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Seltene Begegnung

**********gosto Frau
16.051 Beiträge
Themenersteller 
Seltene Begegnung
Der Himmel an diesem Frühwintertag war hell und klar, fast weiß, mit der leisen Andeutung von Lichtblau, ein frischgewaschenes Betttuch. Die Tiere hatten ihre Morgenmahlzeit gefressen und gingen ihren Vormittagsgeschäften nach.

Die Katzen betrieben emsig ihre tägliche Fellpflege, die Bewohner des Putengeheges zupften die letzten Grashälmchen aus dem Boden, die beiden Hennen Weiße und Braune legten ihr tägliches Ei, während ihr Gefährte Hahn wichtigtuerisch den Fahrtweg auf und ab schritt. Sie waren die letzten Überlebenden einer einst vielköpfigen Hühnerschar, die von der Füchsin, die eine Höhle im Bahndamm bewohnte, an ihre stets hungrigen Welpen verfüttert worden war.

Perla und Romy, die beiden Mutterkühe, und ihre Kälber Putin und Lotta käuten ihr Frühstück wieder und hatten die großen Ohrmuscheln in Richtung Pferdekoppel gedreht, von wo sie ein Schieben und Scharren und den Klang von Metall auf Stein auffingen.

Auch die Pferde lauschten dem einzigen Ton, der in der sonntäglichen Stille zu hören war. Sie suchten auf ihren Futterplätzen die letzten Halme zusammen, während Jorind im Offenstall die Mistkarre belud.

Jetzt verstummte die Flachschippe, und die Frau erschien im Eingang. Bei der Arbeit war ihr warm geworden, sie zog ihren Parka aus und hängte ihn an einen Aststumpf des nächsten Hollerbusches. An die Mauersteine der Türöffnung gelehnt schaute sie sich um, sah die winterlich kahle Pappelallee entlang und genoss die Stille. Eine ganze Weile stand sie so und hing ihren Gedanken nach.

Eine leichte Bewegung auf der Erde ließ sie zu Boden blicken. Direkt neben ihren klobigen Stiefeln war ein winziger Vogel gelandet. Sie sah ein olivgrünes Federkleid, am Köpfchen einen intensiv orangegelben Streifen, der durch seine schwarze Umrandung noch an Leuchtkraft gewann.

Das wundersame Geschöpf war vom Schnabel bis zur Schwanzspitze nicht größer als ein Hühnerei! Vor Überraschung musste sie sich geregt haben, denn schon flog es auf, mit einem schwirrenden Flügelschlag und einem kaum hörbaren Flötenlaut war es aus dem Blickfeld verschwunden.

Jorind war bezaubert. Als sie wieder zuhause war, suchte sie aus den Bücherregalen alle Vogelbücher heraus, setzte sich mit dem Stapel in ihren Schmökersessel und versank in ornithologische Studien. Noch ganz im Bann dieser Begegnung nahm sie ihren Laptop auf den Schoß und fasste ihre Eindrücke zusammen.

Kleiner König (Regulus regulus)

Einmal nur sah ich dich
Für einen Augenblick
Neben dem Pferdestall
Dicht an meinem Stiefel.

Schnell wie ein Wimpernschlag
Schwirrtest du himmelwärts,
Hoch und fein die Stimme,
Zartester Flötenton.

Leuchtendgelb, orangerot,
schwarz umgrenzt das Krönchen,
Um dessentwillen du
"Kleiner König" genannt.

Gelbgrün das Gefieder,
Flügelbinde doppelt,
Passt du von Kopf bis Schwanz
Noch in ein Hühnerei!

Hoch in Nadelbäumen
Baust du dein Hängenest
Kugelförmig aus Moos,
Spinnweben und Federn.

Bleibst auch im Winter hier,
Während den Zwilling du,
Den sommerverwöhnten,
Mittelmeerwärts lässt ziehn.

Bliebst, scheuester Nachbar,
Eindrücklich mir im Sinn,
König der Winzlinge,
Wintergoldhähnchen.

Der Zauber dieser Begegnung hielt noch lange an. Jorind nahm ihr Fernglas auf die Ranch mit, schaute gebannt dem Treiben ihrer gefiederten Nachbarn zu, las in Bestimmungsbüchern nach, legte eine Liste der beobachteten Arten an. Es waren nicht allzu viele, die den Winter auf der Ranch verbrachten, aber immer noch weit mehr als sie mit Namen kannte.

