Das Böse
Ich bin das Böse.Ich weiß dass ihr mich so nennt, doch es ist mir egal. Eigentlich macht es mich sogar stolz. Unerkannt bewege ich mich unter euch, ohne aufzufallen, verschwinde in der Masse.
Doch unterschätzt mich nicht!
Jeden Moment kann ich zuschlagen. Jede und jeder könnte mein nächstes Opfer sein.
Es gibt kein Entrinnen.
Während ich im Strom der Menschen schwimme, sehe ich immer wieder in die ausdruckslosen Gesichter. Bist du der nächste? Oder du?
Ein kleines Mädchen an der Hand seiner Mutter kommt mir entgegen. Es hat einen Lutscher im Mund, sieht mich unverwandt an.
»Böse« flüstert es, unhörbar gegen die Geräuschkulisse der belebten Straße.
Aber ich höre es.
Sie läßt mich nicht aus den Augen, auch nicht als die beiden an mir vorbeigehen. Sie verdreht den Kopf, immer noch hat sie den Lutscher im Mund.
Ich lächle.
»Vielleicht sehen wir uns ja bald wieder, Kleine« wispere ich in die leichte Brise, die über die Köpfe der arglosen Menge weht, betrachte die schlanke Figur der jungen Mutter. Das Mädchen fängt unvermitelt an zu weinen. Als ihre Mutter sich vor sie hinkniet und die Kleine mit dem Lutscher weinend in meine Richtung weist, bin ich auch schon im Strom der eiligen Leiber untergetaucht.
Ich bin da.
Vorfreude.
Ich klingele. Ein Mann mittleren Alters öffnet. Ich sage nichts. Es macht mir Spaß, die Ungewissheit in ihren Gesichtern wachsen zu sehen. Der Moment, wenn ihr schlechtes Gewissen sich meldet, die Erinnerung an das Verbotene, das sie tun…
Dann schlage ich zu.
»Guten Tag, Herr…« ich sehe auf meine Liste, »Meier. Haben Sie ein Rundfunk- oder Fernsehgerät anzumelden?«