsterne Autos…
›Ich bin eine Katze!‹ rief er sich zur Ordnung, ›Ich bin neugierig! Ich habe einen Ruf zu verteidigen! Und, verdammt nochmal, ich will wissen was das alles zu bedeuten hat!‹
Er riss sich zusammen.
›Außerdem sieht diese Ka-Tse richtig lecker aus‹.
Dann trat er in den Nebel.

© christian_m 200909
Yeah!
Wer da nicht rollig wird beim Lesen, ist kein Kater!

katerstrophlaf *zugabe* laf
Ha Ha Ha
ich bin es die ihn erwartete
und er wird nie mehr zurück kommen
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Themenersteller 
Danke Olaf *g*

Doch, Ev, er kommt wieder. Ich bastele nur noch am zweiten der folgenden fünf Kapitel, das zickt noch etwas 'rum.
Schönes Bad übrigens *g*
Und schade, dass ich mir im Moment keine Katze anschaffen kann…
Wenn die "Bella Donna" genug von ihm hat ????????

oder schon eher ?????????

Sie ist sehr, sehr anspruchvoll, *grins*

aber ich lasse mich überraschen und bin gespannt.
Orange Session
*********katze Frau
8.077 Beiträge
Hinreissend!
Eine wahrlich feine Story ist Dir da eingefallen!

Und das sag ich nicht nur als Katzerl!

Eine Feder für den Autor.

LG
Katzerl

PS: Logo bin auch ich auf die Fortsetzung gespannt.
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Themenersteller 
Jippiiee! *freu2*
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Themenersteller 
Kater Heinrich 4.2
Am nächsten Morgen war Simone ungewöhnlich früh auf den Beinen. Heinrich wäre misstrauisch geworden, doch das konnte das A.R.C.R. natürlich nicht wissen. Es hatte die Strategie, sich in den Garten zurückzuziehen, gelegentlich zum Fressen zu erscheinen und so auf Heinrichs Rückkehr zu warten, als erfolgversprechend bewertet.
Simone stellte ihm frisches Wasser hin und öffnete eine Dose. Um sie nicht misstrauisch zu machen nahm der Roboter etwas von dem Futter zu sich. Nach ein paar Happen lösten die Sensoren in der synthetischen Zunge einen Alarm aus. Die Maschine ließ sich nichts anmerken und aß noch ein wenig mehr. Dann zog sie sich zur Analyse auf das Sofa zurück.
Simone frühstückte und sah immer wieder verstohlen zu ihrem Kater hinüber.

analyse_der_chemischen_substanz_beendet
starkes_beruhigungsmitel_aus_dem veterinaermedizinischen_bereich_identifiziert
dosierung_impliziert_bewusstlosigkeit_innerhalb_von_fuenf_minuten
anwendung_der_direktive_nicht_auffallen
inszenierung_von_bewusstlosigkeit_in_t_minus_vier_minuten

3
2
1

Heinrichs Kopf sackte langsam nach vorne. Er war eingeschlafen.
Simone seufzte und legte ihr angebissenes Brötchen auf den Teller. Sie hatte keinen Appetit mehr.
»Mein armer Kleiner…« sie setzte sich neben ihn auf das Sofa und streichelte ihn sanft, ihr Gesicht trug einen ehrlichen Ausdruck des Bedauerns.
»Aber der Doktor hat Recht, ich kann dich nicht einfach da draußen rumlaufen und hunderte kleiner Kätzchen zeugen lassen, die dann nur ersäuft, ausgesetzt und für Tierversuche benutzt werden.«
Sie seufzte noch einmal.
»Du wirst nichts merken, hat er versprochen.«
Sie holte den Katzenkorb aus der Abstellkammer, stellte ihn vor das Sofa.
»Himmel, bist du schwer geworden, mein Katerchen« sagte sie, als sie ihn hochnahm um ihn sanft in den Korb zu legen.

