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DER MANN MIT DER GOLDENEN SCHRAUBE

**********er_nw Mann
16 Beiträge
Themenersteller 
DER MANN MIT DER GOLDENEN SCHRAUBE
Es war einmal ein Mann, der hatte dort, wo andere ihren Bauchnabel haben, eine goldene Schraube. Die Schraube war schon immer da gewesen, solange er sich erinnern konnte. Eines Tages, als er sich im Spiegel betrachtete, fragte er sich, was wohl passieren würde, wenn er sie herausdrehte.

Aber, warum fragte er sich das? Warum zog er in Zweifel, was immer schon so gewesen war? Er hatte sich ja auch nicht gefragt, warum er zwei Nasenlöcher hatte, obwohl es doch auch mit einem getan wäre. 

Aber dieser Frage, die sich schon seit einiger Zeit immer wieder an der Peripherie seines Unterbewußtseins herumgetrieben hatte, ohne aber aus der Deckung zu kommen, wollte er jetzt, da sie sich schonungslos aufdrängte, nicht ausweichen. 

Er starrte auf die Sechskantkrone, die er, wie ihm geheißen worden war, immer mit besonderer Sorgfalt in seine Körperpflege einbezogen hatte. Jetzt schalt er sich mit einem Kopfschütteln, dass er der Sache nicht schon früher auf den Grund gegangen war.

Er besorgte sich einen siebzehner Ringschlüssel, nachdem der Versuch die Schraube mit einer gewöhnlichen Flachzange zu bewegen, kläglich gescheitert war.
Doch schon in dem Augenblick, in dem er den Schlüssel ansetzte, und er das unmittelbare Gefühl bekam, Macht über die Schraube zu erlangen, beschlichen ihn unerwartete Zweifel. 

Würde es schmerzhaft sein, wie wenn man sich bei einer Maniküre das Nagelbett verletzt? Oder gar wie Ohrenschmerzen, die einen schier in den Wahnsinnntreiben konnten? Würde die Schraube sich auch wieder hineindrehen lassen, wenn, so wie er es optimistisch unterstellte, rein gar nichts passieren würde. Einmal abgeschnittene Haare konnte man auch nicht wieder ankleben. Würde das Herausdrehen der Schraube auch unumkehrbar sein?

Er seufzte. Ein sanfter Druck auf den Ringschlüssel bewirkte nichts. Sie saß fest. Er versuchte es mit mehr Kraft. Ohne Erfolg.

Oder war es ein Fake? Ein Schmuckelement ohne tatsächliche Funktion? Eine Täuschung, die von anderen wesentlich wichtigeren Umständen ablenken sollte? Warum war sie dann golden, ein eindeutiger Hinweis auf das Außergewöhnliche? Er konnte sich nicht erinnern ein solches körperliches Merkmal jemals bei einem anderen Menschen gesehen zu haben. War er zu etwas auserkoren, das sich ihm noch nicht erschloss? 

Er schaute sich im Spiegel direkt in die Augen. Da war etwas Wahrhaftiges. Er sah keine Hintergedanken, nur den aufrichtigen Wunsch nach Klarheit. Er wollte verstehen, egal was die Konsequenz sein würde. 

Er erhöhte den Druck noch einmal. Wieder geschah nichts. Vielleicht sollte er sich mit dem Gedanken vertraut machen, dass es offensichtlich doch unabänderliche Umstände im Leben jedes Menschen gibt, die unangetastet beleiben sollten.

Er schüttelete den Kopf. Er war soweit gekommen sich zu überwinden, jetzt wollte er sich nicht damit zufrieden geben, dass die Schraube gottgegeben sein sollte. Sie war eine Anormalie, ein exotisches Beiwerk, eine Fehlstelle, ein Attribut, das genau dort, wo sie war, nicht hingehörte. Und das machte ihn zornig...

Hatte sich das Ding gerade bewegt, als sein ganzer Frust ein Drehmoment erzeugen konnte, zu dem sonst nur Androiden fähig seinn würden?
Er versuchte es erneut, diesmal mit einem Zornesschrei, der ihn selbst zusammenzucken ließ. 

