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Geschichtenspiel_Teil_39:

eyes002eyes002
******ace Mann
15.952 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Geschichtenspiel_Teil_39:
Ihr Lieben, der alte Strang ist voll, hier geht es weiter.
Wer wissen möchte, was Gestern war, möge hierauf ein oder zwei Augen werfen:
Kurzgeschichten: Geschichtenspiel Teil 38

Da es heute Abend neue 8 Worte gibt, stelle ich die alten nicht ein *g*


Tom
IntoInto
*********ld63 Frau
8.054 Beiträge
@Anima:
Sehr genau auf den Punkt gebracht. *top*

„Ghosting”. Ein Fünftel der Amerikaner bekannten sich angeblich bereits damals dazu. Man entfreundet, blockiert, sperrt ... anstelle sich zu erklären und das Unverständnis des anderen, mitunter sogar heftige Vorwürfe und dessen Schmerz zu ertragen.
Eine Beziehung durch kommentarloses Abtauchen zu beenden ist brutal. Es ist die radikalste, rücksichtsloseste und bitterste Form des Schlussmachens, man entzieht sich damit der Auseinandersetzung und jeglicher Verantwortung für den anderen.

Mit deinen Worten hast du mich eben sehr berührt.

Das haben wohl die meisten von uns schon mal erleben müssen... Du drückst genau das aus, wofür so manchem die Worte fehlen.

*roseschenk* Into
****orn Mann
11.994 Beiträge
ich sehe Dich nicht mehr, ich sehe aus dem Fenster.

Eine wundervoll geschriebene Geschichte, liebe Nyxe, die überaus betroffen macht!
Liebesentzug ... Kontaktabruch ... totales Schweigen ... womöglich aus heiterem Himmel, unerwartet, ohne Vorzeichen, dem anderen keine Möglichkeit zu geben, zumindest ansatzweise das WARUM zu verstehen, ist ätzender als die schlimmste Säure!


Ghosting kannte ich bislang nur von meiner Tastatur, so beschrieb mein Fachverkäufer mir das Phänomen, als ich sie fristgerecht zum Tausch anschleppte.
2X8=16 Wörter = 4 Wochen
Es ist ein wunderschöner Sommerabend im Juni in NRW.
Durch den wolkenverhangenen Himmel ist die Sonne nicht zu sehen, und die feuchtwarme Luft lässt einen Menschen glauben, in einem anderen Erdteil den Urlaub zu genießen. Aber dem ist nicht so.

Ein Paar sitzt auf einem Balkon in der Nähe der Ruhr. Die Vögel singen nicht mehr, das Brutgeschäft ist vorbei, der Nachwuchs flügge.
Er, noch jung an Jahren, total beratungsresistent, schwelgt in Erinnerungen an seine Zeit in Belgien. Damals hatte er noch drei Opel in seinen Garagen stehen, und der Trainer von KAA Gent hieß noch Wilmots.
Er blättert in dem Bilderbuch seiner Jugend und erzählt ihr von den Reisen zu den Spaghettifressern. Wie er mit seiner Familie in Amerika war und welche bleibenden Eindrücke geblieben sind. Er berichtet, wie er mit einem "Nasen"-Verkäufer in Gent aneinander geriet, als er für sie ein paar "Nasen" kaufen wollte. Wie er ihn Dünnbrettbohrer titulierte hatte, weil dieser seine "Nasen" als KAA Gent Skulpturen anpries.
Sie, ein paar Jahre älter als er, d.h. ein paar Jahre mehr als üblich, hat an diesem Abend Rückenprobleme. Nein, sie befindet sich in keinem desolaten Zustand, will aber auch nicht darüber reden. Immerhin sind Theaterferien, sie sich also ausruhen kann. Die Volksbühne, in Mülheim schreibt sie sich mit einem X, beginnt erst Ende August wieder mit den Proben.
Auf dem Tisch vor ihnen liegen Unterlagen über Vorsorge und Betreuungsvollmacht, sowie Auszüge über Rechte und Pflichten in einer außerehelichen Lebensgemeinschaft. Alle Unterlagen waren aus dem Internet heruntergeladen.

Er schaut sie an und meint, lass uns in Ruhe überlegen, wie wir es machen wollen. Die Zeit ist reif, denn wir haben einen vielsagenden Beziehungsstatus, der nicht alltäglich ist. Es muss alles genauestens besprochen werden, und das geht nur mit einem klaren Kopf und nicht mit einem alkoholgetränkten.

Es ist ein wunderschöner Abend an diesem 7. August 2016.
Das Paar sitzt wieder auf dem Balkon. Sie schauen sich glücklich in die Augen, denn es ist vollbracht. Viel wurde in den zurückliegenden Wochen besprochen und getan. Es wurde der Rat eines Notars hinzu gezogen, ein Vertrag unterschrieben. Gespräche mit einer Priesterin geführt, zwei Freunde eingeweiht.

Heute war nun ihr Tag, der jetzt zu Ende geht, und der der Höhepunkt ihres Lebens ist.
**********Engel Frau
25.150 Beiträge
Gruppen-Mod 
Und heute bekommt IntoTheWild noch etwas Zeit, um sich daran zu erinnern, dass sie die heutigen acht Wörter spenden wollte. *zwinker*
eyes002eyes002
******ace Mann
15.952 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Wartwartwart
die hängt seit 25 Minuten.....

TOm
IntoInto
*********ld63 Frau
8.054 Beiträge
Ähem...
... 20.20 Uhr. Sehr verehrte Damen und Herren,
Für Sie nun die acht Begriffe, die zu den Geschichten führen könnten, die das Leben schreibt:

mitternachtsblau
Fauxpas
ärgerlich
hinreichend
inzestuös
Bereicherung
Bindemittel
schöngeistig

Sorry, aber Elizabeth George war schuld... *tuete*
eyes002eyes002
******ace Mann
15.952 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
WER
istn denn Lisbett?


Tom
****ra Frau
2.916 Beiträge
„Hee, Charlie, hast du das gesehen?“, rief Otto aufgeregt durch den Raum.

„Nö. Wie denn, wenn du die ganze Zeit vor dem Guckloch hängst.“ Charlie kratzte sich ärgerlich im Schritt und zog eine Schnute.

„Ich hab dir schon hinreichend erklärt, dass ich hier bestimme, wer wann zusehen darf, klaro?“, herrschte Otto zurück.

„Blablabla, super Bereicherung bist du für den Laden hier. Außer den ganzen Tag durch das Loch zu glotzen und andere bei der Vermehrung beobachten, machst du doch eh nichts. Toll!“, ätzte Charlie und verdrehte seine Augen zur Decke.

„Erlaub dir bloß nicht wieder so einen Fauxpas wie beim letzten Mal, Kumpel!“, motzte Otto zurück und hob seinen Blick von der Gucköffnung, um Charlie mit seinem mitternachtsblauen Veilchen anzustrahlen. Er legte seinen Finger auf die Wange und unterstrich die schimmernde Schwellung, die er einem Ellbogenhieb Charlies verdankte, als sich beide letztens um das Vorrecht beim Zusehen stritten.

„Wenn ich nun mal Lust habe, dann tu ich es einfach. Zugucken tut niemandem weh und ich hab meinen Spaß. Als würde es dir nicht auch gefallen“, neckte Otto und zwinkerte Charlie zu.

„Eh Alter, mach mich bloß nicht von der Seite an, als hättest du ein schöngeistiges Bindemittel gefressen und suchst jetzt Familienanschluss. Nee, nicht bei mir. Versuch das doch bei denen, die du den ganzen Tag begaffst.“ Charlie verschränkte die Arme vor seiner Brust und drehte sich, immer noch sauer, zum Fenster.