*

»Guten Morgen« grüßte Dr. Tuklein kurz darauf, »ist er problemlos eingeschlafen?«
»Ja, Doktor.«
»Nun schauen sie nicht so traurig, so eine Kastration ist ein absoluter Standard-Eingriff«, sagte er lächelnd, »Und glauben Sie mir, es ist besser für die Katzen in Ihrer Gegend.«
Eine junge Frau trat aus dem Behandlungszimmer.
»Das ist Manuela, meine Praktikantin. Sie wird mir dabei helfen.«
»Guten Tag«, sagte Manuela und reichte Simone die Hand.
Ponyhof, kam es Simone in den Sinn, als sie in das kräftige Gesicht des Mädchens sah und den starken Händedruck spürte. Sie war nicht häßlich, auch nicht dick oder grobschlächtig, aber die Abwesenheit von Zierlichkeit war ihr auffälligstes Merkmal. Wahrscheinlich spielte sie Fußball und besaß ein Mofa, an dem sie in ihrer Freizeit gerne herumschraubte.
»Wollen Sie dabeibleiben oder lieber im Wartezimmer Platz nehmen?« fragte der Doktor.
»Ich, äh… ich warte lieber draußen.«
»Kein Problem. Ich verspreche Ihnen, das geht ganz schnell.«
Simone verließ das Behandlungszimmer, jedoch nicht ohne einen Blick zurück zu werfen. Manuela hob den Katzenkorb gerade auf den Tisch, sie schien sich dabei mehr anstrengen zu müssen als erwartet. Sie öffnete die Klappe und griff vorsichtig hinein…
Der Doktor lächelte ihr noch einmal beruhigend zu, dann schloss sich die Tür.

»Dann mal ans Werk« sagte Doktor Tuklein zu Manuela, »Zeig, was du gelernt hast und setz' ihm die Spritze bevor das Beruhigungsmittel nachläßt. Ich bereite derweil das OP-Besteck vor.«
»Okay.«
Der Doktor wandte sich den Instrumenten zu und Manuela zog eine Spritze auf. Er sah kurz über die Schulter.
»So viel, Manuela?«
»Ja, der ist schwerer als er aussieht.«
»Du musst wissen, was du tust. Aber sobald du unsicher bist, frag lieber nochmal.«
»Mach ich, Herr Doktor.«
Einen Moment später sagte sie: »Das ist total seltsam, Doktor – ich krieg' die Spritze nicht durchs Fell.«

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gewicht_ca_65_kilogramm_weiblich_kraeftiger_muskeltonus_belastbare_konstitution
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»Warte einen Moment, ich bin gleich bei dir«, sagte der Doktor.
Es gab ein schnalzendes Geräusch, als er sich die Latex-Handschuhe überzog. Dann wandte er sich seiner Praktikantin und dem regungslos daliegenden Kater zu.
»Lass mal sehen…«, er nahm vorsichtig eine Vorderpfote, »Es wird jetzt langsam kritisch, das Beruhigungsmittel ist schon eine Weile her. Wir müssen das jetzt auf Nummer sicher machen, weil sie manchmal trotz Sedativum durch den Stich kurz wach werden und um sich beißen.«

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gewicht_ca_86_kilogramm_maennlich_gesunder_muskeltonus_belastbare_konstitution

»So, du nimmst jetzt seine Vorder- und Hinterbeine – pack' richtig zu…«

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»So ist gut. Jetzt kann er nicht mehr kratzen und beißen, falls er doch noch aufwacht. Und jetzt setze ich die Spritze…«

entladung

Simone saß allein im Wartezimmer. Dr. Tuklein hatte ihr einen Termin eine Stunde vor der üblichen Sprechstunde gegeben, um die Operation in Ruhe durchführen zu können. Sie blätterte abwesend in den ausliegenden Zeitschriften.
Plötzlich ließ sie ein trockenes Knistern hochfahren, das durch die dicke Tür des Behandlungszimmers drang. Gleich darauf erklang ein dumpfes Poltern, als wäre etwas schweres zu Boden gefallen.
Dann war es still.
Auch die Schritte und die gedämpften Laute, die bisher leise zu hören gewesen waren, waren jetzt nicht mehr da.
Sie horchte.
Auf einmal ein Scharren und Schleifen, als würde etwas über den Boden gezogen.
Und wieder Stille.
Ihr wurde es unheimlich.
Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Vorsichtig stand sie auf und ging zur Tür. Sie klopfte.
»Doktor Tuklein? Alles in Ordnung?«

Auf der anderen Seite der Tür erklang ein dumpfes ›Bonk‹ als das A.R.C.R. den Kragen losließ, den es zwischen den Zähnen hatte und Manuelas Kopf auf den Boden schlug.

laden_der_sprachmuster_von_individuum_02
audioausgabe:_»Alles in Ordnung. Wir brauchen hier vielleicht noch eine halbe Stunde.«
Simone war erleichtert, die Stimme des Doktors zu hören, selbst wenn sie aus Kniehöhe zu kommen schien. Ihre Nerven brauchten jetzt eine Auszeit.
»Ich gehe mal eine Runde um den Block.«
»Sehr gute Idee. Bis nachher«, kam es aus dem Behandlungszimmer.
Mit einem mulmigen Gefühl verließ sie die Praxis.