Sie hatte sich tatsächlich gelöst und ließ sich jetzt bewegen wie ein gut geschmiertes Lager. Er konnte sie sogar mit zwei bloßen Fingern drehen. Euphorie machte sich breit. Er hatte gewust, dass es möglich sein würde. Probleme waren dazu da beseitigt zu werden. Jetzt war der Augenblick der Erkenntnis nur noch wenige Umdehungen entfernt.

Zu seiner Verwunderung schien die Schraube aber wesentlich länger zu sein als vermutet. Mit jeder Umdrehung schwand seine Euphorie wieder. Konnte das sein? Hätte sie dann nicht auch auf seinem Rücken herausschauen müssen? Was war der Sinn einer solchen  Konstruktion? Würde er nur noch gebeugt gehen können, weil die Schraube sein Rückgrad unter Spannung hielt?
Oder war sie nutzlos wie Weißheitszähne oder der Blinddarm? Würde er schielen, wenn die Hauptfunktion der Schraube die Korrelation der Augäpfel zur Aufgabe hatte? 

Gedankenverloren drehte er die goldene Spindel und nahm  kaum wahr, dass der Drehwiderstand unmerklich abnahm. Gleich würde er sie in Händen halten.

Dann war er da, der Augenblick des Triumphs. Der unendlich kurze Augenblick im Leben, an den wir uns oft als den Zenit unseres Daseins erinnern, wenn wir ihn denn wahrgenommen haben. Der Augenblick der Einzigartigkeit, von dem wir noch Jahre danach zehren können. Die Erinnerung daran, dass wir über uns hinaus gewachsen sind, das schier Unmögliche geschafft zu haben, gewollt oder ungewollt, es war der Gipfel des Erreichbaren.

Er sah im Spiegel das Strahlen in seinen Augen, als er die goldene Schraube wie eine Trophähe in der geballten Faust vor sich hielt. Das Gefühl unendlichen Glücks durchflutete ihn. Nichts ist erfüllender als ein selbst gesetztes Ziel zu übertreffen.

Seine Zweifel, seine Unsicherheit, seine Mutlosigkeit und sein Pessimismus waren für die Dauer eines Lidschlags, die sich anfühlte, wie eine seeligmachende Ewigkeit, hinweggefegt. 

Dann, noch fassungslos von seinem Glück, fiel ihm der Arsch ab.


-----------

Epilog:
Niedergeschrieben auf meinem iPad, am 14.11.2011, auf der Insel Sylt, bei einer Portion Schoko-Mousse und einem Glas Portwein.
Inspiriert wurde die Geschichte durch einen Witz, der, so wie er mir schon vor etlichen Jahren erzählt wurde, sinngemäß aus dem ersten Absatz und dem letzten Satz bestand.
Weiterhin hat mich eine Passage aus Umberto Eco's ’Das Focaultsche Pendel' tief beeindruckt, das seither zu meinen Lieblingsbüchern gehört. Als ich sie las, wurde mir bewußt, das mir das Privileg des Augenblicks höchsten Glücks bereits zuteil geworden war. Ohne dieses Buch wäre er mir wahrscheinlich entgangen.

Eco's Buch ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, warum ich, der Deutsch in der Schule gehasst und in der Oberstufe abgewählt hat (damals ging das noch), dazu kam, zu schreiben. Ich beherrsche dieses Handwerk nicht, das gebe ich unumwunden zu. Die Worte entstehen im Kopf und im Herzen. Dort gibt es keine Interpunktion und keine Grammatik. 
Ich schreibe so, wie Sean Connery, alias Schriftsteller William Forrester, es in 'Forrester-gefunden' beschreibt:
»Hau in die Tasten, Junge! Du schreibst, während Du schreibst. Die Worte fließen dann einfach aus Dir heraus«
Auch das ist ein Stück unendlichen Glücks.
KWR
Danke
Ich habe ganz herzlich laut gelacht:

Dann, noch fassungslos von seinem Glück, fiel ihm der Arsch ab.

Die bis zum Schluss gehaltene Spannung *spitze*

*blumenschenk* Ev
ProfilbildProfilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
Whow!
Jep, das isses: Eine Geschichte, die fesselt und eine paradoxe Pointe bereit hält!
Ich hab's gern gelesen!
Danke!
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Und ich schließe mich gleich mal an: Originelle Idee, gut umgesetzt und mitreißend geschrieben.

