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Von Liebe war nie die Rede

IntoInto
*********ld63 Frau
8.054 Beiträge
Themenersteller 
Von Liebe war nie die Rede
Ein frischer Morgen im Frühsommer, es ist halb neun. Wie immer um diese Zeit sitzen sie am Holztisch der Wohnküche beim Frühstück. Die Tür zur Terrasse steht offen, das Gezwitscher der Vögel füllt das Schweigen zwischen ihnen. Sie sieht hinaus in den üppig blühenden Garten. Es hat viel geregnet in den letzten Wochen, das Grün ist förmlich explodiert. In letzter Zeit kommt sie kaum noch mit der Gartenarbeit hinterher.
Er stellt das Radio an, kommt zurück an den Tisch. Setzt sich umständlich und beginnt, Brombeermarmelade auf seinem Brötchen zu verteilen. Seine Bewegungen sind bedächtig und akkurat, wie sie es von ihm kennt. Sie essen schweigend.
Klassikradio bringt heute Vivaldis Vier Jahreszeiten, natürlich den Sommer. Sie nimmt einen Schluck von ihrem Tee, blickt über den Rand der Tasse zu ihm hinüber. Da ist er wieder, diese abwesende Ausdruck in seinen Augen, als sei er in einer anderen Galaxie, Lichtjahre von ihr entfernt.

„Ich geh dann mal mit dem Hund,“ sagt er mehr zu sich selbst, die Augen noch immer auf den Frühstücksteller gerichtet. Geschäftig steht er auf, stellt Tassen und Teller zusammen, schichtet das Besteck oben auf und trägt alles zur Spülmaschine. Als er die Küche verläßt, scheint er ihre Anwesenheit schon vergessen zu haben.
Sie atmet tief durch, nippt an ihrem Tee. Der letzte Schluck ist kalt und bitter. Sie hört ihn im Flur hantieren, sieht vor sich, wie er die Jacke anzieht und die Leine von der Konsole nimmt. Zögernd folgt sie ihm, bleibt im Türrahmen stehen. Er kniet auf dem Boden, bindet sich mit energischen Handgriffen die Sportschuhe zu. Die Arme vor der Brust verschränkt, sieht sie zu ihm hinab. Er hat immer noch zuviel Energie, denkt sie, und er weiß nicht, wohin damit.

Sein Haar ist schütter geworden im letzten Jahr. Ein Ächzen entfährt ihm, als er sich wieder aufrichtet. Jetzt lächelte er sie an, streicht mit der Hand über ihre Wange.
“Alles in Ordnung, Schatz?“
Das fragst du mich?!
Sie denkt es nur, sie sagt es nicht. Ihre rechtes Augenlid beginnt zu zucken.
Wenn jemand einen Grund hat, das zu fragen, bin ich es!
Doch sie nickt, und unterdrückt den Impuls, seine Hand abzuschütteln.
Er pfeift nach dem Hund. Der kleine Rauhhaardackel kommt auf krummen Beinen aus dem Garten gerannt und springt an seinem Bein hoch.
„Ja, mein Guter, jetzt geht’s hinaus in die große Freiheit!“ Er beugt sich hinunter, krault den runden Bauch des Hundes. „Da draußen darfst du die ganz großen Katzen jagen!“
Unbeweglich steht sie da, beobachtet Mann und Hund. Der bittere Geschmack in ihrem Mund intensiviert sich. Wann hat er sie zuletzt zärtlich berührt?
Er klickt die Leine an das Halsband, dreht sich noch einmal zu ihr um. Mit einem gewollt schelmischem Blick beugt er sich vor, um sie zu küssen. Seine Lippen landen knapp neben ihrem Mund, die Berührung ist kurz und trocken. Und wieder dieses angestrengte Lächeln. Es tut ihr in der Seele weh. Wie lange kann und will sie dieses Schauspiel noch mit ansehen?