Otto hörte ihm nur mit halbem Ohr zu, er war bereits wieder damit beschäftigt, weiter zu spannen.

„Oah geil, Charlie, das ist echt eine inzestuöse Pornösität, was die da treiben“, keuchte Otto und fuhr sich mit dem Finger am Kragen seines Hemdes entlang. Ihm wurde heiß bei dem, was er sah.

Charlie drehte sich, noch immer beleidigt, zu ihm, starrte kopfschüttelnd zu Otto und meinte:
„Wie kannst du nur derart in Ekstase geraten, bloß weil sich ein paar Bakterien unterm Mikroskop vermehren……“

Lys *grins*
******s23 Frau
12.703 Beiträge
Schallendlach *haumichwech* einfach köstlich *top2*
eyes002eyes002
******ace Mann
15.952 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Haben oder nicht Sein, das ist hier die Frage
Nein, ich war nie schöngeistig angehaucht. Ich bin weder eine Bereicherung für Musiker, Poeten oder Künstler. Ich bin ein ganz normaler Kerl. Total normal. Das ist der Segen, aber auch der Fluch meiner Gattung.
Warum, werden Sie fragen. Nun, ich versuche, es zu erklären. Der Vater war Lastwagenfahrer, die Mutter Hausfrau. Oma eine begnadete Kreuzwort-Rätsel-Löserin und Opa Finanzwart einer petrochemischen Fabrik. Meine Schwestern waren auf der Realschule und ich blieb als Hauptschüler hintenan. Ärgerlich. Meine dicktittige Idiotin von Tante war Vorsitzende der Ätz-Lachfraktion und mein taubenzüchtender Onkel, der beim Doppelkopf immer die letzten 22 Stiche auswendig wusste, bildete die Spitze der Spießerfraktion. Bis auf Opa hasste ich sie alle.
Für Menschen wie mich gibt es nicht viele Möglichkeiten. Reich geboren würde ich früh hinreichend gefördert oder auch nicht, je nachdem, wie hoch der inzestuöse Geiss-Faktor wäre. Mir blieb nur, zu kämpfen und mich auf mich selbst zu verlassen. Kampf wurde mein Leben. Keine Kompromisse, keine Verhandlungen, keine Grauzonen. Schwarz oder weiß, alles andere wäre ein intellektuelles Bindemittel von lausiger Konsistenz und der Halbwertszeit einer Stubenfliege. Und so begann ich, zu leben. Jede meiner Erfahrungen legte ich in Gesetzen fest. Ganz früh, nach meinem ersten Fauxpas schrieb ich mit zwölf mein erstes Gesetz:

§1: Verlass dich nur auf dich selbst.

Das galt für Schularbeiten, Umgang mit den buckligen Verwandten und den bekloppten Idioten vom Schulhof. Besonders Harald und Claudia. Harald war der Platzhirsch, der Stärkste, der Lauteste und auch der Blödeste. Claudia war komisch. Sie hatte schon einen Tretroller und stellte mir nach. Ich mochte es nicht, verfolgt zu werden. Aber sie blieb in der dritten Klasse kleben und ich war sie los. Harald wurde ich los, indem ich mir die Freundschaft eines Zehntklässlers sicherte, der mich vor seinen Übergriffen schütze. Allerdings war er nicht immer da und der schlaue Harald wartete irgendwann auf mich und ich bezog schlimme Prügel. Daraus entstand §2: Na warte! Und §3: Wenn alles andere versagt, mach es selbst.
Ich trat in den Judo-Verein und wenig später in den Karate-Verein und kurz danach habe ich es den Schweinebacken gezeigt. Die Veilchen leuchteten Mitternachtsblau bis Uringelb und keiner der hitzigen Schlaumeier wollte zugeben, von einem der Unterlinge verhauen worden zu sein.

Claudia machte mir im Nachhinein schwer zu schaffen. Sie war bislang die Einzige, die sich aus sich heraus für mich interessierte. Was Mädchen anging, hatte ich immer Pech. Wollte ich etwas von ihnen, wichen sie zurück. Ob Disco, das Lingener TopTen war damals State-of-the-Art, oder die Schläger-Kneipe VAT69, ob tanzen oder sich zu schlagen, es gab immer nur diese zwei Optionen. Und wenn die Mädchen mich nicht wollten, ging ich mich eben hauen.

Dann kam das verhängnisvolle Jahr. Meine erste Wohnung. Mein Domizil, mein Zuhause. Ich war Zeitsoldat und die Bude wurde mir vom Militär zugewiesen. Wohnblocks, na und? Keine Möbel, den Schwarz-Weiß-Fernseher von Opa geschenkt, eine Behelfsküche aus dem Baumarkt und das Sofa aus Vaters Keller. Ja, auf Rosen gebettet war ich nie. Und das war gut so. Essen gab es in der Kaserne und notfalls konnte ich dort auch schlafen, wenn ich es alkoholbedingt nicht nach Hause schaffen konnte. Ich leistete mir einen Ford Capri 2.0 und war der Meinung, dass es mir an nichts mangelte.

Dann zog, welch perfider Humor, eine Frau nebenan ein, die ebenfalls Claudia hieß. Direkt mir gegenüber. Claudia war wie ich, 174 cm lang, hatte honigblonde, lange Haare, schlanke Beine und etwas, das ich nicht kannte. Große, feste (das allerdings vermutete ich nur) Brüste und das Bestreben, diese auch zur Schau zu stellen. Wir kamen zur gleichen Zeit nach Hause und verließen beide gegen 5 Uhr dreißig das Haus. Immer bestrebt, freundlich zu sein, höflich und zuvorkommend. Wie man das unter Nachbarn so macht. Und ich hatte nie Hintergedanken, bis…

Bis ich eines Samstag-Abends hörte, wie sie nebenan schrie. Hey, unter uns Betschwestern, Frauen schreien ab und zu, das ist schon fast normal. Aber man erkennt den Unterschied zwischen einem Schrei, einem Schrei und einem Schrei. Der eine ist geboren aus Lust und der der Geilheit geschuldet. Der andere Schrei ist der der Überraschung, des Erschreckens und der Überrumpelung. Wenn zum Beispiel ein kleines Spinnlein sich anschickt, direkt vor dem Fernsehbildschirm sich von der Decke abzuseilen. Die dritte Art Schrei ist aus reiner Angst geboren und birgt Panik und Ausweglosigkeit. Als Soldat fackelte ich nicht lange, sprang über den Balkon neben an, stürmte ins Claudias Wohnzimmer.

