Tauben-JC
Die ganze Sippe landet fast wie auf Kommando gleichzeitig auf der Wiese im Park. Wuselige Unruhe, bis alle ihre Federn sortiert haben. Männchen und Weibchen sind im ersten Moment eigentlich gar nicht zu unterscheiden.. Doch nach dem ersten Gepicke geht es bereits los. Bei den dann ja offensichtlichen Herrn der Geflügelschöpfung schwillt der Hals, die Federn schimmern purpur, petrolblau, silber – eigentlich hübsch - und sie beginnen, in meinen menschlichen Augen, mit einem absolut lächerlichen Tingeltangeltänzchen. Nach links, nach rechts, aufgeplustert mit viel zu kurzem Hals wie ein fetter Sumo-Ringer und gespreizten Schwanzfedern gurrend um die Angebetete herumtippelnd.Die Weibchen picken scheinbar völligst uninteressiert weiter. Wie sie überhaupt etwas Fressbares finden können, interessiert mich schon, denn auf dem Kiesweg auf dem die Parkbank steht, auf der ich in der Sonne brutzele, sieht alles gleich aus. Braun, hutzelig, eckig und doch finden sie noch einen vertrockneten Pizzateigrest unter all dem Kies und Dreck und sofort stürzt der Rest der Bande herbei. Nichts mehr mit *gurr gurr*, da werden die noch eben liebeskranken, angeschwollenen Herren zu den Geiern der Nation und picken den Weibchen die Beute aus den Schnäbeln. Mundraub und Futterneid, diese beiden Worte fallen mir ein, während ich dieses Federspektakel beobachte.
Die bedauernswerten Dinger können noch nicht mal nach dem Essen greifen, müssen es mit ihrem Schnabel packen, und wehe es ist zu groß. Garantiert ist schon ein Nächstenliebender anderer Schnabel bereit, zu helfen, indem er den allzu Geplagten seiner Last entledigt. Aber auch hier rächt sich die Gier, wenn das Teil noch immer zu groß ist und versucht wird, es auf ziemlich entwürdigende Weise in den Schlund zu befördern, indem der Hals langgemacht wird, nur um es dann schleunigst, aber erst kurz vorm Ersticken, rauswürgen zu müssen; das nenn ich appetitlich und elegant und äusserst männlich dazu – ja! so was erregt die Damenwelt ungemein.
. Ein kräftiger Windhauch erwischt ein paar der grauen Geschöpfe und pustet ihnen wirbelnd unter den Hintern. Ich muß kichern, denn daß Tauben einen Kopfstand machen können hab ich auch nicht gewusst. Schon blöd, wenn man keine Hände hat. Bebend stehen nun die Schwänzchen in die Höh und kurz darauf rappeln sich verdattert umherblickende Taubenköpfe auf. Nicht lange und es geht wieder los. „rugggedigguu, ruggedigguuuu“ und die bereits wieder aufgepumpten Casanovas legen nun einen Zahn zu. Dreht sich die erste Angegurrte desinteressiert zur Seite, fackelt Mr. IchbinderBeste nicht lange und umkreist die nächste weibliche Öffnung ohne vorher groß einen Blick auf sie geworfen zu haben (weshalb auch, sie sehen ja eh alle gleich aus). Doch auch sie macht den Flattermann, garantiert war es genau diese, der er vorher den Pizzateig aus dem Schnabel gerissen hatte. Jaja, so rächt es sich nun mal.
Ein entrüsteter Blick folgt der eben noch so angeschmachteten Federdame, jämmerlich fällt sein vorher schimmernder Gurrsack in sich zusammen, die Assoziationen ins Männerreich konnte ich mir einfach nicht verkneifen und grinse weiter vor mich hin.
Kopfwippend watschelt dieser Urahne der Dinosaurier über die Wiese, findet natürlich erneut ein Weibchen, und nun kommt anscheinend seine Notgeilheit durch. Fast bespringt er dieses arme Wesen, da es unvorsichtigerweise mit dem Hinterteil in seine Richtung pickend ihre Schwanzfedern wippen ließ. Nicht viel und er hätte es geschafft. Welche Erfolgsquoten haben diese Werbeattacken eigentlich? Taubensex konnte ich die letzte Zeit hier nicht beobachten. Hmm, wenn ich mich recht erinnere heißt die Geschlechtsöffnung bei den Tauben „Kloake“ üüaahh, also, naja, da wär ich auch nicht scharf drauf.
Zurück zu diesem Taubenmacho. Diese jetzt aktuelle, junge Dame in seinem Interessengebiet ist etwas geduldiger mit ihm, oder vielleicht hatte sie was Fressbares im Gras gefunden, denn sie dreht sich nun weniger pickend mit wachem Blick immer wieder weg von diesem aufgeplusterten Kreisel. Ihm schienen fast die Hormone aus den Augen zu quellen, immer schneller drehte er sich, bis er dann kurz abhob um auf ihrem Rücken zu landen. Doch diesmal war auch ihr Mitleid ausgereizt und ohne Zögern flatterte auch diese Lady davon. Ein leicht frustrierter Blick des Abgeblitzten in ihre Richtung, mit erneut abgeschwollenem Sack, spreizte er ebenfalls sein Federkleid und flog auf das nächste Dach zu.
Ob er sich von da oben jetzt einen runterholt?