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Geschichtenspiel Teil 45

**********henke Mann
9.654 Beiträge
Grange - Husten
„Verdammter Katarrh....“

Streissler hustete knatternd. Trotz der unerreichten Hühnersuppe, die ihm Rübezahl, der in Wirklichkeit Petersen hieß, auf dem Feldkocher bocuset hatte, hatte er sich eine saftige Bronchitis eingehandelt. Aber: sie waren trotzdem schon ein Stück weiter. Während der üblichen antiamerikanischen Freitagsdemo vor der Hauptmoschee hatte Petersen einen Chip unter dem Wagen des Wortführers plaziert. Offiziell vertrat der eine pro-feline Position, züchtete aber zuhause heimlich Hunde. War es da überzogen, ihn für einen der Hauptverdächtigen zu halten?

Petersen tippte auf den Bildschirm des Tracking-Gerätes.

„Er kundschaftet ein neues Ziel aus.“ Wie recht sein Assistent hatte – an der Adresse, die auf dem Bildschirm angezeigt wurde, wohnte ein wankelmütiger Oppositionspolitiker, der für seine Katzenzucht bekannt war. Egal wie die Sache ausging – entweder bewirkten seine gemeuchelten Katzen, dass er die Seiten wechselte oder es wäre einfach als Rache gut, denn die beiden Kerle hatten noch eine andere Rechnung offen. Streissler starrte wie ein Smombie auf die Strichplatte des Trackers und dachte laut:

„Wir stellen sein Haus unter diskreten Schutz, dann braucht er nicht um seine Katzen bangen. Vielleicht gelingt es uns, den Täter zu fangen. Dann weiß unser spezieller Freund aber, was ihm blüht!“

Sein Assistent schaute ihn verschwörerisch an: „Wenn das klappt, dann können wir aus diesem verkackten Hulganien für immer verschwinden!“
eyes002
******ace Mann
15.955 Beiträge
Gruppen-Mod 
Vermutlich
liegt Hulganien direkt neben Vulgarien, oder? *haumichwech*
Nee Spaß. Also das hier:
auf dem Feldkocher bocuset hatte,
sorgte direkt für gute Laune. Mehr davon. Und immer schön auf die Fellnasen aufpassen *zwinker*

Tom
*********2016 Mann
2.250 Beiträge
“Gedächtnisernte, Einsamer der Zeit”
Untertitel „Gardien du mal“ Teil 3

Das kleine, unscheinbare Vogesendörfchen im Osten Frankreichs liegt unter geheimnisvoll wirkenden, Angst erzeugenden Nachtnebeln versteckt. Furchterfüllt scheinen sich die kleinen Häuschen an den Boden zu drücken. Wie begraben wirkt die Örtlichkeit und deren Umgebung. Hoch oben auf einer Bergkuppe liegt eine alte, verfallene Ferme. Hier haust Pasternak, ein Tscheche mit russischen Wurzeln, welchen es vor vielen Jahrzehnten an diesen Ort verschlagen hat. Wie genau er hierher kam, niemand weiß es so richtig. Keiner der Einwohner aus der Zeit als Pasternak hier auftauchte lebt noch. Auch Marie-Claire, seine einstige Freundin ist schon lange Jahre tot. Aus seinem Leben trat sie allerdings schon viel früher. Gerüchte, Vermutungen, böse Ahnungen und Angst bestimmen das Bild, welches der wuchtige und massig gebaute Mann in den Bewohner erweckt. Seine äußere Erscheinung trägt dazu bei. Ungepflegtes Haar, ein urwüchsiger Bart, schmuddelige Kleidung. Der Ruf eines bösen Menschen, eines der schwarzen Künste Mächtigen, haftet ihm an. Verbindung mit dem Gehörnten wird ihm nachgesagt. Die Dörfler schätzen sein Alter zwischen sechzig und siebzig Jahren. Sie ahnen nichts über die wahre Geschichte des im Dorf verachteten und gefürchteten Mannes. Immer trägt der verfemte Unheimliche eine gut gepflegte doppelläufige Schrotflinte bei sich. Nie sah ihn jemand unbewaffnet. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er auf eine nur ihm bekannte Weise, weitere Nahrung für böse Gerüchte. Seine Ferme ist von wildem Gestrüpp, Steinwällen und Felsbrocken umgeben. Ginsterbüsche und wilde Hecken schirmen jeden Einblick ab. Ein fester Holzzaun schließt die wenigen Lücken. Ein unheiliges Refugium, ein Heim des Bösen. Die Höhle des „Gardien du mal“ wie Pasternak hinter vorgehaltener Hand seit Jahrzehnten genannt wird. Pasternak genießt seinen schlechten Ruf und die damit verbundene Abgeschiedenheit. An irgendwelchen Kontakten ist er schon lange nicht mehr interessiert. Er ist kein unbeschriebenes Blatt, eher das Gegenteil. Jedermann tut gut daran, ihm aus dem Weg zu gehen.

Wir schreiben das Jahr 1990. Ein weiteres Dutzend Jahre ist vergangen seit ich zuletzt über Pasternak und sein Leben berichtete. Nicht viel hat sich seitdem geändert, quasi nichts. Pasternak pflegt seinen schlechten Leumund und die Dorfbewohner ihre Borniertheit. Ein Zustand, welcher zumindest Pasternak mehr als recht ist. Er lebt hier als Einsamer der Zeit, im stillen Gedächtnis grausiger Erinnerungen. Abgekapselt in sein früheres Leben als Soldat der französischen Armee. In seiner zweiten Existenz als furchtbarer Rächer, gnadenloser Mörder und unbarmherziger Richter an den überlebenden deutschen Soldaten. Nach langen Jahren der Suche fand er auch den letzten, den deutschen Hauptmann. Den Befehlshaber der Sturmtruppen, welche seine Kompanie dahin meuchelten. Das Massaker, welches das Leben des jungen hoffnungsfreudigen und lebenslustigen Pasternak veränderte.

17.09.1915, der Tag seines 27ten Geburtstags. Ein Tag, den Pasternak nie vergessen wird.