Wie berechnet kamen der Doktor und Manuela zwei Minuten später zu sich. Die beiden registrierten benommen, dass sie Schulter an Schulter an die Wand gelehnt auf dem Boden der Praxis saßen. Fast gleichzeitig rissen sie alarmiert die Augen auf, als sie etwas hartes, kaltes an ihren Hälsen spürten. Sie sahen den Kater, der zwischen ihnen auf den Hinterläufen stand. Aus seinen Vorderpfoten ragten lange, scharfe Klingen, die an ihren Kehlen lagen. Entsetzt starrten sie in die grünen Augen mit den bedrohlich schmalen Pupillen, die sie kalt fixierten. In ihren Köpfen überschlugen sich die Gedanken.
Währenddessen kamen die Verhandlungen zwischen Haut und Metall, wer von beiden stärker wäre, die auf dieser Welt schon abermillionen Male abgelaufen waren, innerhalb von Sekundenbruchteilen zum immergleichen, auch nach Jahrtausenden noch aktuellen Ergebnis, welches unverzüglich dem Bewusstsein übergeben wurde. Die beiden erstarrten.
»W-wenn Sie einen so starken K-kinderwunsch h-haben, k-k-können wir darüber reden…«, brachte der Doktor zitternd hervor. Manuela schluckte.

start_projektion_psychoaktiver_holografischer_muster

Die Augen des Katers begannen zu leuchten und irisierende Muster formten sich, wurden größer, saugten den Verstand der beiden geradezu ein…

audioausgabe:_ihr_werdet_heinrichs_besitzerin_folgendes_erklären


Simone klingelte wieder an der Tür der Praxis. Manuela öffnete. Sie wirkte ein wenig als wäre sie eben erst aufgestanden.
»Habt ihr euch mit meinem Heinrich geprügelt?« fragte Simone.
»Was? Wieso?«
»Du hast da einen blauen Fleck an der Stirn.«
»Hm?« sie griff sich verwirrt an den Kopf. Tatsächlich, da war eine empfindliche Stelle.
»Nein… nein, das muss gestern auf dem Ponyhof passiert sein«
»Das hattest du aber vorhin noch nicht…«
»Da sind Sie ja wieder«, unterbrach der Doktor aus dem Behandlungszimmer. Er kam ihr entgegen, trug den Katzenkorb mit beiden Händen.
»Und hier ist Ihr Heinrich, es geht ihm soweit gut. Sie werden übrigens feststellen, dass ›noch alles dran‹ ist, ums mal so auszudrücken« sagte er, »Sie haben so traurig geschaut, da haben wir uns zu einer anderen Methode entschlossen, bei der nur die Samenleiter abgeklemmt werden. So wie es auch bei Menschen gemacht wird, wenn sie sich sterilisieren lassen wollen. Kostet Sie nur fünfzig Euro mehr.«
Er grinste »Sie können ja mal Ihren Lebensgefährten vorbeischicken, wenn es soweit ist«.
Simone lachte, »Ich glaube, der würde Ihnen allein für den Vorschlag an den Hals gehen.«
Manuela und der Doktor zuckten zusammen. Sie blinzelten heftig, als würden sie sich an etwas sehr unangenehmes erinnern.
»Hab' ich was falsches gesagt?«
Sie fingen sich sofort wieder.
»Nein, warum?«
»Ach nichts« sagte sie schnell, nahm den Korb mit dem schlafenden Kater an sich und verließ schnell die Praxis.

© christian_m 200909
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Als "Diener" und "Futtergeber" von sechs Katzen bin natürlich auch ich ziemlich angetan ...

*g*

(Der Antaghar)
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Themenersteller 
Und auf diesen Teil folgt das Kapitel, das ein wenig knifflig ist. Könnte ein bischen dauern, sorry. Dafür sind die letzten beiden Kapitel aber schon fertig *zwinker*

Gruß,

Christian
Orange Session
*********katze Frau
8.077 Beiträge
Egal wie lange...
...ich warte geduldig!

Klasse!