Erst vor zwei Tagen, abends beim Italiener, hat sie ihn noch einmal ganz direkt gefragt. Das ist sonst nicht ihre Art, sie insistiert selten.
„Es ist wichtig, dass wir endlich offen miteinander reden. Sei doch bitte dieses Mal ehrlich zu mir.“
Er zieht sich, elegant wie immer, aus der Affäre:
„Darüber haben wir schon gesprochen. Du weißt doch, dass mir gerade vieles durch den Kopf geht. Seit ich aufgehört habe, zu arbeiten, muss ich mich um so viele Dinge kümmern, muss neu planen und organisieren. Können wir es nicht endlich dabei bewenden lassen?“
Sein Ton ist sachlich und freundlich, von einer Endgültigkeit, die sie fast wütend macht. Sie sieht seinen leeren Blick, die Müdigkeit in seinen Zügen. Fast hat sie Mitleid mit ihm, aber nur fast.

„Ich glaube dir nicht. Ich spüre, nein, ich weiß, dass da etwas ist, was du mir nicht sagen willst. Es vergiftet mehr und mehr die Atmosphäre zwischen uns.“
Er seufzt, tupft sich mit der Serviette über den Mund. Schiebt den Teller ein Stück von sich und lehnt sich zurück, die Hände über seinem Bauch gefaltet.
„Du weißt doch, was wir vereinbart haben: dass wir über derartige Dinge nicht mehr reden. Das müssen wir auch nicht, weil es in dieser Hinsicht absolut nichts zu besprechen gibt.“
Sein Lächeln könnte gütig und geduldig wirken, wäre da nicht dieser undurchdringliche Blick. Er spricht mit ihr, als sei sie seine Tochter. Als sei sie ein ängstliches Kind, das er davon überzeugen muss, dass es im Wandschrank keine Monster gibt.

In diesem Moment weiß sie, dass er wohl nie darüber sprechen wird, und dass er das schon lange so entschieden hat. Sie weiß auch, dass er nie ihre Ehe in Frage gestellt hat, egal, was passiert ist.
Doch das ist ihr kein Trost. Seit viel zu langer Zeit schon sind sie zu dritt.
Die unsichtbare Dritte ist seit Monaten präsent in ihrem gemeinsamen Alltag, beeinflusst seine Stimmungen und seine Tagesform. Hat sich in seinem Kopf, seinen Genitalien und in seinem Herzen eingenistet. Selbst wenn er, wie sie vermutet, diese Geschichte vor kurzem beendet hat: Ein Teil von ihm ist mit ihr verschwunden.

Mit der Leine in der Hand, tritt er aus der Tür und entfernt sich mit schnellen Schritten vom Haus. Ein überwältigender Fluchtreflex ergreift ihn. Er muss sich zwingen, langsamer zu gehen. Vielleicht steht sie ja noch am Fenster und sieht sie ihm nach.
Gemäßigten Schrittes geht er Richtung Wald, der Hund springt vor ihm her. Als er längst außer Sichtweite ist, wird er langsamer, bleibt schließlich stehen. Sein Puls ist immer noch viel zu schnell. Auf der Lichtung vor dem Wäldchen setzt er sich auf eine Holzbank. Unter seinen Lidern pochen heiße, schwere Tränen. Er zwinkert ein paar Mal heftig, unterbindet vehement den Schmerz.

Nein, er würde nie darüber sprechen. Warum auch, die Sache war beendet, aus und vorbei.
Er hatte sich verboten, noch länger deswegen zu leiden. Er würde auch nicht mehr weinen, keine einzige verdammte Träne mehr. Von Anfang an hatte er gewusst, dass es irgendwann enden musste:
Die Zeit der Schmetterlinge war unwiderruflich vorbei.

Und von Liebe war natürlich nie die Rede.

(C) IntoTheWild63, 07.07.2016
*******tia Mann
5.005 Beiträge
Verdammtes Misstrauen!
*********ynter Frau
9.534 Beiträge
Melancholisch, berührend...
...- diese Trauer über eine dahin geschiedene Liebe, die (vermutlich) nur noch aus Pflichtgefühl und/oder Gewohnheit besteht.

Die drückende Stimmung legt sich wie Asche über den blühenden Garten und erstickt alles.

Sehr eindringlich und tief aus der bedrückten Seele heraus geschrieben ohne kitschig zu sein.

*top*
*********nd_69 Frau
7.332 Beiträge
Auch hier wieder: Vielen Dank für diese Geschichte.
JA, ich sage nur Danke

LG Ev
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Diese Stimmung hast Du sehr beeindruckend und nachfühlbar eingefangen und beschrieben. Als Leser leidet man so richtig mit.

