Fabienne
EINSDie Frühlingssonne blinzelt warm durch die kleinen Spalten der Jalousie und zaubert eine ganz besondere Atmosphäre in den Raum. Helle Muster spiegeln sich unwirklich in dem hellen Marmorboden, der von feinen, goldfarbenen Fugen durchbrochen wird. Seidene Vorhänge wiegen sich zart im Takt des langsam laufenden Deckenventilators aus Rosenholz. Fabienne Duval liegt mit geöffneten Augen auf dem grossen Bett und lauscht den Vögeln, wie sie fröhlich zwitschernd den Frühling einstimmen. Ihr Blick schweift langsam zu ihren Handgelenken, die mit ledernen Fesseln an kleinen goldenen Ringen an dem Kopfteil des Bettes fixiert sind. Nackt, mit weit gespreizten Beinen, die von einer schmiedeeisernen Stange gehalten werden, liegt sie da und wartet. Wartet auf ihren Herrn...
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Sie hatten sich vor etwas mehr als einem Jahr während einer Buchpräsentation ihres Vaters Martin Duval kennengelernt. Eine kleine, jedoch feine Dinnerparty mit der Creme de la creme der Autorenwelt. Selbst das als sehr introvertiert geltende Autorengespann Maurice de Winter/Bob Michaels, die mit den Lost Hero Chroniken für viel Zündstoff sorgten, waren mit ihren Partnerinnen Tina Storm und Dani Disaster anwesend. Sie hatten anregende Gespräche geführt, sehr viel gelacht und wohl auch das ein oder andere Glas Champagner zuviel getrunken. Dann war er plötzlich da. Claude Devieux, ein grossgewachsener Mann, Ende vierzig, mit zum Teil ergrauten Haaren, die zu einem Zopf zusammengebunden waren. Er war charmant, sehr höflich und seine dunklen Augen hatten sie fasziniert. Danach verabredeten sie sich viele Male zu gemeinsamen Abendessen und führten zahlreiche Diskussionen über das Für und Wider einer festen Beziehung. Bis Fabienne eines Tages, obwohl sie ihre Unabhängigkeit niemals aufgeben wollte, zu ihm zog. Er lebte in einer in traditionell provenzialischem Stil erbauten Villa, etwa zwanzig Kilometer nördlich von Cabasse. Ihre ersten gemeinsamen Nächte verliefen sanft, zart und voller gegenseitiger Hingabe. Eines Tages begann Claude damit, ihre Handgelenke an das Bett zu binden. Fabienne war irritiert, jedoch auch neugierig. Hatte sie sich selbst doch niemals als herausragend Devot bezeichnet, genoss sie diese Spielart der Erotik. Bis heute...
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Fabienne liegt still auf dem Bett und atmet den von draussen hereinströmenden Duft der blüheden Lavendelbüsche ein. Unruhig bewegt sie ihre Finger, die Fesseln beginnen zu schmerzen. Wie lange liegt sie jetzt schon hier? Er wollte doch gleich wieder da sein. Gedanken schiessen ihr durch den Kopf. Hat sie da etwas gehört? Schritte? Sie dreht ihren Kopf in Richtung der schweren Holztür, die mit Tafeln aus italienischem Marmor eingefasst ist. Claude steht schweigend im Türrahmen und lächelt sie an. Fabienne's Augen strahlen sehnsuchtsvoll während er sich mit langsamen Schritten nähert. Schweigend streicht er, fast berührungslos, über ihre weisse Haut und zieht eine unsichtbare Bahn vom Hals, über ihre Brüste, bis hinunter zu ihrer glühenden Scham. Leise atmend windet sich Fabienne unter seinen Händen, bäumt sich auf, sehnt sich nach nur einer kleinen Berührung, Wärme, Zuneigung. Claude zieht seine Hand zurück und blickt sie ernst an. Dies ist sein Spiel...