LG
Katzerl
In der Zwischenzeit vergnügt sich die Ka Tze "Bella Donna" .......

massiert den Heinrich und gibt ihm eine Lehrstunde in Kamasutra *grins*
********k_ni Frau
520 Beiträge
ich frage mich gerade....
...ob es normal ist das meine mit ihren 20 noch so gut drauf ist oder ob sie sich auch schon hat tauschen lassen..... *gruebel* *zwinker*
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Themenersteller 
Kater Heinrich 4.3
Wieder zu Hause bettete sie den bewusstlosen Heinrich auf ein paar Handtücher in ihrer Dusche. Der Doktor hatte ihr noch gesagt, dass er sich vielleicht erbrechen würde, wenn er zu sich käme.
Eine ganze Weile wartete sie neben der Dusche, doch er wachte nicht auf.
Schließlich ging sie in die Küche, beendete ihr zuvor unterbrochenes Frühstück. Dann sah sie noch einmal nach Heinrich. Keine Veränderung. Sie setzte sich vor den Fernseher und dort schlief sie ein, denn sie war wegen dem Termin bei Dr. Tuklein früher aufgestanden als sonst und in der Nacht hatte sie schlecht geschlafen.
Als sie dann ein paar Stunden später wieder ins Bad ging um nach ihrem Kater zu sehen, war er nicht mehr da. Im Haus konnte sie ihn nirgends finden, die Katzenklappe war nicht verriegelt und die Terrassentür weit genug geöffnet.
»Andererseits bedeutet das, dass er wieder ziemlich fit ist…« murmelte sie.

Das A.R.C.R. hatte gewartet, bis regelmäßiger, ruhiger Atem aus dem Wohnzimmer zu hören war, dann war es lautlos in den Garten verschwunden. Weder der Auftrag, Heinrichs Abwesenheit zu verschleiern, noch Heinrichs Anweisung, nicht aufzufallen standen im Widerspruch zum sekundären Missionsziel, diese Dimension zu erkunden und so streifte die Maschine durch die Gärten der Nachbarschaft.

*

»Ja seht mal, wer sich da wieder blicken läßt!«

Er sah auf und erblickte vier fette Hasen.
Sie steckten in einer großen Kiste, die früher einmal vielleicht eine Kommode gewesen war. Daraus hatte man mit Brettern und Drahtgittern sechs unregelmäßig große Käfige gemacht. Zwei Reihen mit je drei Käfigen übereinander. Die Konstruktion hatte ein schräg aufgesetztes Dach aus Sperrholz, das mit Dachpappe bedeckt war und stand auf vier hölzernen Pfosten, die aus dem Boden ragten.

»Wer isses denn?« kam die Frage gedämpft aus dem linken Käfig in der oberen Reihe.
»Schau halt hin, Blödmann!«
»Ich kann nicht, sonst würd' ich doch nicht fragen!«
»Wie, du kannst nicht?«
»Ach du Scheiße,« sagte einer der beiden aus der unteren Reihe, »unser Besitzer hat ihn mit der Nase voran oben in den Käfig gesteckt. Ich bin genau unter ihm und sehe seinen Arsch, wenn ich raufgucke.«
»In den kleinen Käfig oben? Dieser Vollidiot! Den fettesten von uns in den kleinsten Käfig stopfen – Mannmannmann…«
»Er wird sich schon was dabei gedacht haben, schließlich ist er ein Mensch« kam es dumpf zurück.
»Der hat überhaupt nichts dabei gedacht! Der ist doch nicht mal geschlechtsreif.«
»So kannst du aber nicht über unseren Besitzer reden!«
»Boah ey, wenn der jetzt schon wieder mit seiner ›Nahrungskette‹ anfängt, krieg ich 'nen Anfall.«
»Lass' ihn doch in Ruhe.«
»Nein, echt jetzt, wenn der wieder mit diesem Quatsch anfängt, beiß ich ihm ein Ohr ab, sobald sie uns wieder zum Spielen 'rausholen!«
»Aber es ist doch so! Wir sind nur Hasen, unsere Besitzer sind Menschen, sie haben die Macht, sie sind die höher entwickelten Wesen!«
»So! Das wars!« rief der andere wütend, »Dein Löffel gehört mir! Und es ist mir egal, was deine ›Krone der Schöpfung‹ mit mir anstellt! Ich ertrage dieses Geschwätz nicht mehr!«
»Pfff… Unser Besitzer wird nicht zulassen, dass du mir schadest.«
»Darauf lass' ichs ankommen, wirst schon sehen!« Er wandte sich ab, begann genervt auf einigen Möhrenstücken herumzubeißen.