(Der Antaghar)
Gar nicht so schlimm,
so eine lockere Schraube! *fiesgrins*

Besonders, wenn sie dazu noch so gekonnt beschrieben, gewunden und gedreht wird.
Das mit dem in die Tasten hauen ist auch meine einzig wirklich erbauliche Art etwas Lesbares zu fabrizieren.

Weiter so! Olaf *top*
volatilevolatile
*******aum Frau
16.590 Beiträge
Sehr schön, diese Idee!

Eine stimmige Metapher und ein Spannungsbogen, der bis zum Ende durchgehalten wurde.

Ich habe sehr mitgefiebert, was dem armen Mann wohl zustoßen würde und habe am Ende schallend gelacht. *lol*
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Klasse! Manchmal überrascht es (positiv latürnich) wie man, ohne dass viel passiert, aus einer einfachen Grundidee (der Witz) eine geniale Geschichte schreiben kann.

Stimmt, da ist etwas Eco-haftes drin, die lange gehaltene Spannung, die nur mit Gedanken erzeugt wird – ich glaube ich muss den nochmal lesen.

Übrigens: Wie schreibt es sich ohne fühlbare Tastatur? Bisher war ich davon ausgegangen, dass ich mein Netbook nur durch ein neues Netbook ersetzen werde, wenn das alte den Geist aufgibt …
**********er_nw Mann
16 Beiträge
Themenersteller 
@ All
Ich danke Euch allen für die einhellig positive Resonanz.
Das tut gut.

@ Christian
eine taktile Tastatur ist mir auch immer noch lieber, zumal durch die Bildschirmtastaur Buchstabenwiederholer oder Auslassungen entstehen, die einfach lästig sind.

Aber zum iPad allgemein kann ich nur bekennen, dass es mein Leben verändert hat. Email findet auf meinen stationären Rechnern, und selbst auf dem Laptop, nicht mehr statt.
Es ist immer dabei, und jetzt im Kurzurlaub selbst beim Strandspaziergang. Früher hatte ich immer ein Notizbuch dabei, in das ich meine Ideen für Songtexte gekritzelt habe. Manchmal sind die Gedanken so schnell, dass ich sie nicht handschriftlich festhalten konnte. Das iPad ist auch ein Diktiergerät, das gesprochene Worte sofort in lesbaren Text umwandelt. Und wenn man nicht nuschelt, funktioniert das sogar mit weit über 90 % Korrektheit.

Ich habe in den Urlaub ein einziges gedrucktes Buch mitgenommen. Auf dem iPad habd ich aber drei ebooks und weitere drei Hörbücher gespeichert.

Als Produktmanager für den Sony Data-Discman (daran erinnert sich heute kein Mensch mehr) habe ich in einem Interview für das Zeitmagazin einmal konstatiert, dass es noch viele Jahre dauern werde, bis das haptische Erlebnis, das damit verbunden ist ein Buch zu lesen in Vergessenheit geraten werde. Heute bin ich überzeugt, dass gedruckte Bücher sehr bald ein Nischenprodukt sein werden. Es wird luxuriöses Kulturgut bleiben, aber der Mainstream wird sich auf (hoffentlich vielfältigen) elektronischen Plattformen abbilden.

Ich kannelektronische Bücher heute schon lesen, annotieren, Teile für Zitate herauskopieren, im Netz nachschlagen, wenn ich Begriffe erklärt haben will, oder kurz recherchieren, ob das gerade Gelesene Fiktion oder belegte Realität ist.
Ich kann mir die gedruckten Passagen sogar vorlesen lassen...
Der dadurch entstandene Mehrwert schmälert das Leseerlebnis nicht, es bereichert es. Das Kopfkino funktioniert dabei immer noch perfekt.
Ich bin dennoch überzeugt, dass die multimedialen Möglichkeiten das gedruckte Buch als Kulturgut vorläufig nur ergänzen werden, aber nicht vollständig verdrängen werden. Es hängt ganz von uns selbst ab, wie wir dieses Kulturgut an unsere Nachkommen weiterreichen.
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Danke für den Hinweis.

