„Was soll ICH denn bitteschön bei einer Partnerbörse?“, frage ich meine Freundin empört.
Sie erklärt mir lang und breit, warum so ein nettes Mädel wie ich, heutzutage kaum noch ein gescheites Exemplar der Gattung Mann in freier Wildbahn findet:
„ Weil die alle vor ihren Computern, Tablets, Smartphones oder Laptops sitzen und Pornos runterwuppen. Oder aber sich mit bekannten oder unbekannten Baller-Kumpels die Nächte mit virtuellen Piss-Contests à la „meine Knarre ist die längste, beste, geilste“ etc…um die Ohren schlagen, statt wie früher in Discos abzutanzen und die anwesenden Frauen durch leicht alberne Showkämpfe im Armdrücken mehr oder weniger zu beeindrucken.
Das waren wenigstens noch richtige Männer!
Sie führten sich zwar auf wie ein Hahn auf dem Misthaufen und riskierten einen kapitalen Kieferbruch durch heftige Ohrfeigen wegen ihrer frechen Sprüche und ihrer Popoklatscher beim anderen Geschlecht, aber verdammt noch mal – das waren echte Kerle!“.
Sie seufzt laut und bedauernd.
Warum eigentlich?
Sie hat doch genauso ein Exemplar daheim auf ihrer Couch.
„Diese heutigen Zehennägel-Kauer und Hosentaschenbillard-Spieler verlassen doch ihr hauseigenes Joy-Center gar nicht mehr. Was glaubst du denn, warum bei den Ü30-Partys immer so ein Frauenüberschuss herrscht?“, fragt sie mich provokativ.
Sie geht mir mit ihrer Besserwisserei gehörig auf den Nerv. Ich bin schon groß und kann für mich allein entscheiden.
„Weil Männer es hassen, zu tanzen? Oder aber es leid sind, „Tainted Love“ in einer Endlosschleife zu hören?“, antworte ich spitz.
Das saß! Das ist nämlich ihr Lieblingslied, schon seit den Achtzigern, dem golden Zeitalter der Männlichkeit eines Schimanski, Clint Eastwood, Arnold Schwarzenegger oder von Chuck Norris. Vergessen wir auch Sylvester „Rambo“ Stallone nicht.
Mensch, das waren tolle Mannsbilder. So herrlich dominant, stark und hinreißend männlich und wir Mädels?
Wachsweich in ihren Händen!
Damals dürfte Frau das noch sein. Ich seufze.
Sie schüttelt den Kopf, macht auf dem Absatz kehrt und knallt beleidigt die Tür zu, ich höre noch wie sie im Treppenhaus laut schimpft, dass mir nicht zu helfen sei und ich es doch aufgeben solle, zu warten, dass der ersehnte - echt männliche - Traumprinz mit gezogenen Schwert auf einem Schimmelhengst reitend, ausgerechnet meinen Klingelknopf betätigt.
Von unten brüllt sie noch hoch: „Lass dir doch einen backen!“.
Zugegeben, sie hat mich nachdenklich gestimmt und gerührt über so viel freundschaftliches Bemühen bin ich auch. Ich werde sie gleich anrufen und tränenreich um Verzeihung bitten.
Tatsächlich aber habe ich schon länger keinen halbwegs, mich vom Sessel reißenden Mann, mehr auf der Straße oder im Supermarkt getroffen. Wie ich so dasitze und das alte, leicht abgewandelte, Joan Baez Liedchen “ Wo sind nur die Männer hin, wo sind sie geblieben?“ summe, fällt mir wieder ein, warum ich damals genau diesen Typ Mann so doof fand und eher, die ruhigen, in sich gekehrten bevorzugte.
Die Testosteronbomber waren allesamt polyamorös. Ein No Go für mich, damals und auch noch heute. Da lob ich mir doch so einen von den Nerds, bei dem wüsste ich immer, wo er gerade ist. Entweder an seinem Computer oder auf einer Star Wars Convention. Mein Lockmittel: Ich bräuchte mich nur als Prinzessin Leia zu verkleiden, wahlweise im langen weißen Kleid oder im goldenen Bikini. Ich muss ja keinen Jabba nehmen, vielleicht ist ja auch ein Han Solo darunter?
Ich schalte mein Laptop ein und öffne das Anmeldefenster eines beliebten Dating-Portals. Ich bin sehr gespannt…