»Und wer ist da nun?«
»Ach, nur Heinrich, der notgeile Kater aus der Nachbarschaft.«
»Hätte der denn nicht schon längst einen Spruch abgelassen?«
»Was weiß ich, vielleicht hat er gerade Muschi genascht und ist gut drauf.«

Mit Lichtgeschwindigkeit verarbeiteten die Prozessoren des Roboters die Eindrücke über die Hasen, evaluierten den Gehalt ihrer Aussagen, stellten Referenzen zu Heinrichs Persönlichkeitsprofil her und berechneten die wahrscheinlichsten Variationen seines Verhaltens. Sekundenbruchteile später hatten die Algorithmen, die das Sozialverhalten seines Vorbildes imitierten, aus verschiedenen Möglichkeiten die wahrscheinlichste Reaktion interpoliert.
»Arschlöcher«, sagte er und wandte sich ab.
Gerade wollte er seinen Weg fortsetzen, da rief einer der Hasen: »Hey, Miezekatze! Sei lieber nett zu uns, sonst weiß bald die ganze Nachbarschaft von deiner letzten Klautour!«
Das A.R.C.R. hielt inne. Es kehrte um und ging langsam auf die Hasen zu.
»Scheiße! Siehst du was du angerichtet hast? Jetzt kommt er her!«
»Na und? Was glaubst du, was er machen kann? Er ist nur eine blöde Hauskatze.«
»Ihr habt Informationen, die mich mit einem Vergehen in Verbindung bringen?« fragte das A.R.C.R.
»Wasn mit dir los? Bist du auf dem Fernseher eingeschlafen, dass du redest wie Tatort?«
»Von welchem Diebstahl habt ihr gesprochen?«
»Na, letzte Woche, wo du zwei Häuser weiter das blaue Bonbon geklaut hast.«

»Was macht er jetzt?« fragte der fette Hase oben.
»Er redet mit einem von den beiden anderen«, antwortete sein Nachbar.
»Er soll weggehen, ich hab' da ein ganz dummes Gefühl.«
»Ja, irgendwie ist er heute seltsam, sogar für eine Katze.«

Der Roboter hob den Kopf, sah in den Himmel. Seine Sensoren sandten Daten an die CPU, die Prozessorkerne arbeiteten, stellten komplexe Berechnungen an…
»Ich komme wieder«, sagte er schließlich und wandte sich ab.

»Habt ihr das gehört? ›Ich komme wieder‹ – Ha! Der hat die Hosen voll, typisch Katze! 'Nem Kaninchen kann er damit vielleicht Angst machen, aber nicht einem ausgewachsenen Hasen!«
»Also ich wäre vorsichtiger gewesen, irgendwas stimmt nicht mit dem Stubentiger.«
»Jetzt fang' du nicht auch noch an.«
»Nein, wirklich, sogar der Dicke hier oben hat das bemerkt, dabei konnte er nicht mal was sehen.«
»Der hat dich mit seinem Gelaber mürbe gemacht, das ist alles. Die Luft da oben bekommt euch nicht.«