Was du noch zu elektronischen Büchern schreibst, solltest du mal den Verlagen und vielleicht auch in der Gruppe »Bücherecke« im Thread »ebooks« erzählen. Die Funktionen, die du beschreibst benutze ich zwar nicht, aber ich lese immer wieder, dass das für einige ein Argument für das E-Book ist.
volatilevolatile
*******aum Frau
16.590 Beiträge
Mich persönlich macht das Schreiben auf dem iPad ganz irre. Allerdings schreibe ich auf der Tastatur auch mit zehn Fingern und sehr schnell, da komme ich mit dem Pad natürlich nicht dran.

Einen so langen Text würde ich freiwillig nie auf dem Pad schreiben...
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Ich weiß, dass es eine Kombination aus Dock und Halter für das Pad gibt in die eine Tastatur integriert ist – keine Erfahrungen damit?
volatilevolatile
*******aum Frau
16.590 Beiträge
Ja, dass es das gibt weiß ich... aber obwohl ich mein Pad liebe und viel nutze, merke ich eben auch täglich, was es nicht kann. Dass man keine Bilder hochladen kann, nervt, dass es keinen Flashplayer hat, auch.

Wenn man viele Beiträge in Foren schreibt, nervt weiterhin, dass man sich in vielen Eingabefeldern nicht richtig bewegen kann.

Fazit: für mich ersetzt es meinen Laptop nicht. Daher werde ich auch erstmal nicht in eine iPad-Tastatur investieren.
**********er_nw Mann
16 Beiträge
Themenersteller 
schreibwerkzeuge
Ich trage gern zu diesem Thema bei, wenn gewünscht. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das unter "Kurtzgeschichten" von den Teilnehmenrn des Forums hier erwartet wird. Daraus wird leicht eine Diskussion, die sich vom Inhalt entfernt. An anderer Stelle habt Ihr das krtisiert.

Daher nur soviel:
Ja, für geübte Maschienenschreiber ist die Bildschirmtastatur kontraproduktiv. Ich hab dazu eine kleine drahtlose Tastatur im Gepäck, die ich aber nicht mit an den Strand oder ins Bistro schleppe. Ich benutze sie nur, wenn ich weiß, dass ich viel schreiben werde. Und ich benutze sie dann, obwohl ich gar nicht mt zehn Fingern schreiben kann.
DER MANN MIT DER GOLDENEN SCHRAUBE ist spontan angefangen worden und komplett mit der Bildschirmtastatur geschrieben. Trotz mehrfachen Querlesens sind deshalb vielleicht immer noch genügend Fehler drin. Alles in allem habe ich vielleicht zwei Stunden damit verbracht. Aber da war ja auch noch die Mousse und der Porto zu bewältigen...
*****_nw Mann
505 Beiträge
Anders geguckt
Leider? habe ich mich nach den ersten Worten schon an den Witz erinnert, so dass ich die Geschichte nicht in Erwartung einer überraschenden Pointe lesen konnte.

Um so mehr gefällt mir, was du dazugedichtet hast und wie du das Problem von allen Seiten beleuchtest. Deine Worte sind gut und abwechslungsreich gewählt, so dass auch bei mir eine Spannung beim Lesen entstand und sich bis zum Ende hielt. Gut!

--- snip ---

Meine persönliche Antwort auf die Frage "Was will uns der Autor damit sagen?" fällt nicht so euphorisch aus. Wenn es mehr als ein ausgeschmückter Witz werden sollte, bleibt für mich als Moral nur übrig, was auch ein 'moderner Christ' sagen könnte: "Stelle Fragen, suche nach Antworten, aber gehe den Dingen nicht wirklich ernsthaft auf den Grund, sonst fällst du böse auf die Schnauze!" Gegenstimmen?

--- snip snip ---

Kulturpessimistisch gesehen werde ich es wohl nicht mehr erleben, dass ein elektronisches Buch zu irgend etwas gut wäre, außer darauf zu daddeln. Ich bin beileibe kein Email-Ausdrucker, aber schon der Gedanke daran, dass sich meine Bibliothek:

a) durch eine ausgelaufene Batterie oder eine verschüttete Tasse Kaffee in Wohlgefallen auflösen könnte, weil alles Gekaufte nur verschlüsselt (Kopierschutz) auf dem Gerät gespeichert ist oder

b) die iStores, Amazons, Googles und andere US(!)-Konzerne der Welt meine Bücher gerne für mich speichern, dafür aber, wie bereits geschehen, Texte nachträglich abändern (heute wegen Streits um Persönlichkeitsrechte, morgen im Namen der Bible-Belt-Taliban)

lässt mich einfach nur den Kopf über die um sich greifende Naivität all zu technophiler Zeitgenossen schütteln.