(c) luccioladagosto
Hm, was sag ich dazu?
Interessant? Ja, sicherlich. Auch nicht schlecht geschrieben, finde ich. Es ist spät, ich bin gerade von der Arbeit nach Hause gekommen und da ist so ein netter, leichter Ausklang des Tages nett.

"Nett" ist ein Haßwort für mich. Seitdem das erste Mädchen, auf das ich scharf war, mir sagte, ich sei ein netter Junge. Und mit dem Nichtnetten ging ...

Liebe luccioladagosto, du hast deine Geschichte in die Schreibwerkstatt eingestellt und so hoffe ich, dass du mir nicht böse bist, wenn ich sie zum Anlaß nehme, etwas zu sagen, was auf viele Kurzgeschichten hier zutrifft. Es ist nicht böse gemeint, sondern soll einfach nur Anlaß zum Nachdenken geben. Eine der größten Eigenschaften eines Autors ist für mich die Fähigkeit, die Ego-Brille abzusetzen, die eigene Geschichte mit den Augen eines potenziellen Lesers zu sehen und sich zu fragen: "Wie bekomme ich ihn in diese Geschichte hinein? Wie kann ich ihn mitnehmen? Wie kann ich im ersten Satz, maximal im ersten Absatz, soviel Spannung erzeugen, dass der Leser UNBEDINGT das Ende erleben WILL?"

Das fehlt mir, nicht nur bei Deiner Geschichte. Doch du rettest dich zumindest mit Titel, der neugierig macht. Mir hat er gereicht, um bis zu Ende zu lesen. Hätte ich es nicht getan, wäre mir ein Schmunzeln entgangen. Danke dafür *schmunzel*. Aber trotzdem - die Spannung an den Anfang, bitte. *lach*
**********gosto Frau
16.051 Beiträge
Themenersteller 
Ganz lieben Dank für den Kommentar! Er gibt mir reichlich Stoff zum Nachdenken. Und sobald ich ein wenig Luft habe, werde ich den Anfang umschreiben.

Ich werde auch eine Beschreibung verfassen, was es mit dieser Geschichte auf sich hat, wie ich dazu gekommen bin und was ich mir dabei gedacht habe.

Heute erst mal so viel ... Beim Reinkopieren von OneNote sind mir die Kursivschreibweisen abhandengekommen. Das ist insofern bedauerlich, weil sich die Geschichte besser liest, fürs Auge, wenn die Namen der Tiere kursiv geschrieben sind.

Das wollte ich heute früh noch schnell verbessern, es war aber schon zu spät ... sobald der erste Beitrag dahintersteht, kann man nichts mehr am Text verändern (wie ihr wisst).
eyes002
******ace Mann
15.954 Beiträge
Gruppen-Mod 
Oooooooooookay,
gehen wir es an. Die Altvorderen wissen, bei mir gibt es zwei Möglichkeiten: Ducken oder bluten.
Der Himmel an diesem Frühwintertag war hell und klar, fast weiß, mit der leisen Andeutung von Lichtblau, ein frischgewaschenes Betttuch.

Ich nehme einmal gleich den ersten Satz. Im Gegenteil zu "Das Salz war alle", das neugierig macht und mir irgendwie ein Grinsen ins Gesicht treibt, geschieht mit diesem Schachtelsatz hier das genaue Gegenteil bei mir. Er stößt mich ab und das Ende des Satzes ist unstimmig. Hinter einem Doppelpunkt vielleicht....
Ich ahne, was du ausdrücken wolltest, aber es ruft irgendwie kein Bild hervor. Wie wäre es so:

Ein heller und klarer Frühwintertag. Der Himmel fast weiß, mit durchschimmerndem, hellem Blau mutete er an wie ein frischgewaschenes Betttuch.

Schachtelsätze killen den Lesefluss. Und verhindern klare Bilder im Kopf. Bei mir jedenfalls. Wenn ich jetzt so richtig gemein bin, zerreisse ich die Formulierung "Die Tiere hatten ihre Morgenmahlzeit gefressen". Was bitte sollen die Tiere mit ihrer Morgenmahlzeit sonst anfangen? Sorry, das musste sein.

Die ersten beiden Sätze lassen mich vermuten, dass du ein ländliches Stimmungsbild zeichnen möchtest. Wie eine Art idyllisches Gemälde. Aber das ist eine Ahnung von mir und leider nicht das umgesetzte Schreibtalent, dass einen Leser in den Bann und/oder in die erdachte Welt entführt. Wobei ich aber denke, dass die Basis dafür (Wolken, Tiere, ländlicher Friede) durchaus Potenzial hat.