*

Zwei Stunden später hatte sich der Himmel zugezogen und nicht weit entfernt zuckten Blitze. Donnergrollen erklang und kam näher. Die ersten Tropfen patschten auf das Dach der Käfige.
»Wasn Scheißwetter« sagte einer der vier.
»Ja, dann holen sie uns heute nicht mehr raus.«
»Hast du das gehört, Fettsack?« rief der Choleriker aus der unteren Reihe, »Glück gehabt! Aber glaub nicht, dass ich das vergesse, so leicht kommst du mir nicht davon!«
»Seht mal, da ist Heinrich wieder.«
Stumm sahen drei Hasen aus ihren Käfigen. Zwischen akkurat geschnittenen Ziersträuchern saß reglos das A.R.C.R. und sah zu dem Verschlag herüber. Der Regen wurde schnell stärker.
»Was macht er? Was macht er?« kam es von oben.
»Nichts, er sitzt nur da und guckt.«
»Im Regen? Eine Katze? Ich habs euch doch gesagt, da stimmt was nicht!«
»Also Leute, ich finde Dickerchen hat Recht. Du solltest dich bei ihm entschuldigen.«
»Wofür? Und außerdem – er macht doch gar nichts, er glotzt nur.«
»Und ob er was macht!« kam es mit einem hysterischen Unterton von dem verkehrt herum in seinem Käfig sitzenden Hasen »Merkt ihr das denn nicht?«
»Halts Maul, du merkst hier was nicht! Das ist doch ne typische Katzenmasche – dasitzen wie ne Sphinx, böse gucken und sich kaputtlachen wie alle nervös werden!«
Ein Blitz zuckte durch den prasselnden Regen, tauchte den Roboter in Katzengestalt für Sekundenbruchteile in dramatisches Licht.
Der zweite Hase in der oberen Reihe schluckte, dann sagte er: »Jungs, mir wirds jetzt auch unheimlich. Wir müssen irgendwas tun.«
»Ich fass' es nicht« rief der aus der unteren Reihe »Seid ihr Hasen oder Mäuse? Lasst euch doch von diesem Baldrian-Junkie nicht irre machen!« Doch seine Worte wurden vom Donner übertönt.
Der Roboter stand auf und ging durch den Regen auf den Verschlag zu.
»Er kommt!«
»Wo ist er jetzt? Wo?«
»Ich seh ihn auch nicht mehr, er muss unter uns sein!«
»Vielleicht stellt er sich wegen dem Regen unter?«
»Ja sicher, vielleicht gräbt er auch ein paar Möhren für uns aus… Schwachkopf.«
Ein weiterer Blitz erleuchtete grell den Garten. Und schnell, viel zu schnell folgte der Donner.
»Da! Da ist er wieder! Er war unter unseren Käfigen!«
»Unter unseren Käfigen? Ich will hier raus!«
»Leuteee…! Mein Fell sträubt sich!«
»Oh Scheiße, meins auch…«
»Wawawas ist das?«
»Los! Wir nagen die Bretter durch! Schnell!«
Kaltes Grauen packte die vier. Nicht einmal das Großmaul konnte sich dem entziehen. Hastiges Nagen und Raspeln wetteiferte mit der Frequenz der Regentropfen auf der Dachpappe, die Holzkonstruktion wackelte, als die schwergewichtigen Zuchthasen in Panik die Bretterwände bearbeiteten.
»Ist er weg?« erklang die atemlose Frage.
Angst schwang in der hastigen Antwort mit: »Nein, er ist wieder bei den Sträuchern und beobachtet uns.«

system_shutdown
autowakeup_20_seconds

»Nein, seht mal, er hat die Augen zu!«
»Ohgottogottogott… das bedeutet nichts Gutes! Nagt schneller!«
Der nächste Blitz zerriss die Dunkelheit, dicht gefolgt von ohrenbetäubendem Donner.
»Waah! Was machst du in meinem Käfig, du Idiot?«
»Ich dachte, das wäre die Außenwand!«
»Ja super! Jetzt sitzen wir zu zweit hier drin und…«

Gleißendes Licht ließ ihn verstummen.

KARRATSCHAWHUUUMMMMM…

Der Blitz schlug in die Käfige ein.
Holzsplitter, Dachpappe, Stroh und angeknabberte Möhren flogen durch den Regen und patschten auf die nasse Wiese.


3
2
1
kernel_bootup
kernel_bootup_successful
run_systemdiagnostics
systemdiagnostics_successful
system_ok
run_hardwarediagnostics
hardwarediagnostics_successful
1_error
electrostatic_overload_in_bioelectrical_sensors
shutdown_bioelectrical_sensors
bootup_robotcat_os_6.2.92

Das A.R.C.R. öffnete die Augen. Kurz vor dem Blitz hatte es seine Systeme heruntergefahren, um sie vor der elektrischen Entladung zu schützen.
Die Sensoren für bioelektrische Felder, wie sie in Nerven und Gehirn auftraten, waren jedoch überladen und würden für eine Weile nicht zur Verfügung stehen. Also musste es sich ohne die Hilfe der Bioelektrik-Sensoren auf die Suche machen, um Heinrichs Anweisung zu befolgen…