Das Problem mit dem Augenkrebs (miserable Auflösung gemessen an einem Buch) mag sich ja eines Tages sogar lösen lassen, obwohl man seit 30 Jahren schon kurz vor dem Durchbruch ist...
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Das mit der Auflösung ist schon gelöst – guck nur mal auf eins der neuen Lesegeräte mit der neuen Displaygeneration. Viele Geschichten hier lade ich als Epub runter und lese sie auf dem Lesegerät – 1000 Mal besser als auf dem LC-Bildschirm.

Ich habe den Eindruck dass du, wie so viele, das Medium zu sehr mit dem Inhalt verbindest. Eine gute Geschte bleibt eine gute Geschichte, unabhängig vom Medium. Für alles, was du als Problem ansprichst gibt es schon seit Jahren Lösungen.

Aber ich fürchte wir entfernen uns hier heftig vom Thema …
ich kannte den Witz nicht, habe daher in gespannter Erwartung zu Ende gelesen und war etwas enttäuscht.
Die Wortwahl, das Beschreiben des Erlebten war gut formuliert und ist eigentlich "zu gut" um in einer solchen Pointe zu enden.
Das könnte man mit der alltäglichen Situation auch, nur würde ich mir eine etwas andere Pointe oder eben keine wünschen, und gerne einfach nur die Gedanken an sich, worüber ein Mensch sich aufregen oder freuen kann, miterleben wollen.

Zum e-Buch-Thema. ich liebe Bücher, obwohl ich in letzter Zeit vermehrt online lese und schreibe. auch anderswo als hier. Ganze bücherfüllende Geschichten und meine Augen leiden nicht darunter.

Ich stimme Byron zu (auch wenn ich nicht weiß, was daddeln ist...)
Es stimmt, dass seit Jahren davon geredet wird, wie auch von Hörbüchern, wo ich immer sagte, das klappt nie und siehe da - immer mehr Leuten gefällt es wirklich.

Aber der unter uns, der nicht seinen Namen oder etwas von ihm Geschriebenes eines Tages wirklich gedruckt sehen möchte, soll die Hand heben.
Das ist doch ein ganz anderes Gefühl, allein schon im Telefonbuch.. (hihi)
Oder bin ich altmodisch?
ProfilbildProfilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
Das Gefühl und das Geräusch des Umblätterns lassen sich nicht durch Knopfdruck ersetzen.

Außerdem riecht nur ein Buch so, wie ein Buch riechen soll.

Wenn mein Buch in die Badewanne fällt, na ja, dann ist es halt verdorben.
Aber ein iPad? Ui, teuer!

Und abends mit dem iPad auf dem Kopfkissen einschlafen?
Och neeeee!

Außerdem sind Bücher einfach schön. Ästhetisch. Toll.
Also - - -
ich kann am PC nichts lesen - - meine Augen - - und wenn - dann muss mich es mir ausdrucken - -
ganz schön teuer mit der Zeit -
da lieb ich die Bücher - -
die kann ich in die Hand nehmen - beiseite legen - Lesezeichen hineinlegen und später weiter lesen - -

vielleicht liegt es daran, dass ich einer anderen Generation angehöre?
**********er_nw Mann
16 Beiträge
Themenersteller 
Wir lieben Bücher,
weil wir damit aufgewachsen sind. Es ist schlicht ein kulturelles Phänomen, das sich nur in Generationen ändert. Aber wir beobachten, dass die Zyklen kürzer werden.

IPad unter der Bettdecke? Aber immer. In der Badewanne? Immer öfter.
Meistens neben der Badewanne, um genau zu sein.

Nehmen wir doch einfach mal dieses Forum hier. Eindeutig elektronisch, und der Platz an dem ich mich als Schreiber ausprobieren kann. Wenn das was wird, könnte ich auf die Idee kommen, anderswo ein größeres Publikum zu erreichen. Dann auch gern mit der professionellen Hilfe von Lektoren. Da beginnt eine Demokratisierung , vielleicht vergleichbar mit der Entwicklung des Desktop-Publishings, das heute niemand mehr kritisieren würde. Ja, mir ist bewußt, dass die Setzer umdenken mußten, aber das war und ist ein klassischer Strukturwandel.