Und ich erstarrte. Claudia lag auf ihrem Teppich, nackt. Der Bademantel, der ihre Figur umhüllen und verbergen sollte, war zerrissen und lag in Fetzen an ihren Seiten. Über ihr, eine Faust in Claudias honigblonden, langen Haaren, kniete ein nackter Kerl. Seine Erregung war ihm deutlich anzusehen, sein Muskelspiel beeindruckend. Und er war größer als ich. Hatte aber ein Handikap. Sein Blut war nicht dort, wohin es gehörte, wollte er sich auf einen Kampf einlassen.
„Runter von ihr, Arschloch.“
Ich weiß bis heute nicht, woher ich die Coolness nahm. Ich weiß bis heute nicht, ob ich selbstsicher war oder größenwahnsinnig. Streng genommen ein aussichtsloses Unterfangen, gegen eine größeren und stärkeren Gegner anzutreten. Aber den Schwachen hat Gott die List gegeben.
„Die Militärpolizei ist unterwegs. Das wird jetzt so laufen, du Penner. Du wirst mich angreifen. Ich bin kleiner und schneller als du, werde ausweichen. Da ich Stiefel anhabe und du nur deine blöde Frisur, werde ich ausweichen und dir seitwärts ins Knie treten. In der Folge wirst du für den Rest deines beschissenen Lebens humpeln oder Krücken brauchen. Kannst es dir überlegen du Arsch oder gleich aufgeben. Und geh nicht wütend weg, geh einfach!“

Ganz ehrlich? Ich weiß nicht, wer mir die Worte in den Mund gelegt hat. Ich weiß nicht, was passiert wäre, hätte er mich angegriffen. Eigentlich weiß ich gar nichts. Aber er ließ Claudia los. Er stand auf, sah mich böse an, zog seine Klamotten an und ging. Als die Tür zuschlug, sprang ich von Claudias Balkon, auf meinen hinauf und zog die Tür zu. Musste ja keiner sehen, dass ich wie Espenlaub zitterte. Ich bekam kaum die Flasche Ballantines auf, die ich in der Küche hatte. Nach dem dritten Doppelten beruhigte ich mich. Und ich ärgerte mich. Warum nur musste ich mich immer einmischen? Welche Idiotie ritt mich immer? Als ich den vierten Doppelten durch meine brennende Kehle laufen ließ, wusste ich es. Es war nicht Recht! Der Typ hätte alles Mögliche mit meiner Nachbarin angestellt und das war nicht in Ordnung. Also war ich der Gute. Und das war ein… gutes… Gefühl.

Samstagabend. Ich hatte keinen Dienst und der Vorfall in Claudias Wohnung war fast vergessen. Nachdenklich hielt ich ein Schriftstück von Oberstleutnant Klenner, meinem Kommandeur, in Händen. Erst gestern gab er mir den Brief. Eine Abkommandierung. Jägerbataillon 44. Ich hatte nicht damit gerechnet, versetzt zu werden. Wozu auch? Jägerbataillon. Die bilden Scharfschützen aus und ich versuchte, in der Versetzung einen Vorteil für mich zu sehen. Naja… da klingelte es. Eigentlich schnarrte es. Ende der Siebziger gab es wenig melodische Klingeln. Hoffentlich niemand, der Einlass begehrte. Meine Bude war wenig vorzeigbar und ein Spiegelbild meiner gewöhnlichen Herkunft. Widerwillig öffnete ich die Tür einen Spalt weit. Fast so, als hätte ich Furcht vor dem, was draußen auf mich warten würde.

Es war Claudia. Sehr zu meiner Überraschung. Sie stand züchtig vor der Türe, die Hände sittsam hinter dem Rücken. Claudia trug ein dunkelblaues, knielanges Kleid mit einem schneeweißen Kragen. In den Achtzigern der letzte Schrei und sündhaft teuer.
„Hallo“ stotterte ich.
„Hallo. Ich äh ich wollte äh also ich möchte….“
„Zucker? Kaffee? Eier?“
„Großer Gott, halt einfach die Fresse, Alter!“ sagte ich mir.
„Nein, ich möchte gern die Situation aufklären von Sonntag“
„Ach so, ja. Klar, äh. Dann leg los.“
Claudia sah sich um, als wenn sie Spione im Hausflur vermutete und ich Idiot bemerkte nicht, was sie bezweckte.
„Könnten wir nicht, also… ääh….“
„Oh Sch… ja klar, komm rein.“
Im selben Moment verfluchte ich mich. In meine Bude konnte man niemanden lassen, es war ein Armutszeugnis. Aber es war zu spät. Sie trat vor, ich wich zurück und ärgerte mich. Das hat man nun davon!
„Hübsch hier“ sagte Claudia und ich konnte es nicht lassen.
„Was genau?“
Mein kleiner Flur war spartanisch, wenn nicht nackt. Eine Tapete vor einer Uroma, mit großen, dunkelroten Fresken zierten die Wände, ansonsten war dort nichts zu sehen.
„Na…es sieht so… „
„… arm aus?“
„Nein, eher schlicht. Nicht kahl, aber einfach.“
Damit konnte ich leben, Ich war immer einfach. Einfach war gut, kompliziert war schlecht. Ich lachte laut auf.
„Lachst du mich aus?“
„Nein, aber mir fällt gerade ein, dass ich dir nicht einmal einen Platz anbieten kann, ich habe keine Stühle.“
Claudia stimmte mit ein.
„Worauf sitzt du sonst?“
„Ich habe ein Dreier-Sofa, sonst nichts. Naja und einen Schwarzweiß-Fernseher.“
Claudia zog eine Flasche Jack Daniels hinter ihrem Rücken hervor.
„Aber zwei Gläser hast du, oder?“
Die zwei Gläser waren eine Edelstahltasse und ein ehemaliges Thomy-Senfglas. Als wir anstießen, immerhin hatte ich zwei Eiswürfel, begann gerade Thomas Gottschalk in Schwarzweiß seine nicht enden wollenden Monologe über das wichtigste Thema des Planteten: Sich selbst.

„Mann, ist der tuntig mit seinem schwulen Leibchen“ sagte Claudia und ich nickte nur.
„Aber er hat Kohle.“
„Woran siehstn das?“
„Schau mal seine Uhr. Eine Breitling Chronomat Vitesse mit UTC-Uhr und Haifisch-Armband. Unter 5 Mille ist da nix zu machen.“
„Neidisch?“
„Jepp. Aber keine Sorge, eines Tages werde ich auch so eine haben.“
„Echt?“
„Ja, es gibt nicht viele Dinge, die ich vom Leben erwarte aber das gehört dazu.“
„Was sonst noch?“
„Lass mich mal überlegen. Ein tolles Auto. Eine gute Frau. Eine Katze. Und immer einen guten Schluck. Mehr brauche ich nicht.“
„Echt jetzt? Du bist aber bescheiden. Was ist mit Familie, Haus, Freunden, Swimming-Pool, Parties, Gesundheit, Zufriedenheit….“
„…und Weltfrieden?“, lachte ich und ich gebe zu, dass ich mich ein wenig amüsierte.

„Idiot“, brauste sie auf, „anderen ist das wichtig. Getoppt von Karriere.“
„Ich bin Soldat, Claudia. Meine Karriere wird bestimmt von Planstellen und Ausbildung. Das Ende ist vorhersehbar. Ich habe weder Abitur, noch habe ich studiert oder komme aus gutem Hause. Wenn ich meine Dienstzeit auf 12 Jahre verlängere, ist maximal Hauptfeldwebel drin und Ende Gelände.“
„Ist denn Hauptfeldwebel so schlecht?“
„Nein… aber…“
„Aber was?“
„Es ist… oh Gott, wenn das einer hört. Es ist mittlere Laufbahn. Kein unterer Dienstgrad aber auch kein Offizier. Es ist Mittelmaß. Und Mittelmaß prägt mein ganzes Leben. DAS ist, was ich wirklich will. Verantwortung. Wichtig sein, ein JEMAND sein. Im Mittelfeld bist du ein Niemand und vergessen, sobald die Tagesschau kommt.“
„Aber du bist doch jemand!“
„Nein, bin ich nicht. Ich bin ein Typ, der nicht einmal zwei gleiche Gläser hat. Aber weißt du was? Ich finde das irgendwie gut. Wenn ich diese Bude einmal Hals über Kopf verlassen muss oder im Einsatz falle, wird niemand jemals wissen, wer ich war. Wie ein Geist, wie ein verwehender Ton im Wüstenwind.“