In der Nacht überfallen deutsche Sturmtruppen des Regiments „Graf Bose“ die geschwächte französische Kompanie des Caporals Pasternak. Ein furchtbarer Grabenkampf tobt. Schüsse belfern, Todesschreie gellen, blanke Klingen dringen in warmes Fleisch. Das Bild von Benoit, vom Säbel des deutschen Hauptmanns zerfleischt. Zerschmetterte Köpfe, grausam entstellte Gesichter, gespalten von brutalen Spatenhieben. Blutüberströmte Leichen in den Laufgräben und Unterständen. Fanatische deutsche Soldaten, sterbende Kameraden. MG-Schüsse knatterndurch die Nacht. Heftige Schläge in seine Brust. Ein Hieb an den Kopf und dann lange Monate in endloser Dunkelheit. Seine schweren Verletzungen, die er wie durch ein Wunder überlebte. Zaghaftes Erwachen im Militärhospital. Der Bruch mit Marie-Claire, im Winter 1916, die den innerlich veränderten Pasternak nicht mehr lieben kann. Die ehrenvolle Beförderung zum Leutnant, eine Geste die seine Qual nicht mindern konnte. Den Pfad der Rache, den der Tscheche dann beschritt. Wieder Blut und Leid, diesmal auf deutscher Seite. Die lange Jagd auf den deutschen Hauptmann, welche an dessen hundertstem Geburtstag begann und viele Jahre dauerte. Den bangen Ausdruck in dessen brechenden Augen, als er die Wahrheit erkannte. Den jungen französischen Unteroffizier als furchtbaren Rächer erlebte, als Wanderer zwischen den Zeiten. Dann die Zeit der Ruhe, des Nichtstuns, die den alten Kämpen mit einer Schicht trügerischen Selbstmitleides überzogen hat. Pasternak ist nun gut über hundert Jahre alt. Eine letzte Aufgabe wartet noch auf ihn, dann ist es Zeit zu gehen.

Es ist die Zeit des Frühsommers, die Ginsterbüsche an den Hängen blühen in den verschiedensten Gelbtönen. Es ist nichts los im ärmlichen Dörfchen, nur ein paar Hunde jagen hinter herrenlosen Katzen her. In der alten Dorfbäckerei brennt Licht. Antoine backt derbes Bauernbrot. Eine Handvoll Dörfler ist unterwegs zur benachbarten, 25 Kilometer entfernten Kreisstadt. Dort findet heute eine Demonstration statt und da Freitag ist, war der Begriff Freitagsdemo schnell vergeben. Ein fahrender Barbier hatte Anfang der Woche die Neuigkeit ins Dorf getragen, wusste von wundersamen Menschen zu berichten. Feine Herren und Damen, einer großen Baugesellschaft. Man munkelte sogar von einem Staatssekretär. Von Investitionen und großen Vorhaben. Jedenfalls alles Angehörige der Smobie und ChipGeneration, vornehme Visionsträger, Ideenschmiede. Die Neugierde der simplen Dorfbewohner war geweckt. Das kleine Dörfchen und die knapp zweihundert Seelen, die es bewohnen ahnen noch nicht, dass heute auch für Pasternak ein wichtiger Tag ist, dass ihr Dorf eine einschneidende Veränderung erleben wird, welche die billige Zurschaustellung in der Kreisstadt zur Nichtigkeit degradieren wird.

Ein schrecklicher Katarrhquält den alten „Gardien du mal“. Das Atmen fällt ihm schwer und Hustenanfälle suchen ihn seit geraumer Zeit heim. Aber er hat noch einen Dienst zu erfüllen. Ein letzter wichtiger Tag, der heute seinen Jahrestag findet. Der Tag an dem seine Kompanie in dieses Tal kam. Hin befohlen zur Bewachung einer Nachschub Trasse. Ein Weg in den Tod. Müde schüttelt Pasternak seinen Kopf. Die Erinnerungen, die Ernte einer bösen Saat peinigen ihn sehr.

Sorgfältig rasiert er sich, frische Wäsche und ein frisches Uniformhemd. Seine alte Paradeuniform liegt auf der Lagerstatt bereit. Davor stehen seine frisch gewachsten Offiziersstiefel. Der Degen glänzt blankpoliert in seiner Lederscheide. Sorgsam kleidet sich Pasternak an, setzt zum Schluss seine Offiziersmütze auf sein, in der Nacht kurgeschnittenes, Haar. Seine rechte Hand liegt auf dem Degengriff. Forschen Schrittes, aufrecht und gerade verlässt er sein Blockhaus und überquert den Hof seiner Ferme. Festen Schrittes schreitet er zu den, im ersten Morgenlicht liegenden, ehemaligen Stellungen. Für Fremde ist hier nicht mehr viel zu sehen. Vor Pasternaks Augen erscheint das Gelände allerdings wie im September 1915. Auf einer kleinen Anhöhe bleibt er stehen und überblickt das Terrain, vermeint Bewegungen zu erkennen, die Anwesenheit seiner Kompanie zu spüren. Aber auch das von Toten übersäte, von Kampfspuren zerstörte, Gelände sieht er. Pasternak nimmt Haltung an, seine Hand fährt grüßend zum Mützenschirm. Schneidig schlägt er die Hacken zusammen. Ein letzter, ehrerbietiger Gruß an Benoit und all die anderen Kameraden. Mit kräftiger Stimme singt er die Marseillaise, die Chant de guerre pour l‘armée du Rhin. Das Kriegslied für die Rheinarmee.
Ein allerletzter Blick fällt auf das große Holzkreuz, welches Pasternak vor vielen Jahren an dem Kampfplatz errichtet hat. Dann wendet er sich ab, schreitet voran, passiert seine Ferme und verschwindet in den Wäldern des nächsten Tales. Nie wieder ward er gesehen und niemand weiß, wohin der geheimnisvolle „Gardien du mal“ gegangen ist. Ob er immer noch lebt. Die Geheimnisse um die Person des Pasternak werden den Dörflern auf immer verschlossen bleiben. Nur wir haben dank dieser Geschichte einen kleinen Einblick in seine zerrissene Seele gewonnen. Aber die Geschichten um Pasternak erzählt man sich noch heute in dem kleinen Vogesendörfchen und immer noch hinter vorgehaltener Hand. Man weiß ja nie!

Kamasutra 19.03.2019
****59 Frau
3.102 Beiträge
Klasse, Kamasutra *spitze*

Devi
*******iva Frau
1.045 Beiträge
Kamasutra
Einfach toll, dieses Zusammenspiel von Spannung, Geheimnis und Mystik *schock* Ich war fasziniert vom ersten Wort an *popcorn2* Wieder eine Meisterleistung *anbet*

Du bist und bleibst mein Lieblingsschriftsteller *love5* *love4* *herz2*

Übrigens, wer mehr von ihm lesen möchte:

http://www.kurzgeschichten-2019.de/index.html

*zwinker*
*********2016 Mann
2.250 Beiträge
Kuckuck...
wie war das in Sachen Eigenwerbung, *grins*

unter besagter HP gibt es auch viele zauberhafte Geschichten von unserer Katzendiva, welche es liebt ihr Licht unter den Scheffel zu stellen

An alle hier einen lieben Gruß und einen wunderschönen Tag gewünscht *wink* *blumenschenk*
eyes002
******ace Mann
15.955 Beiträge
Gruppen-Mod 
Also echt,
das erinnert mich immer an Ito Okami..... weiß der Kuckuck, warum!