Und vor genau dem verschließen gerade in Deutschland einige Platzhirsche ihre Augen. Man muss die Entwicklung der elektronischen Medien nicht in jeder Hinsicht toll finden. Thema Datenkraken... Aber wenn man sich die Entwicklung der eBooks in den USA anschaut, kann man doch die Uhr danach stellen, wann uns die Entwicklung erreichen wird. Man wird sie nicht dadurch verhindern, indem man sagt, das wir in Deutschland grundsätzlich andere Verhältnisse haben. Jeder Wandel bietet auch Chancen, und die gilt es rechtzeitig zu nutzen.

Anstatt in Ehrfurcht davor zu erstarren, dass eBooks kopiert werden, so wie es die Musik- und die Filmindustrie erlebt hat, so wird es auch für Bücher der Napster-Effekt geben.
Musik und Filmindustrie haben daraus gelernt und konsumentenfreundliche Systeme im Angebot, die es immer unattraktiver machen geistiges Eigentum, Songs und Movies, raubzukopieren. Bessere Vorbilder kann sich eine Industrie doch nicht wünschen.
Ich kann heute eine komplette CD legal herunterladen, darf sie auf all meine Player aufspielen, darf mir eine CD davon brennen. Bei Büchern ist man noch nicht soweit, aber wir werden es erleben.

Ich wünsche mir, dass professionelles Schreiben ebenfalls von den neuen Möglichkeiten profitiert. Die Verlage werden offene Foren schaffen, auf denen sich unbekannte Autoren präsentieren. Wenn sie es nicht tun,werden die Autoren selbst verlegen. Abwegig? Es passiert bereits.
Die Entwicklung auszusitzen ist wieder eine typisch Deutsche Reaktion.
Wir werden schon sehen, was wir davon haben.
*****_nw Mann
505 Beiträge
Ich bin nicht überzeugt. Eigentlich noch weniger als zu der Zeit, als ich selbst kaum das WWW genutzt habe, um mir die Zeit zu vertreiben.

Wie sieht das konkrete Äquivalent dazu aus, sich einen Buch aus einer anderen Sprache und einer anderen Zeit zu erschließen, wo man 'vorne' vor- und zurückblättert und 'hinten' in den Anmerkungen drei Finger stecken hat, bei den Anmerkungen des Autors, denen des Übersetzers und dem Namensregister?

Hyperlinks, kleine Filmchen auf Youtube incl. Reklame? Wildes Bildschirmgestengefuchtel?

Was ist mit besonderen Schriftarten, Goldschnitt, Lesebändchen, Ledereinband, Prägungen und Schmuckfarben? Hat das alles wirklich nichts mit dem Text zu tun, der für sich allein spricht, wenn er gut ist?

Ich habe aus der Vor-WWW-Zeit noch einen Packen CDs mit den wichtigsten Texten der Weltliteratur, Belletristik, Wissenschaft, alles. Es ist nicht wert, sie in das Laufwerk zu schieben. Trotz Euphorie und damaligem Preis einfach nicht, was mich reizen würde, Ovid oder Shakespeare oder Sterne oder Darwin zu lesen. Reine Information, null Spaß. Liegt das wirklich nur daran, dass ich nicht mit einem Headset auf die Welt gekommen bin?
ProfilbildProfilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
Ich habe noch Bücher von meinem Groß- und Urgroßvater. Die sind ganz besonders für mich. Ich lese immer wieder gern darin. Nehme sie gerne in die Hand. Sehe sie gerne im Regal stehen.

Das älteste Buch, das ich habe ist aus dem Jahr 1595. Es ist für mich wie ein großes Geheimnis, wenn ich es mal vorsichtig aufschlage, um darin zu blättern, mir die merkwürdigen Formulierungen erlese. Sowas kann mir ein elektronisches Medium einfach nicht ersetzen.
*****_nw Mann
505 Beiträge
Kleine Überschneidung...