Hier kündigst du auch lapidar an, dass die Tiere ihren "Beschäftigungen" nachgehen, verzettelst dich aber dann drei Absätze lang, das zu beschreiben. Eine Straffung bei gleichzeitiger Beibehaltung des idyllischen Bildes würde ich hier gut finden, um, gerade bei Kurzgeschichten, auf den Punkt zu kommen. Und das sind nicht die Tätigkeiten der Tiere, oder?

Jetzt verstummte die Flachschippe
Wusste nicht, dass die reden können *lol*. War ein Witz, aber auch keiner. Flachschippe.... sehr norddeutscher Slang, der nicht unbedingt stimmig ist. Hand hoch, wer im Süden kennt eine "Schippe"?

Mir ist aufgefallen, dass nicht alle Merkmale einer Geschichte erfüllt sind. Ich sehe den Text eher als eine Art Entstehung oder ein Bericht, wie es zur Ornithiologie kam. Da das einen hohen Wiedererkennungswert gerade bei mir hat, liest sich das wieder recht flüssig. Das Gedicht ist nicht gehäkelt nach dem Motto: "Reim dich, oder ich kill dich" sondern durchaus gelungen. Im Garten der Schwiegereltern begab es sich vor einiger Zeit, dass sich ein Rotkehlchen zu mir gesellte. Fast neben der Schaufel ("!") wartete sie geduldig und ohne Angst, dass ich neue Würmer ausgrub. Keine 30 cm entfernt. Das sind Begegnungen, die man nicht vergisst....


Tom
Aufgenommen mit einem Samsung S3
**********gosto Frau
16.051 Beiträge
Themenersteller 
Ich weiß zwar nicht, was du mit "Ducken oder bluten" meinst, aber ich werde mal versuchen, meinen Eingangssatz zu verteidigen. Meiner Meinung nach ist das nämlich kein Schachtelsatz (der bestünde aus einem Haupt- mit mehreren Nebensätzen), sondern eine Aufzählung, eine hingetupfte Malerei des Morgenhimmels - und für mich einer der schönsten Sätze im ganzen Text.

Nun ist es ja eine Binsenweisheit, dass ein Geschichtenerzähler seine Geschichten so schreibt, wie er sie gerne liest, dass seine Texte also in der Regel auch seinem persönlichen literarischen Gusto entsprechen. Deshalb sei mir gestattet, auch meine Geschichte in dem Duktus zu halten, wie es mir von Persönlichkeit, Temperament und Erzählweise entspricht und zusagt.

Die Begebenheit ist ein persönliches Erlebnis von mir, und eine Flachschippe ist genau das, was man zum Ausmisten eines Pferdestalls braucht, nämlich eine Schaufel mit gerader Oberkante.

******ace:
"Die Tiere hatten ihre Morgenmahlzeit gefressen". Was bitte sollen die Tiere mit ihrer Morgenmahlzeit sonst anfangen? Sorry, das musste sein.

Hier hast du Recht, "hatten sie beendet" wäre besser.

Dass ich ihre "Beschäftigungen" erst ankündige und anschließend beschreibe, finde ich folgerichtig, sehe ich keinen Änderungsbedarf.

Nochmal zurück zur Flachschippe. Ich hatte erzählt, dass alle Tiere den Geräuschen aus dem Pferdestall lauschten. Das war ein
**********gosto:
Schieben und Scharren und den Klang von Metall auf Stein

Hier kann man natürlich argumentieren, dass nicht die Flachschippe verstummt, sondern das Geräusch. Für die Tiere ist das Geräusch aber auch die Stimme der Flachschippe, deshalb sei mir die Verkürzung erlaubt.

Auch dir vielen Dank für deinen Kommentar, lieber Ghostface, ich fand ihn sehr lehrreich.
Ich fand es eine wunderschöne Betrachtung,
fast ein Stilleben. Sicher kann man an dem ein oder anderen satz etwas aussetzen, aber mich haben deine Zeilen ganz andächtig und sogar etwas demütig gemacht.

Dank dafür *schmetterling* laf
**********gosto Frau
16.051 Beiträge
Themenersteller 
Mööönsch, jetzt machst du mich aber verlegen! Ich freu mich so! *juhu*
**********gosto Frau
16.051 Beiträge
Themenersteller 
Zur Entstehung der "Seltenen Begegnung" (1)
Der Text ist Teil eines Romanprojekts. Grundidee war, dass jedes Kapitel für sich allein stehen können sollte, also eine Kurzgeschichte innerhalb des Romangeschehens darstellt.