Tom
**********Engel Frau
25.346 Beiträge
Gruppen-Mod 
X-Akte Nr. 238/19
"Mulder, kannst du endlich mal aufhören, ständig auf den Boden zu spucken? Das ist ja wirklich ekelerregend!"
"Sorry Scully, aber dieser Katarrh bringt mich noch zum Wahnsinn. Irgendwo muss doch dieser Schleim hin. Und ich befürchte, ich habe ihn von Außerirdischen bekommen. Er ist so seltsam grün ..."
"Boah Mulder! Bitte! Hör auf damit!"
Mulder grinst. Er liebt es, seine Scully mit diesen - doch so ein kleinwenig ernst gemeinten - Äußerungen auf die Palme zu bringen. Sie hat schon so viel erlebt, weigert sich aber dennoch heftig, daran zu glauben. Obwohl sie es in ihrem Innersten genau weiß, dass die Außerirdischen existieren.

"Mulder, das ist jetzt schon die fünfte Freitagsdemo, durch die du mich schleppst. Was soll das noch bringen? Das ist doch wieder völlig überzogen von dir, dass diese Kinder und Jugendlichen von Außerirdischen gelenkt werden, um unsere Politiker als unfähig darzustellen und gegen durch eingepflanzte Chips manipulierte Leute auszutauschen."
Scully musste schreien, da die Demonstranten in diesem Moment wieder ihre Parolen laut von sich gaben. Hunderte Stimmen, die Umweltschutz fordern. Scully ist genervt. Sie könnte jetzt gemütlich in ihrem Büro sitzen und den Papierkram erledigen.
"Nein, Scully, das ist nicht überzogen. Die jungen Leute heutzutage sind doch normalerweise alle Smombies. Sie nehmen ihre Umwelt überhaupt nicht mehr wirklich wahr, weil sie andauernd auf ihre Smartphones starren und in allen möglichen Social Media-Plätzen alles posten, was niemand wissen will. Was übrigens auch ein geschickter Schachzug der Infiltranten war. Sie leben in ihrer virtuellen Scheinwelt, anstatt dass sie leben, im realen Leben, sich annähern, in Kneipen gehen, erste Flirtversuche starten und in dem Alter nicht interessiert sind an irgendwelchen Umweltverschmutzungen."
"Aha. Und mit Deinem seltsamen Gerät glaubst du nun, die Chips in den Köpfen dieser jungen Leute aufspüren zu können."
"Auf jeden Fall! Es funktioniert, du wirst es erleben. Kein Bangen, ich bin mir sicher! Das Gerät wurde von den Lone Gunmen entwickelt."

Scully rollt die Augen und grinst. Sie kennt die Spinnereien Mulders zu gut und weiß inzwischen damit umzugehen. Er wird eine Weile enttäuscht sein, aufgeben wollen und zweifeln. Aber bald danach wieder aufstehen und sich erneut auf die Suche machen.

Sie lassen sich weiter mitziehen im Strom der Demonstranten bis plötzlich ein Knattern ertönt. Es kommt aus diesem ominösen Gerät, das Mulder zum Aufspüren der Chips benutzt. Es schlägt aus bei einem Jugendlichen neben ihm.

"Scully! Schau, das Gerät schlägt Alarm! Das ist einer, direkt neben mir! Wir müssen ihn festnehmen und untersuchen!"
"Mulder ... langsam. Das können wir nicht, wir sind nicht offiziell hier."
"Aber schau doch, es ist eindeutig!"
"Mulder ..."

Wie aus dem Nichts steht plötzlich ein Mann im schwarzen Anzug vor ihnen. Er hat eine dunkle Brille auf der Nase und ein seltsames Gerät in der Hand, das irgendwie an einen Vibrator erinnert. Er drückt einen Knopf daran und ein heller Blitz blendet die beiden.

"Scully, wie kommen wir hierher?"
"Ich weiß es nicht, Mulder."
"Warum sind wir hier, unter all diesen demonstrierenden jungen Leuten?"
"Auch das weiß ich nicht, Mulder."
"Ach, weißt du was, Scully? Wir gehen in den Park, dort blühen die Maiglöckchen so schön, wir machen uns einfach einen schönen Tag."

*zwinker*
*********ynter Frau
9.578 Beiträge
Engelchen: *top*
Ich liebe Akte X! *anbet*
**********Engel Frau
25.346 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ich auch! *gg*
red
*******tee Frau
7.155 Beiträge
Sorry
hab die Zeit verschwitzt, hier kommen die 8 Worte:

1. Frühling
2. hadern
3. unparteiisch
4. spüren
5. zweifeln
6. Transzendenz
7. Antrieb
8. Vertrauen

*hutab* Habe die Ehre
Habe ich es doch geahnt, dass diese schulschwäntzenden Kids einer bildungsfernen Klasterkolonie von HubschrauberEltern, die gar nicht mehr wissen wie ein Büxenöffner funktioniert, von einer fremden Macht dirigiert wird ...
Das war ja voll zu befürchten!
Es lebe die Macht der Bananen und Banken! Danke Scully und bring mir ne Pizza das nächste mal mit! *wink*
It´s me!
*********ld63 Frau
8.190 Beiträge
Scully und Mulder... ich vermisse euch so sehr!! *liebguck* *love2*

Danke, Engelchen, für das Comeback der beiden!! *roseschenk*
*********ynter Frau
9.578 Beiträge
Eine Frage des Stils
Manchmal fällt es wirklich schwer, unparteiisch zu bleiben. Dann hadere ich mit der Rolle, die ich freiwillig in diesem Theater spiele und ich beginne zu zweifeln, ob ich selbst noch richtig ticke, weil ich mir das antue.
Es geht hier nicht um kleine Kinder, die sich gegenseitig schreiend und tobend mit Sand bewerfen oder sich ihre Schippchen klauen. Nein, es geht um vermeintlich Erwachsene und ihren Umgang miteinander in Zeiten des WorldWideWeb auf einer mehr oder weniger anonymen Datingplattform.
Bereits gegen Ende der kalten Regenzeit unserer Breitengrade spüre ich das Unheil in den lauer wehenden Lüften. Weiß, dass es bald wieder so weit sein wird, denn jeden Frühling passiert es mit einer gewissen Kontinuität.