Wenn ich bedenke, dass es Millionen von Paaren gibt, die genau so leben ...

(Der Antaghar)
ProfilbildProfilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
Uff...

Das ist sehr realitätsnah geschrieben.
Ich bin beeindruckt.

Danke, dass Du diese Geschichte mit uns geteilt hast!

Rhabia
*******tia Mann
5.005 Beiträge
Wenn ich bedenke, dass es Millionen von Paaren gibt, die genau so leben ...

Dann bleib ich lieber alleine...
Mir gefällt ganz besonders,
wie du zwischen den Zeilen die Emotionen betonst (z.B. der bittere Tee)!
*bravo* laf
IntoInto
*********ld63 Frau
8.054 Beiträge
Themenersteller 
Danke!! Danke euch!
Mir scheint, es ist genau das rüber gekommen, was ich beabsichtigt hatte! *g*

Das ist wirklich toll. Ich bin sehr dankbar (!!) für Euer Feedback. *love*
Ich war mir nämlich garnnicht sicher, und ich konnte nicht mal darüber nachdenken.
Der Text mußte einfach geschrieben werden, egal, ob es irgendeinem gefällt oder nicht.

Ich freue mich sehr über Euer Feedback!
*roseschenk* Into
2020_08_28: ich war shoppen. ; )2020_08_28: ich war shoppen. ; )
********elle Frau
3.308 Beiträge
So müssen sich Frauen fühlen, die betrogen wurden und davon erfahren haben.

Natürlich, er hat es beendet, aber es wird genauso sein, wie Du es beschrieben hast: Sie sind nicht mehr zu zweit. Die Erinnerung an die fremde Frau wird von nun an Tisch und Bett mit dem Paar teilen.

Sehr eindringlich beschrieben. Und ich gebe Olove recht: Gerade solche Metaphern wie der letzte Schluck Tee, dessen Bitternis sich in der Szene weiter verstärkt, lässt mitfühlen.

Wundervolle Erzählung, wenns nicht so traurig wäre.
**********her63 Mann
231 Beiträge
Sehr traurig
Sehr traurig, aber leider ein realistischer Blick ins Leben. Sehr berührend geschrieben. Sprachlich genau, ohne falsches Pathos. Danke!
******nyx Frau
1.322 Beiträge
Kalt.
Seine Lippen landen knapp neben ihrem Mund, die Berührung ist kurz und trocken.


Wie erschütternd, sich selbst dabei zu beobachten, dass man dem Partner dabei zusieht, wie dessen Haar schütter wird. Dass sein Kopf schon so licht und grau ist wie das Gefühl der Kälte, die sich wie ein schleichendes Distanzgift ausbreitet.

Es ist als würde man auf einer Eisscholle davontreiben.

Sehr auf den Punkt beschrieben, liebe IntoTheWild63. Wie olove und indivisuelle auch... finde ich den Spiegel der Seelenlandschaft im Garten, der Brombeermarmelade, der Art wie er seine Schuhe zubindet... sehr stimmig, um diese spezifische Beklemmung zu erfassen.
******s23 Frau
12.703 Beiträge
Traurig ja ...
aber auch mahnend, es nicht so weit kommen zu lassen.
Ich frage mich immer, warum solche Paare in genau so einer Situation verharren, statt zu reden und entweder, das aus der Welt schaffen oder sich zu trennen?
Warum quälen sich zwei Menschen gegenseitig ?
Ist es das Gefühl der Gewohnheit oder Bequemlichkeit, oder ist die Liebe doch noch versteckt vorhanden. Wenn ja, warum wird kein Rettungsversuch unternommen?

Fragen über Fragen und eine sehr gute Geschichte liebe Into *top*
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Ich vermute mal, dass es schlicht und ergreifend Angst ist. Die meisten würden ja nur allzu gerne etwas ändern, aber es soll natürlich trotzdem alles beim Alten bleiben.

*zwinker*

(Der Antaghar)
2020_08_28: ich war shoppen. ; )2020_08_28: ich war shoppen. ; )
********elle Frau
3.308 Beiträge
Es kann die Liebe sein, die noch vorhanden ist. Dass man daran festhält, was man vorher hatte, die schönen Zeiten. Dass man daran glaubt, dass ein solches Ereignis nicht alles in Frage stellen muss, was man bisher hatte.