Im Handlungsverlauf eines Kapitels sollte ein Spannungsbogen zu erkennen sein, der sich in seinem Verlauf zu einer Pointe verdichtet, die durch Wortwitz und Situationskomik die Grundstimmung der Romanheldin Jorind zum Ausdruck bringt.

Jorind ist Lateinlehrerin an einem Kleinstadtgymnasium. Die hohen Anforderungen ihres Berufs haben in ihrer labilen und sensiblen Psyche zu einer tiefen Verzweiflung geführt, die durch ein Antidepressivum nur unzureichend überdeckt wird.

Im Gegensatz zu anderen Romanteilen mit teilweise burlesken oder tragikomischen Szenen bietet in der "Seltenen Begegnung" der ländliche Friede eine Atempause in Jorinds beruflichem Überlebenskampf, und in Naturbeobachtung und den klaren Strukturen der Naturwissenschaften findet sie Trost und Stärkung.
******s23 Frau
12.703 Beiträge
Der Himmel an diesem Frühwintertag war hell und klar, fast weiß, mit der leisen Andeutung von Lichtblau, ein frischgewaschenes Betttuch.

Guten Morgen, ein wenig holpere ich hier auch am Anfang. Man könnte da in zwei Sätzen vielleicht etwas mehr bewirken ohne die gewünschte Stimmung kaputt zu machen.

"Schon der Himmel am Morgen dieses Frühwintertages war bemerkenswert. Hell und klar, fast weiß, mit einem Hauch von Lichtblau darin, fast wie ein frischgewaschenes Bettlaken.
Die Tiere waren nach ihrer Mahlzeit schon dabei, ihren liebsten Beschäftigungen nachzugehen."

Das wäre auch eine Möglichkeit.

Der Ausdruck "Flachschippe" stört irgendwie im Text ohne es jetzt näher benennen zu können. Schaufel fände ich angenehmer.

Das Gedicht ist schön, würde ich aber hinter den eigentlichen Text setzen. Mittendrin passt es nicht so gut.

Wenn der Text insgesamt der Teil in einer sonst eher hektischen Handlung ist, kann er sicher ein Ruhepol sein. ( Danke für die Erklärung dazu ) Für sich allein stehend, wäre er mir persönlich viel zu ruhig.

Das ist aber nur mein Geschmack, denn jeder hat hier andere Lesevorlieben *g*
**********gosto Frau
16.051 Beiträge
Themenersteller 
Lach ...
Vermutlich muss ich mich doch noch von meiner geliebten Flachschippe verabschieden und künftig mit der Schaufel ausmisten ... *mrgreen*

Der Vorschlag, das Gedicht an den Schluss des Textes zu setzen, will wohlüberlegt sein ... Ich habe selbst lange über die beste Positionierung gegrübelt. Mal schauen ... bislang war ich zu dem Schluss gelangt, dass eine Einbettung in den Text einiges für sich habe, entspricht es doch auch dem Gang der Handlung.

Ja, und mein geliebter Anfangssatz macht doch einiges Kopfzerbrechen. Deine Variante, liebe Damaris, ist sehr gefällig und weniger holprig.

Ich habe auch schon die eine oder andere Idee, wie ich der Forderung nachkommen kann, mehr Spannung in den Anfang zu bringen und den Leser mehr "in die Geschichte hineinzuziehen".

Es bleibt spannend, denn es ist ja ein Work in Progress.

Ganz herzlichen Dank, liebe Damaris, für deine Anregungen!
**********Engel Frau
25.281 Beiträge
Gruppen-Mod 
Hand hoch, wer im Süden kennt eine "Schippe"?

*hand*
Bei uns heißt es im Winter z.B. immer: "Ich muss noch Schnee schippen." *g*
Also ich wusste sofort, um was es sich bei einer Flachschippe handelt und hatte ein Bild im Kopf, das ich auch schon öfters in Ställen gesehen habe. Eine Schaufel ist was anderes.

Alles andere wurde mehr oder weniger bereits geschrieben.
Es ist eine "nette" (irgendwie mag ich diese Bezeichnung auch nicht) Szenenbeschreibung, die Ruhe ausströmt. Aber eben nicht neugierig macht, wie es wohl weitergeht. Es wird keine Neugier geweckt.
Erst nach Deiner Beschreibung des Romanprojekts werde ich neugierig. Aber in diesem Kapitel hier fehlt der Spannungsbogen bzw. die Ahnung davon. Vielleicht fehlen hier einfach ein paar kleine, leise Andeutungen auf die gesamte Handlung. Auf den Lebenskampf von Jorind.