Die ersten warmen Tage eines neuen Jahres, die Sonne scheint, Bienchen summen durch die Lüfte, Blümchen in zarten Farben verbreiten ihre süßen Düfte, der Wintermantel weicht einer leichteren Jacke und bei den Menschen fahren die Hormone Achterbahn. Eben noch gemütlich auf der Couch vom Winterspeck zehrend, wird im Nullkommanix umgestellt auf machtvolles Balzverhalten und aggressive Revierverteidigung, vor allem, wenn es jemand wagt, einem selbsternannten Alphawesen auf den Slips zu treten. Dabei kann sich das Ganze auch auf als hilflos erachtete „Frauchen“ erstrecken, die ja bekanntlich "unfähig" sind, ihre Angelegenheiten allein zu regeln. Über den Antrieb dazu möge sich jeder selbst seine Gedanken machen.

Anlass ist oft eine Kleinigkeit, zwar nervig, aber oftmals kaum der Rede wert. Ein Wort gibt das andere - im Netz traut man sich eher als einem von Angesicht zu Angesicht, die Gemeinheiten ins Gesicht zu schleudern - und plötzlich tobt Krieg. Da erlebe ich sie hautnah - die unzivilisierten Wilden im Nadelstreifenanzug bzw. im Kostüm. Sie gehen nicht mehr mit Fäusten aufeinander los, kein reales Blut spritzt und die Zähne bleiben wohlbehalten im Kiefer, denn sie halten sich selbst (und nur sich selbst jeweils!) für überlegen und stilvoll.
Verbale Krallen und Reißzähne werden ausgefahren und sich gegenseitig in das imaginäre Fleisch geschlagen, tiefe Wunden werden auf beiden Seiten in Herzen und Seelen gerissen. Und keiner will als Erster zurückziehen, denn schließlich hat man ja Recht! Egal, ob es tatsächlich so ist oder nicht.
Und ich stehe als eine von wenigen zwischen den Fronten, versuche die Verfeindeten möglichst höflich (denn dazu verdonnert mich das herrschende System) am Schlafittchen zu packen und in ihre jeweilige Ecke zur Auszeit zu schicken.

Zu Beginn der virtuellen Streitigkeiten vertraue ich noch darauf, dass die sich bekämpfenden Alphas wieder beruhigen, schließlich behaupten sie in regelmäßigen Abständen, Stil zu haben und davon reichlich. Logisch wäre also, dass sie Argumenten gegenüber aufgeschlossen sind, ihnen die Regeln der Höflichkeit zumindest bekannt sind oder den Spruch vom Klügeren, der nachgibt, gehört haben. Doch falsch gedacht – wo aufgeputschte Hormone sinnlos walten, da kann sich kein Frieden im inneren gestalten (sehr frei nach Schiller). Der Vermittler redet sich den Mund fusselig, geht dazwischen, steckt verbale Hiebe ein und verzweifelt allmählich. Selbst die geduldigsten Menschen stoßen nun an ihre Grenzen.

Schließlich, wenn die Kräfte schwinden und die Nerven auf beiden Seiten in Fetzen hängen, könnte man denken, dass es nun gut ist. Wie bei Autos, deren Motoren ihr Leben aushauchen und ausrollen. Doch wieder falsch gedacht - nichts ist zäher als verletzte Eitelkeit und das Beharren auf seinem vermeintlichen Recht. Derjenige, der zuvor am meisten auf den miesen Stil der anderen verwiesen und darauf herumgeritten hat, trägt nun den Streit unter seinem Standpunkt an einen neutralen Ort und stellt ihn dort zur Diskussion. Aha - das ist also der "bessere" Stil?

Da setze ich lieber auf Transzendenz *omm*
Das ist so wahr, und leider nicht nur im Netz. Auf dieses Phänomen trifft man überall!
*********ynter:
Da setze ich lieber auf Transzendenz *omm*

Auch die Transzendenz kennt die Götterdämmerung und den Scheiterhaufen, @***be Nina ...

Und Du kriegst es nicht raus - aus den Menschen;
Nur manchmal - leise - weht eine kleine Hoffnung.
*********2016 Mann
2.250 Beiträge
“Zimt und Sahnesterne”
Diese Geschichte erzählt über einige Erinnerungen des Ludger Rosenbaum, seine Kinder und Jugendzeit betreffend. Klopft zartfühlend an Geschehnisse, welche den heute sechzigjährigen immer noch berühren, gefangen nehmen und einen geliebten Menschen immer wieder vor seinem geistigen Auge erscheinen lassen.

Der Frühling ist hereingebrochen. Plötzlich und quasi über Nacht war er da, badet Mensch und Tier in Wärme, erfüllt sie mit neuer Lebensfreude nach tristen und kühlen Wintermonden. Mensch und Tier erwacht, die Natur erfreut mit frischer Blüte. Ludger Rosenbaum ist auf dem Wege zum Friedhof. Schon viel zulange war er nicht mehr dort. Irgendwie seit Jahren nicht mehr. Immer war etwas anderes wichtiger. Manchmal fehlte auch einfach der innere Antrieb. Immerhin ist Ludger nicht mehr so ganz der Jüngste. Der liebe Alltagsstress und sein Beruf in Wechselschicht fordern unaufhaltsam ihren Tribut. Dazu die üblichen Maleurchen des Lebens. Aber heute hat sich Ludger endlich die Zeit genommen. Das Hadern und Zweifeln der letzten Tage und Wochen ist vorbei. Der alte Daimler, welcher Ludger schon seit vielen Jahren begleitet rollt langsam auf dem Parkplatz des Friedhofes aus. Riesige alte Platanen beschatten die Parkfläche und schirmen den kleinen Friedhof wie eine gewaltige grüne Mauer ab, trennen ihn vom Straßenlärm und den hektischen Umtrieben des wuchernden Lebens. Langsam geht Ludger los, in der rechten Hand einen großen Strauß Frühlingsblumen. Ein bunter Gruß für die liebe Verstorbene, seine Großmutter Barbara, von der ganzen Familie liebevoll Oma Bärbchen genannt.