Aber genau das ist doch der Punkt: Wenn es ein Fremdgehen gab, stellt es in Frage, was da noch ist.

Es beiseite zu schieben und die Fragen zu unterdrücken, ist vordergründig leichter, weil die Antworten auf die Fragen möglicherweise verletzen, zerstören. Also: "Mund abwischen, weitermachen".

Aber die Fragen bleiben. Hartnäckig, unbequem. Und sie verdichten sich zu einem Groll. Die rosarote Brille, die man krampfhaft versucht aufzubehalten, zeigt Risse, das Glas zerspringt, und man sieht Dinge, die man vorher möglicherweise charmant, liebenswert fand, in einem anderen Licht: Die Art, wie er die Schuhe zubindet. Dass es immer die Brombeermarmelade zum Frühstück ist. Das schüttere Haar, die feinen Linien um die Mundpartie.

Das Schweigen, das früher als angenehme Einvernehmlichkeit angesehen wurde, wird nun als Sprachlosigkeit interpretiert.

Der innere Groll wächst, die unangenehmen Fragen stellt man sich doch, wenngleich man sie nicht ausspricht.

Manche schaffen es. Sie raufen sich auch unausgesprochen wieder zusammen. Andere sprechen nicht darüber und leben nur noch nebeneinander her, weil tatsächlich die Angst vor dem Neuen sie "bei der Stange hält".

Und dann sind da auch noch die, bei denen es dann irgendwann kracht. Je nach dem, wie lange der Groll sich ausbreiten durfte, wird das heftig bishin zur völligen Zerstörung jeglicher Basis der Beziehung.

Schlimm.
IntoInto
*********ld63 Frau
8.054 Beiträge
Themenersteller 
@Indi
Aber genau das ist doch der Punkt: Wenn es ein Fremdgehen gab, stellt es in Frage, was da noch ist.


Ich bin mir nicht sicher, ob das zwingend so sein muß. Wenn ein Paar schon länger zusammen ist, und die Erotik auf der Strecke geblieben ist, könnte (!!) so ein Seitensprung sogar die Beziehung wiederbeleben - aber nur, wenn der, der sich "fremdverliebt" hat, aufrichtig ist. Und der Partner damit umgehen kann und will, mit dieser Ehrlichkeit.

Das ist natürlich nicht leicht, je nachdem, wie konventionell die beiden eingestellt sind, was die Vorstellungen und Wünsche an eine Beziehung angeht.

Oft genug geht es nur um Bequemlichkeit und um das Wahren des Scheins - sich selbst gegenüber, dem Partner gegenüber und nicht zuletzt geht es auch um Außenwirkung.

Mein Eindruck ist, dass die meisten Paare lieber vor sich hin und nebeneinander her leben, als es zu wagen, ehrlich und aufrichtig sich selbst gegenüber und dem Partner zu sein. Das ist unbequem und gefährlich.

Dennoch oder gerade deswegen würde ich Ehrlichkeit und Offenheit immer vorziehen. Nichts ist verletzender, als angelogen zu werden.
2020_08_28: ich war shoppen. ; )2020_08_28: ich war shoppen. ; )
********elle Frau
3.308 Beiträge
Wenn ein Paar schon länger zusammen ist, und die Erotik auf der Strecke geblieben ist, könnte (!!) so ein Seitensprung sogar die Beziehung wiederbeleben -

Aber damit unterstützt Du doch eigentlich meine Überlegungen:

Die Erotik blieb für den, der fremdging, auf der Strecke und machte zumindest in dieser Hinsicht unzufrieden. Also stimmt etwas nicht, denn mit diesem Seitensprung nimmt er in Kauf, dass seine Beziehung in Frage gestellt wird und schlimmstenfalls in die Brüche geht.

Der betrogene Partner wird zu diesem Zeitpunkt, wenn er davon erfährt, ebenfalls die Beziehung in Frage stellen. Warum der Seitensprung? Warum das Thema nicht ansprechen, bevor es dazu kam? Was fehlt denn wirklich, warum war das Vertrauen nicht da, um das Thema anzusprechen? Will er/sie mich überhaupt noch oder ist der Seitensprung gar kein wirklicher sondern der Beginn einer neuen Beziehung? Wird es bei dem einen Seitensprung bleiben oder muss ich jetzt immer wieder Angst haben, dass er/sie erneut fremdgeht?