„Dazu ist es aber schon zu spät“, sagte Claudia und ich versteifte mich, als sie ihren Kopf an meine Schulter legte. Was sollte das denn jetzt? Warum auf einmal diese Nähe? Was fiel der ein? Ich kannte die doch gar nicht!
„Wie, was meinst du?“
„Du bist der, der mich… naja…gerettet hat. Naja mehr oder weniger. Das werde ich nie vergessen.“
„Was heißt mehr oder weniger? Das verstehe, wer will.“
„Ich weiß nicht, ob ich dir das sagen kann. Ob du verschwiegen bist oder mich auslachst.“
„Auslachen würde ich nur den bekloppten Gottschalk!“

Claudia schwieg. Nach ein paar Minuten wusste ich nicht, ob sie eingeschlafen war oder weiter nachdachte. Dann, ihre Stimme war kaum zu hören:
„Was weißt du über Dominanz?“
„Ääh, also naja… zurzeit bin ich Unteroffizier. Ich befehle über ein Dutzend Leute, das ist schon Dominanz.“
„Nein, ich meine Dominanz im sexuellen Sinn.“
Ich war perplex. Dominanz im sexuellen Sinn? Was meinte sie damit? Bestimmen, was ab ging? Ich hatte nicht einmal so viele Frauen in meinem Leben um drei Finger zu heben.
„Im sexuellen Sinn? Äääh…..“
„Eben. Das Problem ist, jemanden zu finden, der einem selbst entspricht. Viele Frauen sehnen sich nach jemandem, der in gewissen Situationen sagt, was dran ist. Lassen wir das einmal so stehen. Diese Spezies Männer ist selten. Der Typ, den du verscheucht hast, war einer der Typen, die Dominanz mit Brutalität verwechseln. Ein Arschloch also. Deswegen hat er auch sofort den Schwanz eingezogen, als du ihn dominiert hast.“
„Okaaaaay“
Ich konnte nur stammeln. Eine vollkommen neue, fremde und seltsame Welt bot sich mir dar. Skurril, bizarr und absonderlich.
„Sorry, aber das verstehe ich… wirklich nicht.“
Claudia lachte leise. Sie hob ihr Gesicht. Ihre Augen lächelten, ihre Lippen lächelten. Ihre Hand fand die Meine.
„Doch, das wirst du. Du wirst es verstehen. Du musst nur lernen, dir mit Respekt, Anstand und Vertrauen das zu nehmen, was du haben willst.“



Montag Morgen. Ich meldete mich im Kompaniezimmer des ersten Zuges des Jägerbataillons 44. Ein Hauptfeldwebel begrüßte mich.
"Sie sind hier auf Befehl von Oberstleutnant Klenner?"
"Das ist richtig, Hauptfeld."
"Falsch." Lakonisch, einfach, schlicht.
"Falsch?"
"Richtig. Sie sind hier auf Empfehlung des stellvertretenden Verteidigungsministers Schneider."
Ich war sprachlos.
"Zu Befehl, Herr Hauptfeldwebel."
Immerhin stand er im Rang über mir.
"Sie bekommen hier vier Wochen Ausbildung, dann geht es nach Hammelburg. - dramatische Pause - aber jetzt nach nebenan ins Dienstzimmer, der stellvertretende Verteidigungsminister wartet."
Ich trottete hinter dem Hauptfeld her, der bereits einen Wohlstandsgürtel bildete. Er öffnete mir die Tür und ich trat in das schlichte Büro.
"Hallo, Soldat. Weisst du schon, was du haben willst?"

(c) 8/2016 by TRB
**********henke Mann
9.613 Beiträge
Oh, ...
... ich ahne schlimmes *g*
******nyx Frau
1.322 Beiträge
Shake.speer oder Hamlet in Gelsenkirchen
Zunächst: Lysira! Musste so lachen. Kaum „gefühlte” fünf Minuten, nachdem die sagenumwobene Elizabeth unsere geliebte IntoTheWild63 entließ, damit sie uns diese schönen Phantasiestifter unterschieben konnte, versorgst Du uns mit „bakterieller inzestuöser Pornösität”. Das ist etwas, das ich ab jetzt jeden Sonntag um Halbneun haben möchte.
*ja*

Geradezu einfach treibt es dagegen Dich, lieber Ghostface, ins Drama der wirklich existenziellen Feststellungen: „Sie hatte schon einen Tretroller.” Das ist ein Satz, der mich erschüttern und ein ganzes Leben auf den Punkt bringen kann.

Keinesfalls frage ich mich nun auch noch, wie hoch mein „inzestuöser Geiss-Faktor” ist, denn da bekäme ich nahezu sicher mein eigenes „intellektuelles Bindemittel von lausiger Konsistenz” zu Gesicht und würde von einem mir innewohnenden „Unterling verhauen”. Aber mal im Ernst, die aufgeworfene Frage, ob „einfach gut ist” und „kompliziert schlecht”, ist eine moralische, über die ich nun eine Runde nachdenke auf dem Weg nach Hammelburg.
*walk*
*******tia Mann
5.005 Beiträge
...ich muss dem Peter mal die 8 Worte vor die Füsse werfen...
2020_08_28: ich war shoppen. ; )2020_08_28: ich war shoppen. ; )
********elle Frau
3.308 Beiträge
Entscheidungsfindung
Entscheidungsfindung

Lys starrte benommen in ihre Kaffeetasse. Die Schwärze des Getränks beruhigte ihre Augen und lenkte sie von der wolkenverhangenen Trübe ab, während der heiße Dampf, der ihr ins Gesicht stieg, auf sanfte Art und Weise die inneren Sinne weckte.

Die Nacht war viel zu kurz gewesen. Zu kurz, um ihr den Schlaf zu bescheren, den sie so bitter benötigt hätte. Es waren allerdings nicht nur die Rückenprobleme, die sie Nacht für Nacht um ihre wohlverdiente Ruhe brachten. Ihr Knochengerüst war schon so lange in einem desolaten Zustand, dass sie die Schmerzen inzwischen ausblenden konnte.

Nein, diesmal war es etwas anderes gewesen, etwas, was ihr ganz sicherlich noch häufiger zu schaffen machen würde.

Ärgerlich schlug sie mit der Faust neben sich auf ihr neues, mitternachtsblaues Sofa. Nein, sie konnte nicht nachgeben. Sie würde sich nicht entschuldigen!

Natürlich war sie sich bewusst, dass allein ihr Fauxpas sie in diese Situation gebracht hatte. Sie hätte sich nicht so gehen lassen dürfen. Sie hätte ihn nicht derart in der Öffentlichkeit anbrüllen dürfen. Sie hätte...

Ach, das alles hatte sie sich selbst schon hinreichend vorgeworfen. Wieder und wieder war sie die Situation durchgegangen, hatte jede ihrer Aktionen und Reaktionen, jedes einzelne Wort in Gedanken wiederholt. Ihre Erinnerungen waren noch frisch genug, dass sie selbst die Kunstpausen
noch im richtigen Timing setzen konnte!

Sie würde gerne dem Rumtopf die Schuld geben. Alkoholgetränkte Früchte wären die perfekte Entschuldigung dafür, dass sie ihrem besten Freund vorgeworfen hatte, dass sein sein aktueller Frauengeschmack auf inzestuöse Neigungen hinweisen würde. Verdammt, er war fast sechzig Jahre alt und turtelte mit einer ganzkörpertätowierten Göre herum, die vermutlich jedes Mal, wenn sie ein Glas Wein bestellte, einen Ausweis vorzeigen musste!

Ganz nebenbei schloss sie aus, dass dem Rastalöckchen ein guter Wein tatsächlich am Herzen liegen würde. Ihr waren vermutlich eher Bier und Schnaps lieber. Ihre Ausdrucksweise, ihr Benehmen, die Kleidung – all das legte das wirklich nahe.