Dein geliebter Anfangssatz könnte meiner Meinung nach bereits mit einem Punkt anstatt eines Kommas und drei kleinen Wörtchen mehr besser werden:

Der Himmel an diesem Frühwintertag war hell und klar, fast weiß, mit der leisen Andeutung von Lichtblau, ein frischgewaschenes Betttuch.

Der Himmel an diesem Frühwintertag war hell und klar, fast weiß, mit der leisen Andeutung von Lichtblau. Er wirkte wie ein frischgewaschenes Betttuch.
Ich mahne an
auf den übermäßigen Gebrauch von Adjektiven zu verzichten.

Ja, jeder hat seinen eigenen Stil.

Ja, jeder ist waaaaaaahnsinnig individuell und will "sich" ausdrücken.

Ja, jeder hat seinen eigenen Stil (ach, das hatten wir schon *gg*)

Aber: Löse Beschreibungen in Handlung auf (das ist Kunst).

Aber: Schaffe Atmosphäre durch Handlung, nicht duch Vorgabe (auch das ist Kunst).

Nun kann jeder für sich entscheiden, nicht künstlerisch zu schreiben. Jeder kann sich für alles entscheiden. Aber frage nicht, dann wird auch keine Antwort gegeben. Andernfalls: Höre die Antwort. *g*
**********gosto Frau
16.051 Beiträge
Themenersteller 
Danke für die Anregung!
Dein Kommentar gibt mir Anlass, mich intensiver mit Adjektiven und ihren Funktionen zu beschäftigen. Melde mich wieder, wenn ich zu einem Ergebnis gekommen bin. *g*
**********henke Mann
9.638 Beiträge
Mist ...
... mit der Schippe?

Wir haben früher immer mit der Forke gemistet, denn Mist hat die unangenehme Eigenschaft, mit Schaufeln sehr innige Verbindungen einzugehen. Aber das nur nebenbei ;-), und da das Geräusch der Holsteiner Schaufel für die Geschichte wichtig ist....

Für den zweiten Absatz habe ich folgenden Vorschlag, der ihn m. E. etwas runder macht:

(Zum Vergleich der Urtext.)
Die Katzen betrieben emsig ihre tägliche Fellpflege, die Bewohner des Putengeheges zupften die letzten Grashälmchen aus dem Boden, die beiden Hennen Weiße und Braune legten ihr tägliches Ei, während ihr Gefährte Hahn wichtigtuerisch den Fahrtweg auf und ab schritt. Sie waren die letzten Überlebenden einer einst vielköpfigen Hühnerschar, die von der Füchsin, die eine Höhle im Bahndamm bewohnte, an ihre stets hungrigen Welpen verfüttert worden war.

Die Katzen putzten sich wie jeden Morgen, die Puten zupften in ihrem Gehege die letzten Grashälmchen aus dem Boden. Weiße und Braune, die beiden Hennen, saßen auf ihren Nestern und legten ihr tägliches Ei. Hahn, ihr Gefährte stolzierte [da steckt das Adjektiv "wichtigtuerisch" drin *zwinker* ) den Fahrtweg auf und ab. Die drei [wenn das hier nicht hervorgehoben wird, dann kann der Leser denken, dass es sich auf die gesamte Aufzählung der Tiere bezieht] waren die letzten Überlebenden einer einst vielköpfigen Hühnerschar, deren Überreste vor einem Fuchsbau im Bahndamm gefunden worden waren. (Show, don't tell - wir wissen nicht, dass es eine Füchsin ist, die ihre Welpen gefüttert hat, es kann genauso gut ein Fuchs gewesen sein, der eine stillende Füchsin versorgt hat, oder ein Killerfuchs *zwinker* )
**********gosto Frau
16.051 Beiträge
Themenersteller 
Das leuchtet mir ein!
Jetzt verstehe ich, was damit gemeint ist, ein Adjektiv in Handlung zu übersetzen.

