Die kleine Frau vom Mond
Auf dem Mond lebte eine kleine Frau. Ja, ja, werdet ihr denken, es heißt ja der Mann im Mond! Aber der ist schon lange nicht mehr dort. Die kleine Frau vom Mond kannte ihn noch. Aber das ist Ewigkeiten her. Wohin er gegangen ist, das weiß niemand. Auch nicht die kleine Frau vom Mond. Irgendwann, da war er einfach fort. Anfangs, da schmollte die Frau vom Mond ein wenig. Denn sie war nicht wirklich gern allein. Aber nach einer Weile vergaß sie ihn und vergnügte sich allein mit den Sternschuppen und Wolkenschäfchen. Und sie schaute so gerne hinunter auf die Erde, an den Tagen, wo der Mond auch tagsüber auf der Erde sichtbar war. Und die Erde auf dem Mond. An manchen Tagen hatte die Frau vom Mond Freude daran, auf ihrer Schaukel zu schaukeln.
Die Schaukel hing am Mond und pendelte über der Erde.
Die Frau von Mond lachte ihr silbrighelles Lachen, wenn sie mit ihren kleinen Füßen, die in mondsilbernen Pantoffeln steckten und an deren nach oben gebogenen Spitzen kleine mondlichtsilberne Glöckchen hingen, Schwung holte. Es machte ihr Freude, das Silberklingeln im All zu hören. Die kleinen Sterne lachten dann ihr sternenflimmerndes Lachen. Und dann lachte die Frau vom Mond und auf der Erde war es manchem Menschen, als scheine der Mond heller als sonst.
Eines Abends, die kleine Frau vom Mond schaukelte besonders ausgelassen, verlor sie einen ihrer Pantoffeln beim Schwungholen. Sie formte ihren kleinen Mund zu einem silbrigen ‚ooohhh’, aber mehr war ihr in diesem Moment nicht möglich. Sie konnte nur zusehen, wie ihr Pantoffel mit dem Glöckchen in silbernen Kreisen hinunter zur Erde fiel.
Da weinte die kleine Frau vom Mond ganz bitterlich, denn diese Pantoffeln waren ihr recht lieb.
Sie fragte die Sternschnuppen um Rat, aber denen war alles schnuppe, wie das bei Sternschnuppen nun mal so ist.
Dann fragte sie die Wolkenschäfchen, was sie tun könne, um ihren Pantoffel wieder zu bekommen, aber die Wolkenschäfchen machten nur „bäh… bäh…“ und verzogen sich auf das nächste Wolkenwiesenfeld.
Nun saß die kleine Frau vom Mond auf ihrer Schaukel und wurde sehr traurig. Sie weinte viele Tränen. So sehr weinte sie, dass die Milchstrasse sich in dieser Nacht noch milchiger gab, als sonst.
Mit einem Mal leuchtete ein kleines Sternchen neben ihr ganz hell und sagte zu ihr: „Du, Mondfrau, ich weiß eine Leiter, die reicht vom Mond bis zur Erde hinunter! Die zeig ich dir gerne, denn ich mag dich so sehr. Und ich mag viel lieber, wenn du lachst!“
Und so zeigte das Sternchen der kleinen Frau vom Mond die Leiter hinunter zur Erde.
Die kleine Frau vom Mond war sehr gerührt, weil ihr das Sternchen half und so ergriff sie beherzt die Leiter.
„Sternchen, ich werde immer an dich denken. Aber jetzt muss ich mich erst auf den langen Weg zur Erde hinunter machen!“
Und die kleine Frau vom Mond stieg auf die Leiter und begann den weiten Weg hinab.
So manches Mal wollten ihre Hände abgleiten, von den kalten, silbernen Sprossen. Aber sie biss die Zähne zusammen.
Da stand sie nun. Alleingelassen im Regen, mit abgebrochenem Absatz. Ihr war zum Heulen. Alles war schief gegangen.
„Kann ich ihnen helfen?“ sagte plötzlich eine angenehm warme Männerstimme hinter ihr. Sie drehte sich um, nickte nur„ Wenn Du meinen Schuh gefunden hast, und der Mann vom Mond bist, dann gerne!“