Verdauungsförderndes Tippen...
ich liebe ja die To-do-and-not-to-do-Updates von Bruderherz, frage mich allerdings gerade, ob ich noch bei Omas Rezepten oder schon beim Saisonalen angekommen bin. Ist allerdings auch wurscht, denn eigentlich ist es beides.
Reden wir also von den glücklichen Hühnern meiner Kindheit. Die waren Bio, hießen aber nicht so, denn sie wurden einfach so gehalten, wie es schon immer üblich war. Als im Offland gebaut wurde, bestand meine Oma, die Kriegerwitwe, auf einen Stallanbau an der Garage. Nun war sie diejenige, die den Kredit aufnahm, weil sie als Kriegerwitwe günstigere Konditionen bekam. Hühner sollten es sein, aber meine Mutter weigerte sich kategorisch, das Gegacker zu ertragen, schließlich ginge das eheliche Schlafzimmerfenster in die Richtung, wohingehend ihre Schwiegermutter nach vorne raus und ein Stockwerk weiter oben, das alles nicht mitbekäme. Ich kenne diese Anekdote nur aus Erzählungen, denn das war mehrere Jahre, bevor meine Existenz konkret wurde. Das letzte Mal wurde sie mir bei meinem letzten Ausflug ins Offland erzählt und wenn ich mir die Dominanz der Oma vor Augen führe, dann müsste die Überschrift dazu lauten, "aber einmal habe ich mich durchgesetzt".
Wie dem auch sei, das Offland im engeren Sinne war huhn- und gackerfrei. Alle zwei Wochen fuhr mein Vater samstags in der Frühe einkaufen. Er war zuständig für die Bierkisten, die Sprudelkisten (Mineralwasser) und die Süße-Sprudel-Kisten (Limonade), die beim Getränkeverleger an der Rampe abgeholt wurden. Als Papa-Tochter durfte ich mit und mir eine gemischte Limonadenkiste zusammenstellen. Es gab: Zitronensprudel, Orangensprudel und ein knallrotes Zeug, das ich heiß und innig liebte, aber es wurde darauf bestanden, dass ich auch die anderen Sorten einpackte. Von dort ging es dann weiter zum Bauern, dort wurden zwei Paletten Eier geholt und in seltenen Fällen auch mal ein Brathuhn, dass man die Woche vorher bestellt hatte. Deswegen weiß ich, dass die Hühner sich gackernd, scharrend und vom Gockel beaufsichtigt auf großen Freiflächen aufhielten. Darum hießen sie familienintern "die glücklichen Hühner" und ich habe damals nicht nachgefragt, ob es denn auch unglückliche gäbe und wenn ja, wo man sie finden könnte, geschweige denn, wie man ihnen helfen könnte.
Zwei Paletten Eier macht ein Schock, gleich 60 Stück. Das klingt viel, relativiert sich aber, wenn man es auf 6 Erwachsene und Klein-Sylvie verteilt. Das ist, bezogen auf zwei Wochen, nämlich nicht mal ein Ei pro Tag, was wiederum bedeutet, dass es eierfreie Tage gab. Es wundert also vielleicht nicht weiter, wenn ich erzähle, dass "Eier in Senfsoße" praktisch jede Woche einmal auf dem Plan standen.
Man nehme pro Person ein hartgekochtes Ei, dazu Salzkartoffeln und Senfsoße. Die Senfsoße war ähnlich simpel wie die Tomatensoße: Margarine in den Topf, Mehl reinrühren, Wasser draufkippen bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist, ein paar Spritzer mittelscharfen Senf aus der Tube dazu, umrühren und fertig. Ich liebte das. Und ich liebe es noch heute, nicht wöchentlich, aber schon regelmäßig. Anders als beim neulich beschriebenen Milchreis habe ich jedoch am Senfsoßenrezept lange gefeilt, modifiziert und hin und her abgeschmeckt, um zu meinem persönlichen Genuss zu gelangen.
1. Gute Butter in den Topf und erwärmen bis kurz vor's Bräunen
2. Einen Spritzer Tomatenmark mitrösten, Honig drauf, schmurgeln und mit Weißweinessig ablöschen
3. Einen guten Schluck aus der Sahnepulle drauf und mit Buttermilch auffüllen
4. Senf, Salz, Pfeffer, Chilli gecruncht, Paprika edelsüß und Kurkuma dazu
5. Wenn die Eier gekocht und die Kartoffeln fast gar sind, Platte ausstellen und noch getrocknete Petersilie und Kerbel dazu
6. Anrichten und verputzen
Fertig ist das Sonntagsessen
Sylvie
P.S. Im meiner Erinnerung gab es nie genug Soße, so dass man immer nur stippen konnte. In meiner Welt gibt es Soße satt, damit man die Kartoffeln ordentlich zermatschen kann. Was damals natürlich unschicklich war...
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