Und auch
**********henke:
Show, don't tell
ist ein beherzigenswerter Rat. Danke dafür! *roseschenk*
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Kleine Anmerkung zum Thema "Adjektive":

Kurzgeschichten: Kampf den Adjektiven

(Der Antaghar)
**********gosto Frau
16.051 Beiträge
Themenersteller 
Danke für den Link!
Musste natürlich gleich nachlesen, und so ist mir die Zucchini-Pfanne angebrannt. *snief*
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Hoffentlich nur die Zucchini und nicht auch die Pfanne.
Doch weder der Link noch der Beitrag wären weggelaufen ... *zwinker*

(Der Antaghar)
******ier Frau
36.311 Beiträge
Ich hatte die Geschichte gleich gelesen, aber nicht wirklich Zeit, etwas dazu zu schreiben.

zur Sprache: schön, angenehm, harmonisch

zu den Schachtelsätzen: damit habe ich kein Problem, sie sind nicht zu lang, ich schreibe zuweilen selbst so

zur "Flachschippe": klar ist mir "Schnee schippen" ein Begriff, aber an dem Wort "Flachschippe" bin ich echt hängen geblieben, denn ich kenne das nicht wirklich, da es nicht geläufig ist

zum Inhalt: davon habe ich nichts behalten, ich weiß nicht genau, ob es das Thema ist oder die Art der Erzählung oder beides
Wieder zurück aus dem Urlaub
mit tausend neuen Ideen und vielen Gedanken. Einen davon, den ich für zentral halte, möchte ich hier gerne anbringen. Er beschäftigt sich exakt mit diesem Problem, das ''Wolfsgier" als Letztes genannt hat:


zum Inhalt: davon habe ich nichts behalten, ich weiß nicht genau, ob es das Thema ist oder die Art der Erzählung oder beides

Ihr kennt Harry Potter? Ihr kennt den Grafen von Monte Christo? Okay, dann sagt mir doch einmal so auf die Schnelle die Namen von Helden aus Texten, die hier in der Kurzgeschichtengruppe eingestellt wurden. Ich vermute, dass Euch nicht viele einfallen.

Wir allen haben Geschichten im Kopf und auch hier eingestellt über berührende Erlebnisse, Außergewöhnliches, Schmerzvolles - allgemein über etwas, dass es uns wert war, darüber zu schreiben. Doch was macht eine solche Geschichte "merkenswert"? Was interessiert mich als Leser, was fesselt mich, was bringt mich dazu, mich an als Leser an dieser Geschichte zu erinnern? Es sind die Helden oder die Antihelden, die im Kopf bleiben. Das, was ihnen geschieht, was sie erleiden, was sie erdulden. Die Konflikte, die sie auskämpfen und wie sie es tun.
Schauen wir uns unter diesem Aspekt einmal die hier eingestellten Texte an. Wo haben wir Hauptpersonen, die diesen Namen verdienen? Personen, die es wert sind, dass man um sie eine Geschichte schreibt? Ich denke, dass wir - und ich schließe mich da mit ein - viel zu viel Wert auf die Erzählung von Vorgängen, von der Buntheit der Blumen und ihrer Bestäubung und anderem legen. Warum der Hinkefuß mit der Knubbelnase auch eine Prinzessin bekommen kann und vor allem, warum er so liebenswert ist - das vernachlässigen wir.
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Nun ist es natürlich ein Unterschied, lieber CChristjan, ob ich einen Helden oder Schurken 500 Seiten lang durch einen Roman begleitet hab oder nur durch eine Kurzgeschichte.

Ist doch logisch, dass mir der Graf von Monte Christo, Harry Potter, die drei Musketiere, Winnetou, Kara Ben Nemsi oder irgendein Kommissar aus einer Thriller-Reihe noch lange im Gedächtnis bleiben, dagegen der Protagonist einer der hier eingestellten Kurzgeschichten ziemlich rasch wieder in Vergessenheit geschieht.

Bedenklicher finde ich das, was Wolfsgier geschrieben hat und Du zitiert hast, nämlich wenn man die Handlung einer Geschichte gar nicht richtig erfassen kann - dann ist meines Erachtens dem Autor etwas nicht wirklich gelungen.

(Der Antaghar)
**********gosto Frau
16.051 Beiträge
Themenersteller 
******ier:
zum Inhalt: davon habe ich nichts behalten, ich weiß nicht genau, ob es das Thema ist oder die Art der Erzählung oder beides

Ja, es ist nicht einfach, einer Leserschaft, die allabendlich eine Tatortbegehung miterleben kann, die Begegnung mit einem Wintergoldhähnchen eindrucksvoll zu schildern ...

Natürlich werde ich dennoch weiterschreiben ... weil es mir Freude macht und mich mit einer tiefen Befriedigung erfüllt.

Allen, die mir ihr Feedback gegeben haben, ein herzliches Dankeschön!
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