Traumland
TraumlandWenn ich hier in meiner verstaubten Wohnung sitze und auf die nächste Hauswand starre, damit ich die schmutzige Wäsche und das dreckige Geschirr nicht zur Kenntnis nehmen muss, dann träume ich mich weg von hier.
Ich träume mich in die weite Polderlandschaft Nordhollands.
Wolken hängen so bleiern über den Poldern dass ich ahne, warum die Kelten Angst hatten, der Himmel könne ihnen auf den Kopf fallen. Sie spiegeln sich in den Tümpeln, Teichen, Wassergräben und Pfützen auf denen sich Scharen von Vögeln tummeln.
Hier weht immer der Wind. Hier kann ich atmen. Aufatmen. Mir frische Gedanken in den Kopf pusten und die Haare zerzausen lassen.
Der Wind lockt mich mit dem verführerischen, süßen Duft der letzten noch blühenden Dünenrosen in die Dünen, die im warmen Abendlicht wie in Flammen stehen. Sanddorn überall. Sanddorn, Rosen und blaue Disteln. Ein Farbenrausch in Orange, Rosa und Blassblaugrün, der hungrig macht.
Aufgeregt fliegen die Möwen in Richtung Meer. Die Ebbe kommt und die Vögel erwarten schon gierig ihr Abendmahl. So wie auch ich nach dem Meer hungere, das nur noch ein paar Schritte durch die Dünen entfernt ist.
Hier lockt der Wind mich nicht mehr. Hier fordert er mich heraus, zum Spiel mit den Wellen, die er an den Strand peitscht. Ich tanze mit dem Wind und den Wellen auf dem nassen Sand, hüpfe auf und ab, wie ein Kind, wenn eine Welle ihren Meeresschaum um meine nackten Füße spült, weiche dabei Muscheln und Quallen aus, laufe mit dem Wind um die Wette. Ich lebe!
Das letzte Abendrot über dem Meer zieht meinen Blick in die Ferne und die Schreie der Möwen machen, dass irgendetwas an meinem Innersten zieht.
Ich sitze zuhause und starre die Wand an.