Und wie so oft geschieht es auch in diesem Moment auf dem Weg zur Grabstätte, welche in etwa mittig des Friedhofes liegt: Ludgers Gedanken wandeln sich von der Jetztzeit in die Vergangenheit, springen fast fünfzig Jahre zurück. Der kleine Ludger ist wieder zehn und schaut voller Vertrauen zu seiner Oma auf. Die beiden stehen in der langgestreckten Küche. Die Sonne brennt auf dem Glasdach des Raumes. Die Tür zum kleinen Garten steht weit offen. Alles wirkt altbacken, die Möbel abgenutzt, die Scheiben des Daches am Rande von grünen Schlieren überzogen. Aber für Oma Bärbchen und den kleinen Ludger ist es einer der liebsten Orte im ganzen Haus. Nur noch überboten von dem kleinen Tabakwarenladen, welcher den vorderen Raum des Erdgeschosses einnimmt. Auch Süßigkeiten gibt es hier und Kaugummi. Bonbons aus den großen Glasbehältern, einzeln oder auch abgewogen, in kleinen weißen Papiertütchen. Im Sommer auch Eis, heutzutage vom Lieferanten gekauft. Aber die Uroma hat es noch selbst gemacht, weiß Ludger vom Erzählen seiner Oma her. Die alte Eismaschine steht im Keller, eine geheimnisvolle Maschinerie. Überhaupt, die Küche und der kleine Laden ist Oma Bärbchens erhabenes Reich. Ludgers Mama darf die heiligen Hallen meist nur zu Handlangerdiensten betreten. Ein Umstand, der nicht nur Heiterkeit, sondern auch manchen Verdruss in der Hausgemeinschaft hervorbringt. Ludger sieht das allerdings aus Kinderaugen und eher gelassen. Oma kocht gut und im Laden gibt es immer ein paar süße Kleinigkeiten abzustauben.

Noch mehr jedoch als das Kochen ist das Backen Omas Steckenpferd. Ob Cremetorten oder Obstkuchen, trockene Gugelhupfe oder Marmorkuchen, Kekse und Plätzchen, all dies hatte Oma Bärbchen im Repertoire und alles geradezu himmlisch lecker. Die geschmackliche Transzendenzlag weit jenseits aller gedachten Grenzen und gegenständlichen Erfahrungen mit Gebackenem von Anderen, inclusive der Backwaren aus der Dorfbäckerei. Omas Kuchen waren einfach unschlagbar. „Sonntags gibt es immer Kuchen,“ war einer von Oma Bärbchens Lieblingssprüchen und Ludger staunte wie viele Sonntage so eine Woche manchmal hatte. Eine Marotte allerdings pflegte Oma sehr fürsorglich. Sehr oft wurde Zimt mit in das köstliche Backwerk verarbeitet und Sahne wurde nie einfach so obenauf gelegt, sondern mit der Sahnespritze zu kunstvollen großen und kleinen Sahnesternen gestaltet. Eine Einzelheit, die Ludger auch heute noch bildlich vor Augen steht. Unparteiisch wurde dann auch der Kuchen verteilt, das größte Stück bekam immer Ludger. Bei vielen Dingen war die Liebe der Oma zu dem kleinen Enkel zu spüren. Auch oder gerade ganz besonders in den kleinen Geheimnissen, die die beiden hegten. Zum Beispiel deutlich längeres Fernsehschauen am Wochenende als die Eltern Ludgers gestattet hatten. Erdnüsse knabbern bei den Western mit John Wayne und ähnliches.
Ludger sieht seine Oma vor sich. In der meist blauen, brauen oder grünen Kittelschürze und ihrem gutmütigen Gesicht. Mit Mehlbestäubten Unterarmen beim Backen. Mit dem Probierlöffel in der Hand, wenn es ums abschmecken von Speisen ging. Oder hinter ihrer Ladentheke, im Gespräch mit der Kundschaft. Es wurde noch angeschrieben im Laden und viele zahlten erst Ende der Woche, wenn es wieder die Lohntüte gab. Auch die Wachstumspflege seines Sparschweines ist Ludger in bester Erinnerung. Oma Bärbchen spendierte jeden Wochentag eine DM, Samstag sogar zwei, an Sonn- und Feiertagen drei. Jeden Abend beim Gute Nacht sagen. Viele Jahre lang. Alle paar Monate spazierte Oma Bärbchen mit ihrem Enkel zur Bank. Das Sparschwein wurde geleert und das angesammelte Geld aufs Sparbuch einbezahlt. Noch vieles mehr drängt sich nun in Ludgers Erinnerung. Das Geschichten vorlesen, das Erzählen aus vergangenen Zeiten. Längst hat Ludger seine Schritte angehalten, steht in seinen Gedanken versunken da, mitten auf dem Weg. Aber es stört niemanden, der Friedhof ist fast menschenleer. Dann erwacht Ludger aus seinem Tagtraum, wie aus einem tiefen Schlaf. Lächelnd lenkt er seine Schritte noch einige Dutzend Meter weiter und erreicht Oma Bärbchens Grab.
„Hallo liebe Oma, ich war lange nicht mehr hier. Entschuldige bitte, es gab so viel zu tun und mir sind einfach die Jahre weggelaufen. Aber ich mache es wieder gut und komme nun öfter hierher.“ Ludger stellt seinen Blumenstrauß in die große Vase, holt frisches Wasser und reinigt das Grab von einigem daher gewehten Laub. Nachdenklich schaut Ludger auf die Inschrift des Grabsteines. Über dem Stein scheint das gütige Gesicht seiner Oma Bärbchen zu schweben und er vermeint ihre Stimme zu hören.
„Alles gut, mein lieber Junge, jetzt bist du ja da. Magst du immer noch so gerne Zimt und Sahnesterne?“
Tränen rinnen aus Ludgers Augen. Gerne würde er nochmal die Zeit zurückdrehen und noch einmal mit seiner Oma Bärbchen in der Küche, im Garten oder im Laden stehen. Allein es bleibt die Erinnerung.
„Ja, Oma Bärbchen, ich mag immer noch so gerne Zimt und Sahnesterne,“ antwortet Ludger mit belegter Stimme. Noch lange steht er an der Grabstätte, versunken in seine Gedankenwelt. Dann nimmt er Abschied und verspricht bald wiederzukommen.

Kamasutra 26.03.2019
*******iva Frau
1.045 Beiträge
Heimkehr – Umkehr und ein neuer Weg mit 16 Wörtern ;-)
Inmitten der Einsamkeit des norwegischen Gebirges, ca 20 km von Mo i Rana am Ende des Ranfjords entfernt, liegt Peter Johansens kleines Paradies. Geheimnisvoll und dunkel bettet sich der Gebirgssee in das kleine unbewohnte Tal. Umgeben von einem dichten Wald und massiven Hängen, ist es nur zu Fuß zu erreichen. Peter Johansen hat diesen wundervollen Flecken Erde vor einigen Jahren für sich entdeckt, auf seiner Suche nach Ruhe und innerem Frieden nach seinem Zusammenbruch. Doch erzählen wir der Reihe nach.