*

Langsam kam er wieder zu sich. Sein Kopf dröhnte, um ihn herum Schwärze. Schwärze und ein ununterbrochenes Pladdern. Etwas lag auf ihm, schwer und nass. Er versuchte sich zu bewegen. Es gelang ihm auch, aber dieses schwere, nasse Etwas hinderte ihn. Ein knirschender Laut drang an sein Ohr, es hörte sich weit entfernt an.
Hilfe. Um Hilfe rufen… doch dann fiel ihm siedendheiß ein, warum das keine gute Idee war. Er hielt den Atem an, sein Herzschlag beschleunigte sich. Die Panik, das Grauen, dass er empfunden hatte war wieder da. Hatte der unheimliche Kater wirklich versucht, sie mit einem Blitz zu töten? Wenn er das getan hatte, würde er einem Überlebenden sicher nicht zu seinem unglaublichen Glück gratulieren und nach Hause gehen…
Er musste hier weg!
Vorsichtig hob er das nasse Etwas mit seinen starken Hinterläufen an. Ein schwacher Lichtschein war die Belohnung. Er erkannte dass das nasse Etwas ein großes Stück Dachpappe war. Er sah die Wiese. Holzstücke, Stroh und Draht lagen überall verstreut. Die Pfosten, auf denen der Käfig gestanden hatte waren nur noch kurze Stümpfe, die im Regen vor sich hin qualmten.
Das Gewitter war weitergezogen, aber immer noch lag ein lautes Platschen über Allem. Gut, das würde es ihm schwerer machen ihn zu hören, wenn er sich endlich vorsichtig aus den Bruchstücken gekämpft hatte. Gleich war er frei…
Hinter ihm das Haus der Menschen, vor ihm die Wiese. Wieder ein Geräusch. Er duckte sich auf den Boden, sah vorsichtig in die Richtung des Geräusches. Ein dunkler Schatten bewegte sich lautlos über die Trümmer, blieb stehen, senkte den Kopf…
Ein entfernter Blitz erleuchtete kurz den Himmel und er stieß einen erschrockenen Laut aus – da war Heinrich, über einen seiner Kameraden gebeugt. Ruckartig hob der Kater den Kopf sah in seine Richtung. Die Augen leuchteten im Gegenlicht, doch nicht silbrig, wie er es kannte – nein, seine Augen leuchteten rot! Von Panik ergriffen sprang er aus seiner Deckung, rannte blindlings drauflos.
Hölzernes Klappern verriet ihm, dass der Kater hinter ihm war. Büsche flogen im Dunkel vorbei, er hetzte über Blumenbeete…
Lange würde er dieses Tempo nicht durchhalten können, zu lange war er nicht mehr gelaufen. Sein Herz raste. Da! Der Geräteschuppen der Menschen! In diesem Gewirr aus Fahrrädern, Werkzeugen, Blumenzwiebeln, Kartoffeln und was nicht noch alles, hatte er eine Chance seinen Verfolger abzuschütteln.
Die Tür war verrschlossen!
Das war zu erwarten gewesen, er hetzte um die Ecke, sprang keuchend auf den Stapel Brennholz, kletterte, bis er das schmale Fenster erreichte – es war offen! Er zwängte sich hastig hinein, stand auf einem wackeligen Plastikregal, suchte nach einem Versteck…

Das A.R.C.R. lief, doch es ließ sich Zeit. Je größer die Entfernung zu den Menschen, desto besser. Seine Audiosysteme waren durch den laut platschenden Regen geblendet, doch die Infrarotoptik verlor den erhitzten, fetten Hasen nicht einen Moment aus den Augen.

In seinem dunklen Versteck zwischen der Kartoffelkiste und einem Stapel Autoreifen sah er hinauf zu dem schmalen Fenster. Eine ganze Weile passierte gar nichts und Hoffnung keimte in ihm auf.
Doch dann ertönte ein leises Geräusch von den draußen aufgeschichteten Holzscheiten, das er beinahe nicht gehört hätte wegen dem Regen, der auf das Wellblechdach trommelte. Sein Herz schien einen Schlag auszusetzen und fast hätte er geschrien, als die schwarze Silhouette mit den eleganten Bewegungen im hellen Rechteck des Fensters auftauchte. Der Kopf mit den großen, dreieckigen Ohren bewegte sich suchend mit einer unheimlichen, maschinenhaften Präzision und verharrte schließlich, auf sein Versteck gerichtet.
Wie? Wie konnte das sein? Sein Herz hämmerte so laut als wollte es jeden Moment durch Brustbein und Fell brechen. Er presste sich mit dem Rücken an die kalte Betonwand, sein Atem wurde flacher und lauter.
Mit wenigen, lautlosen Sätzen gelangte der Kater vor sein Versteck. Es gab keinen Ausweg mehr, er saß in der Falle. Das war das Ende.
Das Gesicht des Katers näherte sich, er erwartete jeden Moment die langen Zähne in seiner Kehle und wünschte sich nur noch, dass es schnell gehen möge.
Das A.R.C.R. analysierte Atemfrequenz und Herzschlag des Hasen.
Dann fragte es: »Was ist unsichtbar und riecht nach Möhre?«
Überrascht riss der Hase die Augen auf und starrte in den Schatten vor ihm.
»…u-unsichtbar unund riecht nach Mö-möhre?« wiederholte er dann zittrig, »K-keine Ahnung…«
»Ein Hasenfurz.«
»Ein Ha… ein Ha… Hahahahaaa!« prustete er los, »Ein Hasenfurz! Waahaahaha… Ha-harrrrkk…«. Er erstarrte und langsam, ganz langsam fiel er vornüber. Mit einem satten Plumpsen landete er vor den Pfoten des Roboters. Der beugte sich über ihn, seine Augen veränderten sich, schienen von innen heraus zu leuchten während ein elektrisches Summen ertönte. Er ließ seinen Blick langsam über den Hasen wandern. Dann klickte es, die Augen hörten auf zu leuchten.