Warum ein Mensch, der so schöngeistig veranlagt war, eine postpubertäre Gossenschranze, die unter Bindemitteln Handschellen und Seile verstand, als Bereicherung seines Lebens und seines Freundeskreises ansehen konnte, war Lys ein Rätsel und kaum erträglich. Doch sie hätte auch das noch mit der Zeit akzeptiert.

Möglicherweise hätte das Hohlköpfchen sich irgendwann ein wenig angepasst und begriffen, wann es besser schweigen sollte. Möglicherweise hätte Lys ihr dann auch geholfen, sich in Richards Leben zurechtzufinden. Schließlich war er ihr bester Freund.

Aber diese Zeit hatte Richard weder Lys noch jemand anderem eingeräumt. Voller Begeisterung über diese Geschmacksverirrung hatte er er von allen erwartet, sein „junges Glück“ ebenso enthusiastisch zu begrüßen und anzubeten.

Dass er damit selbst so tolerante Menschen wie Lys überforderte, war ihm sicher in den Sinn gekommen, aber er übersah das einfach: Absichtlich und rücksichtslos setzte er langjährige Freundschaften aufs Spiel, nur für dieses selten dämliche Exemplar einer Asi-Barbie.

Und all das hatte Lys ihm in ihrem Lieblingsrestaurant ins Gesicht geschleudert, als er sich bei ihr darüber beschwerte, dass sie die Einladung zu seiner Dinnerparty mit einem vielsagenden Blick abgelehnt hatte. Als er behauptete, dass sie nur neidisch sei, weil sie bei ihrem Beziehungsstatus bereits seit langem „vertrocknet und verspinnenwebt“ eintragen müsse.

Sie hatten einander Wunden geschlagen, die nicht heilen würden. Die Blicke der anwesenden Freunde, der anderen Gäste, des Personals – sie waren eindeutig gewesen.

Seitdem herrschte Schweigen zwischen Lys und Richard. Freunde riefen an, versuchten zu vermitteln. Manche waren auf Lys' Seite, andere baten sie, sich bei Richard zu entschuldigen.

Inzwischen hatte sie alle Argumente für und gegen diese Entschuldigung aufgelistet. Oft genug neigte sie dazu, dem zu folgen, dass man Freunden alles verzeiht und ihnen eine zweite Chance einräumen sollte. Wenn sie dann aber zum Telefon greifen wollte, fiel ihr Blick wieder auf die beiden unseligen Worte, die auf der anderen Seite standen: Vertrocknet und verspinnenwebt.

Das hatte er zu ihr gesagt, vor allen Leuten.

Mehr brauchte sie nicht, um die richtige Entscheidung zu finden.
****ra Frau
2.916 Beiträge
gaahaaaaaaanz genau!!

So isses *smile*




---

Vertrocknet und verspinnenwebt

*pueh* dieser Zustand braucht hoffentlich noch paar Jahrzehnte

*lol*
*********ynter Frau
9.534 Beiträge
Verschwörung am AKW/16 Wörter
Endlich Sommer, Sonne und Hitze, jedermann lag bei einem solchen Wetter am Badesee.
Langweilig wie ein Würstchen auf dem Handtuchgrill zu liegen und sich gelegentlich zu wenden, damit man am Ende des Tages schön von beiden Seiten „durch“ war! Und auch viel zu überlaufen, nee, nicht mit mir! Dachte ich mir und unternahm stattdessen bei schlappen 35 Grad im Schatten eine kleine Radtour ins südhessische Ried.
Ebene Wege führten mich mit Rückenwind durch wogendes Schilf, vorbei an Sonnenblumenfeldern und durch kühle Wäldchen. Der Fahrtwind erfrischte mich und ich hing schöngeistigen Erinnerungen nach, empfand die eine oder andere Dusche aus der Feldberegnung als Bereicherung. Nichts Böses ahnte ich, war ganz entspannt.
Ich befand mich nun inmitten des Naturschutzgebietes, ca. drei Kilometer vom weltberühmten, ehemals größten AKW der Welt, entfernt und sinnierte so vor mich hin, als mich ein unerwartetes Fahrgeräusch hinter mir aufschreckte.

Ein mitternachtsblauer Van mit abgetönten Scheiben überholte mich auf dem holprigen und schmalen Betonpfad zwischen einem Entwässerungsgraben und hüfthohem Brennnesselgestrüpp nicht gerade langsam. Fast hätte er mich mit meinen nackten Beinen in letzteres abgedrängt. Ärgerlich warf ich dem Fahrer einen bösen Blick zu, nicht wissend, ob er ihn überhaupt registrieren würde. Schließlich war es kein Fauxpas hier kilometerweit von der regulären Landstraße entfernt, durch dieses nur für Traktoren und Forstfahrzeuge freigegebene Gebiet zu fahren. Einen Vollbart und eine tief ins Gesicht gezogene Kappe erkannte ich geistesgegenwärtig in einem der Seitenspiegel und mir blieb vor Schreck fast das Herz stehen.

Natürlich fielen mir sofort die islamistischen Terroranschläge der letzten Zeit ein. Das AKW war zwar abgeschaltet, doch die radioaktiven Brennstäbe waren noch da, teils im Abklingbecken, teils in Castoren verpackt und in einer zugigen Halle auf dem Gelände geparkt, wartend auf ein mögliches Endlager. Falls die Terroristen dort in dem Van (und es musste sich zweifelsohne um solche handeln!) Sprengstoff geladen hätten, dann würde eine Explosion im Inneren des Meilers für einen sehr schmutzigen Fallout reichen, der das wirtschaftlich - für Deutschland - so wichtige Rhein-Main-Neckar- Gebiet verseuchen und unbewohnbar machen würde.
Das war nach meinem Wissensstand aus den Nachrichten ein hinreichender Tatbestand, sofort zu reagieren. Schließlich waren diese irren Spinner überall.
Mein Herz krampfte sich vor Angst zusammen und ich tastete nach meinem Handy. Die Entscheidungsfindung über das weitere Vorgehen fiel leicht. Ich musste sofort die Kavallerie rufen und direkt empfehlen, die GSG9 zu schicken.
Keine Balken! War ja klar!
Wie oft schon hatte ich meinem Mann gesagt, dass ich gerne einen besseren Netzanbieter hätte, einer der in einem Notfall auch tatsächlich Empfang hatte, gefleht hatte ich, gebettelt. Nix. Ich war derart im Ausnahmezustand, dass ich meinen aktuellen Beziehungsstatus ernsthaft in Frage stellte. Denn wie immer – hatte ICH den Salat und stand ohne Netz da!

Keine anderen Leute in Sicht! Was tun? Mir fiel der Spruch eines guten Freundes ein:
Ducken oder bluten!
Die Antwort war klar, mir oblag es also nun einen Terroranschlag in der Nähe des beschaulichen Dörfchens mit seinen knapp 10.000 Einwohnern, dessen Name für immer mit dem Atommeiler verbunden war, zu verhindern. Es ging auch um die gesamte Region, fast gegenüber am anderen Rheinufer befand sich die Nibelungenstadt Worms und für eine radioaktive Wolke nur gespuckt: Mannheim, Ludwigshafen mit seiner Industrie bis hoch nach Frankfurt/Main.
Panik breitete sich in mir aus. Du liebe Güte - das wäre ein Alptraum! Wohin sollten die Menschen flüchten? In den Odenwald? Auf den drei Straßen dorthin? Chaos.
Das musste verhindert werden! Nicht umsonst, wuchs man über sich hinaus, wenn es nötig war, blendete den Selbsterhaltungstrieb aus, zum Wohle vieler, wie bei Mr. Spock in Star Trek II.