Peter Johansen, Mitte 40, groß, breitschultrig mit blonden Haaren und blauen Augen, die er seiner nordischen Herkunft schuldete, war stolz auf das, was er geschaffen hatte. Aus seinem kleinen Ein-Mann-Betrieb hatte er ein Unternehmen geschaffen mit über 5000 Angestellten. Sein Leben gehörte der Arbeit. Für Familie war da keine Zeit. Er war ein absoluter Lebemann. Seine schicke Penthouse Wohnung in der teuersten Gegend Münchens, sah er nur selten. Er jettete durch die ganze Welt, immer auf der Jagd nach neuen Geschäften, um seinen Reichtum zu vergrößern. Alkohol, Zigaretten, Sex waren seine einzigen Hobbies. Ein Lebemann mit ständig wechselnden Frauen an seiner Seite. Ein seelenloser Smombie, der bis tief in die Nacht noch auf dem Smartphone seinen Börsenspekulationen nachging. Die Macht des Geldes war sein einziger Antrieb. Dann kam der Tag, der mit einem Schlag alles veränderte. Es war ein heißer Sommertag, die Klimaanlage des hochmodernen Bürokomplexes war ausgefallen. Sie hatten die Fenster auf Durchzug geöffnet. Von draußen Drang der Lärm der Freitagsdemozu Ihnen herauf. Ein schwarzer Freitag für ihn. Der 13. August. Dieses Datum hatte sich in seinem Gedächtnis eingebrannt. Ein kleiner Fehler im Chipdes Firmen-Servers und er hatte von einer Sekunde auf die andere Milliardenverluste eingefahren. Er spürte einen Stich in der Brust, dachte noch kurz an einen beginnenden Katarrh, dann überzog ihn Dunkelheit…

Er lag auf einer blühenden Frühlingswiese. Sanft kitzelten Sonnenstrahlen sein Gesicht und hüllten ihn in ein warmes Licht. Eine durchscheinende Gestalt von überirdischer Transzendenz schwebte in einiger Entfernung über ihm. Sie strahlte Wärme und Vertrauen aus. „Du erhältst eine zweite Chance! Zweifele und bange nicht. Ergreife sie und gehe voll Mut und Hoffnung einen neuen Weg! Erkenne Dich selbst und den wahren Wert des Lebens. Sei unparteiisch, objektiv und voll innerer Liebe, dann wirst Du es erkennen …“ Die Stimme verklang, er wollte nicht weg von diesem himmlischen Ort, doch irgendetwas zerrte an ihm. Er vernahm ein seltsames Knattern, dann durchzog ein Zucken seinen Körper.

„Er ist wieder da!“ Um ihn herum fremde Gesichter in weißen Kitteln. Eine Hand legte sich beruhigend auf seine Schulter. „Sie hatten einen Herzinfarkt. Aber keine Sorge, wir bekommen sie schon wieder hin!“ Die Stimme des jungen Arztes klang optimistisch und voll Wärme.

In den kommenden Wochen und Monate der Rekonvaleszenz haderte er oft mit seinem Schicksal. Durch den Infarkt war er halbseitig gelähmt. Von seinem Vermögen war nur wenig übriggeblieben aber das eigentlich Erschreckende war, dass die Menschen, die er als seine Freunde bezeichnet hatten, sich von ihm abwanden. In Zeiten der Not erkennt man wahre Freunde … nur er hatte keine! Körperlich machte er Fortschritte, dank seines hervorragenden Physiotherapeuten Lasse Andersen, seelisch jedoch war er ein gebrochener Mann. In langwierigen und schmerzhaften Sitzungen, wurden zwischen Lasse Andersen und ihm schnell auch persönliche Berührungspunkte gefunden. Lasse hatte, genau wie er selbst, norwegische Wurzeln und erzähle oft und bildreich von seiner Heimat. Von der Einsamkeit und der Schönheit der Natur. Vom Gefühl der Freiheit und des Loslassens. In Peter Johanson reifte nach und nach ein Entschluss: Einmal wollte er noch seine Heimat sehen. Norwegen, das Land, das er vor vielen Jahren verlassen hatte, weil er hier kein Fortkommen sah. Er erinnerte sich an seinen Großvater, einen wettergegerbten Mann, den er nur einmal in seinem Leben gesehen hatte. Kurz vor seinem Zusammenbruch hatte ihn die Nachricht erreicht, dass sein Großvater gestorben sei und ihm ein Stück Land hinterlassen hätte. Es hatte ihn einfach nicht interessiert aber nun war es vielleicht der Wink des Schicksals. Er sehnte sich nach Ruhe, Einsamkeit zum Nachdenken. Vielleicht würde er das dort finden, in der Abgeschiedenheit Norwegens.

Wie magisch angezogen von dieser Idee, machte er sich auf den Weg, zunächst nach Mo i Rana, wo er früher mit seinen Eltern gelebt hatte. Sie waren lange tot. Gestorben ein Jahr nachdem er seiner Heimat den Rücken gekehrt und nie wieder dahin zurückgekehrt war. Sein Vater hatte es ihm nie verziehen. Die täglichen Anrufe seiner Mutter wurden nach und nach weniger, wohl weil sie spürte, dass es für ihn mehr eine Last als ein Bedürfnis war, mit ihr zu sprechen. Zu sehr war er mit seiner Arbeit beschäftigt. Das Gefühl von Scham und Traurigkeit schnürte ihm die Kehle zu. Mit dem schwedischen Geländewagen, den man ihm hier empfohlen hatte, machte er sich auf den Weg zum Grundstück seines Großvaters. Die Straße endete an einem steilen Hang. Vor ihm lag ein kleines Tal. Das Tal seiner Vorfahren. Das dunkle Wasser des kleinen Sees schimmerte, wie mit Sternen übersäht in der Sonne. Die kleine Insel inmitten des Sees, glich einem strahlenden Herz. Langsam stieg er die unbefestigte Treppe hinab. Immer näher und immer größer wurde das Tal. Der See lag tief grün aber freundlich vor ihm. Dunkle Tannen gaben dem See seine Farbe. Geschützt unter den Bäumen erkannte er eine kleine Hütte, die trotz ihres Alters, einen einladend gemütlichen Eindruck machte. Die Tür war unverschlossen und so trat er ein ….