Und darüber gilt es dann zu reden, wenn man seine Beziehung wirklich retten will, da stimme ich Dir zu.
*********nd_69 Frau
7.332 Beiträge
Ich stelle mir die Frage, ob es, wenn es unausgesprochen bleibt, Groll schürt oder beim Betrogenen eine tiefe Verunsicherung auslöst. Vielleicht bildet sie (in diesem Falle) sich alles nur ein? Ist sie die neurotische Gattin geworden, die in ihrer Einsamkeit Gespenster sieht? Steht er nicht zu ihr, ganz offensichtlich? Hätte er sie nicht schon lange verlassen, wenn er mit der Geliebten eine Zukunft sähe? Es ist ein undefinierbares Unbehagen, nicht greifbar und doch da...
IntoInto
*********ld63 Frau
8.054 Beiträge
Themenersteller 
@rückenwind
Ich stelle mir die Frage, ob es, wenn es unausgesprochen bleibt, Groll schürt oder beim Betrogenen eine tiefe Verunsicherung auslöst.

Auf jeden Fall! Ich bin mir sogar sicher, dass der hintergangene Partner das immer spürt - wenn auch nur auf einer unbewussten Ebene. Viele Menschen wollen nicht konfrontiert werden, und blenden ihre Wahnrnehmungen aus. Dennoch kommt etwas an - immer, meiner Meinung nach.

Wie sagte schon Paul Watzlawik: Man kann nicht nicht kommunizieren.

Vielleicht bildet sie (in diesem Falle) sich alles nur ein? Ist sie die neurotische Gattin geworden, die in ihrer Einsamkeit Gespenster sieht? Steht er nicht zu ihr, ganz offensichtlich? Hätte er sie nicht schon lange verlassen, wenn er mit der Geliebten eine Zukunft sähe? Es ist ein undefinierbares Unbehagen, nicht greifbar und doch da...

Die Geschichte kann gut für sich stehen, wie ich festgestellt habe, da bleibt dann viel Interpretationsraum. Meine Intention war aber, zu erzählen, wie die Situation zwischen zwei Menschen ist, wenn ein Partner eine Affäre hatte, der andere das vermutet, und versucht, das klären - und auf Granit stößt, weil der Fremdgeher hartnäckig leugnet. Das ist richtig übel für die betrogene Person, weil sie ihre (richtige!) Wahrnehmung in Frage gestellt sieht.

Thematisch gehört sie aber als dritter Teil zu den beiden Geschichten:
Teil 1: Kurzgeschichten: Dämmerung
Teil 2: Kurzgeschichten: Rotes Rauschen

Mit dem Hintergrund liest sie sich dann nochmal anders. *zwinker*

*blume* Into
*********nd_69 Frau
7.332 Beiträge
Doch, liebe Into, dass die drei zusammengehören, ist mir klar und gut herausgearbeitet.

Ich beziehe mich auf ihre Gefühle und Gedanken, wenn sie es nicht weiß, aber spürt. Dass er tatsächlich die Affaire hatte, weiß der Leser / die Leserin ja nur durch den Perspektivenwechsel am Ende, als der Mann in den Fokus rückt.
ProfilbildProfilbild
****fan
2.280 Beiträge
Stimmungsvoll eingefangen und doch...
... bleibt die Frage offen, warum es so weit kommen musste. Als Berater und Mediator saß ich Paaren gegenüber, die ihre Ehe tot geschwiegen haben. Einer ließ den anderen am ausgestreckten Arm emotional verhungern, ohne fremdzugehen. Er redete nur nicht mehr. Er streichelte nur nicht mehr. Er schlief nur nicht mehr mit ihr. Es war die Bequemlichkeit des Lebens, in der sich eingerichtet wurde, denn das Leben lief ja perfekt und emotionslos ab.
Die Phantasie, eine langjährige Ehe lebendig zu erhalten, war entweder nicht vorhanden und wurde nicht kreativ eingesetzt.
Aus diesen Phasen der Sprachlosigkeit und des Tot-Schweigens entstehen auch Seitensprünge, die in den seltensten Fällen die Ehe retten.
Der Tipp, den ich aus meiner Beratungserfahrung geben kann, ist, miteinander reden, auch mal, gerade in den Ehephasen, in denen Kinder zu erziehen sind, sich Zeit als Paar nehmen, und wenn es nur ein Wochenende ist. Denn zuerst kommen Mann und Frau als Paar zusammen, erst später werden sie Eltern. Und dieses PAAR zu erhalten, diese intensive Verbindung im Alltag zu bewahren und immer wieder mal unter dem Müll des Alltags hervorzuholen, ist eine verdammt schwierige Aufgabe, die sich aber lohnt.
Danke, Into, für diese emotionale Geschichte.