Ich nahm die Verfolgung auf, um zumindest zu beobachten und abzuwarten, ob ich nicht doch irgendwo ein Netz finden würde. Sollte ich das Ganze überleben, würde ich eine wichtige Augenzeugin sein. Himmel! Dann würde der IS mein Gesicht kennen! Ich würde mich einer Gesichts-OP unterziehen und in ein Zeugenschutzprogramm flüchten müssen. Was wäre mit meiner Familie und Freunden, was mit meinen netten Bekanntschaften aus dem Joy? Oh Gott! Was für einen Rattenschwanz würde das nach sich ziehen?
Einen Moment schwankte ich in meinem Pflichtgefühl, doch dann gewann meine preußische Erziehung.

Der Van war zwar schon ein gutes Stück entfernt, aber die unübersehbare Staubwolke wies mir den Weg. Ich trat in die Pedale wie eine Blöde, schließlich musste ich die Welt retten, da Frau Merkel gerade im Urlaub weilte. Abrupt musste ich schließlich so stark abbremsen, dass ich fast gestürzt wäre. Der Van stand auf einem verwilderten Gartengrundstück mit einer alten Jagdhütte, nur wenige Hundert Meter vom Atomkraftwerk entfernt. Die mächtigen Kühltürme beherrschten das Bild und die hellen Betonkuppeln zeichneten sich deutlich vor dem sommerblauen Himmel mit Schäfchenwolken und den sattgrünen Wiesen unterhalb ab.
Was für eine Idylle! Ich sah in Gedanken einen Atompilz gen Himmel aufsteigen und begann zu zittern. Verdammt! Warum hatten uns unsere Lehrer in den Achtzigern gezwungen, "The day after" zu schauen?
Ein Hase rannte Haken schlagend über den Pfad und hätte mich fast die Verschwörer verraten, die sich gerade anschickten, ihr Anschlagsgerät auszuladen. Mehrere Fässer, die verschiedene Flüssigkeiten enthalten mussten, sicher für Sprengstoff, und auf denen Totenköpfen angebracht waren sowie Kisten mit seltsamen Schriftzeichen, ich tippte auf Maschinengewehre.
Wieder fiel mir ein, was der gute Freund mir über die Herstellung von Nitroglyzerin als Recherche für unseren Roman erklärt hatte. Vermutlich waren das die Zutaten, sie würden sie irgendwie zusammenmischen und dann: BUMM!
Ich versuchte mich an seinen genauen Wortlaut zu erinnern. Brauchte man dazu nicht noch irgendwelche Bindemittel? Ich legte mich unter ein Holundergebüsch auf die Lauer, unterdrückte den Ekel über Spinnen und anderes Getier, welches über meine ungeschützten Beine und Arme krabbelte, versuchte den Gedanken an Zecken (Panik!) im FSME-Hochrisiko-Gebiet zu unterdrücken und die, in diesem Überschwemmungssommer, so zahlreichen Schnaken, die über den unfreiwilligen Blutspender mehr als begeistert waren, so unauffällig wie möglich zu verscheuchen.
Ein sinnloses Unterfangen, wie ich am eigenen Leib erfahren musste, aber was tat man nicht alles, zum Wohl der vernünftigen Menschheit?!

Die Bärtigen trugen schwarz, Jeans und T-Shirt warfen sich knappe Anweisungen zu und gelegentlich wurde kurz gefeixt. Insgesamt waren es vier, zwei davon wirkten leicht weibisch, die im Inneren der Blockhütte schwer beschäftigt waren, zumindest dem Gepolter nach. Ich hatte versucht, mir zu merken, was ging: Haarfarbe, soweit erkennbar, ungefähre Größe und Statur. Mehr ging nicht, die verdammten Basecaps und Bärte offenbarten kaum ein Gesichtsdetail. Sie redeten in einer verklauselierten Sprache miteinander und ich konnte mit meinem überreizten Verstand nur raten, was es bedeutet.
Meine Lage wurde allmählich desolat. Die verkrampfte Haltung führte zu schmerzenden Rückenproblemen und eingeschlafenen Gliedmaßen, außerdem hatte die Sonne einem wolkenverhangenen Himmel Platz gemacht und ein dringendes Bedürfnis quälte mich zu allem weiteren Übel auch noch. In der Ferne kündigte sich ein Gewitter mit dem ersten Grollen an und schon fielen Regentropfen zu Boden.
Da würden sie sich mit ihren Gebetsteppichen und der Suche nach Osten aber beeilen müssen, dachte ich mit stiller Befriedigung. Geschieht ihnen recht, wenn sie die richtige Richtung nicht fänden! Ja, mein Benehmen war boshaft und wenig christlich!

Im Geiste ging ich die Sicherung des AKWs durch. Wenn nicht gerade eine Anti-Atomkraft-Demo war, dann fuhr nur ab und zu ein einsamer Polizeiwagen Streife, aber nur auf der direkten Zugangsstraße zum Tor, nicht auf den umliegenden Feldern. Der Zaun hatte Überwachungskameras und im Wachhäuschen an der Pforte saß auch jemand, aber das lag zu weit entfernt für mich.
Vielleicht hatten sie ja Drohnen über dem Gebiet im Einsatz, durchzuckte es mich. Flugzeuge könnten nicht gestört werden, da eh ein Überflugverbot herrschte. Dann wäre doch sicher schon aufgefallen, dass hier jemand war, der nicht hierhergehörte. Es war noch kein Überfallkommando in Sicht, also wohl keine Drohnen, war ich mir entmutigt sicher und ich hielt es keinen Moment mehr länger in meinem Versteck aus. Zerstochen war ich, es juckte fürchterlich, ich musste ganz dringend und verschwitzt-dreckig war ich auch. Vorsichtig versuchte ich rückwärts aus meiner Deckung zu kriechen.

Drinnen hörte ich nun wieder Stimmen, Geklirre wie von Ketten, hochfrequente Schreie und Geballer. Was zum Teufel veranstalteten die da drin? Hatten die noch eine Geisel, die enthauptet werden sollte? Machten die Zielübungen? Ein Bekennervideo mit gezückten Waffen? Oder hatten sie mich gar bemerkt und schossen auf mich?
Nein, das war ausgeschlossen, durch Wände schießen erschien mir zu dämlich - selbst für den IS. Beteten die vielleicht so, um ihren Allmächtigen zu erfreuen oder um die zweiundsiebzig Jungfrauen von ihrer baldigen Ankunft vorab zu unterrichten, damit diese sich noch sugarn (Enthaarung mit Zuckerpaste) konnten?

Zwei der Typen traten nach draußen und erleichterten sich, in diesem Moment klingelte mein Handy auf höchster Lautstärke. Ein Blick auf das Display – mein Mann, der sich sicher bereits um mich sorgte. Verdammt! Damit hatte er unwissentlich mein grausames Schicksal besiegelt, die Typen würden mich eiskalt umlegen und meinen noch warmen, aber toten Körper zu ihrer Bombe packen und zusammen mit dem AKW in die Luft jagen, um ihre Spuren zu beseitigen. Das wusste ich aus zahlreichen Filmen und auch dem guten alten Tatort. Warum sollten die Filmemacher lügen?