Wo im Forum ist unsere Schwestergruppe, in der Romane veröffentlicht werden? Hhhhhmmm. Das kann wohl auch nicht nur an der Bildschirmauflösung liegen.

Print-On-Demand ist nicht mehr teurer als ein gedrucktes Buch. Sind Verlage deshalb überflüssig? Werden unsere Enkel Klassiker dadurch definieren, dass sie bei Google ganz oben in der Trefferliste stehen?

Neue Medien haben immer auch neue Inhalte mit sich gebracht, und das ist gut so. Der Film hat Malerei und Theater nicht ersetzt, sondern ergänzt, die Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks erweitert. Dafür bin ich immer und zu jeder Zeit.

Das Mißverständnis liegt im Begriff "Buch". Er fasst zu viel unter einem Dach. Es gibt Paperbacks, die auf ein Leseband verzichten können, weil man die gelesenen Seiten einfach abreißt und den hinteren Deckel nach dem Happy-End zum Wursteinwickeln benutzt. Oder eben auch Werke, deren Seiten man mit behandschuhten Fingern ehrfürchtig umschlägt. Diese Bandbreite kann niemand mit einem Kindle und einer SD-Karte abbilden. Mein Gefühl sagt mir, dass ein E-Book sich nie sehr weit vom Wursteinwickelpapier entfernen wird, dieses aber auch gerne vollständig ersetzen darf.
volatilevolatile
*******aum Frau
16.590 Beiträge
Ich kannte den Witz auch nicht. Mag sein dass ich deshalb mehr in den Text hineingelesen habe, als da war. Als da sein SOLLTE?

Mir gefällt einfach dieses Bild von der Mensch-Maschine, anfängt, ihr Dasein zu hinterfragen.

Ich räume ein, da wohlmöglich überzuinterpretieren. *zwinker*
*******an_m Mann
3.834 Beiträge
Ich bin da ein bischen zwiegespalten.

Beim Lesen ist es mir fast egal welches Medium ich vor mir habe, und ich würde fast schon das elektronische Buch vorziehen.

Beim Schreiben hätte ich meine Werke auch am liebsten auf Papier im Buchladen – meine beiden bisher einzigen Geschichten gibts ja nicht deshalb nur elektrisch weil ich das so toll finde, sondern weil es keinen Markt für (gedruckte) Kurzgeschichten gibt. Sobald ich etwas längeres, Buchformatiges zusammenhabe werde ich versuchen das auf Papier zu bekommen.

Ev: gerade Leute mit Augenproblemen melden sich in dem Forum zu E-Books und Lesegeräten immer wieder begeistert, dass sie wieder lesen können weil die Schriftgröße beliebig einstellbar ist.

Rhabia: Ich mag Bücher auch, die Faust-Ausgabe von 1750 finde ich absolut faszinierend. Das ist eben ein Buch, es knistert, raschelt und riecht eben so wie es riecht. Das gehört einfach zu diesem Medium, aber deswegen kaufe ich mein Lesefutter nicht, sondern um die Phantasie eines anderen Autors zu erleben. Ob das jetzt raschelt oder völlig lautlos ist, ist mir egal. Im Zweifelsfall ziehe ich Lautlosigkeit vor.

Byron: Besondere Schriftarten sind kein Problem, farbige E-Ink-Displays in Planung. Alles andere, was du aufzählst, ist ein Schönmachen der Verpackung. Wie Apple bewiesen hat, kann man auch sowas »liebloses«, »kaltes« und »unpersönliches« wie Computer schön und anspruchsvoll gestalten. Das Bändchen hat wohl ausgedient, aber ich zumindest habe das nie benutzt. Es wird wohl etwas anderes diese Funktion übernehmen.
Das mit dem Buch aus einer anderen Sprache ist möglich, aber noch ein bischen umständlich. Da wird den Programmierern schon noch was einfallen (müssen).

An dem, was an Argumenten immer wieder ins Feld geführt wird merkt man vor Allem, dass die Informationen zum Gegenstand der Diskussion miserabel sind. Und es werden zB Dinge zusammengeworfen, die nicht zusammengehören. Ich erkläre mir das damit, dass das Buch nun mal seit ein paar Jahrhunderten zu unserer Kultur gehört und neben den echten Funktionen auch etliche Ideale und Werte transportiert.
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