Fortsetzung folgt … *zwinker*
Sodo 8 Mila, Miez und Jade
Die nächsten Tage sieht Mila Loup nur hinter Glas im Bilderrahmen auf ihrem Nachttisch. Er ist mit Ponton am Ozero Girvas. Dort hat der Generalstab über Satellit verdächtige Aktivitäten ausgemacht. Jade hat Ponton, den Wassermutant mit seiner Piezotechnik über eine Erzader direkt in den See transportiert und sich dann zum Kontakthalten in eine Höhle am Ostufer zurückgezogen.
Loup musste über den Landweg dorthin. Da ist er sicher nicht vor vier Tagen zurück. Es ist zwar von Tulppio, ihrem Stützpunkt nur etwa fünfzig Kilometer entfernt, doch die Vorsicht zwingt zu langsamem und aufmerksamem Vorrücken. Obwohl es Frühling ist und überall Grünes heraus sprießt, ist das meiste Gehölz hier oben noch kahl und man kann den Wolfsmenschen in flachem Gelände auch ohne Infrarot schon von Weitem sehen.

Nicht dass sie Angst um ihn hätte. Schließlich ist er kein Smombie, der mit gesenktem Kopf herumläuft und Bildschirme anstarrt, statt die Sinne für die Realität offen zu halten. Mit seiner Wolfsnase kann er den Pups einer Haselmaus bis zum Horizont zentimetergenau orten. Kein Wunder, dass er immer wieder gerne hierher in die Wildnis zurückkommt. In der Stadt muss es die Hölle für ihn sein. Geruchlich. Vielleicht hat er beim Heimaturlaub deshalb jedesmal einen Katarrh. Nein - um ihn muss sie sich nicht bangen. Dann schon eher um sich selbst.

Seit gestern trainiert sie gemeinsam mit Miez, dem Fallschirm mit Krallen und Dragon, der lebenden Mikrowelle. Zum Glück sind beide wahre Leichtgewichte, denn sie muss sie gemeinsam auf über zweihundert Meter tragen und über einer Lichtung freigeben, sprich fallenlassen. Miez wiegt etwa zehn Kilo, sie hat nur die Statur eines stattlichen Katers und Dragon kann sich neben seiner beänstigenden feurigen Fähigkeit auch noch so schrumpfen, dass er dann die Größe und das Gewicht einer mittleren Wassermelone hat. Beide zusammen bekommt sie gerade noch in die Höhe getragen.

Wenn sie sie oben hat, lässt sie die Beiden los und sie rauschen wie eine Kanonenkugel senkrecht nach unten. Anfangs sah Mila dank ihrer Phantasie und ihres ausgeprägten Bilddenkens Dragon schon am Boden in tausend rote Teilchen zerspringen, doch Miez faltete sich auf halber Höhe blitzschnell auseinander. Es begann laut zu knattern und kurz darauf schaukelte sie mit Dragon fast in Zeitlupe zu Boden. Miez kann ihren Flug sogar so geschickt steuern, dass Mila die Zwei ein ganzes Stück entfernt vom Zielpunkt freigeben kann. Selbst in einem lockeren Wald kann sie landen, ohne Gefahr zu laufen, in den Ästen hängenzubleiben.

Am Abend des ersten Trainingstages hatte Mila solch einen Muskelkater, dass sie glaubte jedes einzelne Muskelfaserchen in ihrem Rückens zu spüren. Doch jetzt am dritten Tag fühlt sich ihre Flugmuskulatur so stark an, als wären sie aus Federstahl. Sie geht ab, als hätte sie einen Raketenantrieb. Hatte sie anfangs zu zweifeln begonnen, die beiden je auf die geforderte Höhe tragen zu können, würde sie sie jetzt sicher direkt über den Himalaja tragen.

Okay, das ist vielleicht überzogen. Doch die Tatsache, dass das Selbstvertrauen in ihre Fähigkeiten von Stunde zu Stunde steigt, verwandelt das Hadern des ersten Tages in pure Begeisterung und in fast schon so etwas wie Transzendenz. Noch nie hat sie sich vorher so stark und frei gefühlt. Im ersten Moment, nachdem sie Miez und Dragon losgelassen hat, wenn die Last plötzlich weg ist, fühlt es sich an, als ob sie augenblicklich in den Sternenhimmel hineingezogen würde. Dann muss sie sich furchtbar beherrschen, um nicht einen wilden Jubelschrei loszulassen.

Schließlich werden die späteren Einsätze nicht gerade ungefährlich. Diejenigen, die sie sähen, wären garantiert nicht unparteiisch. Was ihnen bei einer Entdeckung blühen würde, hatte sie der Kommandeur bei der letzten Besprechung, ihrer wöchentlichen Freitagsdemo überaus wirkungsvoll fühlen lassen. Der schwache Reizstrom, nur Millisekunden über ihren Kommunikationschip freigesetzt, hatte bei ihr augenblicklich unsägliche Schmerzen verursacht. Schmerzen, die sie im Ernstfall augenblicklich abstürzen ließen. Also muss sie nun lernen, diese wilde Lust zu zähmen und nur dann rauszulassen, wenn es nötig oder sie willkommen ist.

Loup hat da garantiert nichts dagegen - wenn sie ihm dabei keine wichtigen Körperteile abbeißt. Sie grinst. Es könnte sinnvoll sein, einen Teil dieser Energie zu speichern. Garantiert wird es in der Zukunft Notsituationen geben, in denen diese zusätzliche Energie mehr als willkommen ist!
@
@******aux
Kenn zwar nicht den Schnulli von Sculli - aber deine rede klingt überzeugend! *bier*

@*********ynter
Das ist 1 zu 1 des Moderaten Los. Man sollte ihnen ihren Sti(e)l über die Holzköpfe ziehen *troest*

@*********2016
Wenn es jemand schafft, mir zimterne Tränen der Rührung in die Augenwinkel zu zaubern, bist Du es mit deinen gefühlvoll beschriebenen Szenen und Charakteren! *spitze*