Ich nahm das Gespräch an und flüsterte nur: „ Hilfe, Terroristen am AKW“, dann war das Netz wieder weg.
Mein Blut gefror in den Adern. Wie in Zeitlupe und durch Watte registrierte ich die vielsagende Blicke der Attentäter und wie sie zielsicher auf mein Versteck zukamen, den anderen drinnen dabei etwas zuriefen. Ich war total steif und unfähig mich groß zu bewegen, so war es ein Leichtes für sie mich aus dem Gebüsch zu zerren. Ich würde mein Leben so teuer wie möglich verkaufen, schlug, kreischte und kratzte um mich, riss einem die Barthaare aus, wohl wissend, dass ich gegen ihre Übermacht keine Chance hatte. Eine Kugel in meinen Kopf würde genügen, mich zum Schweigen zu bringen. Zwei drückten mich gen Boden und pinnten meine Arme und Beine mit ihren Körpern fest, die Angst und das Adrenalin verliehen mir ungeahnte Kräfte und ich schaffte es tatsächlich beide abzuschütteln. Nebenbei registrierte ich alkoholgetränkten Atem.

Hessisches Fragewort mit H: Häh?
Alkohol und Islam? Da stimmte doch etwas nicht!

„Frau Müller, jetzt beruhigen Sie sich doch! Bitte! Ich bin`s, der Adrian. Ich war mit Maik mit Kindergarten, erinnern Sie sich nicht an mich?“

Maik, mein Sohn, kannte einen Terroristen? Adrian? Dunkel erinnerte ich mich. Ich schaute mir den Burschen an, ja - er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem ehemaligen Sandkastenfreund meines Sohnes. Meine Gegenwehr erlahmte und ich verstand nichts mehr, denn ich schaute in glatte noch fast jugendliche Gesichter, die sehr besorgt aussahen. Ein zweiter half mir auf, alle vier schauten mich an.
Wo waren denn die Bärte hin verschwunden? Eine Express-Rasur? Und zwei waren eindeutig Mädchen, so typische Gaming-Mädels mit allerlei Tattoos, burschikos wirkend und mit kurzem Haar, die man erst auf den zweiten Blick als weiblich erkannte.

Blaulicht hüllte uns unvermittelt ein, mein Mann sprang aus dem Wagen und schloss mich in die Arme, während die armen Kerlchen mit Schreckstarre in gezückte Waffen blickten. Es stellte sich heraus, dass hier eine geheime, nichtgenehmigte Spiele-Party lief, zu der noch weitere Gäste im Laufe der Nacht erwartet wurden. In den beiden Fässern war Bier, ein Witzbold hatte die Biohazard-Totenköpfe darauf geklebt. In den Kisten und Tüten, durchaus ausländischen Ursprungs, waren Laptops, ein starker Hotspot für die gewollte? „Netz-Wüste“ um das AKW und Unmengen an Knabberzeugs. Das Auto war von einem der Eltern ohne deren Wissen „ausgeliehen“, zwei der vier waren noch minderjährig. Die falschen Bärte und Kappen gehörten zu einem der Spiele, welches auf dem Index stand, ebenso ein weiteres Spiel mit dem Namen „Inzestuös“, von dem ich gar nicht so genau wissen wollte, warum es so angesagt war. Die Kids würden mächtig Ärger kriegen, aber zumindest nicht mit ihrem Leben dafür bezahlen.
Gott sei Dank! Das war gerade nochmal gutgegangen. Ich dürfte nicht daran denken, was den Kiddies möglicherweise bei Einsatz eines Sonderkommandos passiert wäre und ich wäre schuld daran gewesen!

Ich ärgerte mich, vorallem über mich selbst!
Die irren Spinner hatten mit ihren zahlreichen Anschlägen etwas Entscheidendes erreicht, sie saßen nicht nur bereits in meinem Kopf fest, zündeten ihre Bomben und Sprengstoffgürtel des Misstrauens und der Angst. Ihr Gift sickerte stetig in unser freies Leben und zeigte in uns unterschiedliche Ausprägungen derselben Krankheit. Rechtspopulismus, Hass, Furcht, Erstarrung, Hoffnungslosigkeit.

Wie sollten wir diese Drohkulisse, dass niemand mehr sich fühlen dürfe, jemals wieder einreißen? Wie sollten wir dieser Situation jemals wieder Herr werden?
Woher sollten wir die Kraft nehmen, unsere Feinde zu lieben, wie es "unsere" christliche Religion uns anwies im Angesicht ihrer menschenverachtenden Taten?
Noch mehr Offenheit, noch mehr Toleranz, noch mehr Willkommen - wie es der norwegische Premierminister nach dem Utöya-Attentat- propagierte, schaffen wir das?
*******tia Mann
5.005 Beiträge
Stereotypisches Thekenmännergespräch (Part 26)
Gartenparty (Teil 2)

Paula legte ihre Hände von hinten auf meine Schultern und neigte sich mit ihrem ganzen Körpergewicht – das so leicht war und gar nicht schwer genug sein konnte – nach vorne, um mir ins Ohr zu flüstern:
„Schön dich zu sehen, du untreue Tomate!“
„Wenn ich dir allein mit einem 'Rindswurstbrötchen-rot-weiß' Gutes tun kann, freut es mich auch, Paula“, antwortete ich mit zur Seite gedrehten Kopf und berührte dabei fast mit meinen Lippen ihre Wangen. Der Duft ihrer Haut machte mich schwindelig, ihre Augen schienen heute noch mehr zu leuchten als die Heckenmyrte 'Maigrün', die diesen Garten zur Außenwelt abgrenzte. Ihre rotbraunen Locken kitzelten kokett meine Ohr.
„Wird hier heute noch richtig gefeiert?“, fragte Paula und nahm einen langen Schluck aus meinem Weizenbierglas.
„Schon möglich, kommt immer darauf an, was die Leute daraus machen ...“, grinste ich ihr mit einem Achselzucken zu.
„Ok, habe verstanden. Ich hole mir was zu trinken und werde auf dem Rückweg den DJ bearbeiten!“
Gesagt - und weg war sie. Paula hatte Recht. Auf die Musik hatte ich bisher gar nicht geachtet. Mit dieser Fahrstuhlmusik war nicht wirklich ein wildes Fest zu machen.