irreparable_schaedigung_des_herzgewebes
multiple_muskelfaserrisse
innere_blutungen
todeszeitpunkt_21.18_uhr
********k_ni Frau
520 Beiträge
ich....
...habe gerade irgendwie eine Terminator Cat vor Augen.... *hypno*
SUPER SPANNEND
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Themenersteller 
Das konnte ich mir nicht verkneifen *grins*
Vorher hatte ich daran gedacht den Kapiteln Titel zu geben, das hier wäre dann "Katerminator" geworden…
M E S Z ... 21:18
A.R.C.R.
Suuuuperklasse!
für mich ist das Katzenstargate mit einer Operation auf Watership down!
Echt geil, ey!!!!!!!

sokataamliebstenmaghicks *katze* laf
@olaf
ich muss mich anschließen *top*

ev
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Jaaaa ...
bin schon gespannt wie es weitergeht.

*bravo* eine verdammt spannende Katzengeschichte und witzig obendrein (hab mich über die Hasen plattgelacht)

*katze* Herta
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
@ christian_m
Wenn ich das richtig sehe, entwickelt sich diese Gruppe zur Talentschmiede - oder zur Entdeckunsgruppe einer ganzen Reihe von immer besser werdenden Autorinnen und Autoren.

Diese Katzengeschichte ist etwas ganz Besonderes! Nach dem ersten Angetan-sein bin ich jetzt richtig begeistert ... Weiter so!

(Der Antaghar)
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Themenersteller 
*danke* euch allen!

Danke, Ev für die Fotos *g*, grüß mir Bella Donna

Olaf, Watership Down hatte ich völlig vergessen – aber stimmt, da war mal was mit Hasen. Zum Stargate-gucken komme ich in letzter Zeit kaum noch

Heute nacht setz' ich mich daran, die letzten beiden Teile zu überarbeiten. Für das was Heinrich »drüben« zu tun hat, habe ich zwar schon eine Idee, weiß aber nicht, ob ich das in nächster Zeit oder überhaupt schreiben werde.

*wink*,

Christian
Einspruch euer Ehren!
Jetzt hab ich schon geifertropfend die Benachrichtigung aufgemacht und jetzt ist kein Kater weit und breit zu entdecken! Das grenzt an Seelenverletzung!
Wenn da nicht bald eine neue Folge steht, muss ich Dir meine Freunde bei den Kit Katatalysatoren von Muschlon Sex auf die Tastatur hetzen, die vermaunzen dir deine Festplatte so Krallenmäßig, dass......
Ach Scheiße, dann kannste ja auch gar nix mehr schreiben.
Also volles Rohr zurück, Sorry und vollschnurrbiep!

Maunz *katze* laf
@christian
seit fast 3 !!! , in Worten: DREI Wochen warten wir auf die Fortsetzung.

Was ist mit Heinrich passiert?
Amüsiert er sich denn immer noch mit seiner Bella?

Und was macht der Robot ?????????

Du machst uns erst heiß auf die Fortsetzung, und dann ????????

dann lässt Du uns verhungern und verdursten.

Nein, DAS ist nicht nett.

Ev dieaufbellaaufpassenmussweilsieheinrichhypnotisiert
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Themenersteller 
Seufz

Tschuldigung…

Drei Wochen sind das schon?
Im Moment komme ich kaum dazu, zu schreiben und in den letzten beiden Kapiteln hat sich das Schwafelkraut festgesetzt. Kennt man ja von Filmen, z.B. Alien – die ersten Teile waren super bis klasse, aber der vierte Teil war Quark, weil am grundlegendsten Element (am Alien) rumgepfuscht wurde.
Die Geschichten sind grundsätzlich fertig, aber die Handlungen drumherum muss ich deshalb nochmal überarbeiten.
Und übermorgen habe ich Urlaub *g*

Bella ist ja wirklich niedlich, und das letzte Foto echt super. Man könnte echt meinen, sie modelt professionell, wegen der Posen.
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