@*******iva
Welch mutmachende Heimkehr! (erinnert mich an den Film: Wie im Himmel - Ich glaube, der würde dich begeistern!) *bravo*
red
*******tee Frau
7.155 Beiträge
Vielen lieben Dank euch für die schönen Geschichten mit meinen Worten *g* *blumenwiese*

und hier kommt meine Geschichte, heute entstanden *zwinker*


Ein Atemzug

Es ist Frühling, ich sitze auf der Terrasse, mein Blick richtet sich auf die Blumen, die die Terrasse einrahmen. Die Sonne strahlt alles unparteiisch an, die Blumen, die Insekten und die Menschen. Ich nehme einen tiefen Atemzug, verharre in diesem Moment, nehme meine Umgebung wahr. Die Blumen leuchten in gelb, orange, purpur und weiß. In einer Blüte tanzt eine Biene in den Pollen, wie in einem Rausch. Während ich einatme, wirbelt sie mindestens 10 mal um sich selbst herum. Wahrscheinlich ist sie in einem Pollennirwana, in einem Glücksrausch. Die Sonne wärmt mir das Gesicht, blendet mich, ich schließe die Augen. Spüre, wie die Wärme durch meine Haut tiefer in mich eindringt, mich auch innerlich wärmt. Ich genieße diesen Augenblick, höre das Summen der Bienen, das Rauschen der Blätter im Wind, Vögel zwitschern fröhlich. Der Duft von frischen Trieben des Eukalyptus liegt in der Luft.
Die Stimme meines Liebsten kommt mir in den Sinn, wie er mir etwas Schönes zuflüstert. Ich atme aus und spüre ein Glücksgefühl, das mich durchströmt. Die Biene angetrieben von dem Duft der Blüten, fliegt zur nächsten Blüte. Das Verharren in diesem Moment führt mich in eine transzendentale Ebene in dem die Zeit still steht und es nur noch dieses Glücksgefühl gibt. Indem ich keine Zweifel mehr habe. In diesem Moment ist das Vertrauen, auf das was ist und was sein wird einfach da. Kein hadern stört hier das Sein.

© Aphroditee, 31.03.2019
****59 Frau
3.102 Beiträge
Heute
geht die Runde an mich *mrgreen*

Die neuen 8 Worte:

Wecker
Verkehr
Herz
Buddha
biegen
lachen
pfeifen
quälen

Viel Spaß,

Devi
Sodo 9 - Der Unglückshäher
Zuhause hatte Mila immer einen Wecker gebraucht. Manchmal war er nach einer halben Stunde von selbst wieder ausgegangen. Ab und zu war sie nicht einmal aufgewacht, wenn zur Mittagszeit der Postmann klingelte, um ein Päckchen für die Nachbarn abzugeben. In der Vergangenheit hatte sie es auf ihre vollständig geschlossenen Rollläden geschoben, doch hier ist ja das halbe Jahr Nacht. Es leuchtet keine Straßenlaterne vor ihrem Fenster. Kein morgendliches Verkehrschaos mit dem typischen Brandungslärm nervt, wenn die halbe Stadt versucht, noch rechtzeitig zur Arbeit zu kommen und es gibt auch keinen Postler, der an ihre Tür bollert. Die Post hier wird im Büro abgegeben, wo jeder sein Fach hat und einmal die Woche nachschaut, ob etwas Amtliches drinsteckt. Die meisten Posts kommen sowieso allermeistens per Brainmail über den Chip.

Wieso, zum Teufel, wacht sie also hier jeden Morgen um halb Sechs auf? Welcher Teil von ihr will sie damit quälen? Gut - das Pfeifen des Unglückshähers jeden Morgen vor ihrem Fenster ging ihr Anfangs schon auf die Nerven. Perisoreus infaustus krächzt eigentlich nur, doch Rabenvögel sind gelehrig und der letzte Bewohner ihrer Hütte war wohl ein Spaßvogel gewesen. Er hatte den zutraulichen Vogel gefüttert und ihn mit der Melodie von "Kuckkuck, Kuckuck ruft´s aus dem Wald" gelockt. Und nun antworten dem Vogel jeden Morgen alle ansässigen Kuckucke. Ein Ting der Singvögel direkt neben dem Nest eines Raubvogels. Besser könnten sie es nicht treffen!

Doch das weckt sie nicht. Zu dieser Stunde ist sie schon lange wach und sitzt vor ihrem Buddha, der zusammen mit einer Druse und einem brennenden Räucherstäbchen auf ihrem Altar in der Zimmerecke thront. Anfangs fühlte sie sich durch dieses mickrige Federvieh beim Öffnen ihres Herzchakra gestört. Ihr Falkenteil hätte allzugerne kurzen Prozess mit dieser Beute gemacht. Je mehr sie sich darauf konzentrierte, das Pfeifen auszublenden, desto lauter wurde es und desto tiefere Furchen zogen ihre Krallen in den Holzboden. Sie besorgte sich Ohrenstöpsel und als das auch nichts half, setzte sie sich altmodische Kopfhörer auf und stellte ihre Lieblingsmusik von Valravn besonders laut.

Zwecklos!
Das Kuckkuck, kuckkuck kam aus allen Richtungen, wurde immer lauter und zwang sie schließlich lachend aufzugeben. Es wäre wirklich gelacht, wenn eine Falke sich durch ein paar mickrige Singvögel aus der Ruhe bringen ließe! Nun atmet sie im Kinderliedrhytmus und schaut innerlich zu, wie der wilde Groll und der Drang, augenblicklich dieses aufdringliche Federbündel zu zerfetzen, in kleine konzentrische Kreise ausläuft, das Blutrot sich in ein Hellgrün verwandelt und sie friedlich aber hochkonzentriert zurücklässt - bereit für weitere lehrreiche Übungen mit ihren Gefährten und hoffentlich bald einem richtigen Einsatz.

Der Kommandant hatte letzte Woche schon etwas angedeutet, aber noch nichts weiter verraten. Nur, dass ihre Fähigkeiten bei diesem Einsatz besonders wichtig sein werden.
Vielleicht sind es gerade diese Spannung und die ihr bisher unbekannte Freude, unter Ihresgleichen all ihre Talente zeigen zu dürfen, die sie hier sogar gerne früh aufstehen lassen?

So lebendig wie hier hat sie sich jedenfalls in ihrem ganzen Leben nicht gefühlt!
****59 Frau
3.102 Beiträge
@ Olove
Deine Geschichte mutet wieder "sphärisch" und futuristisch an. Genial, wie du die Worte verpackt hast (wobei ich ein kleines, klitzekleines, klitzeklitzekleines Wörtchen vermisse, nämlich "biegen". Das tut der Geschichte aber gar keinen Abbruch!)
Klasse und toll geschrieben. *spitze*

Devi
Mist,
habe es rauskorrigiert.

... Freude, sich nicht mehr verbiegen zu müssen, ...
• da schien mir der Satz zu lang zu werden.

Aber vielen Dank für das schöne Lob!
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