Ich starrte in den mitternachtsblauen Himmel und schickte dem Herrgott ein Stoßgebet: „Meine Güte, lass diese Chance nicht an mir vorüber gehen!“
Voller Vorfreude auf den weiteren Verlauf der Nacht holte ich weitere Rindswürste aus der Kühltasche und bestückte den Grill. Es war Zeit für handfestes Grillgut, Fleisch ist immer eine Bereicherung in durchzechter Nacht.
„Mit genug Alkohol im Blut werden auch die letzten Vegetarier schwach“, grinste ich in die Runde der umstehenden Gäste. Es gab keine Widerrede. Nach hinreichender Röstung fing ich an, ein paar Brötchen aus dem Brotkorb zu nehmen und aufzuschneiden. Die Musik hatte inzwischen umgeschwenkt und aus den Boxen tönte „Village of the sun“ von Frank Zappa, die Live-Version. Paula hatte ihr Ziel erreicht. Keine Ahnung, wo sie das in diesem Haushalt aufgetrieben hatte – oder es kam aus dem Internet. Beschwingt kleckerte ich Ketchup und Majo auf die Brötchen und legte knusprig gegrillte Rindswürste ein. Perfektes Timing – Paula kam im selben Moment zurück.
„Bitte sehr, die Dame!“, frohlockte ich und reichte ihr ein Brötchen. Weitere Leute griffen zu, dem Vater der veganen Töchter reichte ich das letzte Brötchen heimlich mit einem Augenzwinkern rüber: „Genieße es – ich wollte schon immer mal Bratwurst-Dealer sein!“
Seine Augen glänzten vor Freude, er prostete mir mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht mit seinem Mineralwasser zu.
„Was meinst Du“, fragte Paula mampfend, „setzten wir uns ans Lagerfeuer?“
„Lagerfeuer? Ist mir noch gar nicht aufgefallen. Gerne!“
Sie nahm mich an der Hand und führte mich durch den Garten. Jetzt erschloss sich mir auch der Sinn des Blähbetonarrangements. Eine schöngeistige Version von Feuerstelle, in der eine Handvoll Holzscheite vor sich hin knisterten. Wir fanden Platz auf einer der im Kreis aufgestellten Bierbänke und fingen an zu plaudern. Ärgerlich: Ich bemerkte schnell, dass meine Aufmerksamkeitsschwelle aufgrund bereits geleisteten Alkoholkonsums nicht mehr sehr hoch war. Um mir keine Fauxpas zu leisten, stimmte ich Paula lieber zu, anstatt mich in argumentative Diskussionen zu verstricken. Ein offenes Ohr ist vielleicht das bessere Bindemittel für ein zartes Pflänzchen Liebe anstatt Wortgefechte ohne Sinn, wenn man beim dritten Satz die Aussage des ersten Satzes bereits vergessen würde.
Paula musste viel loswerden und ich liebte sie dafür, dass sie mir das alles anvertraute, auch wenn wenig davon mein Langzeitgedächtnis erreichen würde. Sie erzählte vom Verhalten ihres Mannes nach dem unrühmlichen Abbruch unseres Abends auf dem Kifferhügel, vom Gesundheitszustand ihrer Mutter, von ihren heranwachsenden Töchtern, von Trennungsgedanken – Freude für mich oder Panik?
Ich antwortete hinreichend aufmerksam mit „Ja“ oder „So ein Arsch“ oder „Du Arme“ oder „Kann ich verstehen“ oder einfach nur „Ich höre dir zu“, während sich Paula an meine Seite kuschelte und ihren Kopf an meine Schulter legte. Sie hätte einfach schweigen können und ich würde stundenlang den Duft ihrer Haare aufsaugen und die Welt um mich herum vergessen.
Dabei gingen am Lagerfeuer Schnäpse und Liköre herum. Ausgeschenkt in essbaren Schnapsgläsern aus Waffelteig mit einer Schokoladenbeschichtung an der Innenseite. Ökologisch sinnvoll, konnte man essen oder ins Feuer werfen, wo sie mit einem Zischen des verdampfenden Alkohols verglühten.
„Schnaps ist nicht gut für dich, wenn du heute noch mit Paula knutschen willst“, warnte eine leise Stimme in meinem Kopf.
Das war die Stimme der Vernunft, die jedoch schon lange Jahre eine inzestuöse Beziehung mit den Neurotransmittern meines versoffenen Belohnungszentrums führte. Paula sprach den Likören zu, also trank ich mit – trotz dem Vorsprung an Alkohol, den ich aufgrund der längeren Verweildauer auf der Party bereits hatte.

Ich legte den Arm um Paulas Schulter und es kehrte besinnliche Ruhe an Lagerfeuer ein. Wir tauschten tiefe Blicke und berührten uns Wange an Wange. Küssen?
„Keine Rindswurst mehr da!“, störte Arnos schrille Stimme die Ruhe. Er hockte sich links neben mir am letzten Ende der Bierbank nieder.
„Sorry Arno, ich hatte genug gegrillt, aber du warst verschwunden.“
„Kameraaaadenschwein...dafüüür hat der anderere noch einen Tofu-Burger gemacht. Sch-sch-schmeckt aaa... na ja...“
Ganz nüchtern war Arno auch nicht mehr, aber trotzdem wandte er sich sofort an Paula und verstrickte sie in Gespräche. An mir vorbei und plötzlich wieder total nüchtern wirkend. Das konnte er schon immer gut. Mangelnde Körpergröße mit einem enormen Aufmerksamkeitsradius kompensieren. Mir fehlte aber die Geduld, seinem geschliffenen Geschwafel zuzuhören.
Rechts neben Paula standen die Leute allmählich auf, um sich am Feuer zu wärmen. Im Spätsommer wurden die Nächte feucht und kalt. Auch Paula stand irgendwann auf, um sich den Rücken am Feuer zu wärmen. Jetzt saßen nur noch Arno und ich – aber nicht mehr lange. Ich erkannte meine Chance und stand abrupt auf. Die Wirkung der Schwerkraft erfolgte augenblicklich: Arno kippte nach links weg und die Bank schnalzte nach oben. Einige auf der Bank abgestellte Schnaps- und Getränkebecher vollführten einen ausgezeichneten Salto und ergossen ihren Restinhalt über Arno.
„Arschloch!“, keifte er auf dem Rücken liegend, den Tofu-Burger mit der rechten Hand in die Höhe gestreckt.
„Grrrrrrrr!“ zeigte ich ihm die Zähne.
Die umstehenden Gäste reagierten unterschiedlich: Mit einem „Huch“, mit unverhohlenem Kichern, mit entrüstetem „Oh Mann“.
„Frustrierter Grafiker lässt an den Kleinen Dampf ab, Blödmann!“. Das war der Gastgeber.
„Mensch Peter“, stöhnte Paula mit einer Mischung aus Mitleid und Enttäuschung – mit Arno oder mir?
Die Lösung der Frage löste sich auf in einer schwankenden Bewegung. Die Schnäpse zeigten ihre Wirkung nach dem heimtückisch schnellen Aufstehen von der Bank. Ich kippte nach vorne – und um nicht ins Feuer zu fallen und auf dem mittlerweile stark erhitzten Blähbetonarrangement aufzuschlagen hechtete ich meinen schwankenden Körper nach rechts, um direkt in den Tisch mit den hochprozentigen Getränken zu krachen.
„Wer hat den Vollidiot eingeladen“, hörte ich noch eine Frau fragen, während mich jemand am Arm hochzog. Zu spät. Es wurde dunkel.

Blackout.
IntoInto
*********ld63 Frau
8.054 Beiträge
Quel malheur!
Endlich ist er wieder zurück, der Peter! *smile*

Was so schön und fast romantisch begann, musste ja für ihn wieder einmal unweigerlich im Chaos enden... Ich hab mich köstlich amüsiert und die Lektüre sehr genossen!! *lol*

Sehr schön geschrieben, lieber impotentia - du steigerst dich in den feinen Zwischentönen. *g*

*roseschenk* Into
IntoInto
*********ld63 Frau
8.054 Beiträge
@Nina_de_Wynter
Was für ein Szenario!! Erschreckend real!! *schock*

Danke für diese Geschichte! *top*
*******tia Mann
5.005 Beiträge
Danke Into.
Wenn ich die ersten Geschichten überarbeite und den letzten anpasse, ist das ja schon fast ein Buch. Genug Kapitel sind es, muss ich nur zu einem Schluss finden.
Die Dinge, die zufällig entstanden, waren bei mir schon immer die erfolgreichsten. Mal sehen...
*******tia Mann
5.005 Beiträge
Nina
Hochaktuell und treffend geschrieben!
*top*
*******tia Mann
5.005 Beiträge
indivisuelle
Ich überlege gerade, was man anstatt "Vertrocknet und verspinnenwebt" zu Männern sagen könnte?
*ggg*
2020_08_28: ich war shoppen. ; )2020_08_28: ich war shoppen. ; )
********elle Frau
3.308 Beiträge
*lachenmuss

Wenn ich darüber nachdenke, müsste es wohl irgendetwas mit einer Überdruckfunktion zu tun haben... Denn ungenutzt würde ja eine Art Stau entstehen? *g

Samengestaut und stehengelassen? : D
*******tia Mann
5.005 Beiträge
...kurz vor dem hormonellen Overkill schleppt er den Schlappschwanz hinter sich her... *ggg*
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