LG yogafan
*******tia Mann
5.005 Beiträge
Ich stehe mittlerweile allen Rettungsversuchen skeptisch gegenüber.
Habe ich alles hinter mir: Beratung, Mediator, Therapie, Paarwochenenden, EPL...
Wenn der andere Teil der Beziehung Fehler nicht verzeihen kann (Ich meine damit nicht fremdgehen), ist alles für die Katz, sobald ein neuer "Traumpartner" auftaucht.

Seit dem bin ich schneller bereit, etwas zu beenden, wenn die ersten Krisen am Horizont auftauchen. Entweder es passt, oder es passt nicht. Bumms. Aus. Ich nenne das emotionale Hygiene. Klingt steril, ist es vielleicht auch, aber ich mag nicht mehr so viel Energie aufbringen für etwas, dass dann doch nur halbgar wird...
**********Engel Frau
25.150 Beiträge
Gruppen-Mod 
Danke, für diese ehrliche und sehr realitätsnah beschriebene Geschichte, liebe Into!
Sehr echt beschrieben ...

Ich fühlte mich beim Lesen zurückversetzt in meine Ehe. Bzw. in das Ende dieser.
Das finale Ende dauerte ca. ein halbes Jahr, vielleicht auch etwas länger, in dem ich immer deutlicher spürte, dass etwas nicht stimmt. Und auch irgendwann spürte, da ist nun jemand anderes dazugekommen.
Auf meine Fragen, was nicht stimme, bekam ich keine Antwort. Nur Ausflüchte ... viel Arbeit und dergleichen. Sagte ich, was für mich nicht mehr stimmt, kamen wieder nur Ausflüchte.

Bis ich - um unsere Ehe retten zu wollen - zum bevorstehenden siebten Hochzeitstag ein romantisches Liebeswochenende in einem Hotel für uns gebucht hatte, in Absprache mit ihm. Wenige Tage später kam sein Anruf zu mir ins Büro (!). Er habe vieles erledigt, es fehle nur noch eines: Er trenne sich, er liebe mich nicht mehr. In einem Tonfall, als würde er sagen, es regnet und er geht später einkaufen.
Kurze Zeit später erfuhr ich, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits seit drei Monaten eine Affaire hatte, mit der er dann zusammen war.
Bis sie ca. ein halbes Jahr später mich anrief und um Hilfe bat, da er - als trockener Alkoholiker - wieder dem Alkohol verfallen war.
Ich war inzwischen wieder klar im Kopf und in meinem neuen Leben und wiir Frauen haben uns ausgesprochen und uns noch einige Zeit wirklich gut verstanden, bis ich den Kontakt abgebrochen habe (er war inzwischen schon wieder anderweitig versorgt).

Hätte er nicht immer nur geschwiegen ... wer weiß.
Heute bin ich dankbar, dass er gegangen ist. Mein Leben nahm eine positive Wendung, ich habe damals neue Seiten in mir entdeckt, die ich mit ihm niemals hätte leben können. *g*

Aber es wäre mir viel Schmerz erspart geblieben, hätte der verdammte Kerl einfach rechtzeitig den Mund aufgemacht und geredet.

Von daher stimme ich auch yogafan absolut zu:

Aus diesen Phasen der Sprachlosigkeit und des Tot-Schweigens entstehen auch Seitensprünge, die in den seltensten Fällen die Ehe retten.

**********her63 Mann
231 Beiträge
Lieber GefallenerEngel,
das war jetzt aber auch eine bewegende Geschichte. Danke für die Offenheit. Und schön, dass Du darüber hinweg bist und Stärke daraus gewonnen hast.
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