Warum ich wieder schreiben lernen will
Ich würde so gerne wieder schreiben.Aber mir fällt nichts mehr ein, worüber ich schreiben sollte.
Alles, was ich zu Papier bringe, ist Gejammere über mein Leben, mein Schicksal und darüber, dass ich eine Katastrophenbraut bin.
Wer will denn so etwas schon lesen?
Also ich nicht!
Geschichten und Märchen möchte ich schreiben, so wie ich es früher konnte. Damit konnte ich Menschen für ein paar wenige Momente in eine Phantasiewelt entführen. Das hat mich stolz gemacht.
Geschichten, die den Menschen ein positives Gefühl hinterlassen, so dass sie mir nach dem Vorlesen auf die Schulter klopfen und sagen: „Das hat mir gut getan!“ Das hat mich froh gemacht.
Geschichten, honigkuchengetränkt und voller Lebensmut will ich schreiben. Und nicht Abhandlungen darüber, wie übel mir das Leben mitgespielt hat. Denn das Leben spielt vielen Menschen übel mit und die gehen trotzdem erhobenen Hauptes durch selbiges. Das hat mich selbst mutig gemacht.
Geschichten, die Kindern Mut machen, ihr Leben zu meistern, will ich endlich wieder schreiben. Und nicht düstere Dystrophien, die Lebenskraft entziehen. Ich habe selbst zwei Kinder, denen ich Mut zum Leben machen möchte, einfach, damit sie glücklich werden. Das macht mich glücklich gemacht.
Geschichten, die Menschen zum Lachen bringen, will ich schreiben. Denn Lachen ist die beste Medizin, gegen allerlei Unbill des Alltags. Und sei es fürs Erste auch einfach das Lachen, das einem im Halse stecken bleibt. Das hat mich selbst fröhlich gemacht.
Geschichten darüber, wie man die Welt vielleicht ein klitzekleines Stückchen besser machen könnte, will ich schreiben. Vielleicht, um mich damit auszusöhnen, dass ich die Welt niemals verbessern konnte, obwohl ich mich doch immer für einen Weltverbesserer hielt. Das hat mich vielleicht manchmal besser gemacht.
Und irgendwann werde ich vielleicht wieder einmal eine wirkliche, eine echte, eine gute Geschichte schreiben.
© Rhabia 06-2017